Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Der Antragsteller ist schuldig, der Antragsgegnerin die mit S 7.928,25 (darin S 720,75 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens binnen vierzehn Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung
Der am 7. Dezember 1943 geborene Mann und die am 12. Februar 1940 geborene Frau haben am 6. September 1968 in Graz die Ehe geschlossen. Sie waren, als die Ehe mit Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 3. November 1983, GZ 26 Cg 112/83-10, aus dem Verschulden des Mannes geschieden wurde, österreichische Staatsbürger. Die Frau lebte mit den gemeinsamen Kindern Michael und Joseph einige Jahre als Sprachlehrerin in Damaskus, bevor sie im Sommer 1979 mit dem Mann, der seit November 1978 im Marienkrankenhaus in Vorau als Turnusarzt angestellt war, dort den gemeinsamen Haushalt aufnahm. Das nacheheliche Aufteilungsverfahren wurde durch den Antrag des Mannes vom 21. November 1984 eingeleitet, das Gebrauchsvermögen unter Berücksichtigung der Schulden aufzuteilen. Sein zunächst zurückgenommener und nach Ablauf der Jahresfrist des § 95 EheG wiederholter Antrag auf Aufteilung der Wohnungseinrichtungs- und Hausratsgegenstände wurde rechtskräftig abgewiesen. Sein Antrag, über die Tragung der gemeinsamen Schulden zu entscheiden, war Gegenstand des zweiten Rechtsganges, weil das Rekursgericht insoweit die abweisende Sachentscheidung aufgehoben und dem Erstgericht die neue Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen und der Oberste Gerichtshof mit Beschluß vom 17. September 1986 zu 3 Ob 597/86 den Aufhebungsbeschluß bestätigt hat.
Das Erstgericht entschied, daß der Mann die gemeinsamen Schulden von S 200.000,- allein zu tragen und die Frau insoweit klag- und schadlos zu halten habe, verhielt ihn zum Ersatz der Verfahrenskosten der Frau und wies seinen Antrag, die Frau zur Zahlung gemeinsamer Schulden von S 210.679,72 zu verpflichten, ebenso ab wie den Antrag der Frau, gemeinsame Ersparnisse von S 220.000,- aufzuteilen.
Das Erstgericht ging dabei von den folgenden Feststellungen aus:
Der Mann verdiente als angestellter Arzt im Marienkrankenhaus in Vorau von November 1978 bis Juni 1983 im Durchschnitt monatlich netto S 40.000,-. Als die Frau mit den 1968 und 1970 geborenen Kindern aus Syrien, wo sie ihren und der Kinder Lebensunterhalt durch eine Lehrtätigkeit beschafft hatte, nach Vorau kam, nahmen die Eheleute in der vom Dienstgeber des Mannes zur Verfügung gestellten Dienstwohnung Aufenthalt. In der Küche waren eine Kredenz und in der Speisekammer ein Einbauschrank sowie zwei Regale vorhanden. Angeschafft wurden die Einrichtung des Kinderzimmers, des Wohnzimmers, Geschirr für die Küche und weitere Möbel um insgesamt rund S 94.000,-. Für einen Schreibtisch, den Schaukelstuhl, die Stereoanlage und die Plattensammlung wurden weitere S 26.000,-
aufgewendet und im November 1982 für einen Wohnzimmerschrank S 18.230,- und damit insgesamt etwa S 138.000,- für die Einrichtung der Ehewohnung ausgegeben. Dem Mann wurde am 5. November 1979 ein Kontokorrentkredit von S 30.000,- eingeräumt und am 25. Februar 1980 die Aufstockung auf S 65.000,- bewilligt. Am 3. November 1982 nahm der Mann mit Bürgschaft der Frau bei der Volksbank G*** S 200.000,- Kredit in Anspruch und bezahlte damit die auf S 195.000,- angestiegenen Schulden bei der Sparkasse H***-V*** im November 1982. Nach der Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft stockte der Mann den Kredit bei der Volksbank G*** auf S 300.000,- auf.
Im Dezember 1978 und Jänner 1979 überwies der Mann an die Frau als Unterstützung für sie und die Kinder S 16.697,-. Im Jänner 1980 erwarb der Mann um S 120.000,- einen Personenkraftwagen, den er allein fuhr, aber auch für Ausflüge mit der Familie benützte. Der Kaufpreis wurde in Raten abgestattet. Als die Familie im Sommer 1980 eine Reise in die USA unternahm, um die Eltern der Frau zu besuchen, wurden rund S 36.000,- ausgegeben, obwohl die Aufenthaltskosten von den Eltern der Frau getragen wurden.
Bei der Aufhebung der Ehegemeinschaft waren Schulden von
S 210.000,- und Ersparnisse von S 160.000,- (Lebensversicherung) und
S 30.000,- (Sparguthaben) vorhanden. Die Ersparnisse behielt der Mann für sich. Die Möbelstücke blieben in der Dienstwohnung in Vorau, wo die Frau noch mit dem 18-jährigen Michael, der die
5. Klasse des B*** in Birkfeld besucht, und dem 16-jährigen Joseph, Schüler der 3. Klasse der HTL in Pinkafeld, wohnt. Die Frau hat im Dezember 1986 ihr Universitätsstudium abgeschlossen und besitzt die Lehrbefähigung für das Lehramt an Mittelschulen in den Fächern Englisch und Deutsch. Mit einer Anstellung ist in absehbarer Zeit nicht zu rechnen. Sie führte den gemeinsamen Haushalt und betreut weiter die Kinder.
Der Mann war, als er im Juni 1983 die Frau verließ und von Vorau wegzog, 9 Monate arbeitslos. Ab April 1984 arbeitete er als Turnusarzt in Graz und verdiente monatlich netto S 14.000,-. Seit dem 15. Februar 1985 ist er Betriebsarzt im Werkskrankenhaus Kapfenberg und verdient monatlich netto rund S 25.000,-. Für die beiden Söhne hat er zusammen S 6.000,- monatlich Unterhalt zu leisten, für die geschiedene Frau monatlich S 5.000,-. Für sein 1979 geborenes uneheliches Kind muß er monatlich S 1.500,- Unterhalt bezahlen. Er besitzt jetzt einen Personenkraftwagen Audi 100 Baujahr 1983, den er um S 70.000,- erwarb.
Das Erstgericht meinte, eine Aufteilung der Ersparnisse komme nicht mehr in Betracht, weil die Frau dies erst am 22. Jänner 1987 verlangte und der Anspruch daher nach § 95 EheG erloschen und nicht zu berücksichtigen sei. Der Mann habe zur Zeit der Hausstandsgründung über ein Monatsnettoeinkommen von rund S 40.000,-
verfügt und hätte die für die Wohnung benötigten Einrichtungsgegenstände anschaffen können, ohne Kredit in Anspruch nehmen zu müssen. Die Frau habe den Haushalt geführt, die Kinder betreut und dadurch ihren Beitrag geleistet. Da die Frau auf den Unterhalt von S 5.000,- angewiesen sei und kein Einkommen erzielen könne, sei es nach den Grundsätzen der Billigkeit geboten, daß der Mann die gemeinsamen Schulden aus der Zeit der ehelichen Gemeinschaft allein trage, weil sonst die Existenz der Frau und der Kinder bedroht würde.
Das Gericht zweiter Instanz gab dem nur vom Mann erhobenen Rekurs nicht Folge und erklärte den Rekurs an den Obersten Gerichtshof für zulässig. Auch das Rekursgericht billigte mit dem Hinweis auf die finanzielle Lage beider Teile, das Versäumnis des Mannes, in der Zeit seines hohen Einkommens nicht für die Abstattung der für die Möbelkäufe eingegangenen Schulden gesorgt zu haben, und darauf, daß dem Mann die Verfügung über zumindest rund S 100.000,-
ehelicher Ersparnisse zukam, die Pflicht des Mannes, die Schulden allein zu tragen.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs des Mannes ist nicht berechtigt. Nach § 232 Abs 2 AußStrG kann der zugelassene Rekurs an den Obersten Gerichtshof nur darauf gegründet werden, daß die Entscheidung des Rekursgerichtes auf einer unrichtigen rechtlichen Beurteilung der Sache beruht. Dies ist nicht der Fall: Der Mann hat trotz eines überdurchschnittlichen Einkommens unter anderem den Ankauf der Einrichtung für die 1979 bezogene Dienstwohnung und eine Reise in die USA durch Inanspruchnahme von Bankkredit finanziert. Er hat, - und dies ist entgegen der Ansicht des Erstgerichtes bei jeder Aufteilungsentscheidung zu berücksichtigen, wie der Oberste Gerichtshof schon im Beschluß vom 17. September 1986 zu 3 Ob 597/86 dargetan hat, - die gesamten Ersparnisse (Rückkaufswert der Lebensversicherung) für sich behalten und nach Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft auch wieder einen Personenkraftwagen für sich beschafft, nachdem er im Mai 1983 bei einem Verkehrsunfall mit dem durch Kredite finanzierten Fahrzeug einen Totalschaden erlitten hatte. Der Frau sind zwar die 1979 bis 1982 beschafften Einrichtungsgegenstände in der Wohnung verblieben, die sie mit den Kindern weiter benützen kann. Es ist eine Erfahrungstatsache, daß der Wert solcher Möbel keinesfalls dem Kaufpreis bei ihrer Anschaffung gleichgesetzt werden kann, sondern nach Benützung erheblich absinkt.
Sowohl die Aufwendungen an Unterstützung der damals in Damaskus weilenden Frau und Kinder als auch die Kosten der Reise in die USA hätte der Mann aus seinem guten Einkommen zu tragen gehabt. Auch die Anschaffungskosten der Wohnungseinrichtung wären bei einem Monatseinkommen von S 40.000,- lange vor der Aufhebung der Gemeinschaft zum Großteil abzustatten gewesen. Berücksichtigt man nun, daß der Frau die gebrauchten Einrichtungsgegenstände, dem Mann aber erhebliche Ersparnisse verblieben sind, so entspricht die Entscheidung der Vorinstanzen der Billigkeit, die § 83 Abs 1 EheG für die Aufteilung verlangt. Dabei ist auf das Wohl der Kinder Bedacht zu nehmen. Es ist der Frau, die in absehbarer Zeit nicht mit einer Anstellung rechnen kann, nicht zuzumuten, sich an der Abstattung jener vorhandenen Schulden zu beteiligen, die entstanden, weil der Mann seine Mittel nicht früher zur Tilgung der Schulden einsetzte, sondern lediglich Umschuldungen vornahm. Wenn auch die Verschuldensentscheidung im Scheidungsprozeß unter den Aufteilungsgrundsätzen nicht aufgezählt wurde, so darf doch der schuldlose Teil nicht in unzumutbare wirtschaftliche Schwierigkeiten gebracht werden (EFSlg. 48.948; 48.952 ua.). Dies wäre aber der Fall, würde der Frau eine Beteiligung an der Kredittilgung aufgebürdet.
Die Tragung der Kosten des Verfahrens über den erfolglos gebliebenen Rekurs an den Obersten Gerichtshof durch den Mann entspricht billigem Ermessen (§ 234 AußStrG), wobei aber die Bemessungsgrundlage nur mit dem restlichen Streitwert von S 210.679,72 anzunehmen ist.
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