OGH 12Os101/87

OGH12Os101/878.10.1987

Der Oberste Gerichtshof hat am 8.Oktober 1987 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Hörburger, Dr. Felzmann und Dr. Rzeszut als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Bernscherer als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Erich N*** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens nach § 12 Abs. 1 SGG und anderer strafbarer Handlungen über die Berufungen der Angeklagten Erich N***, Thomas M***, Gerhard V*** und Stephan K*** gegen die Urteile des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 23. April 1987, GZ 35 Vr 3604/86-73, und vom 30.April 1987, GZ 35 Vr 3604/86-79, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Hauptmann der Angeklagten Erich N***, Thomas M*** und Gerhard V*** sowie der Verteidiger Dr. Mirecki, Dr. MÜlner und Dr. Ergoth, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten Stephan K***, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Berufung des Angeklagten M*** wegen Schuld wird zurückgewiesen.

Den Berufungen der Angeklagten N*** und M***, letzterer teilweise, wird Folge gegeben, und es wird die Freiheitsstrafe bei N*** auf zwei Jahre herabgesetzt sowie die über M*** verhängte Freiheitsstrafe gemäß § 43 Abs. 2 StGB unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen. Im übrigen wird seiner Berufung sowie den Berufungen der Angeklagten V*** und K*** nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen allen Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit den angefochtenen Urteilen wurden die Angeklagten Erich N***, Thomas M***, Gerhard V*** und Stephan K*** des Verbrechens nach § 12 Abs. 1 SGG, N*** und K*** auch des Vergehens nach § 16 Abs. 1 SGG, N*** ferner des Verbrechens des Einbruchsdiebstahls nach §§ 127 Abs. 1 und 2 Z 1, 128 Abs. 1 Z 4, 129 Z 1 StGB und des Vergehens des schweren Betruges nach §§ 12, 146, 147 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 StGB schuldig erkannt. Erich N*** wurde hiefür nach §§ 28, 129 StGB zu zwei Jahren und drei Monaten, Thomas M***, Gerhard V*** und Stephan K*** nach § 12 Abs. 1 SGG (letztgenannter auch unter Anwendung des § 28 StGB), und zwar Thomas M*** zu vierzehn Monaten, Gerhard V*** zu fünfzehn Monaten und Stephan K*** zu sechzehn Monaten Freiheitsstrafe verurteilt. Erich N*** wurde überdies gemäß § 22 Abs. 1 StGB in eine Anstalt für entwöhnungsbedürftige Rechtsbrecher eingewiesen.

Gegen dieses Urteil haben die Angeklagten Erich N***, Thomas M*** und Erich V*** jeweils auch das Rechtsmittel der Nichtigkeitsbeschwerde erhoben, die vom Obersten Gerichtshof mit dem in nichtöffentlicher Sitzung gefaßten Beschluß vom 3.September 1987, 12 Os 101/87-6, welchem der nähere Sachverhalt zu entnehmen ist, zurückgewiesen wurde. Gegenstand des Gerichtstages waren daher die Berufungen der Angeklagten Erich N***, Thomas M***, Erich V*** und Stephan K***, mit welchen die genannten Angeklagten jeweils eine Strafminderung, Thomas M*** auch die Gewährung der bedingten Strafnachsicht, anstreben. Thomas M*** hat ferner Berufung wegen des Ausspruches über die Schuld erhoben. Dieses Rechtsmittel war zurückzuweisen, weil das Gesetz eine Schuldberufung gegen Entscheidungen des Schöffengerichtes nicht kennt.

Rechtliche Beurteilung

Lediglich den Berufungen (wegen Strafe) des Angeklagten N*** und (teilweise) des Angeklagten M*** kommt Berechtigung zu. Der Angeklagte N*** vermag zwar keine weiteren

Milderungsgründe aufzuzeigen. Bei vergleichender Abwägung der Strafbarkeit der an den Taten Beteiligten kann bei ihm von einer nur untergeordneten Beteiligung (§ 34 Z 6 StGB) keine Rede sein. Für die Annahme des von diesem Berufungswerber weiters geltend gemachten Milderungsgrund der Z 9 des § 34 StGB genügt eine verlockende Gelegenheit allein nicht; die Gelegenheit muß vielmehr in besonderem Maße nahelegen, daß auch ihr ein ansonsten rechtstreuer Mensch unterliegen könnte (Leukauf-Steininger, StGB2, RN 15 bei § 34). Eine verlockende Gelegenheit in diesem Sinne ist jedoch bei keiner der dem genannten Angeklagten angelasteten Straftaten gegeben gewesen. Bei richtiger Würdigung der Strafbemessungsgründe und bei Bedachtnahme auf die allgemeinen Grundsätze für die Strafbemessung (§ 32 StGB) erweist sich die über den Angeklagten N*** verhängte Strafe jedoch als überhöht. Der Oberste Gerichtshof sah sich daher veranlaßt, die verwirkte Strafe auf das aus dem Spruch ersichtliche, tatschuldangemessene Ausmaß herabzusetzen. An den von § 43 Abs. 2 StGB geforderten besonderen Gründen, die Gewähr für ein künftiges Wohlverhalten des Rechtsbrechers bieten, fehlt es im vorliegenden Falle, weil im Hinblick auf die Gestaltung der Taten eine solche qualifiziert günstige Zukunftsprognose - obwohl der Angeklagte bisher keine gerichtliche Verurteilung aufweist - nicht anzunehmen ist.

Beim Angeklagten M*** kommt eine Herabsetzung der Freiheitsstrafe bei dem gegebenen Strafrahmen des § 12 Abs. 1 SGG (Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren) im Hinblick auf den Unrechtsgehalt der Tat zwar nicht in Betracht. Bei diesem Angeklagten liegen jedoch die Voraussetzungen für die Gewährung der bedingten Strafnachsicht (§ 43 Abs. 2 StGB) vor. Der Berufungswerber hat keine Vorstrafen, hat sich einer Therapie beim Psycho-Sozialdienst der Gemeinde Wien unterzogen und ist sozial wieder integriert; es erscheint aus diesen besonderen Gründen Gewähr dafür geboten, daß er in Hinkunft keine strafbaren Handlungen begehen werde, zumal er überdies durch eine Vorhaft in der Dauer von zwei Wochen auch das Übel eines Freiheitsentzuges (als Reaktion auf ein kriminelles Verhalten) verspürt hat. In diesem Umfange war daher der Berufung des Angeklagten M*** stattzugeben und die verhängte Strafe gemäß § 43 Abs. 2 StGB unter Bestimmung einer dreijährigen Probezeit bedingt nachzusehen.

Hingegen war den Berufungen der Angeklagten V*** und K*** nicht Folge zu geben.

Dem Vorbringen des Angeklagten V*** zuwider wurde die Vorverurteilung wegen versuchten Mordes und versuchten Raubes vom Erstgericht zutreffend als erschwerend gewertet, weil die gegenständliche Tat gegen die Volksgesundheit gerichtet ist und daher letztlich auf der gleichen schädlichen Neigung beruht wie die gegen Leib und Leben bzw die körperliche Integrität gerichtete Vortat. Auch bei ihm kann bei Berücksichtigung des Herganges der gemeinsam geplanten und durchgeführten Tat von einer nur untergeordneten Beteiligung nicht die Rede sein.

Bei sachgemäßem Abwägen der gegebenen Strafzumessungsgründe werden die über die Angeklagten V*** und K*** in erster Instanz verhängten Freiheitsstrafen der tat- und persönlichkeitsbezogenen Schuld (§ 32 StGB) durchaus gerecht und nehmen auch auf die durch die Erfolglosigkeit der vorangegangenen Abstrafungen gekennzeichnete Täterpersönlichkeit dieser Angeklagten gebührend Bedacht.

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