Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Text
Entscheidungsgründe:
Im Herbst 1984 ließ der 1957 geborene Kläger, der zu diesem Zeitpunkt bei der Baufirma P*** in Wien als Zimmerer beschäftigt war und kein Landwirt ist, vom Landwirt Josef S*** aus Zweinitz 4 Fuhren Brennholz zustellen. Man kam überein, daß das vereinbarte Entgelt von ca. 5.000 S vom Kläger nicht bar bezahlt, sondern durch Mithilfe auf der Landwirtschaft S*** abgedient werden sollte. Am 6.Oktober 1984 half der Kläger S*** bei
Siloarbeiten und stürzte (beim Versuch, die Türen eines Silos zu schließen) von einer Leiter und erlitt dabei eine kombinierte Handgelenks- und Ellbogenverletzung links.
Der Kläger begehrte, die beklagte Partei zur Zahlung einer Versehrtenrente im Ausmaß von 30 v.H. der Vollrente für die Folgen dieses Unfalles zu verpflichten.
Die beklagte Partei beantragte die Abweisung der Klage und brachte vor, daß der Unfall nicht unter Versicherungsschutz gestanden sei, weil er sich weder im Rahmen der Nachbarschaftshilfe ereignet habe, der Kläger nicht als Dienstnehmer zu qualifizieren sei und auch die Voraussetzungen für das Vorliegen des Versicherungsschutzes gemäß § 176 Abs 1 Z 6 ASVG nicht erfüllt seien.
Das Erstgericht gab dem Begehren des Klägers teilweise statt, verpflichtete die beklagte Partei zur Gewährung einer Versehrtenrente im Ausmaß von 20 v.H. der Vollrente und wies das Mehrbegehren (rechtskräftig) ab.
Über den eingangs dargestellten Sachverhalt hinaus stellte es folgenden Sachverhalt fest:
Die Fuhren, die S*** für den Kläger geleistet hat, sind mit der bisherigen Arbeitsleistung des Klägers nicht abgearbeitet. Vereinbarungen darüber, daß der Landwirt S*** als
Gegenleistung für das entgeltliche Überlassen von Holz das Verrichten von unselbständiger Arbeit unter seiner Anleitung vereinbarte, wurden bereits öfters getroffen. Der Kläger arbeitete unter der Anleitung S***, der dem Kläger jeweils vorher mitteilte, was er zu machen habe. Der Kläger konnte die Arbeit nicht nach seinem Belieben verrichten, sondern nur dann, wenn ihn S*** benötigte.
Hiezu führte das Erstgericht aus, daß im Hinblick auf die Vereinbarungen zwischen dem Kläger und S*** der Kläger als Dienstnehmer zu qualifizieren sei, wobei sich seine Stellung von anderen Dienstnehmern nur dadurch unterschieden habe, daß er nicht ständig, sondern lediglich fallweise nach Bedarf gearbeitet habe. Es lägen daher die Voraussetzungen des § 4 Abs 1 Z 1 ASVG vor. Die Voraussetzungen des § 176 Abs 1 Z 6 ASVG seien gegeben, weil sich der Unfall bei einer betrieblichen Tätigkeit ereignet habe, wie sie sonst ein nach § 4 Versicherter ausübe.
Das Berufungsgericht gab der von der beklagten Partei gegen dieses Urteil erhobenen Berufung nicht Folge. Es führte aus, daß gemäß § 175 Abs 1 ASVG Arbeitsunfälle solche Unfälle seien, die sich im örtlichen, zeitlichen und ursächlichen Zusammenhang mit der die Versicherung begründenden Beschäftigung ereignen. Gemäß § 4 Abs 1 Z 1 ASVG seien in der Unfallversicherung unter anderem die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigten Dienstnehmern versichert. Dienstnehmer im Sinn des ASVG sei, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt werde, hiezu gehörten auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen. Überdies seien gemäß § 176 Abs 1 Z 6 ASVG den Arbeitsunfällen solche Unfälle gleichgestellt, die sich bei einer betrieblichen Tätigkeit, wie sie sonst ein nach § 4 Versicherter ausübe, ereignen, auch wenn dies nur vorübergehend geschehe. Der Versicherungsschutz nach dieser Gesetzesstelle knüpfe weder an ein Vertragsverhältnis noch an ein länger dauerndes Tätigsein noch an einen Lohn- oder Entgeltbezug in irgendeiner Form an. Die Tätigkeit müsse nur in irgendeiner Weise, nicht einmal überwiegend, dem Betrieb dienen. Es bestehe kein Zweifel darüber, daß die Tätigkeit des Klägers auf der Landwirtschaft Josef S*** eine betriebliche Tätigkeit gewesen sei, wie sie sonst ein nach § 4 Versicherter hätte ausüben können. Der Kläger sei in den landwirtschaftlichen Betrieb Josef S*** wie ein in persönlicher oder wirtschaftlicher Abhängigkeit stehender Arbeitnehmer eingegliedert gewesen, wobei es nicht entscheidend sei, welches Vertragsverhältnis und welche Leistungen für die Tätigkeit des Klägers diesen Vereinbarungen zugrunde gelegen seien. Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der beklagten Partei aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, es im Sinne einer Klageabweisung abzuändern oder aber es aufzuheben und die Sache zur Ergänzung des Verfahrens und zur neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen.
Der Kläger hat sich am Revisionsverfahren nicht beteiligt.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Gemäß § 4 Abs 1 ASVG sind unter anderem die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigten Dienstnehmer voll versichert. Dienstnehmer im Sinn des ASVG ist gemäß § 4 Abs 2 ASVG, wer in einem Verhältnis persönlicher oder wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt ist. Die vorliegenden Feststellungen reichen zur abschließenden Beurteilung der Frage, ob der Kläger unter Anlegung der Kriterien, die zur Abgrenzung der Dienstnehmereigenschaft im Sinn des § 4 Abs 2 ASVG entwickelt wurden, im Zeitpunkt des Unfalles des Dienstnehmer S***'s zu qualifizieren war, nicht aus. Dieser Frage kommt aber letztlich keine entscheidende Bedeutung zu. Wäre nämlich der Kläger nicht als vollversicherter Dienstnehmer nach § 4 Abs 2 ASVG zu qualifizieren und der Unfall daher nicht gemäß § 175 Abs 1 ASVG dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung unterlegen, so hat jedenfalls der Versicherungsschutz nach § 176 Abs 1 Z 6 ASVG bestanden. Nach dieser Gesetzesstelle sind Unfälle, die sich bei einer betrieblichen Tätigkeit ereignen, wie sie sonst ein nach § 4 Versicherter ausübt, Arbeitsunfällen gleichgestellt, auch wenn dies nur vorübergehend geschieht.
Der Rechtsansicht der Revisionswerberin, welche die Nichtanwendbarkeit dieser Bestimmung daraus abzuleiten versucht, daß der Kläger die Tätigkeit in Erfüllung eines privatrechtlichen Vertrages geleistet habe und diese Tätigkeit nur ein Surrogat für eine Geldzahlung gewesen sei, kann nicht beigetreten werden. Es entspricht der ständigen Judikatur, daß für das Vorliegen einer betrieblichen Tätigkeit wesentlich ist, daß es sich um eine, wenn auch nur kurzfristige Arbeit handelt, die hiefür erbrachte Arbeitsleistung dem ausdrücklichen oder mutmaßlichen Willen des Unternehmens entspricht und für ihn von wirtschaftlicher Bedeutung ist (SZ 42/39). Es muß sich um eine ernstliche, dem in Frage stehenden Unternehmen dienende Tätigkeit handeln und es muß durch diese Tätigkeit ein innerer ursächlicher Zusammenhang mit dem Unternehmen hergestellt sein (SZ 48/50). Unter einer ernstlichen Arbeit versteht man Handlungen, die auch sonst in dem Betrieb anfallen und die üblicherweise von einem Arbeitnehmer im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses im Sinn des allgemeinen Arbeitsmarktes verrichtet werden (SZ 52/66). Erforderlich ist, daß der Unfallbetroffene in den fraglichen Betrieb wie ein Arbeitnehmer eingegliedert war (Arb.9167). Die Beweggründe der Tätigkeit im Sinn des § 176 Abs 1 Z 6 ASVG sind unmaßgeblich (SZ 50/156 ua). Alle diese Voraussetzungen treffen im vorliegenden Fall zu. Beim Silieren handelt es sich um eine Tätigkeit im Rahmen eines landwirtschaftlichen Betriebes, wie sie üblicherweise von landwirtschaftlichen Arbeitern verrichtet wird. Der Kläger war für die Dauer seiner Tätigkeit in den Betrieb eingegliedert und auch bereit, sich den Weisungen des Betriebsführers zu unterwerfen. Auch die Arbeit, bei der sich der Unfall ereignete, führte er über Aufforderung S*** durch.
Der Auffassung der Revisionswerberin, daß der Kläger durch seine Arbeitstätigkeit nur seine Schuld aus Fuhrleistungen abgedeckt habe und daher ebensowenig unfallgeschützt sei wie bei Übergabe des Kaufpreises, sei entgegengehalten, daß es sich bei der Übergabe eines Geldbetrages in Erfüllung eines Vertrages ausschließlich um eine den eigenen Interessen des Zahlenden dienende Tätigkeit handelt, der das wesentliche Element der Eingliederung in den Betrieb des Empfängers der Zahlung fehlt. Wird jedoch - wie hier - als Gegenleistung für die Leistung eines Unternehmers eine Arbeitstätigkeit unter wirtschaftlicher und organisatorischer Leitung des Betriebsinhabers erbracht, so sind alle Kriterien des § 176 Abs 1 Z 6 ASVG erfüllt.
Da sohin das Begehren im noch strittigen Umfang aufgrund dieser Gesetzesstelle jedenfalls zu Recht besteht, ist eine weitere Prüfung der Frage, ob allenfalls im Hinblick auf die Ausgestaltung der Vereinbarungen zwischen dem Kläger und S*** die Voraussetzungen für die Annahme der Vollversicherung gemäß § 4 ASVG gegeben sind, entbehrlich.
Der Revision mußte daher ein Erfolg versagt bleiben. Eine Kostenentscheidung entfällt, da Kosten nicht verzeichnet wurden.
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