Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung
Der Minderjährige lebte bis ca. einem Jahr nach seiner Geburt im gemeinsamen Haushalt seiner Eltern. Nach Auflösung der zwischen seinen Eltern bestandenen Lebensgemeinschaft blieb er bei der Mutter, die auch zum Vormund bestellt worden war.
Das Erstgericht regelte das Recht zum persönlichen Verkehr des Vaters mit dem Kinde dahin, daß es dem Vater an jedem ersten und dritten Samstag im Monat in der Zeit von 14 Uhr bis 18 Uhr des folgenden Tages ein Besuchsrecht einräumte. Nach den Feststellungen des Erstgerichtes hat die Mutter am 13. März 1986 Gerald B*** geheiratet, mit dem sie nunmehr auch ein eheliches Kind hat. Der mj. David hat sich in dieser Familie gut eingelebt und zu seinem Stiefvater eine enge Beziehung. Derzeit fühlt er sich durch die Existenz eines kleinen Bruders etwas überfordert. Die Beziehung zu seinem leiblichen Vater ist gut, es droht allerdings die Gefahr der Entfremdung, weil der Vater das Kind nur selten bei sich hat. Der Vater ist um das Kind sehr bemüht und möchte eine stabile Beziehung zu seinem Sohn aufbauen. Die Mutter, das Bezirksjugendamt und der psychologische Dienst der MA 11 sind gegen ein Besuchsrecht über das Wochenende, weil sie eine Irritierung des Kindes befürchten. Nach der Auffassung des Erstgerichtes seien die Befürchtungen einer Irritierung des Kindes bei einem über Nacht währenden Besuchsrecht unbegründet.
Das Rekursgericht änderte den erstgerichtlichen Beschluß dahin ab, daß es dem Vater nur ein Besuchsrecht an jedem ersten und dritten Sonntag im Monat von 9 bis 18 Uhr gewährte. Das Rekursgericht ergänzte die Feststellungen des Erstgerichtes durch Übernahme des wesentlichen Inhaltes des psychologischen Gutachtens des Jugendamtes. Danach ist der Minderjährige durch die Geburt eines Halbbruders in einer labilen Phase, in der er seinen Platz in der Familie "neu definieren" muß, sodaß aus psychologischer Sicht für den Minderjährigen ein erweitertes Besuchsrecht derzeit nicht günstig ist.
Das Rekursgericht folgte dem psychologischen Gutachten und teilte dessen Auffassung, daß ein Wochenendbesuchsrecht derzeit nicht im Interesse des Minderjährigen liege.
Der gegen die Entscheidung der zweiten Instanz erhobene Revisionsrekurs des Vaters ist nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Dem Rechtsmittelwerber ist voll darin beizupflichten, daß derjenige Elternteil, dem nicht die Pflege und Erziehung des mj. Kindes zusteht, bei der Regelung seines Rechtes auf persönlichen Verkehr mit dem Kinde nicht in die Rolle eines gelegentlichen Besuchers gedrängt werden darf und daß die Regelung des Besuchsrechtes eine solche Gestaltung erfordert, daß sie ihrem Zweck, der Herstellung eines echten Naheverhältnisses gerecht wird (vgl. EFSlg. 48.282). Wie der Oberste Gerichtshof aber wiederholt ausgesprochen hat, reichen bei einem Kind im Alter zwischen 3 und 6 Jahren in der Regel zwei Besuchstage im Monat aus, um den mit dem Besuchsrecht verbundenen Zweck zu erfüllen (4 Ob 521/83, 4 Ob 564/82; 7 Ob 664/76; 8 Ob 567/76). Andererseits bestehen aber auch bei gutem Kontakt zu dem besuchenden Elternteil, bei ausreichenden Nächtigungsmöglichkeiten und bei gesicherter Aufsicht gegen eine Übernachtung eines Kindes im Alter von etwa 5 Jahren keine Bedenken (7 Ob 628/86). In welchem Umfang der besuchende Elternteil mit dem Kind verkehren darf, ist jedoch ausschließlich am Wohl des Kindes zu messen (EFSlg. 48.276; RZ 1982/16). Nun steht im vorliegenden Fall fest, daß sich der Minderjährige derzeit in einer labilen Entwicklungsphase befindet, sodaß die Auffassung des Rekursgerichtes zu billigen ist. Da das Rekursgericht seine ergänzenden Feststellungen aufgrund des schriftlich erstatteten Gutachtens traf, waren die bloßen Hinweise auf die Aussage der Mutter entbehrlich. Es erübrigt sich daher auch in diesem Zusammenhang auf die Rekursausführungen zur Aussage der Mutter einzugehen und zu prüfen, ob allenfalls ein Verfahrensmangel vorliegt. Anzumerken ist jedoch, daß auch das Rekursgericht bei einer Beweisergänzung oder Beweiswiederholung die Grundsätze des § 2 Abs. 2 Z 5 und 6 AußStrG und des § 185 Abs. 1 AußStrG zu beachten hat, daß Verhandlungen in Vormundschafts- und Pflegschaftssachen in der Regel mündlich vor Gericht zu pflegen sind (1 Ob 721/81). Demgemäß ist dem Revisionsrekurs ein Erfolg zu versagen. Wie schon das Rekursgericht hervorgehoben hat, steht es dem Vater aber frei, nach Abklingen der labilen Entwicklungsphase des Minderjährigen eine Ausdehnung des Besuchsrechtes zu beantragen.
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