Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Der Kläger besichtigte am 1. August 1985 die Wohnung Nr. 8 im Hause des Beklagten in Wien 18., Lazaristengasse 4, die der Beklagte in einem Inserat zur Miete angeboten hatte. Nach der Besichtigung erklärte der Kläger dem Beklagten, daß er die Wohnung nehmen wolle. Der Mietvertrag sollte am Morgen des 5. August 1985 unter gleichzeitiger Zahlung von 27.000 S (Entschädigung gemäß § 10 MRG) und 21.000 S (Mietzinssicherstellung) abgeschlossen werden. In der Folge gestattete der Beklagte dem Kläger auf dessen Ersuchen, die Wohnung schon vor dem Abschluß des Vertrages zu beziehen; gleichzeitig verschoben die Streitteile den Abschluß des Mietvertrages auf den Abend des 5. August 1985. Diesen Termin und zwei weitere für den 6. und den 9. August 1985 vereinbarte Termine hielt der Kläger nicht ein. Der Beklagte ließ darauf das Türschloß auswechseln und forderte den Kläger auf, seine Fahrnisse zu entfernen. Da der Kläger dieser Aufforderung nicht nachkam, ließ der Beklagte die Fahrnisse des Klägers durch die Nebenintervenientin abholen, bei der sie eingelagert wurden. Von dort holte sie der Kläger nach Zahlung des vom Beklagten geforderten Betrages ab. Der Kläger begehrt vom Beklagten nach der rechtskräftigen Teilabweisung von 54.148,90 S noch die Zahlung weiterer 113.516 S samt 12 % Zinsen seit dem Klagetag. Er habe am 3. August 1985 mit dem Beklagten einen mündlichen Mietvertrag abgeschlossen und sei am 5. August 1985 unter Mitnahme seines gesamten Hausrates in die Wohnung eingezogen; der schriftliche Mietvertrag hätte erst zu einem späteren Zeitpunkt verfaßt werden sollen. Am 9. August 1985 habe der Beklagte das Schloß zur Wohnung ausgewechselt und dem Kläger erklärt, ihn wegen schlechter Auskünfte, die er in der Zwischenzeit über ihn erhalten habe, nicht mehr als Mieter akzeptieren zu können. Um einige Sachen aus der Wohnung holen zu können, habe er eine vom Beklagten formulierte Erklärung unterschreiben müssen, wonach er keinerlei Rechte an der Wohnung erworben habe. Am 20. August 1985 habe der Kläger anläßlich einer weiteren Vorsprache beim Beklagten wahrgenommen, daß der Beklagte im Begriff war, die gesamten Fahrnisse des Klägers wegschaffen zu lassen. Der Beklagte sei in der Folge nur gegen Zahlung von 22.000 S bereit gewesen, der Herausgabe der bei der Nebenintervenientin eingelagerten Fahrnisse an den Kläger zuzustimmen. Das Verhalten des Beklagten bilde eine Vertragsverletzung. Selbst wenn aber ein Mietvertrag nicht zustande gekommen wäre, wäre der Beklagte nicht berechtigt gewesen, das Bestandobjekt eigenmächtig zu räumen. Der Beklagte sei sich seines Verschuldens bewußt gewesen, weil er sonst nicht die Unterfertigung einer unrichtigen Erklärung verlangt hätte.
Der (noch den Gegenstand des Verfahrens bildende) Gesamtschaden des Klägers von 114.516 S setze sich aus folgenden Teilbeträgen zusammen: 22.000 S (vom Kläger zum Zweck der Erlangung der Freigabe seines Hausrates an den Beklagte gezahlt), 7.586,68 S (Transportkosten und Einlagerungsspesen), 8.197,90 S (Kosten für die zur Erreichung der Freigabe der Fahrnisse durchgeführte anwaltliche Korrespondenz), 6.361,42 S (durch die zwangsweise Ausmietung verursachte Mietwagenkosten), 1.230 S (Kosten des Benzins für den Mietwagen), 620 S (Taxispesen nach Rückgabe des Mietwagens) sowie 68.520 S (durch unsachgemäßen Abtransport beschädigte bzw. in Verlust geratene Einrichtungsgegenstände). Von diesem Betrag seien 1.000 S als Miete für fünf Tage abzuziehen.
Der Beklagte beantragt die Abweisung der Klage. Er habe mit dem Kläger keinen Mietvertrag abgeschlossen, sondern den Abschluß des Vertrages von der Zahlung einer Entschädigung gemäß § 10 MRG von 27.000 S und einer Mietzinssicherstellung von 21.000 S abhängig gemacht. Der Kläger habe die für den Vertragsabschluß vereinbarten Termine mehrmals verschoben. Am 5. August 1985 habe der Kläger gebeten, seine Sachen in die Wohnung bringen zu dürfen; der Beklagte habe dem zugestimmt. Schließlich sei der Kläger auch an dem zuletzt für den 9. August 1985 vorgesehenen Termin nicht zum Vertragsabschluß erschienen. In der Folge habe der Beklagte erfahren, daß der Kläger aus seiner vormaligen Wohnung delogiert worden war. Der Beklagte habe sodann von seinem Anwalt die Belehrung erhalten, daß er das Schloß zur Wohnung ändern dürfe. Am Nachmittag des 9. August 1985 habe der Beklagte dem Kläger erklärt, nicht mehr zum Abschluß eines Mietvertrages bereit zu sein, weil er das Vertrauen verloren habe; der Kläger habe darauf erwidert, auf die Miete der Wohnung zu verzichten. Der Kläger habe in der Folge mehrere zum Abtransport der eingestellten Fahrnisse vereinbarte Termine nicht eingehalten. Da der Beklagte die Wohnung habe vermieten wollen, habe er die vom Kläger eingelagerten Sachen für den Abtransport vorbereitet. Am 20. August 1985 habe er dem Kläger erklärt, daß er dessen Sachen am nächsten Tag von einer Spedition abholen und dort einlagern lassen werde. Der Kläger habe darauf geantwortet, daß er noch rechtzeitig die Abholung seiner Fahrnisse veranlassen werde. Am 21. August 1985 sei der Kläger in die Wohnung gekommen, als die Nebenintervenientin mit der Räumung begonnen habe. Der Beklagte habe dem Kläger angeboten, selbst mit der Nebenintervenientin Vereinbarungen zu treffen; der Kläger habe darauf jedoch nicht reagiert und habe sich wieder entfernt. In der Folge habe der Beklagte die Zustimmung zur Ausfolgung der Sachen des Klägers von der Zahlung des Aufwandes, der ihm gemäß § 471 ABGB zu ersetzen sei, abhängig gemacht. Der Kläger habe diesen Betrag auch gezahlt und dann seine Sachen von der Spedition abgeholt. Da der Kläger mit der Abholung seiner Sachen in Verzug geraten sei, sei der Beklagte zur "Ersatzvornahme" berechtigt gewesen; die Erwirkung eines Gerichtsurteiles und dessen Vollstreckung hätten zu lange gedauert.
Das Erstgericht wies die Klage ab. Aus dem eingangs wiedergegebenen Sachverhalt leitete es in rechtlicher Hinsicht ab, daß der Kläger seine Fahrnisse bloß auf Grund einer vom Beklagten gestatteten Bittleihe im Bestandobjekt abgestellt habe; diese habe der Beklagte jederzeit widerrufen können. Das Auswechseln des Schlosses sei zwar grundsätzlich ein Akt unzulässiger Selbsthilfe gewesen. Da jedoch der Beklagte auf Grund seiner Informationen und des Verhaltens des Klägers habe annehmen müssen, daß die im Zuge einer Delogierung auflaufenden Kosten und sein Mietzinsentgang beim Beklagten nicht einbringlich gemacht werden könnten, habe er bloß Vorkehrungen zur Schadensabwehr getroffen; die von ihm ausgeübte Selbsthilfe sei somit nicht rechtswidrig gewesen und der Beklagte daher auch nicht schadenersatzpflichtig geworden.
Das Berufungsgericht hob das Urteil des Erstgerichts in Ansehung der Abweisung eines Teilbegehrens von 113.516 S sA auf und verwies die Rechtssache unter Rechtskraftvorbehalt zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurück. Es verneinte das Vorliegen einer Aktenwidrigkeit, eines Verfahrensmangels - einschließlich der in Wahrheit geltend gemachten Feststellungsmängel - und übernahm die Feststellungen des Erstgerichts. In rechtlicher Hinsicht führte es folgendes aus:
In der Bekanntgabe einer Mietgelegenheit durch ein Zeitungsinserat liege noch kein Anbot des Vermieters zum Abschluß eines Mietvertrages, das der Kläger durch seine Erklärung, er wolle die Wohnung mieten, hätte annehmen können. Aus dem Verhalten der Streitteile gehe hervor, daß sie den Mietvertrag erst zu einem nach der Besichtigung der Wohnung gelegenen Zeitpunkt nach Zahlung der vom Beklagten geforderten Beträge durch den Kläger schriftlich schließen wollten. In der Gestattung des vorzeitigen Einziehens durch den Beklagten liege kein schlüssiger Vertragsabschluß; dabei handle es sich vielmehr bloß um eine Vorleistung des Beklagten auf den erstgeplanten Vertragsabschluß. Die einzelnen Ansprüche hätten verschiedene Anspruchsgrundlagen:
Den Betrag von 22.000 S verlange der Kläger mit der Behauptung zurück, ihn ohne Rechtsgrund gezahlt zu haben. Ohne Prüfung der Zusammensetzung dieses Betrages und der Berechtigung der seinerzeit vom Beklagten gestellten Forderungen lasse sich dieser Rückforderungsanspruch jedoch noch nicht beurteilen. Das Erstgericht werde daher die für die Beurteilung, ob bzw. wie weit der Kläger durch die Zahlung eine Schuld erfüllt habe, notwendigen Feststellungen zu treffen haben.
Der für Transport- und Lagerspesen angesprochene Betrag wäre dem Kläger nur dann nicht zu ersetzen, wenn der Beklagte berechtigt gewesen wäre, die Gegenstände durch eine Spedition abholen zu lassen. Aus dem Vorbringen des Beklagten ergebe sich keine rechtsgeschäftlich eingeräumte Befugnis zur Vornahme dieser Räumungshandlungen; er habe aber auch keine ausreichende Selbsthilfelage behauptet: Es wäre seine Sache gewesen, alle für die zulässige Ausübung von Selbsthilfe nach § 19 ABGB erforderlichen Voraussetzungen zu behaupten und zu beweisen. Die durch die bloße Verfahrensdauer zu erwartenden Nachteile berechtigten nicht zur Selbsthilfe; auch bestehe kein Selbsthilferecht, wenn eine einstweilige Verfügung zum Ziel führen würde. Erforderlichenfalls werde das Erstgericht auch Feststellungen über die Verursachung und die Zusammensetzung dieser Kosten zu treffen haben. Auch zur Beurteilung der wegen der Kosten der außergerichtlichen Vertretung des Klägers erhobenen Ansprüche seien Feststellungen über deren Zusammensetzung erforderlich. Unzulässigkeit des Rechtsweges sei freilich für die Geltendmachung jener Kosten gegeben, die der Vorbereitung der Klage gedient hätten.
Die Kosten für Leihwagen, Benzin und die Verwendung eines Taxis könnte der Kläger dann ersetzt begehren, wenn sie durch die nicht gerechtfertigte Entfernung der Fahrnisse durch den Beklagten verursacht worden wären. Mit dieser Handlungsweise habe der Beklagte - auch wenn zwischen den Streitteilen kein Mietvertrag zustande gekommen sei - die "nachwirkenden" Vertragspflichten verletzt, dafür zu sorgen, daß dem anderen Teil kein Nachteil entstehe. Beim Nachweis eines Kausalzusammenhanges zwischen der Verschaffung der Fahrnisse und dem Entstehen der genannten Kosten durch den Kläger stehe dem Beklagten der Beweis frei, daß ihm die Nichteinhaltung der objektiv gebotenen Sorgfalt nicht vorzuwerfen sei.
Hinsichtlich des für Beschädigung und Verlust von Hausratsgegenständen angesprochenen Betrages habe der Kläger zunächst den Eintritt des Schadens, dessen Höhe und ein den Schaden adäquat verursachendes Verhalten des Beklagten nachzuweisen. Das Versperren der Wohnung scheide als ursächliches Verhalten aus, weil der Beklagte auf Abholung der Sachen durch den Kläger gedrängt habe. Da der Kläger die Beschädigung und den Verlust der Gegenstände auf die durch den Beklagten veranlaßte Verschaffung zurückführe, werde die Adäquanz dieses Verhaltens des Beklagten zu prüfen sein. Die Rechtswidrigkeit des Verhaltens des Beklagten ergebe sich aber nicht etwa aus der unzulässigen Übung von Selbsthilfe: Die Ausübung von Selbsthilfe unter Hintansetzung der Behörde mache als solche noch nicht verantwortlich; zulässige Selbsthilfe wäre lediglich ein Rechtfertigungsgrund. Ein deliktisches Verhalten habe der Kläger dem Beklagten nicht vorgeworfen. Im Bereich der Vertragshaftung würde sich die Rechtswidrigkeit aus dem in der Klage behaupteten unsachgemäßen Vorgehen in bezug auf die Güter des Klägers, somit auf Verletzung der nachwirkenden Schutz- und Sorgfaltspflichten, ergeben. Bei der Verletzung solcher Schutz- und Sorgfaltspflichten werde gemäß § 1313 a ABGB auch für fremdes Verschulden gehaftet. Der Nachweis des objektiven sorgfaltswidrigen Verhaltens des Beklagten oder seines Gehilfen werde dem Kläger durch die Möglichkeit des Beweises des ersten Anscheins erleichetrt. Beim Zutreffen dieser Haftungsvoraussetzungen läge es am Beklagten, seine Schuldlosigkeit und die seines Gehilfen zu beweisen.
Da der Beklagte ein Tatsachenvorbringen über die Sorglosigkeit des Klägers gegenüber den eigenen Gütern erstattet habe, werde das Erstgericht im Fall der Bejahung sämtlicher Haftungsvoraussetzungen auch ein allfälliges Mitverschulden des Klägers zu prüfen haben. Gegen diesen Aufhebungsbeschluß richtet sich der Rekurs des Beklagten mit dem Antrag, das Urteil des Erstgerichtes wiederherzustellen, hilfsweise dem Berufungsgericht eine neuerliche Entscheidung über die Berufung des Klägers aufzutragen. Der Kläger beantragt, dem Rekurs nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist nicht berechtigt.
Der Beklagte führt im Rekurs zunächst aus, nicht nur die in der Begründung des angefochtenen Beschlusses zum Ausspruch nach § 500 Abs 3 ZPO angeführte Frage der spezifischen Beweislast bei bloßer Verpflichtung zu sorgfältigem Handeln sei erheblich im Sinne des § 502 Abs 4 Z 1; das Berufungsgericht habe auch die Fragen der rechtsgeschäftlichen Zustimmung des Klägers, dessen Fahrnisse durch eine Spedition abtransportieren und dort lagern zu lassen, sowie der Zulässigkeit der Selbsthilfe in einer gemäß § 502 Abs 4 Z 1 ZPO anfechtbaren Weise beurteilt.
Auch bei einem Grundsatzrekurs sind die vom Gericht zweiter Instanz nicht besonders bezeichneten erheblichen Rechtsfragen in die Prüfung einzubeziehen (RZ 1984/87; ÖBl 1986, 108; Petrasch, Die Zivilverfahrens-Novelle 1983 in der Rechtsprechung des OGH, ÖJZ 1985, 257 ff 300 mit zutreffender Ablehnung der gegenteiligen Ansicht Faschings Zivilprozeßrecht Rz 1935). Ob das vom Beklagten behauptete Verhalten des Klägers als Zustimmung zur Handlungsweise des Beklagten zu werten ist, insbesondere ob im vorliegenden Fall dem Stillschweigen des Klägers der vom Beklagten angenommene Erklärungswert zukommt, ist jedoch eine Frage des Einzelfalles (Petrasch, Das neue Revisions-(Rekurs-)Recht, ÖJZ 1983, 169 ff entzogen.
Der Beklagte bekämpft mit seinen weiteren Ausführungen die zum Anspruch auf Ersatz der Transport- und Lagerkosten ausgesprochene Auffassung des Berufungsgerichtes, der Ersatzanspruch des Klägers sei nur dann nicht gegeben, wenn diese Kosten durch Ausübung zulässiger Selbsthilfe verursacht worden wären. Selbsthilfe könnte nur dann vorliegen, wenn ein rechtswidriger Angriff abgewehrt worden wäre; seine Handlungsweise sei jedoch ein Akt der Ersatzvornahme gewesen. In jedem Fall wäre aber die von ihm geübte Selbsthilfe zulässig gewesen. Diesen Ausführungen kann nicht beigepflichtet werden:
Selbsthilfe ist die Abwehr eines rechtswidrigen Zustandes und setzt, anders als die Notwehr, keinen Angriff auf bestimmte Güter voraus. Sie ist nur dann erlaubt, wenn staatliche Hilfe zu spät käme und die Grenzen der gebotenen Selbsthilfe nicht überschritten werden (Koziol, Haftpflichtrecht2 I 110; Reischauer in Rummel, ABGB, Rz 16 f zu § 19). Die eigenmächtige Räumung eines Bestandobjektes von den Fahrnissen Dritter durch einen Liegenschaftseigentümer ist nach ständiger Rechtsprechung als Akt unzulässiger Selbsthilfe zu beurteilen, wenn damit bloß der durch den Räumungsverzug gegebene rechtswidrige Zustand beseitigt werden soll (SZ 51/56; JBl 1974, 314; EvBl 1971/328; EvBl 1981/119). Dem Beklagten kann auch darin nicht gefolgt werden, daß die von ihm geübte Selbsthilfe wegen der zu erwartenden Dauer eines Räumungsverfahrens und im Hinblick auf seine Schadenminderungspflicht erlaubt gewesen wäre. Die befürchtete Verwahrensdauer allein berechtigt nicht zur Selbsthilfe (5 Ob 680/83). Die Pflicht zur Schadensminderung umfaßt nicht die Vornahme rechtswidriger Handlungen. Der Beklagte hat somit den ihm obliegenden Nachweis, rechtmäßig gehandelt zu haben (EvBl 1981/119), nicht erbracht.
Zur Frage der Schadenersatzpflicht wegen unerlaubter Selbsthilfe werden in Lehre und Rechtsprechung unterschiedliche Auffassungen vertreten. Reischauer (in Rummel, ABGB, Rz 20 zu § 19) ist unter Berufung auf Gschnitzer (Schuldrecht, Besonderer Teil 159) und Ehrenzweig (Allgemeiner Teil 327 FN 6) der Ansicht, daß die unzulässige Selbsthilfe unabhängig von ihrer Vorwerfbarkeit zum Schadenersatz verpflichte. In JBl 1974, 314 hat der Oberste Gerichtshof, ohne auf das Erfordernis eines Verschuldens ausdrücklich einzugehen, die durch eigenmächtiges Aussperren verursachten Kosten aus dem Titel des Schadenersatzes mit der Begründung zugesprochen, daß die Aussperrung rechtswidrig gewesen sei. Wolff (in Klang2 I 147) hingegen unterscheidet bei den Rechtsfolgen die entschuldbare von der unentschuldbaren Selbsthilfe. In SZ 13/7 hat der Oberste Gerichtshof unter Berufung auf Mauczka (Rechtsgrund des Schadenersatzes 299), Pisko (in Klang1 zu § 19 III), Wolff (in Klang1 zu § 1295 I) ausgesprochen, daß die Schadenersatzpflicht bei irrtümlicher Annahme eines Selbsthilferechtes ein Verschulden voraussetze und daher dann wegfalle, wenn der Irrtum nicht durch Fahrlässigkeit verschuldet sei. Welcher Auffassung der Vorzug zu geben ist, muß im vorliegenden Fall nicht geprüft werden: Dem Beklagten ist nämlich sein Rechtsirrtum deshalb vorzuwerfen, weil er die Kenntnis, wann Selbsthilfe verboten ist, bei Anwendung der gehörigen Sorgfalt erlangen hätte können (vgl. Bydlinski in Rummel, ABGB, Rz 3 zu § 2). Er hat auch gar nicht behauptet, daß er über die Berechtigung zur Vornahme der Selbsthilfehandlung eine Rechtsauskunft eingeholt hätte. Die Aufhebung des diesen Anspruch betreffenden Teiles des Ersturteils durch das Berufungsgericht beruhte daher auf einer zutreffenden rechtlichen Beurteilung.
Mit den eben erwähnten Ausführungen bekämpft der Beklagte den Aufhebungsbeschluß auch insoweit, als er die Ansprüche auf Rückzahlung des zur Erlangung der Freigabe der Fahrnisse gezahlten Betrages und auf Ersatz der Kosten seiner Vertretung zur Erlangung dieser Freigabe, der Mietwagen- und Benzinkosten sowie der Taxispesen und des durch Verlust und Beschädigung von Fahrnissen entstandenen Schadens betrifft. Daß seine Behauptung, er sei vom Kläger rechtsgeschäftlich zur Vornahme der Delogierung ermächtigt worden, ebensowenig zielführend ist wie seine Rechtsansicht, auch eine Haftung für unerlaubte Selbsthilfe sei zu verneinen, ist bereits ausgeführt worden. Da der Beklagte jedoch den Aufhebungsbeschluß in Ansehung aller geltend gemachten Ansprüche bekämpft, hat der Oberste Gerichtshof die Entscheidung in jeder Richtung - im vorliegenden Fall allerdings eingeschränkt auf erhebliche Rechtsfragen - zu prüfen.
Der Anspruch des Klägers auf Rückzahlung des für die Freigabe seiner Fahrnisse gezahlten Betrages ist nach § 1431 ABGB zu beurteilen. Daß der Kläger nur jene Beträge zurückverlangen kann, die er ohne Rechtsgrund geleistet hat, entspricht den Grundsätzen der Condictio indebiti. Dies trifft insbesondere auf jene Kosten zu, die dem Beklagten durch unzulässige Selbsthilfe verursacht wurden (EvBl 1981/119). Der Auffassung, daß die Sache wegen der Erörterungsbedürftigkeit der Anspruchsgrundlagen und mangels Vorliegens von Feststellungen über den Rückforderungsanspruch noch nicht spruchreif sei, kann der Oberste Gerichtshof bei der Behandlung eines Rekurses gegen einen berufungsgerichtlichen Aufhebungsbeschluß nicht entgegentreten; das trifft auch auf die Ausführungen zum Anspruch auf Ersatz der Vertreterkosten zu. Die Rechtswidrigkeit des Verhaltens des Beklagten in bezug auf die Ersatzansprüche des Klägers wegen der Mietwagenkosten und Taxispesen sowie der durch unsachgemäßen Abtransport erlittenen Schäden erblickt das Berufungsgericht in der Verletzung der - trotz des Nichtzustandekommens eines Mietvertrages bei der Abwicklung bereits getroffener Maßnahmen bestehenden - "nachwirkenden" Vertragspflichten. Zum Schadenersatz wegen Verlust und Beschädigung hat es auch noch auf die Haftung für fremdes Verschulden und auf die Beweislast bei Verletzung der Verpflichtung zu sorgfältigem Vorgehen mit fremden Gütern verwiesen. Sind jedoch die genannten Kosten zur Beseitigung des durch subjektiv unerlaubte Selbsthilfe herbeigeführten Zustandes verursacht worden, so hätte der Beklagte für diese Schäden schon wegen seines zivildeliktischen Verhaltens einzustehen, ohne daß es auf die vom Berufungsgericht aufgeworfenen Fragen zur Vertragshaftung ankäme. Wäre der Schaden durch Verlust und Beschädigung der Fahrnisse des Klägers im Zuge des Abtransports (oder allenfalls der Lagerung) durch den Nebenintervenienten entstanden, dann läge die Rechtswidrigkeit ebenfalls in der unerlaubten Selbsthilfe, weil er durch die Herbeiführung des rechtswidrigen Zustandes vom Beklagten verursacht worden wäre. Der Verlust oder die Beschädigung von Sachen während eines Umzuges ist nicht so ungewöhnlich, daß sie vom Beklagten, der die Räumung der Wohnung eigenmächtig veranlaßt hat, nicht zu vertreten wären. Nach herrschender Rechtsprechung reicht es für die Bejahung der Kausalität aus, wenn das Hinzutreten einer weiteren Ursache, wenn auch nicht gerade normal, so doch wenigstens nicht gänzlich außergewöhnlich ist (JBl 1966, 619; ZVR 1969/142; SZ 43/177; SZ 54/108; SZ 55/9; SZ 57/173 und 196). Seine Haftung wegen unerlaubter Selbsthilfe wäre in diesem Umfang nur für untypische Schäden, die nur durch ein zufälliges, objektiv unvorhersehbares Zusammentreffen von Umständen entstehen konnten, auszuschließen (Koziol aaO 141). Auch im Fall vorsätzlicher Herbeiführung des Schadens durch einen Dritten wäre die Verantwortlichkeit des Beklagten ausgeschlossen (Koziol aaO 196 ff; Reischauer in Rummel, ABGB, Rz 20 zu § 1295). Nach den dargestellten Grundsätzen haftet der Beklagte aber auch für zufälligen Verlust bzw. zufällige Beschädigungen aus Anlaß des Abtransports und der Einlagerung der Fahrnisse beim Nebenintervenienten, so daß der vom Berufungsgericht unter der Annahme einer positiven Vertragsverletzung dem Beklagten gewährte Gegenbeweis der eigenen Schuldlosigkeit bzw. der Schuldlosigkeit seines Erfüllungsgehilfen nicht zulässig ist. Diese für den Rekurswerber ungünstigeren Rechtsfolgen kann der Oberste Gerichtshof aussprechen, weil das Verbot der Reformatio in peius im Rekursverfahren gegen berufungsgerichtliche Aufhebungsbeschlüsse nicht gilt (SZ 22/186; EvBl 1956/155). Das Berufungsgericht hat aber im Ergebnis zu Recht eine Verfahrensergänzung zum Eintritt des Schadens, dessen Verursachung und zur Schadenshöhe aufgetragen. Die Ausführungen des Berufungsgerichts, daß den Geschädigten die Beweislast für den Eintritt des Schadens und den Kausalzusammenhang trifft, entspricht den allgemeinen Grundsätzen des österreichischen Schadenersatzrechtes. Zutreffend ist auch seine Auffassung, daß für den Nachweis des Kausalzusammenhangs der Nachweis eines hohen Grades von Wahrscheinlichkeit ausreicht (Koziol aaO 327 und die dort angeführte Rechtsprechung). Schließlich hat es auch zutreffend darauf verwiesen, daß ein allfälliges Mitverschulden des Klägers gleichfalls zu berücksichtigen sein wird.
Aus den dargelegten Gründen war dem Rekurs ein Erfolg zu versagen.
Die Entscheidung über die Kosten des Rekursverfahrens gründet sich auf § 52 Abs 1 ZPO.
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