Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, den Klägern die mit je S 2.334,09 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (davon je S 212,19 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die beklagte Marktgemeinde wollte 1986 beim "Neulengbacher Kultursommer" das Schauspiel "Der Ritter vom Mirakel" von Lope de Vega unter der Leitung des Regisseurs und Schauspielers Wilfried B*** zur Aufführung bringen. Wilfried B*** trat an die beiden Kläger heran, in diesem Stück zwei Rollen ("Filiberto" und "Tristan") zu übernehmen. Die Kläger sagten zu, doch kam es schließlich infolge von Zerwürfnissen zwischen der beklagten Partei und Wilfried B*** nicht zu den geplanten Aufführungen. Die Kläger begehren Zahlung der vereinbarten Gage von je S 48.000,-- brutto sA und behaupten, der Vertrag zwischen den Streitteilen sei durch Wilfried B*** als Beauftragten der beklagten Partei mündlich abgeschlossen worden.
Die beklagte Partei beantragt die Abweisung des Klagebegehrens und brachte vor, daß der Vertragsabschluß vom Zustandekommen der Aufführungen abhängig gewesen sei. Wilfried B*** sei nicht Vertreter der beklagten Partei, sondern nur befugt gewesen, die in Betracht kommenden Schauspieler auszuwählen und namhaft zu machen. Aus dem Schreiben der beklagten Partei vom 6. Februar 1986 an beide Kläger ergebe sich deutlich, daß der Vertrag erst abgeschlossen werden sollte.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt.
Es traf folgende wesentliche Feststellungen:
Die beklagte Partei erwog, den traditionsreichen "Neulengbacher Kultursommer" (auch: "Theatersommer") wieder zu beleben und kam durch Peter M***, einen in Neulengbach wohnenden Beamten des Österreichischen Bundesdenkmalamtes, mit dem Schauspieler und Regisseur Wilfried B*** in Verbindung. Wilfried B*** schlug einer Delegation der beklagten Partei, der unter anderem der Bürgermeister und einige Gemeinderäte angehörten, im September 1985 vor, das eingangs genannte Schauspiel in seiner Bearbeitung und Inszenierung aufzuführen, die Schauspieler und das übrige künstlerische und technische Personal auszuwählen und der beklagten Partei vorzuschlagen. Er gab auch den erforderlichen finanziellen Aufwand einschließlich der Schauspielergagen an. Die Vertreter der beklagten Partei erklärten sich bereit, die Realisierung der Vorschläge B*** zu befürworten, wiesen jedoch darauf hin, daß verbindliche Zusagen und Vertragsabschlüsse erst nach Fassung eines positiven Gemeinderatsbeschlusses erfolgen könnten. Wilfried B*** nahm dies zur Kenntnis, setzte sich aber trotzdem sofort mit Schauspielern in Verbindung, weil er befürchtete, im Falle einer Verzögerung keine geeigneten Kräfte mehr zu bekommen. Er trat auch an die beiden Kläger heran, sagte ihnen, daß er von der beklagten Partei mit der Auswahl von Schauspielern für eine unter seiner Leitung stattfindende Aufführung eines Schauspielers im Rahmen des "Neulengbacher Theatersommers" beauftragt worden sei und erhielt von ihnen die Zusage, mitzuwirken. Wilfried B*** sagte den Klägern, daß ihr Engagement vom Zustandekommen der Aufführung und seiner Bestellung zum künstlerischen und technischen Leiter abhänge; er werde ihnen aber mitteilen, wenn diese Voraussetzungen erfüllt seien und sie mit ihrem Engagement sicher rechnen könnten.
Im Oktober 1985 teilte Wilfried B*** den Klägern - dem Erstkläger telegraphisch und der Zweitklägerin telefonisch - mit, daß ihr Engagement sicher sei. Die Kläger fragten kurze Zeit danach bei Wilfried B*** an, wann ein schriftlicher Vertrag abgeschlossen würde. Wilfried B*** antwortete, daß ihr Engagement sicher und die Errichtung eines schriftlichen Vertrages nur mehr eine Formsache sei. Er versprach den Klägern für den Fall, daß sich die beklagte Partei mit der Erstellung schriftlicher Verträge noch länger Zeit lassen sollte, schriftliche Zusagen der beklagten Partei. (Wie aus der Aussage des Bürgermeisters der beklagten Partei hervorgeht, wurde Ende Jänner oder Anfang Februar 1986 ein positiver Gemeinderatsbeschluß über die Abhaltung des "Neulengbacher Kultursommers" gefaßt. Wie vom Berufungsgericht ergänzend festgestellt wurde, wies Wilfried B*** die beklagte Partei darauf hin, daß die Kläger über das geplante Engagement etwas Schriftliches in der Hand haben wollten.) Über sein Drängen schickte die beklagte Partei am 6. Februar 1986 beiden Klägern Schreiben, in denen sie ihre Freude über deren Bereitschaft zur Mitwirkung am "Neulengbacher Theatersommer" ausdrückte und die Kläger ersuchte, "zwecks Vertragserstellung" mitzuteilen, ob sie lohnsteuerpflichtig oder einkommen- und umsatzsteuerpflichtig beschäftigt werden wollten. Der Erstkläger gab telefonisch bekannt, daß er mit Lohnsteuerkarte beschäftigt werden wolle; die Zweitklägerin äußerte sich nicht, weil sie sich die Sache noch überlegen wollte.
Gleichfalls im Februar 1986 übersandte Peter M*** den Klägern die Textbücher des "Ritter von Mirakel" in Briefumschlägen der beklagten Partei und teilte mit, daß die Übersendung in deren Auftrag erfolge. Die Kläger begannen mit dem Rollenstudium. Infolge der bereits eingangs erwähnten Zerwürfnisse zwischen Wilfried B*** und der beklagten Partei kamen die geplanten Aufführungen nicht zustande. Der Erstkläger versuchte (ergebnislos) zu vermitteln, um die Aufführung des Schauspielers noch zu retten. Den Klägern gelang es nicht, für die Zeit bis Ende Juli 1986 andere Engagements zu finden.
Das Erstgericht war der Ansicht, daß die beklagte Partei Wilfried B*** mit der Organisation des "Neulengbacher Theatersommers" beauftragt habe, so daß gemäß § 1029 ABGB zu vermuten sei, daß sie ihn auch zu den Handlungen bevollmächtigte, die diese Verwaltung erforderte und damit gewöhnlich verbunden sei. Durch die von Wilfried B*** gegenüber den Klägern abgegebenen Erklärungen, daß die Aufführung fixiert sei, sei zwischen den Streitteilen ein Dienstvertrag zustande gekommen. Die Kläger hätten auch aus dem Schreiben vom 6. Februar 1986 schließen können, daß die beklagte Partei die Auswahl Wilfried B*** gebilligt habe. Im Hinblick auf den Inhalt dieses Schreibens hätten die Kläger auf die Erklärung Wilfried B***, ihre Engagements durch die beklagte Partei seien sicher, vertrauen können.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der beklagten Partei nicht Folge.
Es hielt die gerügten Verfahrensmängel nicht für gegeben und war insbesondere der Ansicht, daß die gegen die Verlesung der Protokolle erster Instanz erhobene Einsprache wegen der Übergangsbestimmung des § 101 Abs 2 ASGG ins Leere gehe.
Rechtlich beurteilte es den Sachverhalt dahin, daß für das Zustandekommen des Vertrages nicht die Erklärung Wilfried B*** gegenüber den Klägern, sondern die Schreiben der beklagten Partei vom 6. Februar 1984 maßgebend seien. Wilfried B*** habe bei den Verhandlungen mit den Klägern keinen Zweifel darüber gelassen, daß er nur die Kontaktaufnahme durchzuführen habe und die Entscheidung über die Realisierung des Projektes bei der beklagten Partei liege. Durch die Zusage B*** sei daher kein Vertrag mit den Klägern zustande gekommen, was diesen offenbar auch bewußt gewesen sei, da sie auf den Abschluß schriftlicher Verträge gedrängt hätten. Über Drängen Wilfried B*** habe jedoch der Bürgermeister der beklagten Partei beiden Klägern die (gleichlautenden) Schreiben vom 6. Februar 1986 übermittelt, durch die die beklagte Partei die endgültige Zusage zu dem von Wilfried B*** vermittelten Anbot unter Übernahme der in den Verhandlungen mit ihm besprochenen Details (Gage, Zahl der Aufführungen, Proben etc.) zum Ausdruck gebracht habe. Da dieses Schreiben auf Grund des Drängens von Wilfried B***, daß die Kläger im Zusammenhang mit dem geplanten Engagement etwas Schriftliches in der Hand haben wollten, abgefertigt worden sei, was nur als Wunsch nach einer schriftlichen Zusage der beklagten Partei verstanden werden konnte, könne der in den Schreiben vom 6. Februar 1986 enthaltene Hinweis auf die in Aussicht genommene Vertragserrichtung nur dahin ausgelegt werden, daß durch diese das bereits getroffene Abkommen noch im einzelnen schriftlich niedergelegt werden sollte. Die Vereinbarung über das Engagement des Klägers sei daher mit diesem Zeitpunkt endgültig zustandegekommen. Die Erklärung des Bürgermeisters reiche zur Begründung dieser Rechtswirkung aus, weil nach § 35 Abs 2 Z 16 nö.GemO lediglich die Begründung von ständigen Dienstverhältnissen der Beschlußfassung im Gemeinderat vorbehalten sei. Sei der Unternehmer ohne wichtigen Grund vom Vertrag zurückgetreten, so behalte gemäß § 42 Abs 1 SchauSpG das Mitglied unbeschadet weiteren Schadenersatzes seine vertragsmäßigen Ansprüche auf das Entgelt für den Zeitraum bis zur Beendigung des Dienstverhältnisses durch Ablauf der Zeit unter Einrechnung dessen, was es infolge Unterbleibens der Dienstleistungen erspart oder durch anderweitige Verwendung erworben oder zu erwerben absichtlich versäumt habe. Die beklagte Partei habe nicht vorgebracht, daß die Kläger durch Unterbleiben der Dienstleistung etwas erspart hätten. Die von den Klägern während der Zeit des geplanten Engagements bezogenen Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung seien auf den Entgeltanspruch im Hinblick auf die Verpflichtung zur Rückzahlung dieser Beträge nicht anzurechnen.
Die beklagte Partei erhebt gegen das Urteil des Berufungsgerichtes Revision wegen Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, daß das Klagebegehren beider Kläger abgewiesen werde. Hilfsweise stellt sie einen Aufhebungsantrag.
Die Kläger beantragen, der Revision der beklagten Partei nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Der Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt nicht vor. Trotz Fehlens einer Begründungspflicht (§ 510 Abs 3 ZPO) sei darauf verwiesen, daß es der Vernehmung der von der Revisionswerberin bei der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung am 3. Dezember 1986 geführten Zeugen Anton M***, Paul V***, Fritz W***, Heinz M*** und Peter M*** nicht bedurfte, weil das Berufungsgericht ohnehin als erwiesen annahm, daß Wilfried B*** zum Vertragsabschluß mit den Schauspielern nicht bevollmächtigt gewesen war. Zu sonstigen Beweisthemen wurden aber diese Zeugen nicht geführt.
Die auf § 25 Abs 1 Z 3 ArbGG gegründete Einsprache der beklagten Partei gegen die Verlesung der Protokolle über die in erster Instanz aufgenommenen Beweise mußte wirkungslos bleiben, weil der sogenannte Neuverhandlungsgrundsatz nach dem 1. Jänner 1987 auch dann nicht mehr anzuwenden ist, wenn das Datum der angefochtenen (erstgerichtlichen) Entscheidung vor dem 1. Jänner 1987 liegt. § 101 Abs 2 ASGG gilt nur für die Zulässigkeit von Rechtsmitteln und die Gründe, die mit ihnen geltend gemacht werden können, aber nicht für die sonstigen Bestimmungen des Rechtsmittelverfahrens (Kuderna, ASGG, 483).
Die in der Rechtsrüge vertretene Ansicht der Revisionswerberin, ein (Bühnendienst)-vertrag sei zwischen den Streitteilen durch die Zusendung der gleichlautenden Schreiben vom 6. Februar 1986 an die Kläger nicht zustandegekommen, weil in diesen Briefen die schriftliche Vertragserrichtung ausdrücklich vorbehalten worden sei, ist nicht zu folgen. Das Berufungsgericht gründete die Annahme, die Kläger hätten mit diesem Schreiben die endgültige Zusage für das von Wilfried B*** vorbesprochene Engagement erhalten, nicht "isoliert" - wie die Revisionswerberin meint - auf den Wortlaut der Schreiben vom 6. Februar 1986, sondern auch auf die Aussage des Zeugen Wilfried B***; es stellte fest, daß Wilfried B*** die beklagte Partei drängte, den Klägern "im Zusammenhang mit dem geplanten Engagement etwas Schriftliches in die Hand zu geben"; dieses Ersuchen konnte die beklagte Partei nur dahin verstehen, daß die beiden Kläger eine endgültige schriftliche Zusage haben wollten. Soweit die zweite Instanz im Zusammenhang mit diesen Beweisergebnissen den Inhalt der Schreiben vom 6. Februar 1986 dahin auslegte, daß damit die Vereinbarung über das Engagement der Kläger endgültig zustandekam und durch die im Schreiben erwähnte (künftige) Vertragserrichtung nur noch im einzelnen schriftlich niedergelegt werden sollte, hat sie über die Bedeutung eines Urkundeninhaltes auf Grund von Zeugenaussagen tatsächliche Feststellungen getroffen (SZ 25/198 uva), so daß der Inhalt der Urkunde für sich allein nicht mehr der rechtlichen Überprüfung im Wege der Auslegung (§§ 914, 915 ABGB) unterliegt. Auf Grund der Feststellungen der zweiten Instanz ist vielmehr davon auszugehen, daß die beklagte Partei mit den Schreiben vom 6. Februar 1986 ihren Abschlußwillen erklärt hat. Hiefür spricht im übrigen auch der Inhalt der Urkunden, in denen auf eine bereits vereinbarte Gage Bezug genommen wird. Die damals noch offene Frage, ob die Kläger ihre Gagen lohnsteuer- oder einkommensteuerpflichtig beziehen wollten, betraf, worauf die zweite Instanz zutreffend hinwies, nur den nicht zu den wesentlichen Vertragspunkten gehörenden Verrechnungsmodus.
Richtig ist zwar, daß die Kläger in einem früheren Verhandlungsstadium von Wilfried B*** darauf hingewiesen wurden, daß ihr Engagement durch die beklagte Partei vom Zustandekommen der Aufführungen und seiner Bestellung zum künstlerischen und technischen Leiter abhänge, doch hatte ihr Verlangen nach einem schriftlichen Vertrag, das Wilfried B*** der beklagten Partei vortrug, eben gerade den Zweck, die bisherige Unverbindlichkeit der getroffenen Absprachen zu beenden. In der Zwischenzeit hatte im übrigen der Gemeinderat auch über die Abhaltung des Theatersommers einen positiven Beschluß gefaßt. Die Verträge der Kläger über ihr Engagement bei der als Theaterunternehmerin aufgetretenen beklagten Partei sind daher mit der Zusendung der Schreiben vom 6. Februar 1986 wirksam zustandegekommen.
Auf die Voraussetzungen des Ersatzanspruches der Kläger wegen (ungerechtfertigten) Rücktritts der beklagten Partei von diesem Vertrag kommt die Revision nicht mehr zurück. Die Zerwürfnisse zwischen dem Regisseur und der beklagten Partei als Theaterunternehmerin, die schließlich das Scheitern der geplanten Aufführungen zur Folge hatten, liegen in der Sphäre der beklagten Unternehmerin (§ 1155 ABGB) und berechtigten sie daher nicht zum Rücktritt vom Vertrag (vgl. § 41 SchauSpG).
Der Revision ist daher ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.
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