Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, daß das Urteil des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 7.687,60 bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens (darin enthalten S 2.500,-- Barauslagen und S 471,60 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu bezahlen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Gemeinnützige oö. Wohn- und Siedlergenossenschaft registrierte Genossenschaft mbH - WSG (im folgenden nur WSG) errichtete als Wohnungseigentumsorganisator in Kremsmünster, Mitterweg 11, eine Wohnhausanlage, an deren Wohnungen Wohnungseigentum begründet werden sollte. Mit Schreiben vom 20. April 1979 wurde von der WSG für den Kläger auf dessen Antrag die Wohnung Nr. 2 im Hause II gegen Bezahlung eines Grundanteiles von S 69.902,-- und eines Baukostenanteiles von S 71.017,--
"vorgesehen". Die WSG erklärte ihre Bereitschaft, zu einem späteren Zeitpunkt einen Kauf- und Wohnungseigentumsvertrag abzuschließen. Bei "einverständlichen Rücktritt" nach Übergabe der Wohnung und vor Abschluß des Kauf- und Wohnungseigentumsvertrages war von der WSG der für Grund- und Baukosten geleistete Betrag ohne Abzug zurückzuzahlen, sobald der Wohnungsnachfolger diese Beträge bezahlt hat.
Der Kläger begehrt vom Beklagten S 45.000,-- s.A. Er behauptet, die obgenannte Wohnung und seine Anwartschaftsrechte auf Wohnungseigentum nach Übergabe und noch vor Abschluß des Kauf- und Wohnungseigentumsvertrages dem Beklagten gegen ein Entgelt von S 305.000,-- überlassen zu haben. Der Beklagte habe eine Anzahlung von S 120.000,-- geleistet. Vereinbarungsgemäß sollte der Beklagte nach Bezahlung des Grund- und Baukostenanteiles an die WSG den noch verbleibenden Restbetrag von S 45.000,-- bei Übergabe der Wohnung am 30. Juni 1984 dem Kläger bezahlen. Der Kläger habe Investitionen in der Wohnung im Werte von rund S 60.000,-- vorgenommen und durch vier Jahre die monatlichen Rückzahlungsraten von S 3.074,-- an die WSG bezahlt. Sein Gesamtaufwand für die Wohnung von rund S 348.000,-- liege unter dem vereinbarten Entgelt.
Der Beklagte bestreitet, vom Kläger die Wohnung übernommen zu haben. Er sei vom Kläger in Irrtum geführt worden, weil der Kläger nicht Wohnungseigentümer gewesen und nicht berechtigt gewesen sei, die Wohnung zu verkaufen. Die Wohnung habe letztlich Jutta I*** von der WSG erhalten. Diese habe auch an die WSG den Grund- und Baukostenanteil und den Tilgungsbetrag bezahlt. Diese Beträge seien dem Kläger von der WSG refundiert worden. Die Anzahlung von S 120.000,-- habe der Kläger vom Beklagten somit ohne Gegenleistung erhalten. Seine Forderung auf Rückzahlung dieses Betrages wendete der Beklagte aufrechnungsweise gegen die Klagsforderung bis zu deren Höhe ein.
Das Erstgericht sprach aus, daß die Klagsforderung zu Recht und die Gegenforderung bis zur Höhe der Klagsforderung nicht zu Recht bestehe. Es gab demgemäß dem Klagebegehren statt. Nach seinen Feststellungen betrugen die Gesamtkosten der Wohnung nach der Endabrechnung S 758.607,93, wobei auf die Grundkosten S 69.749,51 entfielen. An Eigenmitteln brachte der Kläger S 140.704,48 auf, der Betrag von S 617,898,45 wurde durch Darlehen finanziert. Der Kläger nahm mit Zustimmung der WSG auf eigene Kosten im Bad Investitionen in der Höhe von rund S 12.000,-- vor, verlegte im Vorraum und Kinderzimmer einen Teppichboden und schaffte eine Einbauküche an; letztere kostete S 54.300,--. Die in den vom Kläger nach Übergabe der Wohnung monatlich geleisteten Zahlungen enthaltenen Annuitäten betrugen ab Jänner 1982 S 3.122,--, ab Jänner 1983 S 3.285,76 und ab Juni 1983 S 3.074,34. Im Herbst 1982 planten der Kläger und seine Ehefrau die Errichtung eines Hauses. Der Beklagte war an der dadurch freiwerdenden Wohnung des Klägers interessiert. Er wußte, daß es sich um eine künftige Eigentumswohnung handelte, der Kläger noch nicht Wohnungseigentümer war und die Übertragung der Wohnung daher nur mit Zustimmung der WSG erfolgen konnte. Der Beklagte erkundigte sich im Herbst 1983 mit seiner damaligen Lebensgefährtin, Jutta I*** bei der WSG. Da seitens der WSG kein Hindernis entgegenstand, leistete der Beklagte dem Kläger eine Anzahlung von S 120.000,-- und bewarb sich bei der WSG schriftlich um die Wohnung. Mittlerweile war die Wohnung aber von der WSG einem anderen Interessenten zugesichert worden. Die Streitteile bemühten sich daher gemeinsam, den Dritten zur Rücknahme seiner Bewerbung zu bewegen, was ihnen auch gelang. Da der Beklagte an einer baldigen Übernahme der Wohnung interessiert war, bereitete Jutta I*** eine Verpflichtungserklärung vor, um den Räumungstermin Ende Juni 1984 sicher- und die finanzielle Abwicklung klarzustellen. Der Kläger wollte ursprünglich für die Wohnung S 350.000,-- als Ersatz für seine bisherigen Aufwendungen, die sich aus dem Grund- und Baukostenanteil von rund S 140.000,--, den monatlichen Annuitäten zwischen S 3.000,-- und S 3.200,-- für vier Jahre und einem Betrag von S 45.000,-- für seine Investitionen zusammensetzten. Der Beklagte und seine Lebensgefährtin wollten nicht so viel bezahlen. Der Kläger erklärte sich schließlich mit einem Pauschalbetrag von S 305.000,-- einverstanden. Am 10. Mai 1984 kam es zur Unterfertigung der Verpflichtungserklärung Beilage A, die folgenden wesentlichen Inhalt hat: "Ich O*** Karl verpflichte mich, die Wohnung ... bis spätestens 30. Juni 1984 geräumt zu haben. Ich erkläre mich mit einem Kaufpreis von S 305.000,-- einverstanden.
Abzüglich einer Akontozahlung vom 6. Oktober 1983 in Höhe von S 120.000,--. Der verbleibende Restbetrag von S 185.000,-- wird wie folgt bezahlt. Grundkostenanteil und Baukostenanteil erhält die WSG Linz, den verbleibenden Rest erhalte ich bei Wohnungsübergabe von Herrn M*** Erwin .... Ich Erwin M*** verpflichte mich, hiermit den Grundkostenanteil und Baukostenanteil gleich nach Erhalt der endgültigen Zusage von der WSG einzuzahlen." Am 27. Juni 1984 fuhren der Beklagte und Jutta I*** zur WSG, um den Vertrag über die Wohnung abzuschließen. Da beim Beklagten die Voraussetzungen für den Erhalt eines Eigenmittelersatzdarlehens nicht vorlagen, wohl aber bei Jutta I***, beschlossen sie, daß der Vertrag auf den Namen der Jutta I*** lauten soll, womit die WSG einverstanden war. Von der WSG wurde hiebei der Grund- und Baukostenanteil mit S 144.243,-- und die Kapitaltilgung mit S 12.489,50 errechnet. Diese Beträge wurden vom Beklagten an die WSG bezahlt. Dem Kläger wurde nach Abzug der offenen Darlehensschuld von der WSG ein Betrag von S 105.440,75 zurückbezahlt. Die WSG nahm die Rückabwicklung wie in allen gleichgelagerten Fällen analog den Bestimmungen des § 17 Abs. 2 WGG vor. Beiden Parteien war diese Vorgangsweise bereits vor dem 10. Mai 1984 bekannt. Von Seiten der WSG wurde dem Beklagten und der Jutta I*** mitgeteilt, daß der Kläger nicht berechtigt sei, die Wohnung zu verkaufen, und außer den von der WSG zurückzuerstattenden Beträgen kein Entgelt verlangen könne.
Am 30. Juni 1984 zogen der Beklagte und Jutta I*** in die Wohnung ein. Dem Kläger erklärte der Beklagte hiebei, den Betrag von S 45.000,-- am folgenden Monat zu überweisen, obwohl er bereits damals entschlossen war, den Betrag nicht zu bezahlen.
Am 22. Juni 1985 heirateten der Beklagte und Jutta I***. Für beide wurden an der Wohnung in der Folge gemeinsames Wohnungseigentum begründet.
Nach der Rechtsansicht des Erstgerichtes sei der Beklagte Vertragspartner des Klägers und daher auch zur Bezahlung des vereinbarten Entgeltes verpflichtet. Ein Irrtum des Beklagten im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses habe nicht vorgelegen, weil der Beklagte gewußt habe, daß der Kläger noch nicht Wohnungseigentümer sei und Wohnungseigentum erst begründet werden soll. Die Bestimmungen des § 27 MRG seien auf Vereinbarungen über die Aufgabe des Anwartschaftsrechtes des Wohnungseigentumsbewerbers nicht analog anzuwenden, sodaß der Kläger berechtigt gewesen sei, seine Anwartschaftsrechte gegen Entgelt zu übertragen.
Das Berufungsgericht änderte das Ersturteil im Sinne einer Abweisung des Klagebegehrens ab und erklärte die Revision für zulässig. Es vertrat die Auffassung, daß auf einen genossenschaftlichen Nutzungsvertrag, auch wenn mit ihm ein Anwartschaftsrecht auf Wohnungseigentum verbunden sei, die Bestimmungen des MRG mit Ausnahme der im § 1 Abs. 3 genannten, anzuwenden seien. Nach § 27 Abs. 1 Z 1 MRG seien Vereinbarungen, wonach der neue Mieter dafür, daß der frühere Mieter den Mietgegenstand aufgebe oder sonst ohne gleichwertige Gegenleistung dem Vermieter, dem früheren Mieter oder einem anderen etwas zu leisten habe, ungültig und verboten. Soweit sich der Kläger über den Ersatz der Grund- und Baukosten und der von ihm vorgenommenen Investitionen von zusammen S 185.000,-- ein weiteres Entgelt von S 120.000,-- versprechen habe lassen, sei diese Vereinbarung daher rechtsunwirksam. Dieser Teil der Vereinbarung verstoße aber auch gegen § 27 Abs. 1 Z 5 MRG, wonach Vereinbarungen ungültig und verboten seien, wenn der Vermieter oder der frühere Mieter sich oder einem anderen gegen die guten Sitten Leistungen versprechen lasse, die mit dem Mietvertrag in keinem unmittelbaren Zusammenhang stünden. Da dem Beklagten hinsichtlich eines Betrages von S 120.000,-- keine Gegenleistung zugekommen sei, liege insoweit auch ein Verstoß gegen die guten Sitten vor.
Die gegen die Entscheidung der zweiten Instanz erhobene Revision des Klägers ist berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Nach der unbekämpft gebliebenen Feststellung des Erstgerichtes wurde dem Kläger von der WSG schriftlich die Einräumung des Wohnungseigentumsrechtes an der bestimmt bezeichneten selbständigen Wohnung zugesagt. Der Kläger hatte daher nach § 23 Abs. 2 Z 1 WEG nach Bezahlung der Grund-, Bau- und sonstigen Kosten einen unabdingbaren Anspruch, daß ihm die zugesagte Wohnung zur Benützung übergeben wurde, sobald sie beziehbar war. Durch das Anwartschaftsrecht auf Wohnungseigentum und durch den unabdingbaren Anspruch auf Nutzung im Vorstadium unterschied sich die Rechtsstellung des Klägers von der Rechtsstellung desjenigen, dem von einer gemeinnützigen Genossenschaft als Mitglied derselben die Nutzung einer bestimmten Wohnung auf die Dauer der Mitgliedschaft an der Genossenschaft eingeräumt wurde. Der Oberste Gerichtshof hat auch bereits ausgesprochen, daß die Einräumung der Nutzung der Wohnung als Erfüllung des im § 23 Abs. 2 Z 1 WEG verankerten Anspruches des Wohnungseigentumsbewerbers nicht als genossenschaftliches Nutzungsverhältnis zu beurteilen ist (5 Ob 156/86; vgl. auch MietSlg. 34.618/24, 29.048). Es scheidet daher auch eine Anwendung des § 27 (Abs. 1 Z 1 oder 5) MRG auf eine Vereinbarung aus, mit der der Wohnungseigentumsbewerber seine Eigentumsanwartschaftsrechte an der Eigentumswohnung gegen Entgelt aufgibt und seinem Vertragspartner den Erwerb der Eigentumsanwartschaftsrechte ermöglicht, weil nicht Miet- oder genossenschaftliche Nutzungsrechte, sondern Eigentumsanwartschaftsrechte aufgegeben werden und dem Vertragspartner nicht bloß der Erwerb von miet- oder genossenschaftlichen Nutzungsrechten, sondern von Eigentumsanwartschaftsrechten an der Wohnung ermöglicht wird (5 Ob 186/86). Der Oberste Gerichtshof hat in der bereits mehrfach zitierten Entscheidung, der ein ähnlich gelagerter Sachverhalt zugrundelag, auch eine analoge Anwendung des § 27 MRG auf eine derartige Vereinbarung abgelehnt. Daran ist festzuhalten. Bei § 27 MRG handelt es sich zwar um Ausnahmebestimmungen. Auch bei solchen ist jedoch eine analoge Anwendung im Rahmen der engeren ratio der Ausnahmeregelungen zulässig (Koziol-Welser7 I 25). Nach dem Zweck des § 27 MRG im Verhältnis zum scheidenden Mieter sollen jedoch nur solche Ablösezahlungen erfaßt werden, die zu einer unzulässigen Vermögensvermehrung des weichenden Mieters führen, weil ihnen keine gleichwertige Gegenleistung auf seiner Seite entgegensteht (Würth in Rummel, ABGB, Rdz 6 zu § 27 MRG). Letzteres trifft jedoch auf die Abtretung von Anwartschaftsrechten auf Wohnungseigentum nicht zu. Die Rechtsstellung des Wohnungseigentumswerbers, dem nach Erfüllung der im § 23 Abs. 1
genannten Voraussetzungen die Wohnung bereits zur Nutzung überlassen wurde, ist nicht mit der eines Mieters oder eines Nutzungsberechtigten einer Genossenschaftswohnung vergleichbar. Die Rechtsstellung des Wohnungseigentumswerbers ist ähnlich der eines Vorbehaltskäufers mit Anwartschaftsrecht (vgl. Call in Korinek-Krejci, Handbuch zum MRG 615) und unterscheidet sich auch im Vorstadium, wie sich aus den Bestimmungen der §§ 23 ff WEG klar ergibt, erheblich von der eines Mieters oder eines Nutzungsberechtigten einer Genossenschaftswohnung. Wird bei der Abtretung der Anwartschaftsrechte auf Wohnungseigentum dem Erwerber aber eine solche Rechtsposition verschafft, die über die Stellung eines Mieters oder eines Nutzungsberechtigten weit hinausgeht, kann von einer mangelnden Gegenleistung des weichenden Wohnungseigentumswerbers nicht mehr gesprochen werden. Die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, daß im vorliegenden Fall insoweit eine nach § 27 MRG unzulässige Ablösevereinbarung vorliege, als die Gegenleistung des Beklagten S 185.000,-- übersteigt, kann daher nicht geteilt werden.
Vertragspartner des Klägers war nach dem Inhalt der "Verpflichtungserklärung" vom 10. Mai 1984 der Beklagte. Er war daher aus dem Vertrag berechtigt und verpflichtet. Der Umstand, daß er die Anwartschaftsrechte an Jutta I*** abgetreten hat, weil bei ihm die Voraussetzungen für den Erhalt eines Eigenmitteldarlehens nicht vorlagen, konnte ihn von seiner vertraglichen Pflicht zur Erbringung der Gegenleistung an den Kläger nicht befreien. Eine Vertragsübernahme durch Jutta I***, die der Zustimmung auch des Klägers bedurft hätte, wurde nicht einmal behauptet. Desgleichen hat sich der Beklagte in erster Instanz auf ein vertragliches Verbot der entgeltlichen Abtretung der Anwartschaftsrechte zwischen dem Kläger und der WSG nicht berufen.
Es liegen daher die vom Beklagten behaupteten Feststellungsmängel nicht vor. Es kann demnach auch unerörtert bleiben, ob ein vertragliches Abtretungsverbot zwischen Kläger und WSG auch Dritten gegenüber wirksam wäre.
Das Berufungsgericht hat, ausgehend von seiner vom Obersten Gerichtshof nicht geteilten Rechtsansicht, die Beweisrüge des Beklagten nicht behandelt. Die Frage, ob der Beklagte von Anfang an gewußt hat, daß der Kläger noch nicht Wohnungseigentümer ist, kann jedoch auf sich beruhen. Der Beklagte machte zwar insoweit eine Irreführung durch den Kläger geltend. Nach den unbekämpft gebliebenen Feststellungen war der Beklagte aber spätestens nach seinem Besuch bei seinem Rechtsanwalt und noch vor Übergabe der Wohnung durch den Kläger davon in Kenntnis, daß der Kläger noch nicht Wohnungseigentümer ist. Wenn der Beklagte dennoch die Wohnung übernahm und dem Kläger sogar die noch offene Gegenleistung von S 45.000,-- in den nächsten Tagen zusicherte, kann dies nur als schlüssiger Verzicht auf eine Irrtumsanfechtung angesehen werden. Demgemäß ist der Revision Folge zu geben.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.
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