Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Gemäß § 290 Abs. 1 StPO wird das angefochtene Urteil im Ausspruch über die Anrechnung der Vorhaft dahin ergänzt, daß dem Angeklagten gemäß § 38 Abs. 1 StGB auch die Vorhaftzeiten vom 22. März 1987, 1,00 Uhr, bis 23. März 1987, 1,00 Uhr, sowie vom 1. März 1987, 12,50 Uhr, bis 1. März 1987, 18,50 Uhr, auf die Geldstrafe angerechnet werden.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 14. April 1970 geborene, mithin jugendliche Angeklagte Thomas P*** (zu I.) des Vergehens der Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung im Zustand voller Berauschung nach § 287 Abs. 1 (in Verbindung mit §§ 109 - unrichtig: Abs. 1 und - Abs. 3 Z 1; 15, 106 Abs. 1; 15, 107 - zu ergänzen: Abs. 1 und - Abs. 2 erster Fall; 125) StGB schuldig erkannt; von weiteren Anklagevorwürfen (betreffend die Vergehen der Sachbeschädigung nach § 125 StGB, der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB und der Nötigung nach § 105 Abs. 1 StGB) wurde er (zu II.) gemäß § 259 Z 3 StPO - unangefochten - freigesprochen. Nach dem Inhalt des Schuldspruchs (I.) hat er sich am 27. Oktober 1986 (in Linz), wenn auch nur fahrlässig, durch den Genuß von Alkohol in einen die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Rausch versetzt und im Rausch Handlungen begangen, die ihm außer diesem Zustand als Vergehen zugerechnet würden, nämlich
1.) den Eintritt in die Wohnstätte des Helmut S*** mit Gewalt erzwungen, wobei er gegen eine dort befindliche Person Gewalt zu üben beabsichtigte, indem er die Eingangstür auftrat und dort auf den Genannten einschlug;
2.) den Helmut S*** durch die Äußerung "Hör auf zu telefonieren, oder i drah di ham", sohin durch gefährliche Drohung, mit einer Verletzung am Körper zu einer Handlung, nämlich der Beendigung eines Telefonates, zu nötigen versucht;
3.) den Helmut S*** durch die Äußerung "Kumm aba
(= herunter), du feige Sau, dann erschlag ich dich", sohin mit dem Tod, gefährlich bedroht, um ihn in Furcht und Unruhe zu versetzen, wobei es beim Versuch blieb;
4.) eine fremde Sache, und zwar die Eingangstür zur Wohnung des Helmut S*** durch Auftreten vorsätzlich beschädigt, wodurch dieser einen Schaden in der Höhe von 1.700 S erlitt. Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Gründe der Z 5, 9 lit. a, 9 lit. b und 10 des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der jedoch keine Berechtigung zukommt.
Zum Faktum I./ 1./:
Rechtliche Beurteilung
In der Mängelrüge (Z 5) wirft der Angeklagte dem Erstgericht vor, daß die Urteilsbegründung insofern undeutlich geblieben sei, als den getroffenen Feststellungen nicht entnommen werden könne, woraus auf das Vorliegen der Voraussetzungen des Abs. 3 Z 1 des § 109 StGB geschlossen werde: Die Urteilsfeststellungen, wonach er auf den Wohnungsinhaber Helmut S***, in dessen Wohnung er gewaltsam eingedrungen war, eingeschlagen und ihn mit Füßen getreten habe, fänden in den Beweisergebnissen keine Deckung, weil weder er noch der genannte Zeuge in der Hauptverhandlung von gezielten Attacken dieser Art gegen S*** gesprochen hätte, sich vielmehr aus dem gesamten Tathergang ergebe, daß Schläge und Fußtritte nur (im Zuge des Eindringens) gegen dessen Wohnungstür gerichtet gewesen seien.
Dieser Einwand ist unzutreffend; denn über Tätlichkeiten des Beschwerdeführers gegen S*** in dessen Wohnung sind durch die als Urteilsgrundlage herangezogenen (US 5), in der Hauptverhandlung verlesenen (S 97) Angaben des Angeklagten (S 15) sowie des Zeugen S*** (S 14) vor der Polizei gedeckt. Von einer Undeutlichkeit oder Unzulänglichkeit der Urteilsbegründung kann daher insoweit keine Rede sein.
Das angefochtene Urteil leidet aber - der Beschwerde zuwider - auch in Ansehung der Feststellung zur subjektiven Tatseite an keinem Begründungsmangel, weil das Schöffengericht die Absicht des Angeklagten, gegen S*** in dessen Wohnung Gewalt zu üben, deutlich genug aus der sogleich nach dem Eindringen tatsächlich erfolgten Gewaltausübung gegen den Genannten mängelfrei ableiten konnte (US 7), weshalb es nicht verhalten war, sich mit der - selbst durch seine Verantwortung (vgl. S 88) nicht indizierten - rein hypothetischen Möglichkeit, seine vorausgegangene Absicht könnte sich auf die Erzwingung des Eintrittes in die Wohnung beschränkt haben, noch besonders auseinanderzusetzen; dementsprechend geht auch der Einwand (sachlich Z 9 lit. a), daß die Wohnungstür nicht als eine im geschützten Objekt befindliche Sache angesehen werden könne, ins Leere.
Die Beschwerdebehauptung aber, die Begründung der bekämpften Konstatierung zur subjektiven Tatseite sei deswegen mangelhaft, weil dabei nicht klargestellt werde, ob der Zeuge S*** - nachdem er (zunächst) den Angeklagten aus seiner Wohnung gewiesen hatte - die Wohnungstür wieder zugemacht habe oder nicht, geht fehl. Denn aus den Gründen des Urteils, wonach der Angeklagte sodann die Türe "eintrat" (US 5, vom Beschwerdeführer selbst eingeräumt) oder "auftrat" (US 7), geht unmißverständlich - "auftreten" kann man schon rein begrifflich nur eine geschlossene Türe - hervor, daß das Erstgericht die zuerst relevierte Variante als erwiesen annahm; daß ein solches Verhalten das Bewußtsein impliziert, gegen den Willen des Wohnungsinhabers zu handeln, bedarf keiner näheren Erläuterung. Die Mängelrüge des Angeklagten versagt daher insoweit. In der Rechtsrüge (Z 9 lit. a und Z 10, der Sache nach durchwegs Z 9 lit. a) bringt der Beschwerdeführer vor, für die Annahme einer das Tatbild des § 109 Abs. 1 und Abs. 3 Z 1 StGB - richtig nur Abs. 3 Z 1, weil es sich dabei um einen eigenen Tatbestand neben Abs. 1 handelt (vgl. Leukauf-Steininger, Komm.2, RN 1, Bertel im WK, Rz 1, Kienapfel, BT I2, RN 5, jeweils zu § 109
StGB) - verwirklichenden Absicht fehlten "jegliche Anhaltspunkte", es habe sich kein Hinweis dafür ergeben, daß er mit der Absicht, Gewalt gegen Helmut S*** zu üben, in dessen Wohnung eingedrungen sei; die Schläge und Fußtritte seien von ihm nur gegen die Tür, nicht aber gegen den Wohnungsinhaber geführt worden. Damit bringt er jedoch - da er nicht von den Urteilsfeststellungen, sondern von urteilsfremden Prämissen ausgeht - den geltend gemachten materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrund nicht zur prozeßordnungsmäßigen Darstellung, sondern er versucht solcherart nur, in unzulässiger Weise die erstgerichtliche Beweiswürdigung nach Art einer Schuldberufung zu bekämpfen.
Da das Erstgericht sohin - entgegen der Rechtsansicht des Beschwerdeführers - die in Rede stehende Rauschtat zu Recht als Vergehen nach § 109 Abs. 3 Z 1 StGB beurteilte, ist auch dem auf Z 9 lit. b des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Teil der Rechtsrüge, wonach es an einer Ermächtigung des Geschädigten mangle, der Boden entzogen, weil es einer derartigen Ermächtigung bloß im Falle des Vergehens nach § 109 Abs. 1 StGB, nicht aber auch im Falle einer als Vergehen nach § 109 Abs. 3 StGB zu beurteilenden Tat bedarf.
Zum Faktum I./ 2./:
Die in der Mängelrüge (Z 5) vertretene Auffassung, die Urteilsbegründung sei insoweit undeutlich geblieben, als daraus nicht erkennbar sei, ob der Zeuge S*** zum Zeitpunkt dieser Tat - also des dem Angeklagten angelasteten Versuches, ihn durch die Äußerung "hör auf zu telefonieren oder i drah di ham" zur Beendigung eines Telefongespräches zu nötigen - nicht etwa sein Gespräch bereits beendet gehabt habe, ist unrichtig: wird doch im Urteil sehr wohl ausdrücklich festgestellt, daß der Angeklagte mit dieser Äußerung S*** zur Beendigung des - folglich noch nicht beendeten - Telefongespräches zu nötigen und ihm dabei sogar den Telefonhörer aus der Hand zu reißen versuchte (US 5). Mit dem weiteren Vorbringen, das Erstgericht habe mit Stillschweigen übergangen, daß S*** in der Hauptverhandlung selbst angegeben habe, er habe vom Angeklagten lediglich die Worte "i drah di kam" vernommen, daß er jedoch von einer dabei an ihn gerichteten Aufforderung das Telefonieren zu beenden, nichts ausgesagt habe, führt der Beschwerdeführer nicht - wie er meint - den Nichtigkeitsgrund der Z 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO aus, sondern der Sache nach abermals eine Mängelrüge (Z 5), die jedoch auch hier nicht stichhaltig ist, weil die Feststellung des vollen Wortlautes der Drohung in den in der Hauptverhandlung verlesenen (S 97) Angaben des genannten Zeugen vor der Polizei (S 14) vollauf Deckung findet, auf die sich das Erstgericht (auch) stützte (US 5) und von denen jener keineswegs abrückte. Soweit er aber die Tatbildmäßigkeit seines Verhaltens im Sinn der §§ 15, 105 Abs. 1 StGB deshalb bestreitet, weil sich S*** vor ihm nicht gefürchtet habe, ist dem Beschwerdeführer zu erwidern, daß es rechtlich belanglos ist, ob im konkreten Fall der Bedrohte (Genötigte) die Drohung auch tatsächlich ernst nimmt; dazu genügt es vielmehr, daß die inkriminierte Drohung die in § 74 Z 5 StGB vorausgesetzte objektive Eignung besaß (Leukauf-Steininger, StGB2, RN 18 zu § 74); woran im vorliegenden Fall, in dem die Drohung von einem betrunkenen Gewalttäter ausgesprochen wurde, der eben eine Wohnungstür eingetreten und diese dabei erheblich beschädigt hatte, worauf er mit Fäusten und Füßen auf den Wohnungsinhaber losgegangen war, kein Zweifel bestehen kann. Mit seinen Gegenargumenten ficht der Angeklagte nur neuerlich nach Art einer Schuldberufung unzulässigerweise die erstinstanzlichen Tatsachenfeststellungen an. Auch der Rechtsrüge kommt daher keine Berechtigung zu.
Zu Faktum I./ 3./:
Der Angeklagte macht hier unter Anrufung der Z 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO das Fehlen jeglicher Feststellungen zur subjektiven Tatseite des § 107 Abs. 1 StGB geltend, wobei er behauptet, er sei aufgrund seiner Volltrunkenheit zur Tatzeit gar nicht in der Lage gewesen, die Absicht zu fassen, eine andere Person in Furcht und Unruhe zu versetzen und die Wirkung seiner Äußerung zu bedenken, weshalb seine Worte - "kumm oba, feige Sau, dann erschlag ich dich", was der Adressat allerdings nicht mehr hörte - nur als Abreaktion seines Zornes und sohin als "milieubedingte Unmutsäußerung" zu werten gewesen wären.
Diese Darlegungen gehen aber nicht von den gesamten Feststellungen des Erstgerichtes, welches seiner Entscheidung die Tatsachenannahme zugrundelegte, daß hinter den im Zustand voller Berauschung begangenen, sich dem äußeren Geschehen nach als die im Spruch bezeichneten Vergehen darstellenden Taten ein - den betreffenden Tatbeständen - entsprechender Wille des Angeklagten standen, der ihm, hätte er mit dem Bewußtsein und der Einsicht eines nicht Volltrunkenen gehandelt, als (ersichtlich gemeint: für die einzelnen Vergehen jeweils erforderlicher) Vorsatz zuzurechnen gewesen wäre (US 11); Da es ihm solcherart - nach Spruch und Gründen im Zusammenhang (US 2, 7/8, 11) - deutlich genug Absicht (§ 5 Abs. 2 StGB) anlastete, ist die Rechtsrüge insoweit gleichfalls nicht prozeßordnungsgemäß ausgeführt.
Zur objektiven Eignung der geäußerten Drohung im Sinn des § 74 Z 5 StGB hinwieder ist auf das oben Gesagte zu verweisen; inwieweit der nach § 107 Abs. 2 StGB qualifizierte Gehalt der in Rede stehenden Todesdrohung fallbezogen hinter deren Wortsinn zurückgeblieben sein sollte, unterläßt der Beschwerdeführer darzutun. Der Umstand jedoch, daß der solcherart Bedrohte den an ihn adressierten Zuruf nicht mehr hörte (US 6, 8), betrifft nicht die Eignung dieser Drohung, bei ihm wirklich die Besorgnis eines Anschlags auf sein Leben auszulösen, sondern lediglich die Frage nach der - ohnehin nicht angenommenen - Deliktsvollendung.
Zum Faktum I./ 4/:
Dazu vertritt der Beschwerdeführer die Rechtsansicht, daß in Ansehung dieser Rauschtat die Voraussetzungen des § 42 StGB vorgelegen seien und er daher insoweit gemäß § 259 Z 4 StPO freizusprechen gewesen wäre.
Solcherart übersieht er jedoch, daß der dem Vergehen nach § 287 Abs. 1 StGB zugrunde liegende Schuldvorwurf nicht die einzelnen Rauschtaten betrifft, sondern die Herbeiführung des Rauschzustandes (vgl. Leukauf-Steininger, aaO, RN 3 zu § 287 StGB), die im vorliegenden Fall im Hinblick auf den (aufrecht bleibenden) Schuldspruch zum Faktum I./ 1/ mit bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe bedroht ist (§ 287 Abs. 1 iVm § 109 Abs. 3 StGB), sodaß schon die Grundvoraussetzung für die Anwendbarkeit des § 42 StGB, nämlich eine Bedrohung der Tat mit nicht mehr als einem Jahr Freiheitsstrafe, nicht vorliegt.
Die zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten war daher zu verwerfen.
Zur Maßnahme nach § 290 Abs. 1 StPO:
Dem Angeklagten wurde die Vorhaft insoweit unvollständig angerechnet, als übersehen wurde, daß die - ab 23. März 1987, 1,00 Uhr, angerechnete - Vorhaft bereits am 22. März 1987, 1,00 Uhr, begonnen hatte (S 65), und er sich überdies auch noch am 1. März 1987 von 12,50 Uhr bis 18,50 Uhr in Verwahrungshaft befand (S 33). Diese Vorhaftzeiten von insgesamt 30 Stunden waren dem Angeklagten im Wege einer Maßnahme nach § 290 Abs. 1 StGB (§ 281 Abs. 1 Z 11 StPO) von Amts wegen ergänzend anzurechnen.
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