Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil sprach das Schöffengericht aus, daß es zur Entscheidung über die gegen Herwig S*** wegen des Verbrechens der schweren Sachbeschädigung nach §§ 125, 126 Abs. 2 StGB sowie wegen des Vergehens der Gefährdung der körperlichen Sicherheit nach § 89 StGB erhobenen Anklage nicht zuständig sei, weil der Vorsatz des Angeklagten bei der mit dem Anklagevorwurf relevierten Tathandlung auch den Tod seiner Beifahrerin Manuela T*** (geb. W***) als eine ihrer möglichen Folgen mitumfaßt habe und deshalb vom hiefür zuständigen Geschwornengericht zu prüfen sei, ob er darum das Verbrechen des versuchten Mordes nach §§ 15, 75 StGB zu verantworten habe. Nach der Anklageschrift (ON 13) liegt ihm zur Last, er habe am 30. Oktober 1986 (gegen 3,25 Uhr) in St. Pölten auf der Landesstraße 5119 im Bereich des Hauses Mühlweg Nr 70 als Lenker eines Personenkraftwagens dadurch, daß er vorsätzlich mit überhöhter Geschwindigkeit auf die linke Fahrbahnseite fuhr, um mit dort abgestellten Personenkraftwagen und dem Haus Mühlweg Nr 70 zu kollidieren
I. fremde Sachen, nämlich zwei Personenkraftwagen sowie das Haus Mühlweg 70, vorsätzlich beschädigt und durch die Tat einen insgesamt 100.000 S übersteigenden Schaden (nämlich einen solchen in der HÖhe von 155.000 S) herbeigeführt, sowie
II. unter besonders gefährlichen Verhältnissen (§ 81 Z 1 StGB) vorsätzlich eine Gefahr für das Leben, die Gesundheit oder die körperliche Sicherheit der (Beifahrerin) Manuela T*** herbeigeführt.
Rechtliche Beurteilung
Der auf § 281 Abs. 1 Z 6 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten gegen dieses Urteil kommt keine Berechtigung zu. Die bezeichnete Urteilsnichtigkeit erblickt der Beschwerdeführer darin, daß das Erstgericht die "zahlreichen Widersprüche" in den Aussagen der einen "gewissen Hang zur Übertreibung" aufweisenden Zeugin Manuela T*** "nicht erkannt bzw nicht gewürdigt", das Gutachten des psychiatrischen Sachverständigen, wonach bei ihm keinerlei Suizidaltendenzen vorlägen, übergangen und zudem unberücksichtigt gelassen habe, daß die dem Tatgeschehen unmittelbar vorangegangene Fahrt von Herzogenburg nach St. Pölten (auf einer Freilandstraße) für den ihm unterstellten Entschluß, freiwillig aus dem Leben zu scheiden (durch Erreichen einer höheren Fahrgeschwindigkeit) bessere Voraussetzungen geboten hätte und er den Sicherheitsgurt diesfalls nicht angelegt bzw rechtzeitig gelöst hätte. Da er sich im übrigen an gegenüber Polizeibeamten nach der Tat geäußerte "Selbstmordabsichten" nicht erinnern könne, solche aber schon deshalb ausschließlich mit dem "Verkehrsunfall" in Verbindung zu bringen wären, weil er auch im Jahr 1985 nach einem mit dem PKW seiner Eltern verursachten Autounfall versucht habe, seinem Leben ein Ende zu setzen, hätte das Schöffengericht "bei richtiger Beweiswürdigung" seine Unzuständigkeit nicht aussprechen dürfen.
Nach § 261 StPO spricht das Schöffengericht seine Nichtzuständigkeit aus, wenn es erachtet, daß die der Anklage zugrunde liegenden Tatsachen an sich oder in Verbindung mit den in der Hauptverhandlung hervorgetretenen Umständen eine zur Zuständigkeit des Geschwornengerichtes gehörige strafbare Handlung begründen. Zu dieser Annahme bedarf es indes, entgegen den Beschwerdeausführungen, gewiß nicht eines eindeutigen Schuldnachweises. Ein sogenannter "Anschuldigungsbeweis", also der über bloße Zweifel daran, daß es sich bei der inkriminierten Tat wirklich nur um ein in die Kompetenz des Schöffengerichts fallendes Delikt handle, hinausgehende Nachweis von Verdachtsgründen für eine von der Anklageschrift abweichende Sachverhaltsvariante - nach der die betreffende Tat ein zur Zuständigkeit des Geschwornengerichts gehörige strafbare Handlung begründen würde und die sich demnach als eine (unbeschadet ihres Wahrscheinlichkeitsgrades jedenfalls denkmögliche und mit allgemeiner Lebenserfahrung vereinbare) echte Alternative zu dem in der Anklage angenommenen Geschehensablauf darstellt - reicht vielmehr aus (9 Os 27/85, 10 Os 104/83; ÖJZ-LSK 1979/335, 1977/86; RZ 1973/186 uam).
Im vorliegenden Fall erblickte das Schöffengericht Indizien für das Vorliegen eines Mordversuchs primär in den im wesentlichen übereinstimmenden Angaben der Zeugin Manuela T*** (im Vorverfahren und in der Hauptverhandlung), wonach ihr der Beschwerdeführer während eines vorangegangenen Lokalbesuches zunächst erzählte, er habe schon einmal versucht, sich umzubringen (vgl S 23, 44, 63, 69, 106), dann erklärte, er habe sich in sie verliebt und werde sie "überall hin mitnehmen", die es ebenso einer Erörterung unterzog (S 113) wie das Gutachten des psychiatrischen Sachverständigen (S 114), das es als weiteres Verdachtsmoment bewertete. Es hat sich aber auch mit der Verantwortung des Angeklagten, der sich der Sache nach im wesentlichen darauf berief, zufolge seiner Alkoholisierung und Übermüdung von der Fahrbahn abgekommen zu sein, auseinandergesetzt, gelangte jedoch unter zusätzlicher Berücksichtigung des Umstandes, daß der Beschwerdeführer am Unfallsort "laufend Selbstmordabsichten äußerte" (S 22, 114) und zuvor (unmittelbar nach der Kollision) gegenüber Manuela T*** geäußert habe (S 25, 52, 108), sie solle noch sitzen bleiben, "vielleicht fliegt das Auto ohnehin in die Luft" zum Ergebnis (S 115), daß er beim Lenken seines PKW gegen abgestellte Fahrzeuge und ein Haus in Ansehung seiner Beifahrerin T*** mit bedingtem Tötungsvorsatz gehandelt habe.
Über die Begründung der jeweiligen Verdachtsmomente hinausgehende positive Feststellungen jedoch hat ein Unzuständigkeitsurteil - seinem Wesen als (mit einer prozeßleitenden Verfügung vergleichbares, EvBl 1973/195 ua) reines Formalurteil Rechnung tragend - nicht zu enthalten, um insoweit jede Möglichkeit einer (psychologischen) Beeinflussung der Geschwornen im darauffolgenden Rechtsgang beruhigend auszuschalten, die den Wahrspruch jedenfalls auf Grund eigener Überzeugung zu fällen haben (§ 325 Abs. 1 StPO) und demgemäß durch das Schöffengericht in einem Unzuständigkeitsurteil nicht präjudiziert werden dürfen. Da das Schöffengericht sohin mängelfrei (und ohne Rechtsirrtum) erachtete, daß die der Anklage zugrundeliegenden Tatsachen in Verbindung mit den in der Hauptverhandlung hervorgetretenen Umständen den Verdacht des Verbrechens des versuchten Mordes (§§ 15, 75 StGB) begründen, war die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten als offenbar unbegründet schon bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285 d Abs. 1 Z 2 StPO).
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