Spruch:
Die Revisionsbeantwortung wird, soweit sie namens der Zweit- und der Drittklägerin eingebracht wurde, zurückgewiesen.
2. zu Recht erkannt:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Der Beklagte hat der Erstklägerin die mit 5.661,15 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 514,65 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerinnen sind zu je einem Drittel Eigentümerinnen des Hauses Korneuburg, Hauptplatz 25, außerdem haben sie Räume im daneben liegenden Haus Nr.24 gemietet. Die Zweit- und die Drittklägerin haben ihre Rechte im Erbweg von der am 11.Februar 1983 verstorbenen Maria P*** erworben. Der Beklagte betreibt auf Grund eines am 17.März 1975 mit Maria P*** und der Erstklägerin abgeschlossenen Bestandvertrages im Haus der Klägerinnen und in den von diesen im Nebenhaus gemieteten Räumlichkeiten eine Gastwirtschaft.
Die Klägerinnen brachten vor, nach dem Pachtvertrag ende das Bestandverhältnis am 1.Jänner 1985 ohne vorherige Aufkündigung. Sie beantragen, dem Beklagten aufzutragen, ihnen die Bestandräumlichkeiten am 1.Jänner 1985 zu übergeben. Der Beklagte führte in seinen Einwendungen aus, es liege ein Mietvertrag vor, der nach den Bestimmungen des MRG nicht befristbar sei. Selbst wenn es sich um einen befristbaren Vertrag handeln sollte, wäre der Übergabsauftrag aber nicht berechtigt, weil der Beklagte im Jahr 1975 mit der damaligen Mehrheitseigentümerin Maria P*** eine Verlängerung der Vertragsdauer auf unbestimmte Zeit bei gleichzeitigem Kündigungsverzicht auf Bestandgeberseite vereinbart habe.
Das Erstgericht hob den Übergabsauftrag als rechtsunwirksam auf und wies das Räumungsbegehren ab. Es stellte folgenden wesentlichen Sachverhalt fest.
Seit 1928 betrieben die damaligen Eigentümer des Hauses Korneuburg, Hauptstraße 25, die Gastwirtschaft, sie gaben diese im Jahr 1960 Franz H*** in Bestand und nach dessen Tod mit Vertrag vom 15.Juli 1963 auf die Dauer von 10 Jahren Alfred N***, dem Bruder des Beklagten. Bestandobjekt war die Gastwirtschaft und zwar die Räumlichkeiten, Einrichtungsgegenstände, sonstiges Inventar, sowie die Ermächtigung zur Erwerbung und zum Betrieb einer Gasthauskonzession. Der Pächter verpflichtete sich, diese Konzession während der Pachtdauer aufrecht zu erhalten und sie nach Beendigung des Pachtverhältnisses zugunsten der Verpächter zurückzulegen. Im Vertrag war auch eine Konkurrenzklausel vorgesehen. Ende 1974, also eineinhalb Jahre nach dem bedungenen Ende des Bestandverhältnisses, wollte Alfred N*** das Geschäft aufgeben. Der Beklagte hatte Interesse an der Führung eines Gasthauses und schloß nach kurzen Vertragsverhandlungen am 17.März 1975 mit Maria P*** und der Erstklägerin den Vertrag Beilage A ab, mit welchem dem Kläger die Gastwirtschaft bis zum 1.Jänner 1985 verpachtet wurde. Im Vertrag sind die Räumlichkeiten aufgezählt, hinsichtlich der für den Betrieb des Gast- und Schankgewerbes bestimmten Einrichtungsgegenstände wird auf ein Inventarverzeichnis verwiesen. Der Vertrag enthält auch ein Konkurrenzverbot. Gemäß Punkt VII. des Vertrages hat der Pächter die während der Pachtdauer notwendigen Reparaturen oder Abänderungen auf Grund behördlicher Vorschreibungen an den gepachteten Räumlichkeiten auf eigene Kosten ohne Anspruch auf Rückersatz vorzunehmen. Gemäß Punkt VIII. bedurfte jede zusätzliche Vereinbarung zum Pachtvertrag der schriftlichen Genehmigung der Verpächterinnen. Kurze Zeit nach der Übernahme des Lokals wollte die Gewerbebehörde die Küche sperren, weil diese nicht mehr den geltenden Vorschriften entsprach. Es waren Aufwendungen von etwa 1,5 Millionen S zu machen, die nach Ansicht des Bruders des Beklagten unwirtschaftlich waren und sich nicht in zehn Jahren amortisieren konnten. Der Beklagte sprach daher mit Maria P*** über eine Änderung des Vertrages hinsichtlich der Bestanddauer. Maria P*** war der Meinung, eine schriftliche Vertragsänderung sei nicht notwendig, sie sagte, der Beklagte könne so lange bleiben, so lange er wolle. Der Beklagte gab sich damit zufrieden und führte die Umbauarbeiten durch. Er sprach öfters mit Maria P***, um zu erreichen, daß die Zusage, er könne für immer im Lokal bleiben, mit einer schriftlichen Zusatzvereinbarung zum Bestandvertrag festgelegt werde. Maria P*** hielt dies für entbehrlich, "weil ohnedies alle informiert seien". Rechtlich beurteilte das Erstgericht diesen Sachverhalt dahin, der Bestandvertrag mit Alfred N*** sei eindeutig als Pachtvertrag zu qualifizieren, da die Überlassung der Gastwirtschaft samt Inventar vereinbart worden sei, die Bestandgeber zugunsten des Pächters auf ihre Konzession verzichtet, den Pächter aber verpflichtet hätten, nach Beendigung des Bestandverhältnisses die Konzession zu ihren Gunsten wieder zurückzulegen. Eine umfassende Betriebspflicht, eine Konkurrenzklausel etc seien weitere Anhaltspunkte für die Annahme eines Pachtvertrages. Der Vertrag mit dem Beklagten sei mit dem Pachtvertrag, den sein Bruder abgeschlossen hatte, aber nicht identisch. Es seien lediglich Räume und Inventar übergeben und eine Konkurrenzklausel vereinbart worden, weitere Merkmale, aus denen auf einen Pachtvertrag geschlossen werden könnte, seien jedoch nicht vorhanden, insbesondere sei keine Betriebspflicht vereinbart worden. Dies stelle jedoch eines der ausschlaggebenden Kriterien eines Pachtvertrages dar. Das wirtschaftliche Schwergewicht liege daher nicht in einer Unternehmenspacht, sondern in der Überlassung von Geschäftsräumen. Dies bedeute, daß das Bestandverhältnis den Bestimmungen des MRG unterliege und eine Befristung nicht möglich sei.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Zweit- und der Drittklägerin nicht Folge, wohl aber jener der Erstklägerin. Es erklärte den Übergabsauftrag hinsichtlich der Erstklägerin für rechtswirksam und erkannte den Beklagten schuldig, der Erstklägerin die Räume von eigenen Fahrnissen geräumt zu übergeben. Das Gericht zweiter Instanz sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 60.000, nicht aber S 300.000 übersteige und die Revision zulässig sei. Es übernahm den vom Erstgericht festgestellten Sachverhalt und führte zur Rechtsrüge insbesondere aus:
Das Erstgericht habe nicht berücksichtigt, daß im Pachtvertrag eine vorzeitige Auflösung des Pachtverhältnisses dann vereinbart worden sei, wenn der Pächter den Gewerbebetrieb einstellen sollte. Damit werde zwar nicht ausdrücklich,aber mittelbar eine Betriebspflicht des Pächters bedungen. In die gleiche Richtung ziele die Konkurrenzklausel. Eine solche sei nur dann sinnvoll zu interpretieren, wenn von der Übergabe eines lebenden Unternehmens ausgegangen werde. Berücksichtige man überdies die Übergabe der Inventargegenstände, die insgesamt die Einrichtung eines Gasthauses darstellten, könne kein Zweifel daran bestehen, daß ungeachtet des Vorhandenseins einer eigenen Konzession des Pächters und des Umstandes, daß dieser wegen mangelhafter Kücheneinrichtung bedeutsame Investitionen vorzunehmen gehabt habe, nicht bloß von Geschäftsraummiete, sondern von Unternehmenspacht gesprochen werden müsse. Die Kündigungsbeschränkungen des MRG seien daher nicht anzuwenden. Daher sei der weitere Einwand des Beklagten, es liege eine Verlängerung des Vertrages auf unbestimmte Zeit vor, zu prüfen. Dies sei hinsichtlich der vormaligen Verpächterin Maria P*** zu bejahen. Die Äußerung, "Sie können so lange bleiben, wie Sie wollen", könne nach Treu und Glauben und nach den Regeln des redlichen Verkehrs nur als Zusicherung der Verpächterin verstanden werden, auch nach Ablauf der zehnjährigen Bestanddauer nicht auf Rückgabe des Unternehmens zu dringen, sondern einer Vertragsverlängerung auf unbestimmte Zeit zuzustimmen. Zu beachten sei aber die Bestimmung des Pachtvertrages, wonach jede zusätzliche Vereinbarung der Schriftlichkeit bedürfe. Die vereinbarte Schriftlichkeit habe abweichende mündliche Abreden mit Maria P*** zwar nicht verhindern können, weil die Vertragspartner selbst von einer vereinbarten Schriftlichkeit jederzeit abgehen könnten. Die Zweit- und die Drittklägerin seien als Universalsukzessorinnen der Maria P*** an deren Vereinbarung gebunden und daher nicht berechtigt, die Übergabe des Bestandgegenstandes nach Ablauf der zehnjährigen Bestanddauer zu begehren. Wohl treffe dies aber auf die Erstklägerin zu. Selbst wenn man davon ausginge, daß die Erstklägerin Maria P*** bevollmächtigt gehabt habe, sei für den Beklagten nichts zu gewinnen. Ständiger Judikatur zufolge stelle zwar eine Verpachtung eines Objektes zu ortsüblichen Bedingungen eine Angelegenheit der ordentlichen Verwaltung dar. Demgegenüber stehe aber ein Vertrag mit ungewöhnlichen Bedingungen, wozu etwa auch eine lange Bindungsfrist zu zählen sei, eine wichtige Veränderung der Bestandsache dar. Dies sei immer dann anzunehmen, wenn mit einem Bestandvertrag bzw. einer Änderung eines Bestandvertrages eine wesentliche Verschlechterung der Rechtsstellung des Bestandgebers verbunden sei. In bezug auf die Erstklägerin stelle aber die Umstellung der Pachtdauer auf unbestimmte Zeit, somit die wesentlich erschwerte Auflösungsmöglichkeit, eine Vertragsabänderung dar, mit der sie selbst dann nicht zu rechnen brauchte, wenn Maria P*** für Maßnahmen der ordentlichen Verwaltung von ihr bevollmächtigt gewesen sei. Da der auf unbestimmte Zeit geschlossene Vertrag durch Zeitablauf erloschen sei, liege titellose Benützung vor, die jedem Miteigentümer die Befugnis einräume, sein Recht gegenüber dem titellosen Benützer geltend zu machen. Dies unabhängig von für ihn nicht geltenden Vereinbarungen des Pächters mit einem anderen Miteigentümer. Da die Klägerinnen auch keine einheitliche Streitpartei bildeten, könne die Erstklägerin ungeachtet der vom Beklagten mit Maria P*** mündlich getroffenen Abreden den Ablauf der vereinbarten Pachtdauer geltend machen.
Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die Revision des Beklagten. Er macht den Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung geltend und beantragt die Wiederherstellung des Ersturteils. Die Klägerinnen begehren in einer Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben. Die Zweit- und die Drittklägerinnen, deren Klagebegehren rechtskräftig abgewiesen wurde, sind nicht legitimiert, eine Revisionsbeantwortung einzubringen. Insoweit mußte dieser Schriftsatz daher zurückgewiesen werden.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Zutreffend ging das Berufungsgericht von einem Pachtvertrag aus. Der Beklagte hat unmittelbar nach Beendigung des Pachtverhältnisses seines Bruders die Gastwirtschaft weitergeführt, er hat ein lebendes Unternehmen übernommen (vgl. Würth in Rummel, Rdz 2 zu § 1091 mwN). Dem Berufungsgericht ist auch beizupflichten, daß die vereinbarte vorzeitige Auflösung des Bestandverhältnisses bei Einstellung des Betriebes mittelbar die Vereinbarung einer Betriebspflicht bedeute. Die Bestimmungen des MRG stehen dem Klagebegehren daher nicht entgegen. Dies bestreitet der Beklagte in der Revision auch nicht mehr, er vertritt aber den Standpunkt, Maria P*** wäre als Mehrheitseigentümerin zur Abänderung des Pachtvertrages berechtigt gewesen. Durch die Vertragsänderung sei auch keine erhebliche Schlechterstellung der Bestandgeber eingetreten. Der Bestandvertrag sei zwar nicht am 1.Jänner 1985 ohne Aufkündigung beendet, sondern auf unbestimmte Zeit verlängert worden. Gemäß § 560 Abs 1 Z 2 lit c ZPO könne er aber zum 30.Juni oder 31.Dezember eines jeden Jahres unter Einhaltung einer sechsmonatigen Kündigungsfrist aufgekündigt werden. Die Klägerinnen hätten daher erstmals zum 30.Juni 1985 eine Kündigungsmöglichkeit gehabt, was eine Verlängerung um 6 Monate bedeute. Die mit der Mehrheitseigentümerin getroffene Vereinbarung stelle daher keine wesentliche Erschwerung der Auflösungsmöglichkeit für die Bestandgeber dar.
Diesen Ausführungen ist folgendes entgegenzuhalten:
Gemäß § 833 ABGB entscheidet die Mehrheit nur über Angelegenheiten der ordentlichen Verwaltung. Hiezu gehört der Abschluß von Bestandverträgen auf ortsübliche Zeit zu ortsüblichen Bedingungen (vgl. Gamerith in Rummel, ABGB, Rdz 5 zu § 833 mwN), nicht aber zu ungewöhnlichen Bedingungen (MietSlg 24.050; 3 Ob 71/86
ua) oder eine Verpachtung auf eine das ortsübliche Maß übersteigende Zeit (Klang in Klang2 III 1.110; Jensik, Miteigentum und Wohnungseigentum 23 f; MietSlg 6205, 18.053). Im vorliegenden Fall hatten die Eigentümer das Unternehmen schon mehrmals verpachtet, unmittelbar vor dem Beklagten war dessen Bruder der Betrieb auf die Dauer von zehn Jahren verpachtet worden und auch der mit dem Beklagten abgeschlossene Pachtvertrag war mit zehn Jahren befristet. Der Beklagte hielt dem Begehren der Klägerinnen entgegen, der Bestandvertrag sei auf unbestimmte Zeit verlängert worden, bei gleichzeitigem Kündigungsverzicht auf Bestandgeberseite. Die Dauer des Bestandverhältnisses sei daher in sein Ermessen gestellt worden. Diesem Vorbringen entspricht auch die getroffene Feststellung, die Mehrheitseigentümerin habe dem Beklagten zugesagt, er könne so lange bleiben, wie er wolle. Es kann also keine Rede davon sein, daß nach der Vertragsänderung durch die Mehrheitseigentümerin die vertragliche Bindung der Bestandgeber nur um sechs Monate verlängert wurde, vielmehr hätten die Bestandgeber - abgesehen vom Vorliegen wichtiger Gründe - zu Lebzeiten des Beklagten keine Möglichkeit gehabt, das Pachtverhältnis zu beenden. Die Rechtsstellung der Verpächter wurde durch die Vertragsänderung daher wesentlich beeinträchtigt. Eine Abänderung des von allen Miteigentümern auf zehn Jahre abgeschlossenen Pachtvertrages über die Gastwirtschaft durch die Mehrheitseigentümerin dahin, daß das Pachtverhältnis auf Lebenszeit des Pächters unkündbar bestehen soll, kann daher nicht als Maßnahme der ordentlichen Verwaltung angesehen werden, es wäre die Zustimmung der übrigen Miteigentümerinnen oder einer Entscheidung des Richters im Sinne des § 835 ABGB notwendig gewesen. Da derartiges nicht vorliegt, kann die Minderheitseigentümerin im Sinne der nunmehr ständigen Rechtsprechung vom Bestandnehmer Räumung begehren (MietSlg 33.071; 3 Ob 71/86 ua).
Obwohl das Begehren der Zweit- und der Drittklägerin abgewiesen wurde, ist das Begehren der Erstklägerin daher berechtigt. Aus diesen Gründen mußte der Revision ein Erfolg versagt bleiben. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.
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