Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei hat die Kosten der Revisionsrekursbeantwortung vorläufig selbst zu tragen. Die beklagte Partei hat die Kosten des Revisionsrekurses selbst zu tragen.
Text
Begründung
Der Beklagte ist alleiniger Geschäftsführer der am 27. Jänner 1987 zu HRB 36 825 des Handelsgerichtes Wien registrierten "A***-M***-F***-R*** G*** MBH". Gegenstand des
von der Gesellschaft betriebenen Unternehmens ist a) die Ausübung des Reisebürogewerbes, insbesondere die Vermittlung oder Veranstaltung von Kurreisen in die Region Abano/Montegrotto (Italien), und b) die Errichtung und der Betrieb eines Buchungsbüros für Hotelaufenthalte in Hotels der Region Abano/Montegrotto (Italien), insbesondere in Hotels, die von den Gesellschaftern oder Gesellschaften, an denen die Gesellschafter beteiligt sind, geführt werden. Die Gesellschaft verfügt über keine Konzession zur Ausübung des Reisebürogewerbes; über das von ihr beim Magistrat der Stadt Wien gestellte Konzessionsansuchen ist bisher noch nicht entschieden worden. Im Lokal in Wien 1., Wipplingerstraße 12 werden Buchungen für Nächtigungen in Hotels der M*** F*** S.R.L.
entgegengenommen, welche in der Region Abano/Montegrotto zahlreiche Kurhotels betreibt; die einzige Tätigkeit dieser Gesellschaft besteht darin, diesen Hotels Gäste zuzuführen. Die italienische Finanzverwaltung hat die Beteiligung der M*** F*** S.R.L. an einer österreichischen Gesellschaft verweigert, so daß der von dieser italienischen Gesellschaft als Gesellschafter abgeschlossene Gesellschaftsvertrag mit Vereinbarung vom 4. Dezember 1986 wieder aufgelöst werden mußte.
Nach dem übereinstimmenden Parteienvorbringen hat die Gesellschaft für "Fangokur-Reisen nach Abano/Montegrotto/Terme" ab 21. März 1987 auch in der "Neuen Kronen-Zeitung" Inseratenwerbung betrieben.
Der Beklagte erteilt Kunden hinsichtlich der von ihnen beabsichtigten Reisen nach Abano/Montegrotto individuelle Reiseberatung; er nimmt persönlich Buchungen für Pauschalarrangements - einschließlich Bustransport - entgegen und folgt den Kunden Hotelgutscheine, Bustickets sowie Rechnungen und Zahlscheine, die als Empfänger der zu leistenden Zahlungen die "A***-M***-F***-R*** G*** MBH" aufweisen aus.
Der klagende Wettbewerbsschutzverband, welchem ua. der Ö*** R*** angehört, beantragt zur Sicherung
seines gleichlautenden Unterlassungsbegehrens, dem Beklagten mit einstweiliger Verfügung zu untersagen, als Geschäftsführer der "A***-M***-F***-R*** G*** MBH" Geschäfte und
sonstige Tätigkeiten, die der Konzessionspflicht für die Ausübung des Reisebürogewerbes unterliegen, anzukündigen und durchzuführen insbesondere die Veranstaltung von Pauschalreisen nach Abano/Montegrotto (Italien) samt Durchführung der Werbung und Entgegennahme von Buchungen im Namen der "A***-M***-F***-R*** G*** MBH" selbst
durchzuführen, sich daran zu beteiligen bzw. trotz Kenntnis oder fahrlässiger Unkenntnis nicht dagegen einzuschreiten, sofern der "A***-M***-F***-R*** G*** MBH" die
erforderliche Konzession nicht erteilt wurde. Der Beklagte werde als eigentlicher Störer in Anspruch genommen; er habe als Geschäftsführer der konzessionslosen Gesellschaft die Wettbewerbsverstöße selbst begangen. Das Verkaufslokal in Wien 1., Wipplingerstraße 12, gleiche in seiner äußeren Erscheinung einem Reisebüro; dort lägen zahlreiche in Hochglanzdruck hergestellte Prospekte auf, in denen für Urlaubsfahrten und Aufenthalte in Abano/Montegrotto geworben werde. Der Beklagte entfalte dort eine individuelle Kundenberatung und nehme Buchungen für Busfahrten und Hotelnächtigungen entgegen. Auch sei ab 21. März 1987 eine umfangreiche Inseratenwerbung in der "Neuen Kronen-Zeitung" betrieben worden. Diese konzessionslose Tätigkeit
verstoße - insbesondere im Hinblick auf § 208 Abs 1 GewO - gegen die guten Sitten im Wettbewerb.
Der Beklagte sprach sich gegen die Erlassung dieser einstweiligen Verfügung aus. Die "A***-M***-F***-R*** G*** MBH" habe bereits am 9. Jänner 1987 ein Konzessionsansuchen vorbereitet und dieses am 27. Jänner 1987 zugleich mit der Handelsregistereingabe zwecks Anmeldung zweier Gesamtprokuristen, von denen einer als gewerberechtlicher Geschäftsführer vorgesehen gewesen sei, abgesendet. Das Handelsgericht Wien habe aber die Gesamtprokuristen erst am 17. April 1987 eingetragen, so daß der entsprechende Handelsregisterauszug dem Konzessionsansuchen so lange nicht habe nachgereicht werden können. Daß die Eintragung der Prokuristen erst am 17. April 1987 erfolgen werde, sei für die Gesellschaft nicht vorhersehbar gewesen; sie habe vielmehr mit einer üblichen Bearbeitungszeit von 2 Monaten für ihr Konzessionsansuchen und damit gerechnet, daß die Konzession Mitte März 1987 vorliegen werde. Darauf sei der Beginn der Geschäftstätigkeit abgestellt worden, und mit diesem Zeitpunkt seien auch die ersten Inserate in der "Neuen Kronen-Zeitung" erschienen.
Im übrigen habe die M*** F*** S.R.L., nachdem sie
bereits in der Bundesrepublik Deutschland zwei Buchungsbüros eröffnet hatte, beschlossen, auch in Wien ein derartiges Buchungsbüro zu eröffnen und daher als Hauptgesellschafter die "A***-M***-F***-R*** G*** MBH" gründen wollen.
Der bereits abgeschlossene Gesellschaftsvertrag vom 21. Oktober 1986 habe aber am 4. Dezember 1986 wieder aufgelöst werden müssen, weil die italienische Finanzverwaltung die Beteiligung an einer österreichischen Gesellschaft verboten habe. Daher habe Dr. Piergiorgio M*** als Hauptgesellschafter der M*** F*** S.R.L. deren Stammeinlage an der österreichischen Gesellschaft übernommen. Die einzige Tätigkeit dieser österreichischen Gesellschaft bestehe darin, den von der M*** F*** S.R.L. betriebenen Hotels Gäste zuzuführen. Ihr Zweck sei es daher nicht, einen Ertrag oder wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, sondern das wirtschaftliche Fortkommen der Hotels der italienischen Gesellschaft zu fördern. Der Beklagte habe somit im Hinblick auf die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. November 1976, 2049/75, und vom 22. Februar 1980, 278/78, davon ausgehen können, daß die von ihm bzw. von der genannten Gesellschaft ausgeübte Tätigkeit auch ohne Konzessionserteilung ausgeübt werden dürfe.
Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag ab. Die Tätigkeit des Beklagten verstoße nicht gegen § 1 UWG, weil seine Auffassung, daß hiefür eine Gewerbeberechtigung nicht erforderlich sei, mit gutem Grund vertreten werden könne.
Das Rekursgericht erließ die einstweilige Verfügung und sprach aus, daß der von der Abänderung betroffene Wert des Beschwerdegegenstandes S 300.000,-- übersteige. Es führte in rechtlicher Hinsicht aus, daß die vom Beklagten bzw. von der Gesellschaft vorgenommene Tätigkeit der Konzessionspflicht gemäß § 208 Abs 1 GewO unterliege. Sie werde aber auch gewerbsmäßig im Sinne des § 1 Abs 2 und 5 GewO ausgeübt. Hiezu genüge bereits die Absicht, einen bloß mittelbaren wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, wobei die Zweckwidmung des Ertrages irrelevant sei. Auch die zum Nutzen Dritter ausgeübte (fremdnützige) Tätigkeit unterliege der GewO. So sei etwa auch für die Repräsentanz eines ausländischen Unternehmens eine entsprechende Gewerbeberechtigung im Inland erforderlich. Der Beklagte müsse es sich gefallen lassen, daß die von ihm im Interesse einer mit seiner Gesellschaft stark verflochtenen italienischen Hotelkette ausgeübte Tätigkeit als Förderung fremden Wettbewerbes behandelt werde, auch wenn er daraus selbst keinen Nutzen ziehen sollte. Die von ihm ins Treffen geführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes betreffe lediglich Vereine; sie könne daher auf die Gesellschaft des Beklagten, deren Unternehmensgegenstand und Geschäftsziel den darauf beruhenden Tätigkeiten grundsätzlich bereits gewerbsmäßigen Charakter verleihe, nicht angewendet werden. Eine zweifelhafte Rechtslage, welche den Beklagten mit gutem Grund eine entgegengesetzte Rechtsmeinung habe vertreten lassen, liege daher nicht vor.
Dagegen richtet sich der Revisionsrekurs des Beklagten mit dem Antrag, den Beschluß des Erstgerichtes wiederherzustellen. Der Kläger stellt den Antrag, dem Rechtsmittel des Beklagten nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.
Daß die vom Beklagten als Geschäftsführer der "A***-M***-F***-R*** G*** MBH" ausgeübte
Tätigkeiten objektiv solche sind, wie sie ein gemäß § 208 Abs 1 GewO konzessionspflichtiges Reisebüro vornimmt, wird von ihm in seinem Rechtsmittel nicht in Zweifel gezogen; insofern kann daher auf die zutreffenden Ausführungen des angefochtenen Beschlusses verwiesen werden. Der Beklagte meint aber nach wie vor, ein Verstoß gegen § 1 UWG sei ihm subjektiv nicht vorwerfbar, weil er im Hinblick auf die bezogene Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes mit gutem Grund die Auffassung habe vertreten könne, daß eine Gewerbeberechtigung nicht erforderlich sei. Er habe nämlich bereits im erstinstanzlichen Verfahren vorgebracht und bescheinigt, daß seine Gesellschaft keine Absicht auf Erzielung eines Ertrages oder wirtschaftlichen Vorteils gehabt habe, sondern das Reisebüro nur der Vermittlung von Kur- und Hotelaufenthalten in Hotels diene, an denen ihr Alleingesellschafter beteiltigt sei.
Wenn auch der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 17. November 1976 ÖZW 1978, 20 ausgesprochen hat, daß unter einer "Personenvereinigung" im Sinne des § 1 Abs 5 GewO die juristischen Personen und die Personengesellschaften des Handelsrechtes zu verstehen sind, so ist daraus für den Beklagten noch nichts gewonnen. Zwar kann nämlich gemäß § 1 Abs 1 GmbHG eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung zu jedem gesetzlich zulässigen Zweck, also auch zur Verfolgung ideeller Zwecke im Sinne der Durchführung gesellschaftlicher, humanitärer und wohltätiger Aufgaben (Reich-Rohrwig, Das österreichische GmbH-Recht 14; Kastner, Gesellschaftsrecht4, 264), errichtet werden, doch ist solches im vorliegenden Fall nicht geschehen. Der im Gesellschaftsvertrag der "A***-M***-F***-R*** G*** MBH" bestimmte
Gegenstand des Unternehmens (§ 4 Abs 1 Z 2 GmbHG), welcher auch im Handelsregister eingetragen und veröffentlicht worden ist (§ 12 Abs 2 Z 3 GmbHG), wurde nämlich ua. mit der "Ausübung des Reisebürogewerbes" umschrieben. Schon dieser Umstand und auch die weiteren Umschreibungen des Unternehmensgegenstandes schließen aber von vornherein die Verfolgung ideeller Zwecke im vorgenannten Sinne aus. Vielmehr folgt bereits aus der Typizität der dort umschriebenen Tätigkeit (vgl. VwSlg. 2361 A; Winkler in Rill, Gewerberecht 10) der Ausübung des Reisebürogewerbes die Ertragsabsicht der Gesellschaft. Dem entspricht auch ihr Ansuchen um Erteilung der entsprechenden Gewerbeberechtigung. Die vom Beklagten ins Treffen geführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur Tätigkeit von Vereinen nach dem VereinsG 1951 (vgl. dazu die Gesamtdarstellung in ÖBl 1986, 121) betrifft demgegenüber einen ganz anders gelagerten Sachverhalt; dort war es nämlich stets nur darum gegangen, daß der Verein für seine Tätigkeit von seinen Mitgliedern Geldleistungen verlangt hatte, die nur zur Deckung der mit der Vereinstätigkeit zwangsläufig verbundenen Auslagen ausreichten. Im vorliegenden Fall kommen aber als Kunden der Gesellschaft von vornherein nicht deren Gesellschafter in Frage; ihr Unternehmen führt vielmehr für jedermann die individuelle Reiseberatung für beabsichtigte Reisen nach Abano/Montegrotto durch, nimmt Buchungen für Pauschalarrangements (einschließlich Bustransport) entgegen und folgt dem Kunden Hotelgutscheine, Bustickets, Rechnungen und Zahlscheine aus; es wendet sich also an die Öffentlichkeit und nimmt somit am allgemeinen Reisemarkt teil.
Wenn der Beklagte in diesem Zusammenhang im erstinstanzlichen Verfahren vorgebracht hat, es sei nicht Zweck der Gesellschaft, einen Ertrag oder wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, sondern das wirtschaftliche Fortkommen der Hotels einer bestimmten italienischen Gesellschaft zu fördern, so hat er damit keineswegs die Gewinnabsicht der Gesellschaft im Sinne des § 1 Abs 5 GewO bestritten, sondern eine (unzutreffende) Rechtsbehauptung aufgestellt. Schon das Rekursgericht hat nämlich in diesem Zusammenhang richtig darauf hingewiesen, daß die Zweckwidmung des Ertrages (Erfolges) irrelevant ist und bei Zutreffen der übrigen Merkmale daher auch die zum Nutzen Dritter ausgeübte (fremdnützige) Tätigkeit der GewO unterliegt (Fialka-Wallner, Komm z GewO 12). Daß aber der Beklagte bei seiner Tätigkeit für die Gesellschaft von den Kunden für die angebotenen und erbrachten Reisebürotätigkeiten etwa nur Entgelte oder Geldleistungen in einem solchen Umfang verlangt hätte, daß dadurch lediglich die der Gesellschaft entstandenen Unkosten ganz oder zum Teil gedeckt worden wären, ist weder vorgebracht noch als bescheinigt angenommen worden. Der Beklagten kann sich schon aus diesen Gründen nicht mit Erfolg auf einen unverschuldeten Rechtsirrtum berufen. Seine Auffassung über den Umfang der Befugnisse der Gesellschaft ist im Hinblick auf die im Einklang mit dem registrierten Unternehmensgegenstand entfalteten gewerblichen Tätigkeiten weder durch das Gesetz (§ 1 Abs 2 und 5 GewO) noch durch die in diesem Zusammenhang zur Tätigkeit von Vereinen nach dem VereinsG 1951 ergangene Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes so weit gedeckt, daß sie mit gutem Grund vertreten werden konnte. Dem Beklagten als Geschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung fällt daher die konzessionslose Ausübung des Reisebürogewerbes und damit ein Verstoß gegen § 1 UWG zur Last.
Dem Revisionsrekurs des Beklagten war schon aus den bisher genannten Gründen ein Erfolg zu versagen; auf die vom Rekursgericht herangezogene Zusatzbegründung einer sittenwirdrigen Förderung fremden Wettbewerbes durch den Beklagten - welche in dieser Form vom Kläger gar nicht geltend gemacht worden ist - brauchte daher nicht mehr näher eingegangen zu werden.
Die Entscheidung über die Kosten des Klägers gründet sich auf § 393 Abs 1 EO, jene über die Kosten des Beklagten auf §§ 402, 78 EO und §§ 40, 50, 52 Abs 1 ZPO.
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