OGH 3Ob640/86

OGH3Ob640/861.7.1987

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Dr. Angst als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei prot. Firma Felix W***, Stahltore- und Türenfabrik, 4020 Linz, Kapuzinerstraße 84 e, vertreten durch Dr. Robert Tarbuk, Rechtsanwalt in Linz, wider die beklagten Parteien 1.) L. S*** Beton - Fertigteilwerke Gesellschaft mbH und 2.) Leopold S***, Kaufmann, beide 4081 Asten, Fischlinger Hauptstraße 2, beide vertreten durch Dr. Wolfgang Pils, Rechtsanwalt in Linz, wegen 440.776,09 S sA., infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 23.Juni 1986, GZ 1 R 63/86-39, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Kreisgerichtes Steyr vom 20.Dezember 1985, GZ 3 a Cg 163/83-31, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien die mit 18.133,40 S (darin 1.473,95 S Umsatzsteuer und 1.920,- S Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Zweitbeklagte errichtete im Jahre 1973 über Auftrag der klagenden Partei eine Fertigteilhalle und darin eine Kranbahn. Diese besteht aus Stahlbetonstützen, auf denen Stahlbetonträger angebracht sind. Auf diesen befinden sich die Schienen für die Kranbühne. Mit der am 21.Dezember 1979 beim Erstgericht eingelangten Klage begehrte die klagende Partei von den beklagten Parteien die Bezahlung von 450.000 S sA. Anläßlich einer zufälligen Überprüfung der Kranbahn sei festgestellt worden, daß diese nicht die zugesicherte Tragkraft von 10 Tonnen aufweise. Die Bewehrung der Kranbahnträger sei zu gering und es sei unrichtig bi-Stahl verwendet worden. Einer "sofortigen" Rüge der Mängel am 25.Juni 1979 sei nicht entsprochen worden. Die Behebung der Mängel erfordere zumindest einen Aufwand von 650.000 S, wovon zunächst nur ein Teilbetrag eingeklagt werde. Die erstbeklagte Partei hafte hiefür ebenso wie der Zweitbeklagte, weil dieser sein Unternehmen in deren Unternehmen eingebracht habe.

Die beklagten Parteien bestritten die behaupteten Mängel, die überdies nicht rechtzeitig gerügt worden seien.

In dem über die Klage eingeleiteten Verfahren trat am 22. Oktober 1981 Ruhen ein, weil zu der für diesen Tag anberaumten Tagsatzung zur mündlichen Verhandlung niemand erschien. Am 29.Juni 1983 langte beim Erstgericht ein später in der mündlichen Verhandlung vorgetragener Schriftsatz der klagenden Partei ein, in dem sie die Fortsetzung des Verfahrens beantragte. Zugleich errechnete sie den zur Verbesserung der Mängel erforderlichen Aufwand mit 440.776,09 S und schränkte das Klagebegehren auf Bezahlung dieses Betrages samt Nebengebühren ein. Die beklagten Parteien wendeten hierauf Verjährung "auch" deshalb ein, weil die klagende Partei das ruhende Verfahren nicht gehörig fortgesetzt habe. Sie hätten der klagenden Partei schon mit einem Schreiben vom 21.April 1982 mitgeteilt, daß sie an Vergleichsgesprächen nicht mehr interessiert seien. In der Folge brachte die klagende Partei noch vor, daß vor Weihnachten 1984 an Kranbahnträgern und Stützen deutlich wahrnehmbare Risse aufgetreten seien, bei denen es sich offenbar um Spätfolgen der von ihr beanstandeten Mängel handle. Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.

Es stellte im wesentlichen folgenden Sachverhalt fest:

Die Parteien vereinbarten infolge von Vergleichsgesprächen, daß die für den 22.Oktober 1981 anberaumte Tagsatzung nicht besucht werde. Mit Schreiben vom 24.März 1982 lehnten die beklagten Parteien einen Vergleichsvorschlag der klagenden Partei ab. Mit Schreiben vom 21. April 1982 teilen sie ihr "neuerlich" mit, "daß sie die Weiterführung von Verlgeichsgesprächen bei dem von der Klägerin vertretenen Standpunkt nicht mehr für zielführend" hielten. Über neuerliche Aufforderung und Urgenz des Vertreters der klagenden Partei antwortete ihm der Vertreter der beklagten Parteien mit Schreiben vom 15.Dezember 1982, daß seine Mandantschaft "schon unmißverständlich erklärt habe, an weiteren Vergleichsgesprächen ...... nicht mehr interessiert zu sein". Rechtlich beruteilte das Erstgericht den von ihm festgestellten Sachverhalt dahin, daß der eingeklagte Anspruch verjährt sei, weil die klagende Partei das Verfahren nicht gemäß § 1497 ABGB gehörig fortgesetzt habe.

Das Berufungsgericht gab der gegen dieses Urteil gerichteten Berufung der klagenden Partei keine Folge, wobei es die Rechtsansicht des Erstgerichtes billigte.

Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die Revision der klagenden Partei wegen Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, es dahin abzuändern, daß ihrem Klagebegehren dem Grunde nach stattgegeben wird; hilfsweise stellt sie einen Aufhebungsantrag. Die beklagten Parteien beantragen, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Die geltend gemachte Mangelhaftigkeit liegt nicht vor. Die in diesem Zusammenhang in der Revision enthaltenen Ausführungen sind dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung zuzuordnen, weshalb hierauf im folgenden Bedacht genommen werden wird.

Der Klage liegt der von der klagenden Partei behauptete Anspruch auf Ersatz des Aufwandes zugrunde, der zur Behebung der Mängel an einem von ihr bestellten Werk notwendig ist. Es handelt sich dabei um einen Schadenersatzanspruch (SZ 49/66; JBl 1982,486; JBl 1985,622 ua), der gemäß § 1489 ABGB in drei Jahren verjährt. Die Verjährung wird gemäß § 1497 ABGB durch die Einbringung einer gehörig fortgesetzten Klage unterbrochen.

Die Frage, ob die klagende Partei die Klage gehörig fortsetzte, wurde von den Vorinstanzen richtig und in Übereinstimmung mit der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes gelöst. Übermäßig langes Ruhen des Verfahrens ist nicht gehörige Fortsetzung (SZ 43/29 ua.), außer wenn stichhaltige Gründe für das längere Ruhen vorlagen (SZ 43/176 ua.). Wenn sich die beklagte Partei auf die Verjährung zufolge Ruhens des Verfahrens beruft, ist es Aufgabe des Klägers, berechtigte Gründe für das Ruhen des Verfahrens darzutun (SZ 42/54; SZ 43/29; SZ 43/176; JBl 1978, 210 ua.). Gelingt ihm dies nicht, so genügt schon der Ablauf einer verhältnismäßig kurzen Zeit, um die Annahme zu rechtfertigen, er habe den Rechtsstreit nicht gehörig fortgesetzt (SZ 43/176; EvBl 1976/6; ZVR 1979/287 ua.). So wurde von der Rechtsprechung schon das Verstreichenlassen von drei Monaten (JBl 1955, 552), von viereinhalb Monaten (SZ 43/176), von rund fünf Monaten (EvBl 1976/6, 1 Ob 555/77; ZVR 1979/287) nicht als gehörige Fortsetzung der Klage im Sinne des § 1497 ABGB angesehen. Bloß im Bereich des Klägers gelegene Umstände kommen als Rechtfertigungsgründe für die prozessuale Untätigkeit nicht in Betracht (SZ 43/176; EvBl 1976/6 ua.). Der Kläger kann sich vielmehr zur Rechtfertigung seiner Untätigkeit nur auf solche Gründe berufen, die im Verhältnis zwischen den Prozeßparteien liegen (EvBl 1973/248; EvBl 1976/6; SZ 49/106 ua.).

Die klagende Partei nahm das wegen Vergleichsgesprächen ruhende Verfahren erst im Juni 1983 auf, obwohl ihr die beklagten Parteien schon mit dem Schreiben vom 21.April 1982 mitteilten, daß sie weitere Vergleichsgespräche nicht für zielführend hielten, und obwohl sie diesen Standpunkt in dem Schreiben vom 15.Dezember 1982 wiederholten. Die klagende Partei ist der Verpflichtung, Gründe darzutun, die ihre Untätigkeit als gerechtfertigt erscheinen lassen, in keiner Weise nachgekommen. Ihrem Vorbringen ist nur zu entnehmen, daß sie Beweismittel beschaffte. Dies reicht aber zum einen schon deshalb nicht aus, weil dadurch nur ihr eigener Bereich berührt wurde. Zum andern ist dem Vorbringen nicht zu entnehmen, wie lange sie zu dieser Sammlung brauchte. Aus den von ihr vorgelegten Urkunden ergibt sich, daß ihr diese schon vor dem 15.Dezember 1982 zur Verfügung standen. An diesem Bild ändert auch die in der Revision bezogene Aussage des Inhabers der klagenden Partei nichts, weil sie zu allgemein ist und überdies in den Feststellungen des Erstgerichtes keinen Niederschlag fand. Selbst wenn man von der für die klagende Partei günstigsten Annahme ausgeht, zeigt sich, daß sie jedenfalls seit 15.Dezember 1982 nicht mehr mit einer Änderung des Prozeßstandpunkts der beklagten Parteien rechnen durfte. Da sie trotzdem ohne erkennbaren und jedenfalls ohne gerechtfertigten Grund noch durch mehr als sechs Monate untätig blieb, hat sie die von ihr eingebrachte Klage nicht gehörig im Sinn des § 1497 ABGB fortgesetzt. Dies läßt für die in der Revision angestellten Billigkeitserwägungen keinen Raum, zumal der Ablauf einer Verjährungs- oder Ausschlußfrist für den Berechtigten notwendigerweise eine Härte bedeutet, die jedoch vom Gesetzgeber in Kauf genommen wird.

Nichts zu gewinnen ist für die klagende Partei aus der Tatsache, daß sie im wiederaufgenommenen Verfahren vorbrachte, vor Weihnachten 1984 seien an Kranbahnträgern und Stützen Risse aufgetreten. Ihrem Vorbringen war nicht zu entnehmen, daß sie den Ersatz eines ihr erst hiedurch entstandenen Schadens begehrt, und sie gab diesen Schaden auch nicht ziffernmäßig an. Hiezu wäre sie mit den sich aus § 235 Abs 2 und 3 ZPO ergebenden Einschränkungen in der Lage gewesen. Ebenfalls keine Bedeutung hat der Umstand, daß das Erstgericht die Verhandlung auf den Grund des Anspruchs beschränkt hatte. Dies stand für sich allein einer Klagsänderung, insbesondere auch durch Ausdehnung des Klagebegehrens, nicht entgegen.

Das Erstgericht war somit weder berechtigt noch verpflichtet, Feststellungen zu dem neuen Vorbringen zu treffen, und dieses hat auf die Entscheidung über das auf einen anderen Klagegrund gestützte Begehren der klagenden Partei keinen Einfluß. Die Vorinstanzen wiesen dieses Klagebegehren zu Recht ab, weil die nicht gehörig fortgesetzte Klage keine Unterbrechung der Verjährungsfrist bewirkte und diese daher in dem für die Entscheidung maßgebenden Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung erster Instanz schon abgelaufen war.

Kein anderes Bild würde sich im übrigen ergeben, wenn man, wie die klagende Partei dies tut, die eingeklagte Forderung als Gewährleistungsanspruch ansähe. Die für die Geltendmachung eines solchen Anspruchs im § 933 Abs 1 ABGB festgesetzte Frist wäre durch die Einbringung der Klage nämlich ebenfalls nur unter den Voraussetzungen des § 1497 ABGB unterbrochen worden (JBl 1956, 448). Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

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