OGH 1Ob630/87

OGH1Ob630/8721.10.1987

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert, Dr. Hofmann, Dr. Schlosser und Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S*** W***, vertreten durch Dr. Adolf Fiebich, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei

H***-T***, Bau- und Betriebsgesellschaft mbH & Co KG, Wien 1., Walfischgasse 5, vertreten durch Dr. Walter Prunbauer, Dr. Friedrich Prunbauer, Rechtsanwälte in Wien wegen S 2,323.711,07 samt Anhang infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 31. März 1987, GZ 2 R 32/87-23, womit das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 3. Dezember 1986,GZ 15 Cg 78/85-18, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Prozeßkosten.

Text

Begründung

Mit dem am 8. Juni 1978 zwischen den Parteien abgeschlossenen Baurechtsvertrag räumte die klagende Partei der beklagten Partei an einem Teil des Hamerlingplatzes in Wien 8 ein Baurecht zur Errichtung einer dreigeschoßigen Tiefgarage ein. Punkt XVI des Vertrages lautet: "Die Bauberechtigte ist verpflichtet, der S*** W*** die zum Zeitpunkt der Fertigstellung des Garagenbauwerkes anfallenden Wiederherstellungskosten für eine dem ursprünglichen Zustand entsprechende Ausgestaltung des durch den Garagenbau betroffenen Bereiches zu ersetzen. Die Kostenermittlung hat sich zum gegebenen Zeitpunkt nach den jeweiligen Ausschreibungsbedingungen der S*** W*** zu richten. Der gegenwärtige Umfang des wiederherzustellenden Bereiches beträgt ....." Nach Fertigstellung der Garage durch die beklagte Partei wurden die durch den Garagenbau betroffenen Bereiche der Parkanlage und der Straßengrundfläche von der klagenden Partei nicht in einer dem ursprünglichen Zustand entsprechenden Ausgestaltung wiederhergestellt; nach Intervention einer Bürgerinitiative wurde vielmehr der Hamerlingpark völlig neu gestaltet; der Gesamtkostenaufwand betrug ca. S 7 Mill. Die Fertigstellung der Arbeiten an der Parkanlage einschließlich der Straßengrundfläche erfolgte im Frühjahr 1981, die feierliche Eröffnung fand am 16. Mai 1981 statt. Mit Rechnung Nr. 911.8020 vom 28. Mai 1980 stellte die klagende Partei der beklagten Partei einen Betrag von S 2,600.000,-- als Kostenbeitrag zur Parkausgestaltung in Wien 8, Hamerlingplatz, in Rechnung. Am 1. Juli 1980 bezahlte die beklagte Partei diesen Betrag. Mit Abrechnung vom 24. August 1986 gab die klagende Partei der beklagten Partei die Gesamtkosten mit S 4,923.711,07 bekannt. In dieser Rechnung waren wegen der vom ursprünglichen Zustand abweichenden Gestaltung des Parkes fiktive valorisierte Kosten enthalten.

Die klagende Partei begehrt mit der am 2. September 1985 eingebrachten Klage den Zuspruch des Betrages von S 2,323.711,07 samt Anhang.

Die beklagte Partei wendete Verjährung ein. Es handle sich um die Geltendmachung einer Entschädigungssumme aus einer vertragsmäßig übernommenen Schadenersatzpflicht. Die Verjährungszeit habe spätestens Ende August 1981 zu laufen begonnen. Es liege auch ein Geschäft des täglichen Lebens im Sinn des § 1486 Z 1 ABGB vor. Die beklagte Partei wäre auch nur verpflichtet, die tatsächlichen Wiederherstellungskosten zu bezahlen, nicht aber fiktive. Durch Zahlung der Verbindlichkeit sei diese auch bereits erloschen. Bei der Rechnung vom 28. Mai 1980 habe es sich um keine vorläufige Vorschreibung gehandelt.

Die klagende Partei erwiderte, das Begehren sei auf Punkt XVI des Baurechtsvertrages gestützt. Es handle sich um keine Schadenersatzklage, sondern um die Leistung einer vertraglich übernommenen Verpflichtung. Bei der Vorschreibung des Betrages von 2,6 Mill. S habe es sich nur um einen provisorischen Mindestbetrag gehandelt.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren wegen Verjährung ab. Mangels ausdrücklich auf den vorliegenden Fall anzuwendenden Rechtsvorschriften müsse § 364 a ABGB analog angewendet werden. Die klagende Partei sei allerdings zur Duldung der Beeinträchtigung nicht durch ein behördliches Verfahren mit anschließender Bewilligung verpflichtet worden, sondern habe sich ihres Unterlassungsanspruches freiwillig begeben. Ein Größenschluß führe dazu, den vertraglichen Ausgleichsanspruch der klagenden Partei mit keiner längeren Verjährungsfrist auszustatten als den nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruch nach § 364 a ABGB. Die vertragliche Festsetzung einer Entschädigung schaffe keinen neuen Rechtsgrund. Entschädigungsklagen im Sinne des § 1489 ABGB seien aber auch Ersatzansprüche gemäß § 364 a ABGB. Auch die vertragsmäßige Übernahme dieser Schadenersatzpflicht habe nichts am Lauf der Verjährung verändert. Da die Verjährungsfrist bis spätestens Ende August 1981 zu laufen begonnen habe, sei der geltend gemachte Anspruch verjährt.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der klagenden Partei Folge. Es hob das Urteil des Erstgerichtes unter Rechtskraftvorbehalt auf und verwies die Rechtssache zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurück. Gehe man vom Wortlaut des § 1489 ABGB aus, dann könnte lediglich aus dem Ausdruck Entschädigungsklage geschlossen werden, daß nicht nur eine Schadenersatzpflicht aus Delikt, Quasidelikt oder Vertragsverletzung, sondern auch eine von vornherein übernommene Verpflichtung zur Ersatz der Kosten der Beseitigung von vorhersehbaren, notwendig eintretenden und im Vertrag genau umschriebenen Folgen vertraglich erlaubter Eingriffe in Rechte des Vertragspartners erfaßt sei. Ziehe man aber den weiteren Wortlaut "der Schade mag durch Übertretung einer Vertragspflicht oder ohne Beziehung auf einen Vertrag verursacht worden sein" in Betracht, ergebe sich, daß eine vertraglich übernommene Ersatzpflicht für die genau umschriebenen Folgen von vornherein vertraglich gestatteten Eingriffen weder dem einen noch dem anderen Begriff zugeordnet werden könne, so daß die im § 1489 ABGB für Entschädigungsklagen normierte Ausnahme von der allgemeinen Regelung des § 1478 ABGB auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar sei. Hingegen seien die Klagen nach den §§ 364 a und 364 b ABGB auf Ersatz eines ohne Beziehung auf einen Vertrag verursachten Schadens gerichtet und fielen damit unter den Begriff der Entschädigungsklage nach § 1489 ABGB. Daraus, daß die Rechtsprechung auf diese nachbarrechtlichen Ersatzansprüche die dreijährige Verjährungsfrist des § 1489 ABGB anwende, lasse sich daher nicht folgen, auch den vorliegenden, vertraglich festgelegten Anspruch dieser kurzen Verjährungsfrist unterliegen zu lassen. Auch aus der Entscheidung SZ 9/25 lasse sich für den Standpunkt der beklagten Partei nichts gewinnen. Es habe sich dort nicht etwa, wie im vorliegenden Fall, um einen von vornherein festgelegten Ersatz für die Folgen eines vertraglich erlaubten Verhaltens, sondern um die rechtliche Bereinigung eines zuvor durch Beteiligung des Vertragspartners am deliktischen Verhalten des Bevollmächtigten der anderen Seite bzw. durch die nicht rechtzeitige Erfüllung von Verträgen entstandenen Schadens gehandelt. Auch auf § 1489 Z 1 ABGB könne eine kürzere Verjährungszeit nicht gestützt werden. Es handle sich hier um vertragliche Ansprüche des Eigentümers auf Ersatz von Aufwendungen zur Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes seiner eigenen Liegenschaft, nicht aber um eine Forderung für eine im Rahmen des Gewerbebetriebes an den Vertragspartner erbrachte Lieferung oder Leistung. Die Rechtssache sei daher noch nicht spruchreif.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs der beklagten Partei ist nicht berechtigt. Nach § 1489 Satz 1 ABGB ist jede Entschädigungsklage in drei Jahren von der Zeit an verjährt, zu welcher der Schaden und die Person des Beschädigers dem Beschädigten bekannt wurde, der Schaden mag durch Übertretung einer Vertragspflicht oder ohne Beziehung auf einen Vertrag verursacht worden sein. Nach dem eindeutigen Wortlaut dieser Bestimmung fallen unter die kurze Verjährungszeit sowohl Ansprüche, die aus deliktischer oder ihnen gleichzuhaltender Schädigung, als auch solche, die aus der Verletzung von vertraglichen Verpflichtungen abgeleitet werden (Schubert in Rummel, ABGB, Rz 2 zu § 1489; Koziol, Österreichisches Haftpflichtrecht2 I 315; Klang2 VI 633; Ehrenzweig-Mayrhofer3, Schuldrecht I 346). Dem Erstgericht ist zwar zuzugeben, daß auch auf aus den §§ 364 a und 364 b ABGB abgeleitete Ersatzansprüche die dreijährige Verjährungszeit des § 1489 ABGB anzuwenden ist (MietSlg 35.032; SZ 55/55; SZ 52/107; Schubert aaO; Spielbüchler in Rummel, ABGB, Rz 10 zu § 364 a; Koziol aaO II 325); es liegt aber, wie das Berufungsgericht richtig erkannte, weder ein aus dem Gesetz noch ein aus einer Vetragsverletzung abgeleiteter Entschädigungsanspruch vor. Die klagende Partei macht vielmehr ihre aus dem Baurechtsvertrag zustehenden Anprüche geltend. Bestehen vertragliche Beziehungen, sind nur diese für daraus entstandene Ansprüche maßgeblich. Zur Anwendung des Nachbarrechtes und damit zur Gewährung von verschuldensunabhängigen Ausgleichsansprüchen besteht in solchen Fällen kein Anlaß (SZ 56/94; 1 Ob 43/86). Für Ansprüche auf Zuhaltung eines Vertrages gilt aber, sofern nicht andere Vorschriften zur Anwendung gelangen, grundsätzlich die allgemeine Verjährungsfrist des § 1478 ABGB (7 Ob 674/80; 7 Ob 534/80). Es versagt auch das Argument, daß nach Rechtsprechung und Lehre an der Verjährungszeit des § 1489 ABGB nichts dadurch geändert wird, daß - ohne Novation - ein solcher Anspruch durch Vertrag (Vergleich) geregelt wird (Arb. 9196; SZ 39/29; SZ 9/25; Mader in Schwimann, ABGB, Rz 2 zu § 1489; Ehrenzweig-Mayrhofer aaO 347; Klang aaO 633 f). Immer waren aus dem Gesetz abgeleitete Entschädigungsansprüche bereits entstanden und wurden dann vertraglich geregelt oder wie im Fall der SZ 9/25 von einem Dritten übernommen. Es mag sein, daß der klagenden Partei ohne den Vertrag gesetzliche, auf Unterlassung der Beeinträchtigung gerichtete Ansprüche zugestanden wären. Die Neuherstellung der Parkanlage war aber im vorliegenden Fall die Erfüllung einer der laut Baurechtsvertrag von der beklagten Partei im Zusammenhang mit der Errichtung der Tiefgarage auf dem Parkgelände übernommenen Verpflichtungen.

Auch auf Grund anderer gesetzlicher Vorschriften ist die allgemeine Verjährungszeit von 30 Jahren nicht auf drei Jahre verkürzt. Die Forderung der klagenden Partei stützt sich nicht auf die Lieferung von Sachen oder die Ausführung von Arbeiten oder sonstigen Leistungen in einem gewerblichen, kaufmännischen oder sonstigen Geschäftsbetrieb. Die im Rekurs angeführte Entscheidung JBl 1986, 452 betraf einen anders gelagerten Sachverhalt. Dort erbrachte ein Bauübernehmer im Rahmen eines Baubetreuungsvertrages Leistungen zugunsten seiner Auftraggeber. Hier räumte die klagende Partei im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung der klagenden Partei ein Baurecht, welches als unbewegliche Sache gilt (§ 6 Abs 1 BauRG), ein; die Zahlung der Wiederherstellungskosten der Parkanlage stellt sich als eine der von der beklagten Partei für die Einräumung des Baurechtes vertraglich übernommenen Gegenleistungen dar. Gegenleistungen für den Erwerb unbeweglicher Sachen fallen aber niemals unter die Vorschrift des § 1486 Z 1 ABGB (SZ 53/104; Schubert aaO; Klang aaO 621). Die Entscheidung JBl 1985, 169 = SZ 57/55 betraf einen Fall, in dem ohne vertragliche Regelung im Rahmen einer Geschäftsführung ohne Auftrag eine Forderung eingelöst wurde. Dort wurde ausgesprochen, daß bei Einlösung einer Forderung nach § 1422 ABGB für den Geschäftsführer ohne Auftrag dieselbe Verjährungsfrist wie für die erloschene Forderung gilt. Da das Erstgericht, von seiner nicht gebilligten Rechtsansicht ausgehend über die weiteren divergierenden Tatsachenbehauptungen der Parteien keine Feststellungen traf, erfolgte die Aufhebung seines Urteiles zu Recht. Im fortgesetzten Verfahren wird auch erst zu klären sein, ob die beklagte Partei annehmen konnte, mit der Bezahlung der S 2,600.000,-- ihren vertraglichen Pflichten nachgekommen zu sein.

Dem Rekurs ist der Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Rekursverfahrens gründet sich auf §§ 50, 52 ZPO.

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