OGH 8Ob22/87

OGH8Ob22/8727.8.1987

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Stix als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel, Dr. Kropfitsch, Dr. Zehetner und Dr. Maier als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Alfred L***, Zimmerer, Hühnergeschrei 10, 4121 Altenfelden, vertreten durch Dr. Peter Wagner, Rechtsanwalt in Linz, wider die beklagten Parteien 1) Marianne H***, Näherin, Männersdorf 18, 4134 Putzleinsdorf, 2) Josef K***, Fabriksarbeiter, Kaindlsdorf 1, 4133 Niederkappel, und 3) D*** Allgemeine Versicherungs-AG., Volksgartenstraße 15, 4020 Linz, alle vertreten durch Dr. Wolfgang Dartmann, Rechtsanwalt in Linz, wegen S 357.500,-- s.A. und Feststellung (S 75.000,--), Revisionsstreitwert S 52.083,33 für die klagende Partei und S 100.000,-- für die beklagten Parteien, infolge Revision der klagenden Partei und der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 27. Oktober 1986, GZ. 1 R 136/86-26, womit infolge Berufung der beklagten Parteien das Urteil des Landesgerichtes Linz vom 5. März 1986, GZ. 10 Cg 2/84-16, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt und beschlossen:

 

Spruch:

Aus Anlaß der Revision der beklagten Parteien werden die Urteile der Vorinstanzen insoweit, als die Klagsforderung gegenüber der Erstbeklagten mit einem Betrag von S 20.000,-- als zu Recht bestehend erkannt und die Erstbeklagte zur Zahlung eines Betrages von S 20.000,-- an den Kläger verurteilt wurde, als nichtig aufgehoben. In diesem Umfang wird das gegen die Erstbeklagte gerichtete Klagebegehren zurückgewiesen.

Die Kosten des für nichtig erklärten Verfahrens werden gegenseitig aufgehoben.

Im übrigen wird beiden Revisionen nicht Folge gegeben. Die vom Berufungsgericht getroffene Entscheidung über die Kosten des Verfahrens in erster Instanz und die Kosten des Berufungsverfahrens bleibt aufrecht.

Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei an Kosten des Revisionsverfahrens einen Betrag von S 1.986,15 (darin Barauslagen von S 217,44 und Umsatzsteuer von S 160,79) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Am 26. September 1982 ereignete sich gegen 3,45 Uhr auf der Hanrieder Bezirksstraße bei Km 12.877 (Freilandgebiet) ein Verkehrsunfall, an dem der Kläger als Lenker und Halter des Motorrades mit dem Kennzeichen O 9.480 und die Erstbeklagte als Lenkerin des PKW mit dem Kennzeichen O 209.941 beteiligt waren. Der Zweitbeklagte ist der Halter, die Drittbeklagte der Haftpflichtversicherer des letztgenannten Kraftfahrzeuges. Die beiden Fahrzeuge kollidierten im Begegnungsverkehr. Dabei wurde der Kläger schwer verletzt; beide Fahrzeuge wurden beschädigt. Wegen dieses Verkehrsunfalles wurde gegen die beiden beteiligten Lenker zu 26 E Vr 3143/82 des Landesgerichtes Linz ein Strafverfahren eingeleitet. Gegen den Kläger wurde es gemäß § 90 StPO eingestellt. Die Erstbeklagte wurde mit rechtskräftigem Urteil vom 21. Jänner 1983 des Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung nach § 88 Abs 1 und 4, zweiter Fall (§ 81 Z 2) StGB schuldig erkannt. Es wurde ihr zur Last gelegt, mit dem von ihr gelenkten PKW die Fahrbahnmitte überfahren zu haben, nachdem sie sich, wenn auch nur fahrlässig, durch den Genuß von Alkohol in einen die Zurechnungsfähigkeit nicht ausschließenden Rauschzustand versetzt hatte, obwohl sie vorhergesehen hat oder vorhersehen hätte können, daß ihr eine Tätigkeit bevorstehe, deren Vornahme in diesem Zustand eine Gefahr für das Leben, die Gesundheit oder die körperliche Sicherheit eines anderen herbeizuführen oder zu vergrößern geeignet war. Mit diesem Strafurteil wurde dem Kläger als Privatbeteiligten gemäß § 369 Abs 1 StPO ein Schmerzengeldbetrag von S 20.000,--

zuerkannt.

Im vorliegenden Rechtsstreit begehrte der Kläger aus dem Rechtsgrund des Schadenersatzes aus diesem Verkehrsunfall die Verurteilung der Beklagten zur ungeteilten Hand zur Zahlung von S 357.500,-- s.A.; überdies stellte er ein auf Feststellung der Haftung der Beklagten zur ungeteilten Hand (der Drittbeklagten) nur im Rahmen des Haftpflichtversicherungsvertrages) für drei Viertel seiner künftigen Unfallschäden gerichtetes Feststellungsbegehren.

Dem Grunde nach stützte der Kläger sein Begehren im wesentlichen darauf, daß ihn zwar selbst ein mit 25 % zu bewertendes Mitverschulden an diesem Verkehrsunfall treffe, weil er gegen das Rechtsfahrgebot verstoßen habe, daß aber das Verschulden der Erstbeklagten mit 75 % zu bewerten sei. Sie sei alkoholisiert gewesen und mit dem von ihr gelenkten PKW plötzlich mehr als einen halben Meter über die Fahrbahnmitte geraten. Der entgegenkommende Kläger habe nicht mehr ausweichen können. Der Zusammenstoß habe sich auf der dem Kläger zukommenden Fahrbahnhälfte ereignet.

Das Leistungsbegehren des Klägers setzt sich wie folgt zusammen:

Schmerzengeld (bis einschließlich 1985) S 510.000,--

Verunstaltungsentschädigung S 100.000,--

S 610.000,--

davon drei Viertel S 457.500,--

abzüglich einer Akontozahlung der Drittbeklagten

S 100.000,--

S 357.500,--

Sein Schmerzengeldbegehren begründete der Kläger damit, daß die ihm

zugefügten Verletzungen und ihre Folgen, die nur bis Ende 1985

überschaubar seien, den Zuspruch des begehrten Schmerzengeldes

rechtfertigten. Es gebühre ihm eine Verunstaltungsentschädigung in

der verlangten Höhe, weil er durch die erlittenen Verletzungen

verunstaltet worden sei; dadurch sei sein besseres Fortkommen sowohl

in beruflicher als auch in privater Hinsicht (er sei ledig)

behindert.

Das Feststellungsinteresse des Klägers ist nicht mehr strittig. Die Beklagten wendeten dem Grunde nach im wesentlichen ein, daß den Kläger ein zumindest mit 50 % zu bewertendes Mitverschulden an diesem Verkehrsunfall treffe; eher sei von einer Verschuldensteilung im Verhältnis von 1 : 2 zu seinen Lasten auszugehen. Der Kläger habe mit seinem Motorrad die Fahrbahnmitte überfahren und einen Seitenabstand von nahezu 3 m zum rechten Fahrbahnrand eingehalten, während der Abstand des PKW des Zweitbeklagten vom rechten Fahrbahnrand nicht annähernd so groß gewesen sei. Der Reifen am Hinterrad des Motorrades des Klägers sei gänzlich abgefahren gewesen. Der Kläger habe am linken Bein einen Gipsverband getragen und die ihm amtlich vorgeschriebene Schutzbrille nicht verwendet. Er sei bei eingeschaltetem Abblendlicht mit überhöhter Geschwindigkeit gefahren und habe verspätet reagiert. Schließlich wendeten die Beklagten eine Schadenersatzforderung des Zweitbeklagten aus diesem Verkehrsunfall in der Höhe von S 115.000,-- (Fahrzeugschaden) aufrechnungsweise gegen die Klagsforderung ein.

Das Erstgericht entschied, daß die Klagsforderung mit einem Betrag von S 275.000,-- s.A. und die eingewendete Gegenforderung mit einem Betrag von S 6.250,-- zu Recht besteht. Es verurteilte daher die Beklagten zur Zahlung von S 268.750,-- s.A. an den Kläger und wies dessen auf Zahlung eines weiteren Betrages von S 88.750,-- s.A. gerichtetes Leistungsmehrbegehren ab. Dem Feststellungsbegehren gab es statt.

Das Erstgericht stellte im wesentlichen folgenden Sachverhalt fest:

Dem Kläger wurde wegen einer Sehschwäche am rechten Auge von der Verwaltungsbehörde ein befristeter Führerschein ausgestellt und das Tragen einer Schutzbrille vorgeschrieben.

Die Hanrieder Bezirksstraße führt aus Richtung Lembach über eine Fahrbahnkuppe und eine leichte Rechtskurve in den Kreuzungsbereich mit der benachrangten Pfannstraße, wo sich der Unfall ereignete. Die Fahrbahn der Bezirksstraße ist 6,1 m breit. Sie steigt im Bereich der Unfallstelle in Richtung Putzleinsdorf gesehen mit ca. 4 % an und weist in diesem Bereich ein Quergefälle von 5 % zur Kurveninnenseite auf. Bedingt durch die Fahrbahnkuppe ist die Sicht derart behindert, daß erst aus einer Entfernung von 60 m vor der Unfallstelle Sicht auf den Scheinwerfer eines entgegenkommenden Fahrzeuges gegeben ist, das ebenfalls 60 m von der Unfallstelle entfernt ist. Die Unfallstelle befindet sich im Freilandgebiet. Der Kurvenradius beträgt mehrere hundert Meter. Zur Unfallszeit waren keine Bodenmarkierungen vorhanden.

Der Kläger, der einen Helm mit einem geschlossenen farblosen Vollvisier trug, lenkte sein Motorrad, an dem das Abblendlicht eingeschaltet war, in Richtung Lembach. Er trug am linken Bein einen Unterschenkelgipsverband, der zwei Tage nach dem Unfall hätte entfernt werden sollen und mit dem er schon öfter mit dem Motorrad gefahren war.

Bei Km 12.877 kam es zum Zusammenstoß mit dem entgegenkommenden von der Erstbeklagten gelenkten PKW. Die Überdeckung der beiden Fahrzeuge betrug maximal 30 cm. Die linke Begrenzung des PKW war beim Anstoß ca. 3,55 m vom rechten Fahrbahnrand entfernt. Bei einer halben Fahrbahnbreite von 3,05 m hatte daher der PKW die Fahrbahnmitte um 50 cm überfahren. Das Motorrad befand sich mit der linken Begrenzung 20 cm rechts der Fahrbahnmitte und mit der rechten Begrenzung 2,15 m vom rechten Asphaltrand entfernt. Der rechte Seitenabstand des PKW betrug etwa 1,85 m. Die Ausgangs- und Kollisionsgeschwindigkeit des PKW betrug 60 bis 65 km/h, die des Motorrades ca. 100 km/h. Eine solche Geschwindigkeit ist unter Berücksichtigung des Kurvenverlaufes und der Sichtweite technisch sicher einzuhalten und muß nicht zu einem Abkommen von der Fahrbahn führen. Für den Unfallsablauf war nicht von Belang, daß der Hinterreifen des Motorrades abgefahren war.

Ein gegenseitiges Erkennen der sich begegnenden Fahrzeuge (auch am PKW war das Abblendlicht eingeschaltet) war bereits etwa 3 Sekunden vor der Kollision möglich. Bei einem Seitenversatz eines Fahrzeuges um 50 cm nach rechts wäre ein Passieren ohne Schwierigkeiten möglich gewesen. Bei einer Reaktion im Moment des Erkennens des Gegenscheinwerfers hätten beide Fahrzeuglenker ihr Fahrzeug leicht an den rechten Fahrbahnrand lenken und damit eine Kollision verhindern können. Eine Zuordnung des entgegenkommenden Fahrzeuges in Bezug auf die Fahrbahnbreite war aber unter den gegebenen Verhältnissen (Dunkelheit) erst auf 40 bis 50 m, somit erst eine Sekunde vor der Kollision, möglich. Bei einer Reaktionszeit von einer Sekunde war daher eine wirksame Abwehrhandlung praktisch nicht mehr möglich.

Durch den Gipsverband am linken Unterschenkel wurde der Kläger beim Bremsen oder Lenken des Motorrades nicht behindert. Keiner der beiden beteiligten Lenker setzte vor dem Anstoß irgendeine Reaktion.

Am PKW des Zweitbeklagten entstand bei dem Unfall Totalschaden. Der Zeitwert betrug S 27.000,--, der Restwert S 2.000,--. Der Kläger ist unverheiratet. Er erlitt bei dem Unfall eine Gehirnerschütterung, einen linksseitigen Schlüsselbeinbruch, eine Wunde im Bereich des linken Unterarms mit einem Bruch der linken Elle und Abschürfungen der Finger 1 bis 4 links, vor allem aber in diesem Bereich eine obere Plexuslähmung, eine Hüftluxation links gegen das Dammbein, einen Bruch des linken Oberschenkels beim lateralen Condyl oberhalb des Kniegelenks, eine offene Luxation des linken Kniegelenks mit Zerreißung der Kreuzbänder und des inneren Meniskus und der knieeigenen Sehne und schließlich Wunden im Bereich des rechten Kniegelenks. Infolge dieser Verletzungen war der Kläger mehrfach in stationärer Behandlung des UKH Linz, und zwar insgesamt 379 Tage, zuletzt im September 1985. Es mußte sofort eine Schockbekämpfung und eine Notoperation durchgeführt werden. Es war notwendig, das Hüftgelenk einzurichten und den Oberschenkelbruch mit zwei Schrauben mit Beilagscheiben und zwei Drähten zu fixieren. Es wurde die Kniescheibe und der Streckapparat des Knies entfernt, weil wegen der starken Verschmutzungen kompliziertere Operationen unmöglich waren und ansonsten nur eine Weichteilnaht erfolgen konnte. Der Kläger lag zwei Tage auf der Intensivstation. Dann kam es zu einer Nekrose; deswegen mußte eine Dermatomdeckung vom rechten Oberschenkel auf das linke Knie durchgeführt werden. Am 22. Oktober 1982 wurde dann ein Fenster für die Ferse im Gipsverband angelegt, um Druck zu vermeiden. Eine weitere Operation erfolgte am 1. März 1983, wobei das Fixationsmaterial vom Oberschenkel entfernt wurde. Am 15. März 1983 wurde eine Anfrischung am Knochen des Oberschenkels und am 21. März 1983 eine Hautdeckung mit Reverdinläppchen durchgeführt. In der Folge war der Kläger im Rehabilitationszentrum Bad Häring. Dabei wurde der Stützapparat hergestellt und eine Fistelfüllung durchgeführt. Es folgten weitere operative Behandlungen. Am 3. Juli 1983 wurde wieder eine Fistelfüllung gemacht. Am 6. Juli 1983 erfolgte eine Sequesterentfernung und es wurde eine Kugelkette mit 52 Kugeln eingebracht, die allmählich gekürzt wurde. Am 21. August 1983 wurde eine Plastik mit dem Musculus Satorius durchgeführt. Da es zu einer Sepsis und Eiterung kam, wurde eine Nerventransplantation im Schulterbereich an der Universitätsklinik Wien vorerst nicht durchgeführt. Beim Kläger liegt eine Versehrtheit im Ausmaß von 70

bis 80 % vor.

Der Kläger hat als Folge der Gehirnerschütterung zeitweise noch Kopfschmerzen, organneurologische Ausfallserscheinungen bestehen aber nicht. Am 17. Oktober 1984 stürzte der Kläger beim Gehen mit den Krücken und zog sich eine Wunde am Kinn zu, die genäht werden mußte und eine 6 cm messende Narbe hinterließ. Der Schlüsselbeinbruch ist mit einer Verschiebung verheilt. Vom Ellenbruch rührt eine Verkürzung um 1 cm her und es sind Narben im Bereich des Unterarms in einem Feld von 6 x 6 cm vorhanden. Die Hautabschürfung im Bereich der Finger ist gut abgeheilt. Es besteht aber eine schlaffe Lähmung, wobei aktiv eine dorsale Flexion im Handgelenk nicht möglich ist. Im Ellbogengelenk ist sie nur zum Teil durchführbar. Im Schultergelenk ist die Beweglichkeit nur gering. Im Bereich des Oberarms und in den Fingern sind links eingeschränkte Sensibilitäten vorhanden. Die Durchblutung des Arms ist um die Hälfte herabgesetzt, sodaß insgesamt eine weitgehende Gebrauchsunfähigkeit des linken Arms besteht. Es kommt mitunter vor, daß durch die beabsichtigte Nervenplastik die Beweglichkeit verbessert werden kann. Im Bereich des rechten Beins findet man eine Stelle nach Hautentnahme am Oberschenkel und zwei Narben von 8 x 1,5 cm und 7 x 1,5 cm. Am linken Bein ist die Beweglichkeit im Hüftgelenk deutlich eingeschränkt. Am ganzen Bein besteht ein Muskelschwund und eine Verkürzung um 1 cm, die wegen einer starken X-Beinstellung effektiv 3 cm ausmacht. Es sind nur geringe Sensibilitätsstörungen vorhanden. Es besteht aber ein Schlottergelenk. Die Beweglichkeit ist nur bis 95 Grad möglich. Es bestehen Narbenplatten von 7 x 8 cm. Neben Hautentnahmestellen am Oberschenkel von 4,5 x 2 cm und 8 x 4,5 cm sind noch drei Narben von 25, 7 und 12 cm vorhanden. Die Kniescheibe fehlt. Der Oberschenkelbruch ist klobig verdickt abgeheilt. Es ist möglich, das Kniegelenk total zu versteifen; andererseits besteht die Möglichkeit, eine Schlittenprothese einzusetzen. Infolge der gegebenen Muskelinsuffizienz ist eine Besserung kaum zu erwarten, sodaß der Kläger wahrscheinlich den Stützapparat weitertragen wird müssen. Es kann derzeit noch nicht abgeschätzt werden, welche Maßnahmen zur Besserung noch gesetzt werden können. Der Kläger hinkt beim Gehen.

Der Kläger erlitt bis Ende 1985 einen Tag sehr starke Schmerzen, 6 1/2 Wochen starke Schmerzen, 14 bis 16 Wochen mittelstarke Schmerzen und ca. 7 1/2 Monate leichte Schmerzen. Die über diesen Zeitraum hinaus zu erwartenden Schmerzen sind noch nicht überschaubar. Rechtlich beurteilte das Erstgericht den festgestellten Sachverhalt im wesentlichen dahin, daß eine Verschuldensteilung im Verhältnis von 3 : 1 zu Gunsten des Klägers gerechtfertigt sei. Es warf sowohl der Erstbeklagten als auch dem Kläger einen Verstoß gegen § 7 StVO vor. Dabei maß es dem Verstoß der Erstbeklagten dreimal soviel Gewicht bei wie jenem des Klägers, weil der Wagen des Zweitbeklagten die Fahrbahnmitte um einen halben Meter überragte und die Erstbeklagte das Fahrzeug in alkoholisiertem Zustand lenkte. Eine verspätete Reaktion des Klägers sei bei der von ihm eingehaltenen Ausgangsgeschwindigkeit von 100 km/h nicht vorgelegen, weil zum Zeitpunkt des Erkennens des Überschreitens der Fahrbahnmitte durch den entgegenkommenden PKW eine unfallverhindernde Reaktion nicht mehr möglich gewesen wäre. Es sei zwar richtig, daß für das vom Kläger benutzte Abblendlicht seine Geschwindigkeit von 100 km/h überhöht gewesen sei. Dies sei jedoch für den Unfall ohne Belang, weil der Zusammenstoß mit dem beleuchteten Fahrzeug des Zweitbeklagten erfolgt sei, sodaß das am Motorrad des Klägers eingeschaltete Abblendlicht für das Erkennen des entgegenkommenden PKW ohne Bedeutung gewesen sei. Auch der am Motorrad des Klägers vorhanden gewesene total abgefahrene Hinterreifen sei für die Verschuldensbeurteilung ohne Belang, weil die Reifenbeschaffenheit auf das Unfallsgeschehen ohne Einfluß geblieben sei. Auch das Unterlassen des Tragens einer Schutzbrille durch den Kläger begründe kein Mitverschulden, weil dem Zweck der in der Lenkerberechtigung erteilten Auflage des Tragens einer Schutzbrille durch das Tragen eines Vollvisierhelms ohnehin entsprochen worden sei. Schließlich sei auch der Umstand, daß der Kläger sein Motorrad mit einem Gipsverband am linken Unterschenkel gelenkt habe, für den Unfallsablauf nicht ursächlich gewesen, weil der Kläger durch den Gipsverband nicht verhindert gewesen sei, in der nur schwach gekrümmten Kurve, in der sich der Unfall ereignet habe, den rechten Fahrbahnrand einzuhalten.

Das Erstgericht erachtete ein Schmerzengeld von (ungekürzt) S 420.000,-- für angemessen, wobei es die Restbeschwerden bis Ende 1985 als damit abgegolten beurteilte, jedoch jene Schmerzen ausklammerte, die durch eine weitere Operation entstehen könnten. Eine globale Schmerzengeldbemessung sei infolge der noch ausstehenden Operationen unmöglich, weil deren Verlauf nicht vorhergesehen werden könne.

Mit Rücksicht auf den hinkenden Gang des Klägers und die praktische Lähmung des linken Arms erachtete das Erstgericht auch eine Beeinträchtigung des besseren beruflichen Fortkommens des Klägers und auch eine Verminderung seiner Heiratsaussicht als gegeben; der Höhe nach sei eine Verunstaltungsentschädigung von (ungekürzt) S 80.000,-- angemessen.

Der gegen dieses Urteil gerichteten Berufung der Beklagten gab das Berufungsgericht mit dem angefochtenen Urteil teilweise Folge. Es änderte die Entscheidung des Erstgerichtes dahin ab, daß es die Klagsforderung mit S 233.333,33 s.A. als zu Recht bestehend und mit S 124.166,67 s.A. als nicht zu Recht bestehend sowie die eingewendete Gegenforderung mit S 8.333,33 als zu Recht und mit S 16.666,67 als nicht zu Recht bestehend erkannte. Es verurteilte daher die Beklagten zur Zahlung von S 225.000,-- s.A. Dem Feststellungsbegehren des Klägers gab es in Ansehung von zwei Dritteln seiner künftigen Unfallschäden statt. Das auf Leistung eines weiteren Betrages von S 132.500,-- s.A. gerichtete Leistungsmehrbegehren des Klägers und sein Feststellungsmehrbegehren wies es ab. Das Berufungsgericht sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes, über den es entschieden hat, S 300.000,-- übersteigt.

Das Berufungsgericht übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes als unbedenklich und führte rechtlich im wesentlichen aus, daß der vom Kläger gewählte Seitenabstand zum rechten Fahrbahnrand 2,15 m betragen habe und damit im Unfallszeitpunkt sogar um 30 cm größer gewesen sei als jener Abstand, den der PKW des Zweitbeklagten zum rechten Fahrbahnrand eingehalten habe. Bei diesen im vorliegenden Fall gegebenen Verhältnissen sei der von beiden unfallsbeteiligten Fahrzeuglenkern eingehaltene Seitenabstand zum rechten Fahrbahnrand im Sinne eines grundsätzlich sehr schwerwiegenden Verstoßes gegen § 7 Abs 2 StVO zu beurteilen, wobei dem vorschriftswidrigen Verhalten der Erstbeklagten in Bezug auf die Zuweisung der Verschuldensanteile schon ein gewisses Übergewicht zuzuordnen sei. Dazu komme noch, daß Trunkenheit eines Kraftwagenlenkers zwar nicht haftungsbegründend, wohl aber schulderschwerend wirke und bei der Verschuldensabwägung besonders schwer ins Gewicht falle. Der Verschuldensanteil der Erstbeklagten erscheine insgesamt doppelt so groß wie jener des Klägers, sodaß von einer Verschuldens- und Schadensteilung von 2 : 1 zu Gunsten des Klägers auszugehen sei.

Das Schmerzengeld und die Verunstaltungsenschädigung des Klägers seien vom Erstgericht zutreffend bemessen worden.

Gegen diese Entscheidung des Berufungsgerichtes richten sich die Revisionen beider Streitteile.

Der Kläger bekämpft sie aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne der Wiederherstellung der Entscheidung des Erstgerichtes abzuändern; hilfsweise stellt er einen Aufhebungsantrag. Die Beklagten bekämpfen die Entscheidung des Berufungsgerichtes gleichfalls aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, daß die Klagsforderung mit S 133.333,33 und die eingewendete Gegenforderung mit S 8.333,33 als zu Recht bestehend erkannt und dem Kläger daher nur ein Betrag von S 125.000,-- zugesprochen werde.

Beide Streitteile haben Revisionsbeantwortungen mit dem Antrag erstattet, der Revision des Gegners keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Beide Revisionen sind im Hinblick auf die Höhe des Streitgegenstandes, über den das Berufungsgericht entschieden hat, ohne die im § 503 Abs 2 ZPO normierte Einschränkung der Revisionsgründe zulässig, sachlich aber nicht berechtigt.

I) Zur Revision des Klägers:

Der Kläger versucht in seiner Rechtsrüge darzutun, daß bei seiner Meinung nach richtiger rechtlicher Beurteilung eine Schadensteilung im Verhältnis von 3 : 1 zu seinen Gunsten vorzunehmen sei. Dem ist nicht zu folgen.

Gerade in Fällen wie in dem vorliegenden, in denen im Begegnungsverkehr beide beteiligte Lenker gegen das Rechtsfahrgebot des § 7 Abs 2 StVO verstoßen haben, ist die vorzunehmende Verschuldensteilung in hohem Maße von den Umständen des Einzelfalles abhängig, sodaß auf die vom Kläger in seiner Revision angeführten oberstgerichtlichen Entscheidungen, die gleichfalls von den Umständen des jeweiligen Einzelfalles geprägt waren, nicht im einzelnen einzugehen ist. Es trifft sicher zu, daß die Erstbeklagte, die zum rechten Fahrbahnrand einen Abstand von etwa 1,85 m einhielt und damit die (gedachte, nicht durch eine Leitlinie gekennzeichnete) Fahrbahnmitte um 50 cm überfuhr, in gröblicher Weise gegen § 7 Abs 2 StVO verstoßen hat. Der Verstoß des Klägers gegen diese Vorschrift ist aber ebenfalls sehr schwerwiegend. Es bestand für ihn keinerlei Veranlassung, mit der zulässigen Höchstgeschwindigkeit bei erkennbarem Gegenverkehr einen Seitenabstand von 2,15 m zum rechten Fahrbahnrand einzuhalten und damit mit der linken Begrenzung seines Fahrzeuges in einem Abstand von nur 20 cm zur Fahrbahnmitte zu fahren. Da die Fahrbahnmitte nicht durch eine Leitlinie gekennzeichnet war, ist dem Umstand, daß die Erstbeklagte die Fahrbahnmitte um 50 cm überfuhr, nicht eine so gravierende Bedeutung zuzumessen wie in Fällen einer gekennzeichneten Fahrbahnmitte. Ohne Alkoholisierung der Erstbeklagten würde das Gewicht des Fehlverhaltens des Klägers von dem ihres eigenen Fehlverhaltens nur geringfügig überwogen. Da aber nach ständiger Rechtsprechung (ZVR 1982/371; ZVR 1983/151 uva.) die Alkoholisierung eines Kraftfahrzeuglenkers bei der Verschuldensteilung besonders schwer ins Gewicht fällt, erscheint nach den Umständen des vorliegenden Falles die vom Berufungsgericht vorgenommene Schadensteilung im Verhältnis von 2 : 1 zu Gunsten des Klägers gerechtfertigt. Mit der vom Kläger angestrebten Schadensteilung im Verhältnis von 3 : 1 zu seinen Gunsten würde dem Gewicht seines eigenen Fehlverhaltens nicht mehr genügend Rechnung getragen.

II) Zur Revision der Beklagten:

Die Beklagten versuchen in ihrer Revision darzutun, daß das Schmerzengeld des Klägers im Hinblick darauf, daß es sich nur um

eine Teilbemessung handle, nur mit (ungekürzt) S 300.000,-- zu

bemessen sei; seine Verunstaltungsentschädigung sei mit (ungekürzt) S 50.000,-- zu bemessen.

Auch dem kann nicht gefolgt werden.

Das Schmerzengeld stellt grundsätzlich eine Globalabfindung für alle eingetretenen und nach dem gewÄhnlichen Lauf der Dinge zu erwartenden körperlichen und seelischen Beeinträchtigungen durch die Unfallsfolgen dar. Für seine Bemessung ist das Gesamtbild der Verletzungsfolgen maßgebend. Hiebei müssen auch künftige, nach dem gewÄhnlichen Verlauf der Dinge zu erwartende körperliche und seelische Schmerzen einbezogen werden. Ausgenommen von der Globalbemessung bleiben nur solche künftige Schmerzen, deren Eintritt noch nicht vorhersehbar ist oder deren Ausmaß auch nicht so weit abgeschätzt werden kann, daß eine Globalbeurteilung möglich ist. Jedoch darf auch in solchen Fällen eine ergänzende Schmerzengeldbemessung nicht dazu führen, daß der Verletzte insgesamt mehr zugesprochen bekommt als bei einer einmaligen Globalbemessung (ZVR 1970/77; 8 Ob 140/83; 8 Ob 11/85 uva.). Im vorliegenden Fall waren die Voraussetzungen für eine Teilbemessung gegeben, weil dem Kläger noch Operationen bevorstehen, deren Erfolg nicht im vorhinein beurteilt werden kann. Wenn die Vorinstanzen zur Abgeltung der derzeit überschaubaren Unfallsfolgen des Klägers und seiner bis einschließlich 1985 erlittenen Schmerzen ein Schmerzengeld von (ungekürzt) S 420.000,-- für angemessen hielten, ist darin im Hinblick auf die Schwere der Verletzungen des Klägers, den komplizierten und langwierigen Heilungsverlauf, die Notwendigkeit vielfacher Operationen, die extrem langen Schmerzperioden und die eingetretenen Dauerfolgen, soweit sie bisher überschaubar sind, ein Rechtsirrtum nicht zu erkennen. Bei allfälligen künftigen Schmerzengeldbemessungen wird allerdings darauf Bedacht zu nehmen sein, daß der Kläger damit nicht mehr zugesprochen bekommt als bei einer einmaligen Globalbemessung. Maßgebend für die Höhe der Entschädigung nach § 1326 ABGB ist insbesondere das Ausmaß der Entstellung sowie die Größe der Wahrscheinlichkeit der Behinderung des besseren Fortkommens (ZVR 1984/90; 8 Ob 209/82; 2 Ob 46/86 ua.). Die Entstellung des Klägers durch die Unfallsfolgen ist bedeutend. Es sind hier nicht nur die umfangreichen Narbenbildungen, sondern auch die Bewegungseinschränkungen im Bereich des linken Arms des Klägers und sein hinkender Gang zu berücksichtigen. Daß derartig schwerwiegende Entstellungen zumindest zu einer sehr erheblichen Minderung der Heiratsaussichten des ledigen Klägers führen können, bedarf keiner weiteren Erörterung. Unter diesen Umständen ist auch in der Bemessung der dem Kläger im Sinne des § 1326 ABGB zustehenden Verunstaltungsentschädigung durch die Vorinstanzen mit (ungekürzt) S 80.000,-- ein Rechtsirrtum nicht zu erkennen.

Damit erweisen sich beide Revisionen als unbegründet. Aus Anlaß der Revision der Beklagten war allerdings eine (im Rechtsmittel nicht geltend gemachte) den Vorinstanzen unterlaufene Nichtigkeit von Amts wegen wahrzunehmen. Die Vorinstanzen haben nämlich nicht berücksichtigt, daß die Erstbeklagte im Adhäsionsverfahren zur Zahlung eines Betrages von S 20.000,-- aus dem Titel des Schmerzengeldes an den Kläger verurteilt wurde. Dieser Entscheidung des Strafgerichtes kommt Rechtskraftwirkung zu (SZ 24/281 ua.), die im Sinne des § 411 Abs 2 ZPO von Amts wegen zu berücksichtigen ist (SZ 30/48 ua.). Diese gegen die Erstbeklagte im Adhäsionsverfahren ergangene Entscheidung begründet das Prozeßhindernis der rechtskräftig entschiedenen Sache (8 Ob 47/86 ua.), sodaß im Umfang dieser Entscheidung die gegen die Erstbeklagte ergangenen Urteile der Vorinstanzen als nichtig aufgehoben werden mußten und das gegen die Erstbeklagte gerichtete Klagebegehren zurückzuweisen war.

Die Kosten des für nichtig erklärten Verfahrens waren im Sinne des § 51 Abs 2 ZPO gegenseitig aufzuheben.

Die vom Berufungsgericht getroffene Entscheidung über die Kosten des Verfahrens in erster und zweiter Instanz wird durch diesen geringfügigen Prozeßerfolg der Erstbeklagten nicht berührt und hat daher aufrecht zu bleiben.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO. Die Kosten ihrer erfolglosen Rechtsmittelschriften haben beide Streitteile selbst zu tragen. Dem Kläger gebührt der Ersatz der Differenz der Kosten der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Revisionsbeantwortungen.

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