Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 15.307,05 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 1.391,55 an Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Auf Grund einer Pfandbestellungsurkunde vom 8. November 1982 wurden ob den der K*** Gesellschaft m.b.H. gehörigen 14/16-Anteile der Liegenschaft EZ 1364 KG Penzing zugunsten einer Forderung des Beklagten in der Höhe von S 477.084,-- und einer Forderung der Hannelore K*** in der Höhe von S 424.797,-- Pfandrechte einverleibt. Über das Vermögen der K*** Gesellschaft m.b.H. wurde mit Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 25. April 1983, S 142/83, der Konkurs eröffnet. Der Kläger wurde zum Masseverwalter bestellt. Das Konkursverfahren ist noch nicht beendet. Mit der am 2. April 1984 eingebrachten, gegen den Beklagten und Hannelore K*** gerichteten Klage erklärt der Kläger, die dargestellten Pfandbestellungen und Pfandrechtseinverleibungen wegen Begünstigung des Beklagten und der Hannelore K*** sowie wegen Gläubigerbenachteiligung anzufechten. Zur Zeit der Errichtung der Pfandbestellungsurkunde sei für alle Beteiligten offensichtlich gewesen, daß über das Vermögen der K*** Gesellschaft m.b.H. in Kürze das Konkursverfahren eröffnet werden müsse. Der Rechtsgrund für die Pfandbestellungen (Provisionen, Gesellschaftereinlagen, Darlehen) werde "dringend angezweifelt". Der Kläger beantragt, den Beklagten und Hannelore K*** schuldig zu erkennen, die konkursmäßige Verwertung der Liegenschaft EZ 1364 der KG Penzing ohne Berücksichtigung ihrer Pfandrechte zu dulden.
Gegen Hannelore K*** erging ein Versäumungsurteil im klagsstattgebenden Sinn, das noch nicht in Rechtskraft erwachsen ist. Der Beklagte beantragt die Abweisung des Klagebegehrens und bringt vor, er habe während der Zeit seiner Beschäftigung bei der K*** Gesellschaft m.b.H. lediglich ein monatliches Gehalt von S 6.000,-- bezogen. Zusätzlich habe er Anspruch auf Bezahlung einer Provision in Höhe von 1 % des Jahresumsatzes gehabt. Diese Umsatzprovison habe er jedoch niemals ausbezahlt erhalten. Über Empfehlung des Steuerberaters der Gesellschaft sei die Auszahlung des Provisionsguthabens sowie die Rückzahlung eines der Gesellschaft vom Beklagten gewährten Darlehens vereinbart worden. Da die Gesellschaft beim Ausscheiden des Beklagten am 9. September 1982 nicht über die erforderlichen Barmittel verfügt habe, sei es zu der angefochtenen pfandrechtlichen Sicherstellung gekommen. Damals sei die Gesellschaft noch nicht zahlungsunfähig gewesen. Die Klage sei unschlüssig, weil der Kläger nicht begehre, die Pfandbestellung gegenüber den Konkursgläubigern für unwirksam zu erklären. Das Erstgericht gab der Klage statt. Neben dem eingangs wiedergegebenen Sachverhalt traf es noch folgende Feststellungen:
Die Liquidität der K*** Gesellschaft m.b.H. war bereits seit 1979 sehr schlecht - am Ende des Geschäftsjahres 1978/1979 wären nur rund 20 % der Verbindlichkeiten abdeckbar gewesen - und auch mit 31. August 1982 (19 % Abdeckung) nicht gegeben. Die Überschuldung betrug zum 31. August 1981 S 630.000,--, zum 31. August 1982 waren die kumulierten Verluste auf S 3,15 Mill. angewachsen. Rechtlich vertrat das Erstgericht den Standpunkt, das Begehren der vorliegenden Anfechtungsklage (bloß auf Duldung der konkursmäßigen Verwertung) sei nicht verfehlt. Die K*** Gesellschaft m.b.H. sei jedenfalls Mitte 1982 zahlungsunfähig gewesen. Die erst nach diesem Zeitpunkt erfolgte Sicherstellung des Beklagten sei daher nach § 30 Abs 1 Z 1 KO anfechtbar, da auch die Jahresfrist des § 30 Abs 2 KO gewahrt sei. Der Beklagte sei durch die Einräumung einer grundbücherlichen Sicherstellung für eine allenfalls gegen die Gemeinschuldnerin bestehende Forderung gegenüber den anderen Gläubigern begünstigt worden. Das Berufungsgericht bestätigte die Entscheidung des Erstgerichtes und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 300.000,-- übersteigt. Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes und teilte dessen rechtliche Beurteilung. Der Beklagte sei nicht Massegläubiger. Das Arbeitsverhältnis zwischen dem Beklagten und der K*** Gesellschaft m.b.H. sei am 9. September 1982, also mehr als sieben Monate vor der Konkurseröffnung, beendet worden. Damit seien alle Ansprüche des Beklagten aus dem Arbeitsverhältnis, die zu diesem Zeitpunkt nach der behaupteten Vereinbarung ausgezahlt werden sollten, fällig geworden. Allfällige Ansprüche des Beklagten aus dem Arbeitsverhältnis zur Gemeinschuldnerin könnten daher nicht Masseforderungen im Sinne des § 46 Abs 2 KO in der Fassung 1983 - da der Konkurs über das Vermögen der K*** Gesellschaft m.b.H. im Jahr 1983 eröffnet worden sei, sei von dieser Fassung auszugehen - sein.
Der Beklagte bekämpft das Urteil des Berufungsgerichtes mit Revision aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, es im klageabweisenden Sinn abzuändern. Der Kläger beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Der Beklagte macht zunächst geltend, dem Kläger fehle ein Rechtsschutzbedürfnis für das von ihm gestellte Begehren. Die im § 119 KO geregelte konkursmäßige Verwertung sehe nicht vor, daß der Masseverwalter bei der Verwertung (Veräußerung) von Liegenschaften auf Absonderungsgläubiger in irgendeiner Weise Rücksicht zu nehmen habe. Erst bei der Verteilung des Erlöses sei auf Pfandrechte Bedacht zu nehmen.
Es ist zwar richtig, daß zwischen der Verwertung (Veräußerung) von Vermögensstücken und der Verteilung des erzielten Erlöses zu unterscheiden ist (vgl. Bartsch-Pollak, KO3, lit D und F zu den §§ 119, 120 KO). Ganz abgesehen davon aber, daß für die Veräußerung von Sachen, an denen ein Absonderungsrecht besteht, besondere Bestimmungen in § 120 Abs 2 KO enthalten sind, hat der Beklagte im Verfahren erster Instanz und auch noch im Berufungsverfahren offensichtlich ebensowenig wie die Vorinstanzen daran gezweifelt, daß die im Klagebegehren enthaltenen Worte "konkursmäßige Verwertung" im Zusammenhalt mit den weiteren Worten "ohne Berücksichtigung (ihrer) seiner Pfandrechte" nicht nur die Veräußerung, sondern auch die Verteilung des Erlöses erfassen. Es wäre deshalb eine überspitzte Forderung, eine Verdeutlichung des Urteilsspruches etwa durch Beifügung der Worte ".... und die Verteilung des Erlöses dieser Liegenschaft" zu verlangen - das Gericht wäre im übrigen sowohl in erster, als auch in höherer Instanz berechtigt, dem Sachantrag im Urteilsspruch eine klarere und deutlichere Fassung zu geben, selbst wenn es damit vom Wortlaut des Begehrens abweicht, so lange es nicht die von den Parteien umschriebenen Grenzen des Streitgegenstandes überschreitet (Fasching III 646) - oder gar die Folgerung zu ziehen, an dem gestellten Begehren bestehe bei engem Verständnis kein Rechtsschutzbedürfnis, so daß es abzuweisen wäre.
Die Klage ist entgegen den Revisionsausführungen nicht dadurch unschlüssig, daß ihr nicht entnommen werden könne, welche Rechtshandlung angefochten und welcher Anfechtungstatbestand behauptet werde und, daß sie auch nur ein Leistungsbegehren, nicht aber auch ein Rechtsgestaltungsbegehren enthalte.
Der Kläger hat vorgebracht, daß auf Grund der Pfandbestellungsurkunde vom 8. November 1982 nicht einmal ein halbes Jahr vor der Konkurseröffnung auf der Liegenschaft der Gemeinschuldnerin Pfandrechte für angeblich offene Provisionen, Gesellschaftereinlagen und Darlehen einverleibt worden seien und hiedurch eine Begünstigung des Beklagten und der Hannelore K*** und damit eine Gläubigerbenachteiligung erfolgt sei. Die den Beklagten und Hannelore K*** nach Ansicht des Klägers begünstigende Rechtshandlung, aus der der Kläger sein Begehren ableitet, wird damit hinreichend deutlich angeführt. Der Umstand, daß der Kläger nicht die Pfandbestellung, sondern die darüber errichtete Urkunde wegen Begünstigung anficht, macht sein Vorbringen noch nicht unschlüssig, da völlig klar ist, was damit gemeint ist. Der Beklagte hat im übrigen in der Klagebeantwortung ON 7 entgegen seinen Revisionsausführungen auch nicht etwa das Klagevorbringen als unschlüssig bezeichnet, sondern nur die Ansicht vertreten, das Klagebegehren sei ohne Rechtsgestaltungsbegehren unschlüssig. Die Konkursordnung versteht unter "Begünstigung" alle Zahlungen und Sicherstellungen, durch die der Grundsatz der Gleichbehandlung der Gläubiger verletzt wird (Bartsch-Pollak a.a.O. Anm. 2 zu § 30; FN 1 zu § 30 KO in der großen Ausgabe von Manz, 6. Auflage). Der Beklagte konnte daher nicht im Zweifel darüber sein, welcher Anfechtungstatbestand dem Begehren zugrundeliegt. Daß die Begünstigung nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit vorgenommen worden sei, wird in der Klage in unmißverständlicher Weise damit zu Ausdruck gebracht, es sei für alle Beteiligten "offensichtlich gewesen, daß über das Vermögen der Gemeinschuldnerin in Kürze das Konkursverfahren eröffnet werden wird".
Die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes ist in der Frage, ob das Begehren der Anfechtungsklage ein Rechtsgestaltungsbegehren auch dann enthalten muß, wenn ein Leistungsbegehren möglich ist, nicht einheitlich. Das Berufungsgericht hat die hiezu in letzter Zeit ergangenen Entscheidungen eingehend erörtert und auch darauf hingewiesen, daß zuletzt in 1 Ob 655/86 und 7 Ob 707/86 die Ansicht vertreten wurde, ein Leistungsbegehren sei auch im Anfechtungsprozeß im Konkurs ausreichend, wenn die Rechtsgestaltung schon in der Geltendmachung des Leistungsbegehrens liege (vgl. auch Konecny "Zum Klagebegehren und Inhalt einer Anfechtungsklage im Konkurs" in Bank Arch 1987, S 311 ff). Der erkennende Senat, der in der Entscheidung 7 Ob 707/86 ausführlich zu Lehre und Rechtsprechung Stellung genommen hat, sieht sich durch die Revisionsausführungen nicht veranlaßt, von der von ihm vertretenen Ansicht abzugehen. Das vorliegende Duldungsbegehren - ein negatives Leistungsbegehren (Fasching III 14) - beinhaltet, daß die angefochtene Pfandbestellung den Gläubigern der Gemeinschuldnerin gegenüber als unwirksam behandelt wird. Die Stellung eines Rechtsgestaltungsbegehrens, das dies ausdrücklich ausspricht, ist daher entbehrlich. Daß die der Pfandbestellung zugrunde liegenden Forderungen keine Masseforderungen im Sinne des § 46 Abs 2 KO in der Fassung 1983 sein können, hat das Berufungsgericht zutreffend dargelegt. Mit Recht haben daher die Vorinstanzen dem Klagebegehren stattgegeben, so daß der Revision ein Erfolg versagt bleiben mußte. Die Kostenentscheidung erfolgte nach den §§ 41, 50 ZPO.
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