OGH 3Ob112/87

OGH3Ob112/8711.11.1987

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Dr. Angst als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Josef P***, Kaufmann, Ferlach, Unterferlach, vertreten durch Dr. Günther Moshammer, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wider die beklagte Partei K*** L***- UND H***-B***, Klagenfurt, Domgasse 5, vertreten durch Dr. Hugo Scholly ua, Rechtsanwälte in Klagenfurt, wegen Unzulässigkeit einer Exekution, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Berufungsgerichtes vom 24. April 1987, GZ 1 R 471/86-27, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Klagenfurt vom 16. Mai 1986, GZ 6 C 1008/86-9, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei hat die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Begründung

Die klagende Partei lieferte Jakob J*** gegen Eigentumsvorbehalt mehrere Fenster und Türen aus Isolierglas, die dieser in seinem Haus auf der Liegenschaft EZ 338 Grundbuch St. Nikolai einbaute.

In dem von der beklagten Partei als führende betreibende Partei betriebenen Zwangsversteigerungsverfahren 8 E 119/85 des Erstgerichtes wurde diese Liegenschaft am 5. Februar 1986 dem Ersteher Dipl. Ing. Horst H*** zugeschlagen. Beim Versteigerungstermin wurde auf die am 4. Februar 1986 wegen der eingebauten Fenster und Türen eingebrachte Widerspruchsklage hingewiesen. Ein Verteilungsverfahren hat noch nicht stattgefunden. Diesem Zwangsversteigerungsverfahren trat die klagende Partei zur Hereinbringung ihrer aus der Lieferung der Fenster und Türen entstandenen Kaufpreisforderung als betreibende Partei bei. Sie verhielt sich im Exekutionsverfahren zunächst passiv, stellte jedoch am 5. Februar 1986 (Tag der Versteigerung) den Antrag, die Exekution hinsichtlich der in ihrem Eigentum stehenden Fenster und Türen einzustellen.

Mit der vorliegenden Exszindierungsklage stellt die klagende Partei das Begehren, die Exekution 8 E 119/85 sei hinsichtlich der im einzelnen beschriebenen Fenster und Türen unzulässig. Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens mit der Einwendung, die strittigen Fenster seien Zubehör der versteigerten Liegenschaft und teilten deren Schicksal. Sollte es sich um unselbständige Bestandteile handeln, wäre ebenfalls ein Eigentumsvorbehalt unzulässig. Die klagende Partei habe es unterlassen, im Versteigerungsverfahren Einwendungen zu erheben, und ihr Eigentumsrecht vor allem auch dadurch verloren, daß sie selbst die Exekution betrieben haben.

Das Erstgericht gab der Widerspruchsklage - ausgenommen ein Fenster, dessen Lieferung durch die klagende Partei nicht erwiesen ist - statt, weil es davon ausging, daß die Türen und Fenster nur mit PU-Schaum in den freigelassenen Maueröffnungen des noch unverputzten Rohbaus befestigt worden seien, so daß sie ohne Verletzung der Substanz mit geringem Aufwand entfernt werden könnten und daher selbständige Bestandteile seien, an denen der Eigentumsvorbehalt wirksam bestehen könne.

Das Berufungsgericht änderte das Urteil des Erstgerichtes, dessen Teilabweisung in Rechtskraft erwuchs, dahin ab, daß das gesamte Klagebegehren abgewiesen wurde. Es sprach aus, daß der Wert des von der Abänderung betroffenen Streitgegenstandes S 15.000,--, nicht aber S 300.000,-- übersteigt und die Revision zulässig sei. Das Berufungsgericht nahm nach Beweisergänzung als erwiesen an, daß die strittigen Türen und Fenster (wobei ein weiteres Fenster als nicht mit Sicherheit von der klagenden Partei geliefert ausgeschieden wurde) jeweils mit etlichen Mauerkrallen am Mauerwerk befestigt worden seien, die mit einem Drahtstift am Stockholz und mit einem Stahlnagel am Mauerwerk befestigt seien. Die Zwischenräume zum Mauerwerk seien mit PU-Hartschaum ausgeschäumt. Für das Entfernen der beiden Türen seien zwei Arbeitsstunden erforderlich, für das Entfernen je eines der sieben Fenster je ein bis zwei Arbeitsstunden. An den Türen und Fenstern würde dadurch ein Wertverlust von 25 bis 50 % des Neupreises entstehen. Auf Grund dieses Sachverhaltes war das Berufungsgericht der Auffassung, daß die strittigen Türen und Fenster unselbständige Bestandteile der Liegenschaft geworden seien.

Rechtliche Beurteilung

Den Ausspruch über die Zulässigkeit der Revision begründete das Berufungsgericht mit dem Fehlen einer Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frage, ob Türen und Fenster der vorliegenden Art selbständige oder unselbständige Bestandteile eines Hauses seien, aber auch zur weiteren Frage, ob ein Klagebegehren der vorliegenden Art möglich sei, wenn die Versteigerung schon stattgefunden habe. Ungeachtet dieses Ausspruches, an den das Revisionsgericht gemäß § 508 a Abs 1 ZPO nicht gebunden ist, liegen jedoch die Voraussetzungen des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO nicht vor, so daß die Revision der klagenden Partei unzulässig ist.

Die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes steht im Einklang mit der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes. Danach erlischt der Eigentumsvorbehalt des Verkäufers einer beweglichen Sache, wenn diese zum unselbständigen Bestandteil einer nicht im Eigentum des Verkäufers stehenden Sache wird (SZ 57/192 wa; vgl. auch Bydlinski in Klang2 IV/2 485 f; Spielbüchler in Rummel, ABGB, Rz 7 zu § 294; Schwimann/Pimmer, ABGB II § 294 Rz 5 und 6).

Um einen unselbständigen Bestandteil handelt es sich, wenn durch seine Absonderung das Wesen der Hauptsache oder des Bestandteils so verändert wird, daß sie wirtschaftlich als etwas anderes angesehen wird, und wenn die Absonderung mit unverhältnismäßigen Kosten verbunden wäre, wobei jeweils die Verkehrsauffassung entscheidet (SZ 57/166 ua, vgl. auch Klang in Klang2 II/14;

Thalhammer QuHGZ 1969, 21 bes. 22, 23;).

Fenster und Türen, die schon fix in einem Haus befestigt wurden (anders Eisenfenster, die noch nicht eigebaut wurden, sondern nur auf der Liegenschaft zum Einbau bestimmt, bereit stehen (vgl. dazu SZ 40/104) oder eine ohne weiteres entfernbare Türe vgl. dazu SZ 37/165) nicht mehr als selbständige, sondern schon als unselbständige Bestandteile zu behandeln, hält sich in Anwendung der aufgezeigten Kriterien im Rahmen der von der Besprechung des Obersten Gerichtshofes entwickelten Rechtssätze (siehe dazu auch das ausdrückliche Beispiel von Bydlinski aaO 486 unten). Dies gilt auch für die Annahme, Entfernungskosten von 25 % bis zu 50 % des Wertes der Fenster und Türen reichten aus, um nach der Verkehrsauffassung eine wirtschaftlich endgültige Verbindung anzunehmen. Im übrigen verbleiben nur Fragen der Einzelentscheidung. Der Standpunkt der Revisionswerberin, sie sei bereit, die erheblichen Kosten der Entfernung auf sich zu nehmen, ist eine erstmals im Revisionsverfahren erhobene Neuerung.

Ein Verstoß gegen die Teilrechtskraft liegt nicht vor, weil das Berufungsgericht das Urteil des Erstgerichtes nur insoweit abänderte, als es angefochten war ("das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert...."), und im Spruch nur der besseren Verständlichkeit wegen auch den schon vom Erstgericht abgewiesenen Teil des Klagebegehrens wiederholte ("....unter Einbeziehung des rechtskräftigen Teiles....").

Da die beklagte Partei auf die Unzulässigkeit der Revision nicht hingewiesen hat, waren ihr gemäß §§ 41 und 50 ZPO für die Revisionsbeantwortung keine Kosten zuzusprechen.

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