OGH 13Os77/87

OGH13Os77/879.7.1987

Der Oberste Gerichtshof hat am 9.Juli 1987 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller, Dr. Felzmann, Dr. Brustbauer (Berichterstatter) und Dr. Kuch als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Bibulowicz als Schriftführerin in der Strafsache gegen Roman A*** wegen des Vergehens des Diebstahls nach §§ 127 Abs 1 und 2 Z. 1, 128 Abs 1 Z. 4 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und über die Berufung des Angeklagten sowie über die Berufung der gesetzlichen Vertreterin Theresia A*** gegen das Urteil des Jugendgerichtshofs Wien als Schöffengerichts vom 10.Februar 1987, GZ 4 c Vr 1162/86-18, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalts Dr. Tschulik, des Angeklagten Roman A***, der gesetzlichen Vertreterin Theresia A***, und des Verteidigers Dr. Broesigke zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil aufgehoben und gemäß § 288 Abs 2 Z. 3 StPO. in der Sache selbst erkannt:

Roman A*** ist schuldig, am 11. September 1986 in Wien in Gesellschaft des abgesondert verfolgten Erwachsenen Helmut L*** Verfügungsberechtigten der Firma "H***-Unterhaltungselektronik" fremde bewegliche Sachen, nämlich einen Mini-Player Marke "Hitachi CP 55 R" und einen Mini-Player Marke "Hitachi CP 35" im Wert von zusammen 10.300 S mit dem Vorsatz, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, wegzunehmen getrachtet zu haben. Er hat hiedurch das Vergehen des versuchten schweren Diebstahls nach §§ 15, 127 Abs 1 und 2 Z. 1, 128 Abs 1 Z. 4 StGB. begangen und wird hiefür nach § 128 Abs 1 StGB. unter Anwendung des § 11 Z. 1 JGG. zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von

einem Monat

verurteilt.

Gemäß § 43 Abs 1 StGB wird die Freiheitsstrafe unter Bestimmung einer Probezeit von 3 (drei) Jahren bedingt nachgesehen. Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde verworfen. Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf die Strafneubemessung verwiesen.

Die Berufung der Theresia A*** wird zurückgewiesen. Gemäß §§ 389, 390 a StPO. fallen dem Angeklagten Roman A*** die Kosten des Verfahrens erster und zweiter Instanz zur Last.

Text

Gründe:

Der am 13. Jänner 1970 geborene Roman A*** wurde des Vergehens des schweren Diebstahls nach §§ 127 Abs 1, Abs 2 Z. 1, 128 Abs 1 Z. 4 StGB. schuldig erkannt, weil er am 11. September 1986 in Gesellschaft des abgesondert verfolgten Helmut L*** von einer Messekoje der Firma H***-Unterhaltungselektronik" in der Halle 14 des Wiener Messegeländes zwei sogenannte Mini-Player (Kassettenradios) im Gesamtwert von 10.300 S mit dem Vorsatz unrechtmäßiger Bereicherung weggenommen habe.

Rechtliche Beurteilung

Der Angeklagte macht Urteilsnichtigkeit aus § 281 Abs 1 Z. 5, 9 lit b und 10 StPO geltend. Er ist im Recht, soweit er behauptet, daß seine Tat nur beim Versuch geblieben ist (Z. 10). Nach den Urteilsfeststellungen wurden den Tätern die Geräte sogleich nach dem Ansichbringen, nur einige Meter vom unmittelbaren Tatort entfernt (siehe S. 106), in der Messehalle von einem Angestellten des bestohlenen Unternehmens abgenommen. Damit war das Diebsgut noch nicht dem Gewahrsam des Besitzers entzogen (SSt. XLII/58, LSK. 1986/25, 1979/91, 1979/309, 13 Os 2/87 m.w.N.). Daß der Angestellte die Täter während ihres diebischen Angriffs beobachtet hatte, ist bei der angeführten minimalen Entfernung gar nicht mehr von Bedeutung. Rechtsrichtig fällt dem Beschwerdeführer Diebstahlsversuch zur Last. Demgemäß war der Schuldspruch wegen vollendeten Diebstahls zu kassieren und die Tat als Vergehen des versuchten Diebstahls nach §§ 15, 127 Abs 1 und 2 Z. 1, 128 Abs 1 Z. 4 StGB. zu beurteilen.

Damit scheidet aber der die Vollendung der Tat voraussetzende Strafaufhebungsgrund der tätigen Reue (§ 167 StGB.) aus, den der Beschwerdeführer unter Z. 9 lit b subsidiär reklamiert. Andererseits kann dem weiteren Beschwerdevorbringen (Z. 9 lit b) zuwider auch von einem Rücktritt vom Versuch (§ 16 StGB.) nicht die Rede sein. Laut Urteilssachverhalt unterblieb die Vollendung des Diebstahls nur wegen der Betretung der Täter durch den Angestellten der Fa. "H***".

Nicht der Prozeßordnung gemäß ausgeführt ist die Mängelrüge (Z. 5) mit dem völlig unspezifizierten Vorwurf, das Gericht habe ohne Begründung ungeklärt gebliebene Umstände zum Nachteil des Beschwerdeführers ergänzt. Die Feststellung der Tathandlung beruht im Gegenteil auf einer mängelfreien Schlußfolgerung aus den in freier Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO.) für glaubwürdig befundenen Aussagen der als Zeugen vernommenen Angestellten der Fa. "H***" über das Verhalten der Täter und über die Auffindung der Tatobjekte in deren Besitz.

Gleichfalls einer gesetzmäßigen Darstellung entbehrt die Subsumtionsrüge (Z. 10) in Beziehung auf § 128 Abs 1 Z. 4 StPO. mit dem Vorbringen, es fehle eine Feststellung, daß der Vorsatz des Beschwerdeführers den 5.000 S übersteigenden (Gesamt-) Wert der Sachen umfaßte. Das Ersturteil enthält die vermißte Annahme, wie sich aus dem Zusammenhang von Spruch und Gründen, die eine Einheit bilden, ergibt. Näher zu substantiieren brauchte das Erstgericht die Feststellungen zur inneren Tatseite nicht, weil weder die Einlassungen der Täter noch sonstige Verfahrensergebnisse die Annahme indizierten, daß nicht wenigstens der bedingte Vorsatz (§ 5 Abs 1 StGB.) der Komplizen den die Qualifikationsgrenze übersteigenden Gesamtwert des schon ergriffenen Diebsguts umfaßt hätte.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher in diesem Umfang zu verwerfen.

Zufolge der teilweise aufrechten Beschwerdeerledigung mußte die Strafe neu bemessen werden. Dabei waren erschwerend die einschlägige Vorstrafe des Angeklagten, sein sehr rascher Rückfall sowie die zweifache Qualifikation des Diebstahls (§§ 127 Abs 2 Z. 1 und 128 Abs 1 Z. 4 StGB.). Mildernd fielen die ungünstigen Erziehungsverhältnisse des Angeklagten und der Umstand, daß die Tat beim Versuch blieb, ins Gewicht. Die verhängte Strafe erschien unter Bedachtnahme auf § 11 Z. 1 JGG. tat- und tätergerecht. Die Verhängung einer Geldstrafe ist im vorliegenden Fall aus spezialpräventiven Gründen (siehe § 37 Abs 1 StGB) im Hinblick auf den raschen Rückfall des Angeklagten ausgeschlossen. Die nicht ungünstigen Angaben des Bewährungshelfers des Angeklagten über dessen Entwicklung in jüngster Zeit nähren die Erwartung, daß trotz des Rückfalls auch bei neuerlicher bloßer Strafandrohung der Jugendliche künftig straffrei bleiben wird, sodaß - zumal generalpräventive Gründe dem nicht entgegenstehen - die bedingte Strafnachsicht noch einmal gewährt werden konnte.

Die Berufung der Mutter des Angeklagten, Theresia A***, war zurückzuweisen, weil bei ihrer Anmeldung kein Punkt des Erkenntnisses bezeichnet wurde, durch die sich die Berufungswerberin beschwert findet und eine Ausführung dieses Rechtsmittels unterblieben ist (§§ 294 Abs 4, 296 Abs 2 StPO.).

Der Angeklagte war mit seiner Berufung auf die Strafneubemessung zu verweisen.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte