OGH 1Ob614/87

OGH1Ob614/8724.6.1987

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert, Dr. Hofmann, Dr. Schlosser und Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A*** L***-Z*** Gesellschaft m.b.H., Salzburg, Fanny-von-Lehnert-Straße 1, vertreten durch Dr. Herwig Liebscher, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagte Partei Walter D***, Kaufmann, Perchtoldsdorf, Lohensteinstraße 7, vertreten durch Dr. Rudolf Stöhr und Dr. Johann Stöhr, Rechtsanwälte in Wien, wegen Herausgabe (Streitwert S 500.000,--) infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 27. Februar 1987, GZ 3 R 167/86-45, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 3. Juni 1986, GZ 6 Cg 129/84-40, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 15.874,65 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 1.443,15 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die G*** C*** Vertriebsgesellschaft mbH (im folgenden kurz Gesellschaft) mit dem Sitz in Oberalm befaßte sich mit dem Vertrieb, der Vercharterung und dem Transport von Hochseejachten. Ihr alleinvertretungsbefugter Geschäftsführer und Gesellschafter Helmut W*** trat an die klagende Partei heran, Boote im Wege des "sale and lease back" zum Einstandspreis von der Gesellschaft zu kaufen und ihr diese sodann zwecks Vercharterung zu verleasen. Tatsächlich verkaufte die Gesellschaft der klagenden Partei am 22. Oktober 1979 drei Segelboote, darunter auch ein Boot des Modells S2 9,2 C. Mit Vertrag vom selben Tag leasten die Gesellschaft, Helmut W*** und die zweite Gesellschafterin Sonja F*** die Segeljacht S2 9,2 C Gulfstream von der klagenden Partei. Um den 1. November 1979 übernahm Helmut K***, ein Mitarbeiter der klagenden Partei, am Grenzübergang Walserberg von Helmut W*** ein aus der Bundesrepublik Deutschland eingeführtes Boot ohne Namensaufschrift, das auf einem Tieflader befördert wurde, übergab es sodann wieder Helmut W*** und fertigte eine mit 1. November 1979 datierte Aktennotiz an, wonach er die Segeljacht S2 9,2 C Gulfstream (Zertifikat Nr. 1191) von der Firma G***-C***, Herrn Helmut W***, besichtigt und übernommen habe.

Das später an den Beklagten verkaufte Boot mit der Namensaufschrift "Amore" hatte Helmut W*** bereits im Jahr 1978 von der G*** M*** Gesellschaft m.b.H. in Stuttgart bezogen; hierüber war von dieser eine mit 28. Juni 1979 datierte Proformarechnung zum Konsignationsvertrag vom selben Tag über den Betrag von DM 85.000,-- ausgestellt worden. Dieses Boot hatte Helmut W*** am 13. August 1979 mit einem LKW der Gesellschaft nach Grado gebracht und es dort beim C*** N*** S*** M*** auf den Namen der Gesellschaft eintragen lassen. Das Boot war bis 12. Oktober 1979 in Grado verblieben und an diesem Tag eingeholt worden; am 14. Februar 1980 wurde es wieder zu Wasser gelassen. Dieses Boot kostet fabriksneu in Standardausführung S 665.000,-- (zuzüglich Umsatzsteuer) und mit einer Reihe von Extras bis zu S 721.000,-- (zuzüglich Umsatzsteuer).

Der Beklagte hatte 1975/76 von der Bootswerft Günther D*** in Deichhausen bei Bremen einen Jollenkreuzer (mit dem Namen "Novara") zum Preis von rund S 650.000,-- bauen lassen. Nachdem er 1978 die 24-Stunden-Regatta auf dem Neusiedler See gewonnen hatte, hatte ihn seine Familie gedrängt, das Boot ans Meer zu bringen. Der Beklagte hatte das Boot schließlich von der Gesellschaft, die ihm ein günstiges Anbot gemacht hatte, mit Hilfe eines modernen Tiefladers nach Grado überstellen lassen.

Im August 1979 lernte der Beklagte Helmut W*** durch Vermittlung seines Sohnes persönlich kennen; es kam dabei zu gegenseitiger Besichtigung der Boote "Novara" und "Amore". Bei dieser Gelegenheit erzählte Helmut W*** dem Beklagten, er verchartere seine zwölf in Grado und Monfalcone liegenden Boote und sei so in der Lage, diese später preisgünstig zu verkaufen. Dabei machte Helmut W*** auf den Beklagten, der selbst Maschinenhändler ist, den Eindruck eines tüchtigen und aktiven Kaufmanns. Dipl.Ing. Helmut D*** drängte den Beklagten, seinen Vater, im Herbst 1979 zum Kauf der "Amore", weil sie kinderfreundlich war. Der Beklagte bedeutete seinem Sohn jedoch, daß er nur zu einer Aufzahlung von höchstens S 270.000,-- bereit sei. Das teilte Dipl.Ing. Helmut D*** Helmut W*** mit. Am 22. Jänner 1980 führten die beiden im Haus des ersteren Verkaufsgespräche, in deren Verlauf sich die beiden schließlich auf eine Aufzahlung von S 270.000,-- einigten. Schließlich kam ein von Helmut W*** für die Gesellschaft und vom Beklagten unterfertigter, mit Zusätzen des letzteren versehener Kaufvertrag zustande. Vereinbart wurde, daß S 50.000,-- sofort in bar zu erlegen seien, ein auf drei Monate ausgestellter Wechsel über S 200.000,-- übergeben werde und der Rest von S 20.000,-- bei Übergabe zu bezahlen sei. Nach den angehefteten Lieferbedingungen behielt sich die Gesellschaft das Eigentum bis zur vollständigen Bezahlung des Kaufpreises vor. Als Liefertermin war der 3. April 1980 vorgesehen, weil Helmut W*** das Boot noch auf Messen in Tulln und Salzburg ausstellen wollte. Damit war der Beklagte, der wußte, daß das Boot zu diesem Zweck in tadellosen Zustand gebracht werden mußte, einverstanden. Bei den Verkaufsgesprächen wurde nicht erörtert, ob die Gesellschaft Eigentümerin des Bootes sei. Der Sohn des Beklagten verlangte von Helmut W*** auch nicht die Einsicht in die Rechnung über den seinerzeitigen Ankauf des Boots durch die Gesellschaft. Der Beklagte übergab nach Unterzeichnung des Kaufvertrags Helmut W*** den vereinbarten Barbetrag von S 50.000,--. Dipl.Ing. Helmut D*** wußte, daß das gekaufte Boot amerikanischer Herkunft und nicht älter als ein Jahr war. Sowohl ihm als auch dem Beklagten war geläufig, daß fabriksneue Boote dieser Bauart und Größe zwischen S 600.000,-- und S 700.000,-- kosten.

Am 27. Jänner 1980 fuhren der Beklagte und sein Sohn nach Oberalm, um das Boot noch einmal zu besichtigen. Dort konnte sich der Beklagte vom einwandfreien Zustand des Betriebs der Gesellschaft, deren Werft und der übrigen Anlagen überzeugen. Er gab noch den Einbau verschiedener Geräte in Auftrag und übergab der dort anwesenden Gesellschafterin Sonja F*** den Wechsel über S 200.000,--, zahlbar am 25. April 1980. Diesen Wechsel reichte die Gesellschaft am 1. Februar 1980 bei der R*** O*** zum Eskompt ein; am 25. April 1980 wurde die Wechselsumme vom Konto des Beklagten bei der V*** L***-P*** abgebucht und dem Konto der Gesellschaft bei der genannten Raiffeisenkasse gutgebracht. Im Februar 1980 teilte Helmut W*** dem Sohn des Beklagten fernmündlich mit, daß der Beklagte das Boot schon früher übernehmen könne, weil die Gesellschaft ein gleiches Boot aus Deutschland für Ausstellungszwecke erhalten habe. Der Beklagte war damit einverstanden, beauftragte seinen Sohn mit der Übernahme des Bootes unter gleichzeitiger Übergabe der "Novara" und trug ihm dabei noch besonders auf, für die Anfertigung eines einwandfreien Übernahmeprotokolles Sorge zu tragen. Am 24. Februar 1980 übernahm Dipl.Ing. Helmut D*** von Helmut W*** in Grado das gekaufte Boot "Amore" und übergab ihm seinerseits das Boot seines Vaters. Er hielt im Übernahmeprotokoll verschiedene Mängel, die von der Gesellschaft noch zu beheben seien, fest; außerdem sollte darin die Abrechnung des Kaufpreises erfolgen. Der Sohn des Beklagten wollte zunächst als Kaufpreis für die "Amore" S 620.000,-- einsetzen, besserte diesen Betrag jedoch auf Wunsch Helmut W*** auf S 420.000,-- aus und trug als Kaufpreis für die "Novara" demgemäß S 150.000,-- ein. Der Sohn des Beklagten übergab Helmut W*** zwei Schecks über S 5.900,-- (für die zusätzlichen Einbauten) und S 20.000,-- (als Restkaufpreis).

Am Abend des 24. Februar 1980 traf der Sohn des Beklagten mit Wolfgang C***, einem Bekannten, zusammen und berichtete ihm von der Übernahme der "Amore". Er schilderte ihm die näheren Kaufbedingungen, die Wolfgang C*** keineswegs ungewöhnlich erschienen. Bei der anschließenden Besichtigung machte dieser plötzlich aus einer Laune heraus die Bemerkung, Helmut W*** mache vielleicht eine "Linke". Befragt, was das zu bedeuten habe, meinte Wolfgang C***, er wisse, daß Helmut W*** Leasingboote habe, das ließe sich jedoch bei der klagenden Partei leicht feststellen. Am nächsten Tag rief Wolfgang C*** Helmut K*** von der klagenden Partei an, der ihm bestätigte, daß die "Amore" an die Gesellschaft verleast sei. Wolfgang C*** teilte dies dem Sohn des Beklagten mit, der sich völlig überrascht zeigte.

Nachdem die klagende Partei von dem Verkauf des Bootes "Amore" Kenntnis erlangt hatte, wurde Helmut W*** von Helmut K*** zur Rede gestellt; dieser drohte ihm auch eine Betrugsanzeige an. Darauf kündigte Helmut W*** den Leasingvertrag auf, verschwand danach jedoch. Helmut W*** wurde in der Folge vom Landesgericht Salzburg mit Urteil vom 13. Jänner 1982 wegen Verbrechens nach den §§ 146, 147 Abs. 3 und § 15, nach § 133 Abs. 1 und 2 zweiter Fall und nach dem § 288 Abs. 2 StGB rechtskräftig verurteilt; Gegenstand dieser Verurteilung ist unter anderem auch der Verkauf des Bootes an den Beklagten, obwohl die von ihm geleitete Gesellschaft nur Leasingnehmerin war. Über das Vermögen der Gesellschaft wurde der Konkurs eröffnet; dort meldete die klagende Partei eine Forderung von S 780.201,50 - hauptsächlich auf Grund eines Leasingvertrages - an. Diese Forderung wurde vom Masseverwalter anerkannt.

Die klagende Partei begehrt vom Beklagten die Herausgabe der Segeljacht. Der Beklagte habe die Jacht zwar von der Gesellschaft gekauft, mangels Gutgläubigkeit jedoch das Eigentum nicht erworben; er habe sich von der Verkäuferin deren Eigentum nicht nachweisen lassen. Als erfahrenem Segler habe es dem Beklagten bekannt sein müssen, daß solche Boote häufig unter Eigentumsvorbehalt geliefert bzw. "im Leasing-System vermietet" werden. Spätestens am 3. März 1980 habe der Beklagte erfahren, daß die Jacht Eigentum der klagenden Partei sei. Zu diesem Zeitpunkt habe der Beklagte noch nicht den gesamten Kaufpreis bezahlt gehabt; das Eigentum am Boot sei daher wegen des vereinbarten Eigentumsvorbehaltes noch nicht auf ihn übergegangen. Das Boot habe einen Marktwert von zumindest S 700.000,-- gehabt. Der Beklagte habe es gegen sein Boot "Novara", das im Kaufvertrag mit S 150.000,-- bewertet worden sei, sowie durch Leistung einer Aufzahlung von S 270.000,-- erworben. Auf Grund der auffallend geringen Gegenleistung von insgesamt S 420.000,-- hätte der Beklagte Verdacht schöpfen müssen.

Der Beklagte wendete ein, er habe nicht gewußt, daß die Verkäuferin das Boot von der klagenden Partei geleast hatte; das habe er erst am 13. März 1980 von dieser erfahren. Die klagende Partei habe von der Gesellschaft die Segeljacht "Novara" gekauft, über sie verfügt und dadurch den Kauf des Bootes durch den Beklagten genehmigt. Die Aufzahlung von S 270.000,-- habe dem Wertverhältnis der beiden Boote entsprochen; im Kaufvertrag seien niedrigere, nicht dem Marktwert entsprechende Preise eingesetzt worden. Im übrigen werde bestritten, daß das vom Beklagten gekaufte Boot mit jenem identisch sei, daß die klagende Partei von der Gesellschaft gekauft und an diese verleast habe.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.

Die klagende Partei habe ihr Eigentum am Boot nicht nachgewiesen. Selbst wenn sie aber Eigentümerin des Bootes wäre, hätte der Beklagte gemäß § 367 ABGB Eigentum erworben. Der vereinbarte Eigentumsvorbehalt und die Tatsache, daß der Beklagte den Großteil des Kaufpreises erst bezahlt habe, nachdem er vom Eigentum der klagenden Partei Kenntnis erlangt habe, stehe seinem gutgläubigen Eigentumserwerb nicht entgegen, weil das Eigentum mit der Übergabe erworben werde und der Beklagte im Zeitpunkt der Übergabe noch gutgläubig gewesen sei. Die Voraussetzungen für den zweiten Fall des § 367 ABGB seien gegeben, weil die Verkäuferin die gewerberechtliche Befugnis für den Handel mit Booten gehabt habe. Der Beklagte habe auch keinen Verdacht gegen die Redlichkeit seines Besitzes (§ 368 ABGB) schöpfen müssen, weil das Boot nicht unter ungewöhnlichen Umständen oder Bedingungen angeboten worden sei. Segelboote würden nicht häufiger als andere Luxusartikel unter Eigentumsvorbehalt verkauft. Dem Beklagten könne daher nicht angelastet werden, daß er von der Verkäuferin nicht die Vorlage von Urkunden über deren Erwerb verlangt habe.

Das Berufungsgericht bestätigte das Urteil des Erstgerichtes und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 300.000,-- übersteige. Eine Segeljacht sei bewegliche Sache im Sinne des § 293 ABGB und könne gemäß § 426 ABGB nur durch körperliche Übergabe übertragen werden. Diese setze voraus, daß die Sache in eine Lage gebracht werde, in der sie sich tatsächlich oder nach der Verkehrsauffassung in der Macht des Übernehmers befinde. Da das Erstgericht keine näheren Feststellungen getroffen habe, wie die Übernahme am Grenzübergang Walserberg erfolgt sei, könne nicht gesagt werden, ob es sich dabei um eine wirksame Übergabe gehandelt habe. Die von Helmut K*** bekundete Übernahme "durch Handauflegung" reiche jedenfalls nicht aus. Zur Dartuung ihres Eigentums an der "Amore" müsse die klagende Partei jedoch gar nicht nachweisen, daß das am Walserberg übernommene Boot mit der genannten Segeljacht identisch sei, weil die Übergabe einer Sache auch durch Erklärung gemäß § 428 ABGB (Besitzauftragung) erfolgen könne. Dazu sei erforderlich, daß der Verkäufer auf erweisliche Art seinen Willen an den Tag lege, die Sache künftig im Namen des Unternehmers innezuhaben. Der Übertragungswille müsse außer Zweifel stehen, es sei aber nicht nötig, daß der Eigentumsübergang auch für Dritte erkennbar ist. Die Erklärung müsse nicht nur den Übertragungswillen außer Zweifel stellen, sondern sowohl die Übertragung des Besitzes als auch die Übernahme der Verwahrungspflicht umfassen. Demnach gehe das Eigentum beim "sale and lease back" schon mit dem Abschluß des Leasingvertrages auf den Leasinggeber über. Die klagende Partei hätte daher nur nachweisen müssen, daß der am 22. Oktober 1979 abgeschlossene Leasingvertrag die "Amore" betraf. Den Feststellungen des Erstgerichtes lasse sich nicht deutlich genug entnehmen, ob der Leasingvertrag vom 22. Oktober 1979 die "Amore" betraf und der Beklagte dieses Boot schließlich von der Gesellschaft übernommen habe. Eine Klarstellung dieser Fragen könne jedoch unterbleiben, weil das Klagebegehren auch abzuweisen wäre, wenn man das Eigentumsrecht der klagenden Partei an der "Amore" bejahe. Im vorliegenden Fall gehe es nicht um einen Eigentumsvorbehalt, den die Verkäuferin allenfalls mit ihrem Lieferanten vereinbart habe, sondern darum, ob der Käufer damit rechnen müsse, daß der Kaufmann seine Handelsware, deren Eigentümer er bereits ist, später einem Leasinggeber verkaufe, um sie gleichzeitig wieder zu leasen. Selbst wenn der Beklagte von der Gesellschaft die Vorlage der Geschäftsunterlagen über die Abwicklung des Kaufes vom Hersteller des Schiffes verlangt hätte, wäre nicht zu ersehen gewesen, daß diese beim Verkauf an den Beklagten nicht mehr Eigentümerin der Segeljacht war. Die Gesellschaft sei am 13. August 1979 Eigentümerin der "Amore" gewesen und habe diese erst am 22. Oktober 1979 an die klagende Partei verkauft, jedoch weiterhin in ihrem Besitz behalten. Die Rechtsprechung, die es dem Kaufmann zur Pflicht mache, in die Geschäftsunterlagen Einsicht zu nehmen, könne nicht zur Anwendung kommen, weil die Verkäuferin ihre Handelsware erkennbar an einen Letztverbraucher verkauft habe. Der Beklagte sei zwar Kaufmann, habe die Segeljacht aber eindeutig nur für seinen privaten Bedarf erworben. Ein Fall, der die Redlichkeit des Beklagten gemäß § 368 ABGB ausschlösse, liege nicht vor. Von einem auffallend zu geringem Preis könne keine Rede sein. Vergleiche man die Anschaffungskosten und das Alter der beiden Schiffe, so sei die Höhe der vom Beklagten geleisteten Aufzahlung unauffällig. Daß das Erstgericht den Marktwert der beiden Boote nicht festgestellt habe, spiele keine Rolle, weil nicht der objektive Marktwert, sondern nur die subjektive Einschätzung des Wertes der beiden Schiffe durch den Beklagten für die Beurteilung seiner Redlichkeit maßgeblich sei. Selbst wenn das Geschäft für den Beklagten besonders günstig gewesen wäre und er dies auch erkannt hätte, würde dieser Umstand noch nicht seine Schlechtgläubigkeit indizieren, weil der Kaufmann mitunter auch Geschäfte abzuschließen genötigt sei, die wenig oder keinen Gewinn erbringen, etwa um augenblickliche Liquiditätsschwierigkeiten zu überbrücken. Soweit die klagende Partei ins Treffen führe, der Beklagte habe von ihrem Eigentumsrecht erfahren, noch ehe er den gesamten Kaufpreis bezahlt habe, übersehe sie, daß allfällige Bedingungen bloß die Wirksamkeit des Erwerbes hinausschöben; wer vom Nichtberechtigten unter Eigentumsvorbehalt kaufe, erwerbe die Anwartschaft und verschaffe sich durch Zahlung auch dann Eigentum, wenn er vom Mangel des Rechtes des Vormannes inzwischen erfahren habe.

Rechtliche Beurteilung

Die von der klagenden Partei erhobene Revision ist nicht berechtigt.

Die von ihr behauptete Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt nach Prüfung durch den Obersten Gerichtshof nicht vor (§ 510 Abs. 3 ZPO).

In rechtlicher Hinsicht vertritt die klagende Partei weiterhin den Standpunkt, der Beklagte habe an der von ihm gekauften Segeljacht nicht Eigentum erworben, weil er angesichts der Begleitumstände des Erwerbs gegen die Befugnis der Gesellschaft zum Verkauf des Bootes Verdacht schöpfen und deshalb geeignete Nachforschungen - vor allem durch Einsicht in die Rechnung des Lieferanten der Gesellschaft und in Zahlungsbelege - anstellen hätte müssen; schon die Unterlassung dieser Erkundigungen falle ihm als grobe Fahrlässigkeit zur Last, so daß ihm beim Erwerb der Jacht die erforderliche Gutgläubigkeit nicht zugebilligt werden könne. Die klagende Partei scheint mit ihren Argumenten auf jene Rechtsprechung (JBl 1986, 234 und 235 mit Glosse von Czermak; HS 10.758/19, 10.755, 9349/12, 7255/41, 5281/10 ua), die den Käufer (bzw Pfandnehmer) beim Erwerb von Gegenständen, die häufig unter Eigentumsvorbehalt verkauft werden, zu besonderen Nachforschungen und zur Überprüfung von Behauptungen des Veräußerers, er sei Eigentümer, durch Einsicht in Rechnungen, Zahlungsbelege und andere Unterlagen verpflichtet, Bezug zu nehmen. Abgesehen davon, daß solche Nachforschungen zwar möglicherweise zur Aufdeckung eines Eigentumsvorbehaltes, kaum je aber eines im Wege des "sale and lease back" begründeten Leasingverhältnisses führen können, übersieht die klagende Partei jedoch, daß der erwähnten Rechtsprechung - soweit überblickbar - stets Fälle zugrundelagen, in denen die unter Eigentumsvorbehalt gelieferten Sachen von Kaufleuten im Betrieb ihres Handelsgewerbes erworben, Banken zur Sicherung von Kreditforderungen übereignet oder verpfändet oder vom Vorbehaltskäufer nicht in seinem ordnungsgemäßen Geschäftsbetrieb veräußert worden waren. In diesem Sinne findet sich in Kapfer-Dittrich-Tades, MGA ABGB32 § 368 E.Nr. 2 (wie auch schon in den Vorauflagen) auch nur der Rechtssatz, daß der Kaufmann bei Sachen, die häufig unter Eigentumsvorbehalt verkauft werden, zu besonders sorgfältiger Nachforschung verhalten ist. Bedauerlicherweise bringt dies Schuhmacher (in Straube, HGB, § 366 Rz 11) nicht oder jedenfalls nur mißverständlich zum Ausdruck. Anders ist die Rechtslage, wenn die Weiterveräußerung der Waren im ordnungsgemäßen Geschäftsbetrieb eines Kaufmanns an Letztabnehmer erfolgt. Es ist verkehrsüblich, daß der Vorbehaltsverkäufer den Vorbehaltskäufer, der die Ware zum Zwecke der Weiterveräußerung erwirbt, zur Veräußerung der Vorbehaltsware im ordnungsgemäßen Geschäftsbetrieb ermächtigt; der Vorbehaltskäufer soll hiedurch in die Lage versetzt werden, sich jene Mittel zu beschaffen, mit denen er den Vorbehaltsverkäufer befriedigen kann. Wurde die Verkaufsermächtigung ausnahmsweise nicht erteilt oder hat sich der Vorbehaltskäufer nicht im Rahmen seiner Verfügungsbefugnis gehalten, so greift der Gutglaubensschutz des § 366 Abs. 1 HGB ein; danach wird das Eigentum auch dann erworben, wenn die Sache nicht dem Veräußerer gehört, es sei denn, daß dem Erwerber beim Erwerb bekannt oder nur infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt ist, daß die Sache dem Veräußerer nicht gehört bzw dieser nicht befugt ist, über die Sache für den Eigentümer zu verfügen. Aus der Kenntnis des Eigentumsvorbehaltes ergibt sich noch keineswegs, daß er Erwerber nicht doch die Verfügungsermächtigung ohne grobe Fahrlässigkeit annehmen konnte. Anders liegt der Fall, wenn der Veräußerer die Ware erkennbar nicht zum Zwecke der Weiterveräußerung, sondern für seinen eigenen Bedarf als Letztabnehmer (zB als Anlagegut) erworben hat. In solchen Fällen besteht für den Lieferanten keine Veranlassung, dem Käufer die Ermächtigung zur Weiterveräußerung zu erteilen; diese ist dann ebensowenig verkehrsüblich wie in bestimmten Sparten, in denen die Weiterveräußerung üblicherweise nur mit Zustimmung des Vorbehaltsverkäufers erfolgen darf (Canaris im GroßKomm HGB3 § 366 Rz 35; Capelle-Canaris, Handelsrecht20 218 f und 222 f; Czermak in JBl 1986, 237; vgl. RdW 1987, 157; JBl 1979, 594 ua; Mayrhofer in GS Gschnitzer 301; Bydlinski in Klang2 IV/2, 634; Frotz, Kreditsicherungsrecht, 185; Aicher in Rummel, ABGB, § 1063 Rz 98; vgl. auch Schlegelberger-Hefermehl, HGB5, § 366 Rz 34). Gegenstand des Unternehmens der Gesellschaft war - wie schon dem Firmenwortlaut entnommen werden konnte - in erster Linie der Vertrieb von Segeljachten, darunter auch als Generalrepräsentanz des Herstellers der "Amore" (vgl. etwa Beilagen 1 und 2); sie schaffte somit Jachten vornehmlich zum Zwecke der Weiterveräußerung an

(§ 1 Abs. 2 Z. 1 HGB). Im vorliegenden Fall hat die Gesellschaft die Segeljacht also in ihrem ordnungsgemäßen Geschäftsbetrieb dem Beklagten, der das Boot als Letztabnehmer nicht im Betrieb seines Handelsgewerbes (§ 344 Abs. 1 HGB), sondern auf Grund eines Privatgeschäftes erworben hat, verkauft. Der Verkauf im ordnungsgemäßen Betrieb eines solchen Handeslgewerbes führt zur Übertragung freien Eigentums an den nicht schlechtgläubigen Erwerber und damit zum Erlöschen jedes vorher bestandenen Eigentums, auch des Eigentums eines Leasinggehörs. Die klagende Partei handelte auf ihr eigenes Geschäftsrisiko, wenn sie Handelsware der Gesellschaft, zu deren Geschäftsbetrieb die Veräußerung solcher Boote gehörte, im "sale and lease back"-Verfahren überließ. Einen Erfahrungssatz, daß gewisse Warenarten gewöhnlich durch "sale and lease back" überlassen werden, gibt es nicht (vgl hiezu Schlegelberger-Hefermehl aaO Rz 34 und Canaris aaO Rz 35 und 36 mwN zur in dieser Hinsicht vergleichbaren Sicherungsübereignung, die nach deutschem Recht auch durch Besitzkonstitut bewirkt werden kann). Auch im vorliegenden Fall ergab sich diese Möglichkeit nur daraus, daß die Gesellschaft sowohl mit Segelbooten handelte als auch solche vermietete. Soweit sich die klagende Partei nach wie vor auf den ihrer Ansicht nach auffallend zu geringen Preis der Segeljacht beruft und die Gutgläubigkeit des Beklagten auch aus diesem Grunde anzweifelt, ist festzuhalten, daß die im § 368 ABGB (beispielsweise) aufgezählten Verdachtsmomente auf den nach § 366 Abs. 1 HGB zu beurteilenden Erwerb nicht ohne weiteres übertragen werden können, weil nach dieser Gesetzesstelle die Gutgläubigkeit erst ab grob fahrlässiger Unkenntnis ausgeschlossen ist. Im übrigen sind selbst ungewöhnliche Geschäfte wie etwa die Veräußerung von Vorbehaltsgut unter seinem Wert keinesfalls ohne weiteres verdächtig. Auch wirtschaftliche Schwierigkeiten oder starke Verluste des Vorbehaltskäufers machen die Veräußerung grundsätzlich noch nicht "ordnungswidrig" (vgl. etwa BGHZ 68, 199, 203;

Capelle-Canaris aaO 223). Dazu kommt, daß der Beklagte ohnehin für ein bereits ein Jahr altes Boot sein um etwa zwei bis drei Jahre älteres Boot mit ungefähr gleichen Anschaffungskosten in Anzahlung gegeben und eine Aufzahlung von S 270.000,-- - zahlbar bei vereinbarter Übergabe - versprochen hat. Von einer Verschleuderung (vgl. Capelle-Canaris aaO), die dem Beklagten verdächtig erscheinen hätte müssen, kann somit keine Rede sein.

Der Entscheidung 7 Ob 581/86, auf die sich die klagende Partei in der Revision stützt, liegt kein vergleichbarer Sachverhalt zugrunde, weil dort das Segelboot weder von einem hiezu befugten Gewerbsmann noch von einem Kaufmann im Betrieb seines Handelsgewerbes, sondern von einem Handelsvertreter im eigenen Namen als Privatmann verkauft wurde.

Soweit die klagende Partei in der Revision erneut geltend macht, dem Beklagten komme guter Glaube nicht zustatten, weil ihm der Verkauf und die gleichzeitige Begründung eines Leasingverhältnisses im Zeitpunkt des Erwerbs des unbeschränkten Eigentums durch vollständige Kaufpreiszahlung bereits bekannt gewesen sei, übersieht er, daß der Erwerber im Falle aufschiebend bedingten Rechtserwerbes nur beim Zustandekommen des Übertragungsgeschäftes (Einigung und Übergabe) gutgläubig sein muß; er erwirbt also die Anwartschaft nach den gleichen Grundsätzen wie das Vollrecht, das er sich dann mit der Kaufpreiszahlung (d.i. dem Bedingungseintritt) verschafft; es ist also ohne Belang, ob ihm der Mangel des Rechtes des Vormannes in der Zwischenzeit bekannt geworden ist (Spielbüchler in Rummel, ABGB, § 367 Rz 3; ebenso die Rechtsprechung und Lehre in der Bundesrepublik Deutschland; BGHZ 30, 374, 380; BGHZ 10, 69, 73;

Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung I 268 f; Quack in MünchKomm2 § 932 BGB Rz 54; Pikart in BGB-RGRK12 § 932 Rz 71;

Staudinger-Berg, BGB12 § 932 Rz 32).

Der Revision ist ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

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