Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird Folge gegeben und die Freiheitsstrafe auf 15 (fünfzehn) Monate herabgesetzt.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Walter S*** des Vergehens des schweren Diebstahls nach den §§ 127 Abs 1, 128 Abs 1 Z 4 StGB schuldig erkannt. Darnach hat er im Sommer 1986 in Wien der Wanda B*** einen Brillantring, zwei Ohrringe, einen Ring, eine Halskette und zwei Angehänge in einem 5.000 S übersteigenden Gesamtwert mit Bereicherungsvorsatz weggenommen.
Rechtliche Beurteilung
Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte Walter S*** mit einer auf die Gründe der Z 4, 5 und 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.
Unter den beiden erstgenannten Nichtigkeitsgründen wendet sich der Beschwerdeführer gegen den Ausspruch des Gerichtes, wonach der Gesamtwert der ihm als gestohlen angelasteten Schmuckstücke mehr als 5.000 S betragen hat, sowie gegen die auf dieser Annahme beruhende Subsumtion seiner Tat unter die Qualifikationsbestimmung des § 128 Abs 1 Z 4 StGB.
Als Verfahrensmangel im Sinne der Z 4 des § 281 Abs 1 StPO rügt er die Ablehnung seines in der Hauptverhandlung gestellten Antrages auf zeugenschaftliche Vernehmung eines informierten Vertreters des Dorotheums zum Beweis dafür, daß der "versetzte Ring" - gemeint: der im Dorotheum zur Verpfändung angebotene Brillantring - einen Wert von nicht mehr als 3.500 S repräsentiert habe, wobei der Zeuge auch dazu Stellung nehmen sollte, in welchem Verhältnis normalerweise Darlehen und Pfandsumme stehen (vgl S 49, 51, 59 d.A). Dem Erstgericht ist jedoch darin beizupflichten, daß eine verläßliche Bewertung jenes Brillantringes, welcher laut Urteilsfeststellungen sowohl vom Dorotheum, als auch von einer privaten Pfandleihanstalt mangels ordnungsgemäßer Punzierung zurückgewiesen und vom Angeklagten sodann auf Grund eines von einem Juwelier genannten Schätzwertes von (maximal) 6.000 S einer unbekannt gebliebenen Privatperson um 3.000 S verkauft worden ist, ohne den Ring nicht mehr vorgenommen werden kann. Ist doch der Wert eines solchen Ringes nicht so sehr vom Goldwert, als vor allem durch Gewicht und Qualität des Edelsteins bestimmt; deren exakte Ermittlung würde aber eine Besichtigung und Untersuchung des betreffenden Objekts durch den Gutachter voraussetzen. Besondere Gründe dafür, daß wider alle Erfahrung eine verläßliche Rückerinnerung des mit der Besichtigung dieses Ringes befaßten Angestellten des Dorotheums an dessen besondere Eigenschaften erwartet werden kann, wurden im Beweisantrag nicht dargetan.
Verfehlt ist auch der Beschwerdeeinwand offenbar nur unzureichender Begründung des bekämpften Ausspruchs. Daß beim Versetzen von Schmuckstücken in einer Pfandleihanstalt die Pfandsumme etwa einem Drittel des gemeinen Wertes entspricht, bedarf es gerichtsnotorisch keines weiteren Beweises. Beim Hinweis in den Urteilsgründen auf diese gerichtsbekannte Erfahrungstatsache handelt es sich demnach um eine ausreichende Begründung für den mit ca 3.600 S angenommenen Wert der mit Ausnahme des Brillantrings für 1.200 S versetzten Schmuckstücke (vgl Mayerhofer-Rieder2, II/2, ENr 143 zu § 281 Abs 1 Z 5 StPO; 10 Os 2/85). Diese Annahme entkräftende Beweisergebnisse vermag auch der Beschwerdeführer nicht aufzuzeigen.
Hinsichtlich des Brillantringes aber bildet - dem Beschwerdevorbringen zuwider - die Wertermittlung durch einen Juwelier eine durchaus taugliche Feststellungsgrundlage (§ 99 StPO). Zudem würde der Gesamtwert der dem Angeklagten als gestohlen angelasteten Schmuckgegenstände selbst dann 5.000 S übersteigen, falls der Wert dieses Brillantringes nicht, wie angenommen, 6.000 S betragen, sondern nur dem vom Angeklagten tatsächlich erzielten Verkaufserlös (3.000 S) entsprochen haben sollte. Auch insoweit ist daher ein entscheidende Tatsachen betreffender Begründungsmangel im Sinne der Z 5 des § 281 Abs 1 StPO nicht gegeben.
Zum Nichtigkeitsgrund der Z 10 des § 281 Abs 1 StPO macht der Beschwerdeführer geltend, der festgestellte Sachverhalt wäre bei richtiger rechtlicher Beurteilung unter den Tatbestand der Veruntreuung nach § 133 StGB anstatt unter jenen des schweren Diebstahls nach den §§ 127 Abs 1, 128 Abs 1 Z 4 StGB zu subsumieren gewesen; den Urteilsannahmen zufolge habe er nämlich mit Wanda B*** zwar keine Lebensgemeinschaft unterhalten, wohl aber habe er mit ihr verkehrt, bei ihr übernachtet und von ihr auch die Schlüssel zu ihrer Wohnung erhalten.
Die Argumentation, daß ihm durch die Übergabe der Wohnungsschlüssel die faktische Verfügungsbefugnis über die Wohnung der Wanda B*** und über die darin befindlichen Gegenstände eingeräumt worden sei und folglich auch deren Schmuck ihm anvertraut gewesen sei, schlägt nicht durch. Denn nach der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (vgl Mayerhofer-Rieder2, I, ENr 14, 15 zu § 133 StGB) und einhelliger Lehre
(vgl Leukauf-Steininger, Komm z StGB2, RN 4; Foregger-Serini, StGB3 Erl II; Bertel im WK, RZ 3 ff; Kienapfel BT II, RN 25 ff; jeweils zu § 133 StGB) ist eine Sache nur dann anvertraut, wenn sie auf Grund eines Rechtsgeschäftes oder vertragsähnlichen Rechtsverhältnisses in den ausschließlichen Gewahrsam des Täters mit der Verpflichtung übertragen wird, diese Verfügungsgewalt entsprechend der getroffenen Vereinbarung im Sinne des Berechtigten auszuüben. Demgemäß setzt Veruntreuung die mit einer Rückstellungs- und Verwendungsverpflichtung verbundene Gewahrsamsüberlassung durch den Berechtigten an einen anderen unter Verzicht auf den eigenen Gewahrsam voraus.
Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Walter S*** war daher zu verwerfen.
Das Erstgericht verurteilte den Angeklagten nach § 128 Abs 1 StGB zu achtzehn Monaten Freiheitsstrafe. Bei deren Bemessung waren erschwerend die mehrfachen Vorstrafen und der Bruch eines Vertrauensverhältnisses, mildernd hingegen das Teilgeständnis und die teilweise objektive Schadensgutmachung.
Die Berufung, mit welcher der Angeklagte eine Herabsetzung der Freiheitsstrafe anstrebt, ist berechtigt.
Der Berufungswerber vermag zwar keine zusätzlichen Milderungsgründe aufzuzeigen. Das Erstgericht hat mit Recht einen Vertrauensbruch des Angeklagten angenommen, weil ihm von der Zeugin Wanda B*** der Schlüssel zu ihrer Wohnung anvertraut wurde und er diese Gelegenheit zur Begehung des Diebstahls ausnützte; dies schließt aber die Annahme einer besonders verlockenden Gelegenheit iS des § 34 Z 9 StGB aus.
Auch wenn im vorliegenden Falle bei der Strafbemessung erheblich ins Gewicht fällt, daß der Angeklagte wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden Taten verurteilt worden ist und die vorangegangenen Abstrafungen ohne Wirkung geblieben sind, so liegt die vom Erstgericht verhängte Strafe im Hinblick auf den Wert der Diebsbeute und die teilweise objektive Schadensgutmachung doch außerhalb einer noch vertretbaren Relation zum objektiven Gewicht der verschuldeten Tat und war daher auf das aus dem Spruch ersichtliche Ausmaß zu reduzieren.
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