OGH 3Ob597/86

OGH3Ob597/8617.9.1986

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Kinzel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Wurz, Dr.Hule, Dr.Klinger und Mag.Engelmaier als Richter in der Außerstreitsache der geschiedenen Eheleute Dr.Saadal-Lah J***, Arzt, Rossmanngasse 41, 8010 Graz, vertreten durch Dr.Herbert Poleschinski, Rechtsanwalt in Hartberg, und Mag.Judith J***, im Haushalt, Wienerstraße 51, 8250 Vorau, vertreten durch Dr.Josef Kager, Rechtsanwalt in Hartberg, wegen der Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse, infolge des von beiden Teilen erhobenen Rekurses an den Obersten Gerichtshof gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgerichtes vom 28.November 1985, GZ.1 R 322/85-20, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Hartberg vom 21.Juni 1985, GZ. F 7/84-14, teilweise bestätigt und teilweise aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs des Mannes und seine Rekursbeantwortung werden zurückgewiesen.

Dem Rekurs der Frau wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Innerhalb der Jahresfrist des § 95 EheG nach Eintritt der Rechtskraft des Urteiles des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 3.November 1983, GZ.26 Cg 112/83-10, mit welchem die am 6. September 1968 geschlossene Ehe der Parteien österreichischer Staatsbürgerschaft geschieden wurde, beantragte der Mann am 21. November 1984 die gerichtliche Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens unter Berücksichtigung der vorhandenen Schulden. Er verlangte zunächst eine Entscheidung über die Aufteilung der in seiner Arztdienstwohnung, in der die Frau mit den beiden minderjährigen ehelichen Kindern wohnen blieb, vorhandenen aus seinen Mitteln angeschafften Einrichtungs- und Gebrauchsgegenständen sowie der für diese Anschaffungen vorhandenen Darlehensschulden, erklärte dann aber während der Tagsatzung am 18.April 1985, den Antrag in Ansehung der Gebrauchsgegenstände zurückzunehmen und nur die Regelung der gemeinsamen Verbindlichkeiten anzustreben (AS 20). Die Frau hatte geltend gemacht, daß sie auf die Wohnungseinrichtungsgegenstände, soweit diese überhaupt den geschiedenen Eheleuten gehörten, zur Deckung ihrer und der Kinder Wohnbedürfnisse angewiesen sei, und nur ein Bett und einen Sessel entbehren zu können. Sie bestritt, daß noch gemeinsame Schulden bestünden.

Am 12.Juni 1985 wiederholte der Mann seinen ursprünglichen Aufteilungsantrag (AS 46).

Das Erstgericht wies diesen Antrag ab, weil nach Zurücknahme des Antrags auf Aufteilung der Fahrnisse der Anspruch nach § 95 EheG insoweit erloschen sei und der später als ein Jahr nach Eintritt der Rechtskraft der Scheidung der Ehe gestellte neue Antrag verspätet sei. Der Mann habe zwar seinen Antrag auf "Aufteilung" der Schulden aufrecht gehalten, doch sei nach § 83 EheG bei der Aufteilung auf mit dem ehelichen Lebensaufwand zusammenhängende Schulden Bedacht zu nehmen nicht aber eine Aufteilung von Schulden allein vorzunehmen. Die Kreditverbindlichkeiten bei der Sparkasse Hartberg-Vorau und bei der Volksbank Gleisdorf seien getilgt, für die nach der Scheidung vom Mann erwirkte Kreditaufstockung hafte er allein. Diese Schuld stehe mit dem ehelichen Lebensaufwand nicht mehr in Zusammenhang und könne daher nicht Gegenstand eines gerichtlichen Aufteilungsverfahrens sein.

Das Rekursgericht bestätigte infolge des Rekurses des Mannes die Abweisung des Antrags auf Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens, weil es meinte, die Zurücknahme des Antrags in Ansehung der Fahrnisse sei erkennbar mit Billigung der Frau erfolgt und damit wirksam gewesen. Der Aufteilungsanspruch sei in diesem Teilbereich erloschen. Es gab jedoch dem Rekurs des Mannes im übrigen Folge, hob den nicht bestätigten Teil des erstrichterlichen Beschlusses auf und trug dem Erstgericht die neue Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Das Rekursgericht meinte, auch Schulden allein könnten Gegenstand eines Aufteilungsverfahrens sein und es bedürfe daher ergänzender Feststellungen, welche Kredite zum Ankauf der Einrichtung in Anspruch genommen wurden und mit welchem Betrag Verbindlichkeiten der Eheleute bei der Aufhebung ihrer häuslichen Gemeinschaft aushafteten. Es sei denkbar, daß zu berücksichtigende Schulden für Möbelankauf oder die Reise der Familie nach Übersee bis zur Scheidung nur teilweise getilgt, mit dem Rest aber erst durch eine vom Mann vorgenommene Umschuldung beglichen wurden und daher nach § 92 EheG zu bestimmen sei, welcher Ehegatte im Innenverhältnis zur Zahlung verpflichtet sei. Die maßgebenden Tatsachen seien vom Erstgericht jedoch nicht erhoben worden. Nach § 232 Abs.1 AußStrG erklärte das Rekursgericht wegen des Wertes des Streitgegenstandes den Rekurs an den Obersten Gerichtshof für zulässig. Die Ausfertigungen der rekursgerichtlichen Entscheidung wurden an die Prozeßbevollmächtigten beider Teile am 11.Dezember 1985 zugestellt.

Den aufhebenden Teil des Beschlusses der zweiten Instanz bekämpfte die Frau mit ihrem auf die Wiederherstellung des abweisenden Beschlusses des Erstgerichtes abzielenden Rekurs an den Obersten Gerichtshof. Das Rechtsmittel wurde nach dem Vermerk des Erstgerichtes dort am 27.12.1985 überreicht.

Mit seinem am 8.1.1986 beim Erstgericht überreichten Revisionsrekurs bekämpft der Mann den bestätigenden Teil der Rekursentscheidung, weil er meint, die Zurücknahme seines Antrags auf Aufteilung der Fahrnisse sei mangels ausdrücklich erklärter Zustimmung der Frau nicht wirksam vorgenommen worden, so daß insgesamt über die Aufteilung auch der beweglichen Sachen zu entscheiden sein werde.

Infolge eines Versehens der Geschäftsstelle des Erstgerichtes wurde die Zustellung der Ausfertigung der Rechtsmittel an den Gegner erst am 2.7.1986 verfügt. Dem Rechtsvertreter des Mannes wurde die Ausfertigung des Rechtsmittels der Frau am 3.7.1986, dem Rechtsvertreter der Frau die Ausfertigung des Rechtsmittels des Mannes am 4.7.1986 zugestellt.

Nur der Mann brachte beim Erstgericht die am 31.7.1986 überreichte Rekursbeantwortung ein.

Nach § 232 Abs.1 AußStrG findet gegen Entscheidungen des Rekursgerichtes über die Aufteilung ehelichen Gebrauchsvermögens und ehelicher Ersparnisse der Rekurs an den Obersten Gerichtshof nur statt, wenn ihn das Rekursgericht in seiner Entscheidung für zulässig erklärt hat. Dies ist geschehen. Die Rekursfrist beträgt ungeachtet der im § 231 Abs.1 AußStrG vorgesehenen Zweiseitigkeit des Rechtsmittels gegen die Sachentscheidung (EFSlg.35.144) mangels einer abweichenden gesetzlichen Anordnung für das im vierten Hauptstück des Außerstreitgesetzes geregelte Verfahren in Eheangelegenheiten (wie etwa § 37 Abs.3 Z 17 lit.b für das Verfahren außer Streitsachen nach dem Mietrechtsgesetz) vierzehn Tage (§ 14 Abs.1 AußStrG). Daran hat die Zivilverfahrensnovelle 1983 nichts geändert (EFSlg.44.527). Dem Gegner des Rechtsmittelwerbers steht es frei, binnen vierzehn Tagen nach Zustellung der Rekursschrift beim Gericht erster Instanz eine Rekursbeantwortung einzubringen (§ 231 Abs.2 Satz 2 AußStrG). Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Gerichtsferien, also auch die Bestimmungen über den Einfluß der Gerichtsferien auf Fristen (§ 225 Abs.1 ZPO), finden keine Anwendung auf die Angelegenheiten des außerstreitigen Verfahrens (Fasching, Kommentar II,1019), wenn auch das Gericht, soweit eine schleunige Erledigung nicht erforderlich ist, während der Gerichtsferien in Angelegenheiten des außerstreitigen Verfahrens Entscheidungen oder Verfügungen unterlassen kann (Art.XXXVI EGZPO; Fasching, Zivilprozeßrecht, Rz 615).

Der Revisionsrekurs des Mannes und seine Rekursbeantwortung wurden nach Ablauf der durch die Zustellung in Gang gesetzten vierzehntägigen Frist und damit verspätet überreicht. Dies führt, weil die Berücksichtigung des verspäteten Rechtsmittels nach § 11 Abs.2 AußStrG ausgeschlossen ist, zur Zurückweisung des Revisionsrekurses des Mannes und seiner Rekursbeantwortung. Der Rekurs der Frau gegen den aufhebenden Teil der Entscheidung des Rekursgerichtes ist zufolge des darin getroffenen Ausspruches zulässig und auch rechtzeitig (§ 7 Abs.1 AußStrG und § 126 Abs.2 ZPO).

Rechtliche Beurteilung

Dieser Rekurs ist aber nicht berechtigt.

Wenn auch die Aufteilung der in der Ehewohung verbliebenen Fahrnisse nicht mehr Gegenstand des Verfahrens ist, steht doch die Annahme, daß ein Aufteilungsanspruch insoweit nach § 95 EheG erloschen ist und daher die Rechtsverhältnisse an den zum ehelichen Gebrauchsvermögen oder zu den Ersparnissen zählenden Sachen einer Veränderung durch den Außerstreitrichter nicht mehr zugänglich sind, so daß an diesen Sachen die bisher begründeten Eigentumsverhältnisse aufrecht bleiben, einer Entscheidung im Sinne des § 92 EheG, welcher Ehegatte im Innenverhältnis zur Zahlung der Schulden, die nach § 81 Abs.1 EheG wegen ihres inneren Zusammenhanges mit dem ehelichen Gebrauchsvermögen und den ehelichen Ersparnissen in Anschlag zu bringen oder auf die nach § 83 Abs.1 EheG Bedacht zu nehmen ist, weil sie mit dem ehelichen Lebensaufwand zusammenhängen, ebensowenig entgegen, wie eine einvernehmliche Aufteilung der ehelichen Gebrauchsgegenstände (EFSlg.36.471, 8 Ob 512/85). Es kann daher durchaus auch nur zu einer Entscheidung bezüglich der im § 81 Abs.1 und im § 83 Abs.1 EheG genannten Schulden kommen, wenn sonst das eheliche Gebrauchsvermögen und die ehelichen Ersparnisse schon einvernehmlich aufgeteilt sind oder eine Aufteilung nicht stattzufinden hat, weil etwa Einvernehmen der Ehegatten darüber besteht, daß in diesem Umfang eine gerichtliche Entscheidung nicht begehrt wird (Pichler in Rummel, ABGB, Rdz 2 zu § 92 EheG). Dabei wird allerdings, um die Schuldenzahlungspflicht nach den gesetzlichen Aufteilungsrichtlinien billig regeln zu können, darauf Bedacht zu nehmen sein, wie sonst die einer Aufteilung unterworfenen Gegenstände des ehelichen Gebrauchsvermögens und der Ersparnisse verteilt wurden, weil die Verpflichtung zur Zahlung der Schulden, soweit sie überhaupt bei der Aufteilung zur berücksichtigen sind, nicht losgelöst davon gesehen werden kann, in welchem Maß die Ehegatten zur Anschaffung des Gebrauchsvermögens und Ansammlung von Ersparnissen beigetragen haben, inwieweit ihnen entsprechende Werte zugekommen sind und welchen Anteil sie am Entstehen der Schulden genommen haben. Es wird daher nicht erspart bleiben, im fortgesetzten Verfahren nicht nur zu klären, ob Schulden der im Aufteilungsverfahren zu berücksichtigenden Art vorhanden waren und sind, sondern auch, welche Anschaffungen oder Aufwendungen mit in Anspruch genommenen Krediten getätigt wurden, welche der Aufteilung des Gebrauchsvermögens unterliegenden Sachen bei der Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft vorhanden waren und ob sie dem Mann oder der Frau endgültig verbleiben. Erst dann kann über den stets aufrecht gehaltenen rechtzeitigen Antrag des Mannes entschieden werden, für das Innenverhältnis festzulegen, welcher Ehegatte zur Zahlung vorhandener Schulden verpflichtet ist. Da somit das Rekursgericht in richtiger rechtlicher Beurteilung entscheidungswesentliche Umstände klargestellt haben will, kann der Oberste Gerichtshof dem Auftrag des Rekursgerichtes zur Verfahrensergänzung nicht entgegentreten (EFSlg.42.488; EFSlg.44.569; EFSlg.44.803 ua.). Der aufhebende Teil des rekursgerichtlichen Beschlusses ist daher zu bestätigen. Dem Rekurs der Frau kann nicht Folge gegeben werden. Kosten hat sie für ihr Rechtsmittel nicht verzeichnet.

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