Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluß wird in seinem Pkt. 4 der Entscheidung des Erstrichters abänderden Teil dahin abgeändert, daß er zu lauten hat:
Die Antragstellerin Helga P*** ist schuldig, dem Antragsgegner Gustav P*** eine Ausgleichszahlung im Betrag von S 50.000,-- zu leisten und zwar S 30.000,-- binnen 14 Tagen nach Räumung der Wohnung durch den Antragsgegner, den Restbetrag von S 20.000,-- in zehn Monatsraten a S 2.000,--, zahlbar bis zum 5. eines jeden Monats, beginnend mit März 1988.
Im übrigen wird dem Revisionsrekurs nicht Folge gegeben.
Text
Begründung
Die am 24. August 1968 vor dem Standesamt Wien-Penzing geschlossene Ehe der Streitteile wurde mit dem Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 26. September 1985, 34 Cg 84/85, gemäß § 49 EheG aus dem alleinigen Verschulden des Beklagten (Antragsgegners) geschieden. Der gegen dieses Urteil erhobenen Berufung des Beklagten gab das Oberlandesgericht Wien mit Urteil vom 20. Dezember 1985, 12 R 314/85, nicht Folge. Der Ehe entstammen die beiden mj. Kinder Christian, geboren am 1. Februar 1972, und Michael, geboren am 5. November 1973. Die Antragstellerin beantragte, ihr das Sorgerecht in Ansehung beider Kinder zu übertragen. Die Streitteile bewohnten während der Ehe die Eigentumswohnung Breitenfurt, Josef Edlingerstraße 12/2, die je zur Hälfte (je 114/9236 Anteile der EZ 2163 KG Breitenfurt) im Eigentum der Streitteile steht. Es handelt sich um eine 118,59 m2 große Wohnung im Schätzwert von S 1,080.000,--. Bei Anschaffung der Wohnung waren S 190.000,-- anzuzahlen, wovon S 70.000,-- aus dem Verkauf einer von der Antragstellerin in die Ehe eingebrachten Genossenschaftswohnung, die in den ersten Jahren der Ehe als Ehewohnung gedient hatte, aufgebracht wurden. Der Restkaufpreis wurde mit geförderten Darlehen finanziert, von denen zum 12. Juni 1986 ein Betrag von S 419.560,-- aushaftete. Die monatliche Belastung beträgt (einschließlich Betriebskosten) S 5.310,--. In den Jahren 1974 bis 1981 nahmen die Streitteile Kredite in der Höhe von rund S 100.000,-- auf, die zur Einrichtung der Wohnung und zur Anschaffung eines Personenkraftwagens Marke Volvo verwendet wurden. Ende 1982 wurden mehrere Kleinkredite durch den von der Z*** UND K*** WIEN am 23. Dezember 1982 dem Antragsgegner gewährten Kredit im Betrag von S 280.000,--- ersetzt. Die Rückzahlung dieses Kredites, für den die Antragstellerin als Mitschuldnerin haftet, hat in 60 aufeinanderfolgenden Monatsraten ab 15. Februar 1983 zu erfolgen. Am 1. April 1986 hafteten rund S 150.000,-- zur Zahlung aus; die monatliche Rate beträgt S 6.592,--. Mit diesen Kreditmitteln erwarb der Antragsgegner Anfang 1983 eine Personenkraftwagen Mercedes 230 um den Betrag von S 155.000,--. Die Antragstellerin ist diplomierte Kinder- und Säuglingsschwester. Sie war außer in den Karenzzeiten stets berufstätig. Nach einer Ausbildung als Unfallkrankenschwester und einer mehrjährigen Tätigkeit im Unfallkrankenhaus Wien leitet sie derzeit die Sanitätsstation des pharmazeutischen Unternehmens S***. Zufolge ihrer Nachtdienste hatte sie am Beginn der Ehe ein höheres Einkommen als der Antragsgegner. Dieser war nach absolvierter Hauptschule und Ausbildung im M***-Institut achteinhalb Jahre (bis 1971) bei der Firma M*** beschäftigt, zuletzt als Filialleiter-Stellvertreter und erster Verkäufer. In der Folge war er bei verschiedenen Dienstgebern beschäftigt; er wechselte während der Ehe ca. zehn Mal den Arbeitsplatz. Seit zwei Jahren bezieht der Antragsgegner eine Notstandshilfe von S 10.400,-- bis S 10.600,-- monatlich, dazu die Familienbeihilfe für zwei Kinder im Betrag von S 2.700,--. Den Personenkraftwagen Mercedes 230, den der Antragsgegner (nach den Bekundungen der Antragstellerin) ausschließlich für berufliche Zwecke verwendete, hat er während des Verfahrens verkauft, der Antragsgegner weigerte sich, den Verkaufserlös bekannt zu geben. Während der Ehe bestritt der Antragsgegner vereinbarungsgemäß die fixen Haushaltskosten einschließlich der Darlehensrückzahlungen, wofür er ca. 50 % seines Einkommens verwendete. Die gesamten übrigen Kosten, insbesondere des Unterhalts der Familie und der Internatsunterbringung der Kinder (ca. S 4.600,-- monatlich) bestritt die Antragstellerin; Wirtschaftsgeld hat sie nicht erhalten. Über die Verwendung seines restlichen Einkommens gab der Antragsgegner der Antragstellerin keinen Aufschluß.
Über die Aufteilung des beweglichen Gebrauchsvermögens ist eine Einigung der Streitteile zustande gekommen.
Die Antragstellerin begehrte, ihr den dem Antragsgegner gehörigen Miteigentumsanteil mit dem Wohnungseigentum an der Wohnung Breitenfurt, Josef Edlingerstraße 12/2, verbunden ist, zu übertragen. Sie brachte vor, die Wohnung sei mit den Mitteln aus dem Verkauf einer von ihr in die Ehe eingebrachten Wohnung angeschafft worden. Der Antragsgegner sei während der Ehe wiederholt arbeitslos gewesen, während sie, ausgenommen die Karenzzeiten, stets gearbeitet habe. Sein Einkommen habe er zum Großteil für sich verbraucht, er habe nur den Aufwand für die Wohnung (Darlehensrückzahlungen, Betriebskosten, Energiekosten und Telefon) bezahlt, während sie mit ihrem Einkommen für den Unterhalt der gesamten Familie aufgekommen sei.
Der Antragsgegner beantragte, die Eigentumswohnung zu verkaufen und den Erlös zu teilen. Für den Fall, daß die Eigentumswohnung der Antragstellerin zugewiesen werde, beantragte er, die Festsetzung einer Ausgleichszahlung im Betrag von S 350.000,--. Das Erstgericht sprach aus, daß der Antragstellerin die dem Antragsgegner gehörigen 114/2936 Anteile (richtig: 114/9236 Anteile) der EZ 2163 der KG Breitenfurt mit denen Wohnungseigentum an der Wohnung Nr. 2 im Hause Josef Edlingerstraße 12 untrennbar verbunden ist, ins Eigentum übertragen werden (Pkt. 1), daß mit dem Eintritt der Rechtskraft des Beschlusses die Einwilligung des Antragsgegners, daß ob dem ihm gehörige Miteigentumsanteil das Eigentumsrecht für die Antragstellerin einverleibt werde als ersetzt gelte (Punkt 2), der Antragsgegner schuldig erkannt werde, die Wohnung spätestens bis zum 31. Dezember 1986 unter Mitnahme seiner persönlichen Fahrhabe zu räumen und der Antragstellerin die Wohnungsschlüssel zu übergeben (Punkt 3), die Antragstellerin schuldig sei, dem Antragsgegner eine Ausgleichszahlung von S 30.000,-- binnen 14 Tagen nach Räumung der Wohnung zu bezahlen (Punkt 4) und die Antragstellerin schuldig sei, den zu Kreditnummer 313 828 881 der Z*** UND
K*** laufenden Kredit ab dem 1. April 1986 allein zurückzuzahlen und den Antragsgegner schad- und klaglos zu halten (Punkt 5).
Der Beitrag der Antragstellerin zur Schaffung von Vermögenswerten während der Ehe habe überwogen. Der Antragsgegner habe nicht nur zu Beginn der Ehe ein geringeres Einkommen als die Antragstellerin erzielt, er habe in den letzten Jahren einen erheblichen Teil seines Einkommens nicht zur Vermehrung des Familienvermögens verwendet. Ersparnisse hätten nicht angelegt werden können, obwohl die Antragstellerin, außer in den Karenzzeiten, mit verhältnismäßig gutem Einkommen tätig gewesen sei. Unter dem Gesichtspunkt der Billigkeit erscheine daher eine Aufteilung des Gebrauchsvermögens in der Weise geboten, daß der Antragstellerin der Miteigentumsanteil des Antragsgegners übertragen und sie verpflichtet werde, dem Antragsgegner S 30.000,-- in bar zu zahlen und den mit S 150.000,-- aushaftenden Kredit zur Zahlung zu übernehmen.
Das Rekursgericht gab dem gegen diesen Beschluß erhobenen Rekurs des Antragsgegners teilweise Folge. Es bestätigte den angefochtenen Beschluß, der in seinem Punkt 5 als unbekämpft unberührt blieb, in den Punkten 1 bis 3, wobei in Punkt 1 des erstgerichtlichen Beschlusses der Miteigentumsanteil richtiggestellt wurde. Punkt 4 des Beschlusses des Erstrichters wurde dahin abgeändert, daß die Antragstellerin schuldig erkannt wurde, dem Antragsgegner eine Ausgleichszahlung von S 140.000,-- zu leisten.
Da die Antragstellerin mit Ausnahme der Karenzzeiten während der ganzen Ehe voll berufstätig gewesen sei und darüber hinaus überwiegend den Haushalt geführt und die beiden Kinder versorgt habe, sei eine Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens im Verhältnis 60 : 40 zugunsten der Antragstellerin gerechtfertigt. Bei der Festsetzung der Ausgleichszahlung sei davon auszugehen, daß der Wert der Eigentumswohnung S 1,080.000,-- abzüglich der auf der Wohnung lastenden Darlehen im Betrag von S 420.000,--, somit S 660.000,-- betrage. Der Antragstellerin wäre demnach eine Ausgleichszahlung von S 264.000,-- aufzuerlegen, hievon seien jedoch S 50.000,-- aus dem (geschätzten) Erlös des Verkaufes des Personenkraftwagens Mercedes 230 in Abzug zu bringen, desgleichen ein Betrag von S 75.000.--, da der Antragstellerin die Rückzahlung des mit S 150.000,-- aushaftenden Kredits auferlegt worden sei. Demnach sei die Festsetzung der Ausgleichszahlung mit S 140.000,-- gerechtfertigt.
Rechtliche Beurteilung
Der gegen den Beschluß des Rekursgerichtes erhobene Revisionsrekurs der Antragstellerin ist teilweise gerechtfertigt. Gegenstand des Revisionsrekurses ist nur die Höhe der von der Antragstellerin dem Antragsgegner zu leistenden Ausgleichszahlung. Die Rechtsmittelwerberin erachtet sich dadurch als beschwert, daß ihr neben der Verpflichtung zur Rückzahlung des aushaftenden Kredites im Betrag von S 150.000,-- eine Ausgleichszahlung in der Höhe von S 140.000,-- auferlegt worden sei, was ihre wirtschaftliche Leistungsfähigkeit übersteige.
Gemäß § 94 EheG kann das Gericht einem Ehegatten, wenn die Aufteilung ehelichen Gebrauchsvermögens oder ehelicher Ersparnisse zu einem unbilligen Ergebnis führen würde, eine Ausgleichszahlung auferlegen (EFSlg. 49.011, 49.010, 43.797 u.a.). Die bei der Bemessung der Ausgleichszahlung zu beachtenden Billigkeitserwägungen können den §§ 83 Abs. 1 und 94 Abs. 2 EheG entnommen werden, sind aber nicht auf diese Kriterien beschränkt (EFSlg. 49.013). Nach nunmehr ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes kommt auch dem Verschulden an der Zerrüttung der Ehe im Aufteilungsverfahren Bedeutung zu. Es widerspricht dem Grundsatz der Billigkeit, wenn der schuldlose Ehegatte infolge der durch das Verhalten des anderen Teils ausgelösten Aufteilung eine weitgehende Einschränkung seines Lebensstandards auf sich nehmen müßte (EFSlg. 48.956, EvBl. 1982/195 u.a.). Die Modalitäten der Ausgleichszahlung sind so festzusetzen, daß der ausgleichspflichtige Ehegatte nicht in unzumutbare wirtschaftliche Bedrängnis gerät (1 Ob 512/87; EFSlg. 49.027, 46.365, JBl. 1983, 489). Dem an der Scheidung der Ehe schuldlosen Teil soll der Beginn des neuen Lebensabschnittes erleichtert werden, sein bisheriger Lebensstandard soll nach Möglichkeit keine Einbuße erleiden (1 Ob 512/87; EFSlg. 46.399). Darüber hinaus kann bei der Aufteilung auch der Aufwand der Ehegatten für ihre persönlichen Lebensverhältnisse während der Ehe Beachtung finden, wenn dieser Aufwand bei beiden Ehegatten in auffallender Weise unterschiedlich war (SZ 55/45). Diesen leitenden Grundsätzen hat das Rekursgericht bei seiner Entscheidung nicht hinreichend Rechnung getragen. Die Antragstellerin war außer in den Karenzzeiten stets berufstätig, sie hat am Anfang der Ehe auch ein höheres Einkommen als der Antragsgegner erzielt. Der Antragsgegner hat von seinem Einkommen die fixen Kosten des Haushalts bestritten, die jedoch nur ca. 50 % seines Einkommens ausmachten. Ein Wirtschaftsgeld hat der Antragsgegner nicht geleistet. Die Antragstellerin hat die Kosten der gesamten Haushaltsführung u.a. auch für die Internatsunterbringung der Kinder bestritten. Über die Verwendung des restlichen Teils des Einkommens des Antragsgegners, der auch die Familienbeihilfe für zwei Kinder bezog, konnte im Verfahren aus beim Antragsgegner gelegenen Gründen keine Klarheit gewonnen werden, wie es der Antragsgegner auch ablehnte, Aufschluß über den Erlös des von ihm verkauften Kraftwagens Mercedes 230 zu geben. Es ist auch anzunehmen, daß in den letzten Jahren, in denen der Antragsgegner eine Notstandshilfe von S 10.400,-- bis S 10.600,-- bezog, der Hauptteil der wirtschaftlichen Lasten der Ehe auf der Antragstellerin ruhte. Die Antragstellerin erklärte in der Tagsatzung vom 22. Mai 1986 (ON 6), daß sie zur Leistung einer Ausgleichszahlung in der Höhe von S 200.000,-- bereit sei, ging dabei aber offenbar davon aus, daß die Rückzahlung des restlichen bei der Z*** UND K*** WIEN aushaftenden
Kredits dem Antragsgegner obliegt. Da der Antragsgegner nur Notstandshilfe bezieht und daher die Gefahr besteht, daß er mit der Rückzahlung des Kredites in Verzug gerät und dann die Antragstellerin als Mitschuldnerin zur Haftung herangezogen wird, war es zweckmäßig, die Rückzahlung der aushaftenden Raten (im Gesamtbetrag von S 150.000,--) der Antragstellerin aufzuerlegen. Eine höhere Belastung als mit S 200.000,-- ist der Antragstellerin insbesondere unter Bedachtnahme darauf, daß sie auch eine (teilweise) Sorgepflicht für zwei Kinder trifft, nicht zumutbar. Es wäre dies mit einer beträchtlichen Minderung ihres Lebensstandards verbunden, den sie als schuldlos geschiedener Teil nicht auf sich nehmen muß. Der bei der Z*** UND K*** WIEN
aushaftende Kredit wurde zudem zu einem wesentlichen Teil zur Anschaffung des PKW Mercedes 230 verwendet, dessen Verkaufserlös dem Antragsgegner zugeflossen ist. Die restlichen Kreditmittel dienten zur Umschuldung von Krediten, die teilweise zur Anschaffung von Hausratsgegenständen Verwendung gefunden haben, über deren Aufteilung Einigung erzielt wurde. Von April 1986 bis Februar 1988 wird das Einkommen der Antragstellerin durch die Rückzahlung des Kredits und die fixen Kosten der Wohnung mit ca. S 11.900,-- belastet. Zur Bestreitung dieser Zahlungen wird die Antragstellerin ohnehin einen Kredit aufzunehmen haben (ON 11, S 6). Die Bezahlung eines Betrages von S 30.000,-- nach Räumung der Wohnung durch den Antragsgegner hat die Antragstellerin nicht bekämpft, in Ansehung des Restbetrages von S 20.000,-- ist ihr Ratenzahlung, beginnend mit dem Wegfall der Kreditrückzahlungsraten, zu gewähren. Demzufolge ist spruchgemäß zu entscheiden.
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