OGH 10ObS108/87

OGH10ObS108/873.11.1987

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Resch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier und Dr.Kellner sowie die fachkundigen Laienrichter Dr.Heinrich Basalka und Hermann Wachtberger als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Gertrude Z***, Arbeitergasse 44/14, 1050 Wien, vertreten durch Dr.Andreas Steiger, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei P*** D*** A***, Roßauer

Lände 3, 1090 Wien, vor dem Obersten Gerichtshof nicht vertreten, wegen Hilflosenzuschusses, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 8.Mai 1987, GZ. 34 Rs 82/87-13, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Schiedsgerichtes der Sozialversicherung für Wien in Wien vom 1.Oktober 1986, GZ. 16 a C 527/86 -10 (nunmehr 16 a Cgs 527/86 des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien) bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit Bescheid vom 15.März 1986 lehnte die beklagte Partei den Antrag der Klägerin auf Gewährung des Hilflosenzuschusses ab. Das Erstgericht wies die dagegen erhobene Klage ab. Es stellte fest, daß die Klägerin an einem ausreichend gut stabilisierten Defektzustand nach paranoider Schizophrenie leidet. Es ist der Klägerin möglich, sich allein aus- und anzuziehen, sich zu waschen, ihren Wohnraum oberflächlich instand zu halten, Nahrungsmittel einzuholen und Speisen zuzubereiten. Sie kann einen Kohlenofen warten und die kleine Leibwäsche waschen. Nur während des stationären Aufenthaltes im psychiatrischen Krankenhaus der Stadt Wien im Oktober und November 1985 war die Klägerin auf fremde Hilfe angewiesen. Die Klägerin sei, da sie nur während des stationären Aufenthaltes im Oktober und November fremder Hilfe bedurfte, seither aber wieder alle Verrichtungen des täglichen Lebens vornehmen kann, nicht hilflos im Sinne des § 105 a ASVG.

Das Berufungsgericht gab der wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens, Aktenwidrigkeit und unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobenen Berufung keine Folge. Es verneinte das Vorliegen von Verfahrensmängeln und billigte die rechtliche Beurteilung des Erstgerichtes.

Rechtliche Beurteilung

In ihrer Revision macht die Klägerin geltend, das Berufungsgericht habe die in der Berufung gerügten Verfahrensmängel zu Unrecht als nicht gegeben beurteilt und sich mit dem Vorbringen, wie weit es lediglich der Betreuung durch die Schwester der Klägerin zuzuschreiben sei, daß sich derzeit bei ihr ein gut stabilisierter Defektzustand paranoider Schizophrenie finde, nicht auseinandergesetzt. Dem ist entgegenzuhalten, daß das Berufungsgericht in seiner Entscheidung ausdrücklich darauf hingewiesen hat, daß es zwar bei der Beurteilung der Hilflosigkeit nach § 105 a ASVG nicht darauf ankomme, ob gewisse Verrichtungen des täglichen Lebens für den Pensionisten von Familienangehörigen unentgeltlich vorgenommen werden, maßgeblich sei jedoch der objektive ärztliche Befund und das erstellte Leistungskalkül. Nach diesem aber sei die Klägerin in der Lage, die Verrichtungen des täglichen Lebens selbst vorzunehmen.

Wie der erkennende Senat in seiner grundsätzlichen Entscheidung vom 6.Oktober 1987, 10 Ob S 23/87 ausführlich dargelegt hat, hält er auch im Verfahren in Sozialrechtssachen an der seit der Entscheidung SZ 22/106 überwiegenden Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes fest, daß Mängel des Verfahrens erster Instanz, deren Vorliegen vom Berufungsgericht verneint wurde, nicht mit Revision geltend gemacht werden können. Es ist dem Obersten Gerichtshof daher verwehrt, die Frage zu prüfen, ob die in der Revision behaupteten Mängel des Verfahrens erster Instanz vorliegen, weil dies schon vom Berufungsgericht verneint wurde.

Auch der Rechtsrüge kommt keine Berechtigung zu.

Zweck des Hilflosenzuschusses ist es, dem Rentner oder Pensionisten, der infolge körperlicher oder geistiger Gebrechen nicht in der Lage ist, die lebensnotwendigen Verrichtungen selbst zu besorgen, den durch die Inanspruchnahme anderer Personen entstehenden Mehraufwand wenigstens teilweise zu ersetzen. Aus den beiden Wörtern "derart hilflos" in § 105 a ASVG ergibt sich, daß nicht jede Hilflosigkeit, sondern nur ein besonderes Maß des sich nicht helfen Könnens, das mit dem Bedarf nach ständiger Wartung und Hilfe umschrieben wird, Anspruch auf Hilflosenzuschuß gibt. Ein Hilflosenzuschuß gebührt daher nur dann, wenn der Rentner oder Pensionist nicht in der Lage ist, auch nur einzelne dauernd wiederkehrende lebensnotwendige Verrichtungen selbst auszuführen. Dabei kommen jedoch jeweils nur jene Verrichtungen in Frage, die nicht allgemein von dritten Personen besorgt werden, sondern die auch nicht eingeschränkte Personen gewöhnlich selbst erledigen (10 Ob S 46/87).

Da die Klägerin nach den Feststellungen noch in der Lage ist, alle lebensnotwendigen Verrichtungen ohne Einschränkung vorzunehmen, gebührt ihr daher kein Hilflosenzuschuß. Die Vorinstanzen haben das Klagebegehren zur Recht abgewiesen.

Der Revision war somit ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs.1 Z 2 lit.b ASGG.

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