OGH 9Os43/87

OGH9Os43/876.5.1987

Der Oberste Gerichtshof hat am 6.Mai 1987 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Horak, Dr. Lachner und Dr. Massauer als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Kleindienst-Passweg als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Alois F*** wegen des teils vollendeten, teils versuchten Verbrechens nach § 12 Abs. 1 SGG (alte Fassung), § 15 StGB, teilweise begangen als Beteiligter nach § 12 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Schöffengericht vom 14.April 1986, GZ 21 a Vr 2361/85-38, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Stöger, des Angeklagten, und des Verteidigers Dr. Stanonik, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, in seinem gesamten Strafausspruch, sohin auch im Unterbleiben der Verhängung einer Wertersatzstrafe sowie im Ausspruch über die Vorhaftanrechnung aufgehoben und die Sache gemäß § 288 Abs. 2 Z 3 StPO zu neuerlicher Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 23.November 1947 geborene österreichische Staatsbürger Alois F***, des teils vollendeten, teils versuchten Verbrechens nach § 12 Abs. 1 SGG aF in Verbindung mit dem § 15 StGB (teilweise auch als Beteiligter gemäß § 12 StGB) schuldig erkannt. Ihm liegt nach dem Inhalt des Schuldspruchs zur Last, in der Zeit ab Anfang 1981 bis 6.Mai 1982 in der Schweiz als Mitglied einer Bande im gemeinsamen Zusammenwirken mit mehreren anderen (im Urteil namentlich angeführten) Personen vorsätzlich den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift, und zwar insgesamt etwa 700 kg Haschisch, durch Übernahme zur (Zwischen-)Lagerung und durch Weiterverkauf (gemeinsam mit dem abgesondert verfolgten Romeo C***) in Verkehr gesetzt zu haben, wobei es in Ansehung einer Haschischmenge von 17,135 kg beim Versuch des Inverkehrsetzens geblieben ist, und ferner als Beteiligter zur Einfuhr einer weiteren Haschischmenge von 108,294 kg in die Schweiz beigetragen zu haben (wobei durch die einzelnen Tathandlungen ersichtlich in größerer Ausdehnung eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen entstehen konnte).

Da der Angeklagte Alois F*** deswegen bereits mit Urteil des Bezirskgerichtes Zürich vom 22.November 1982, Zl 629/82, zu 4 1/2 Jahren Zuchthaus und weiters zu einer (Geld-)Buße von 50.000 Schweizer Franken verurteilt worden war, von dieser Freiheitsstrafe bereits einen Teil, und zwar rund drei Jahre, in der Schweiz verbüßt hatte und sodann bedingt (für eine Probezeit von zwei Jahren) aus der Strafhaft entlassen worden war, hat das Erstgericht unter Bedachtnahme auf diese Verurteilung gemäß §§ 31, 40 StGB von der Verhängung einer Zusatzstrafe im Inlandsverfahren abgesehen, aber laut Urteilsspruch gemäß § 38 StGB (laut Entscheidungsgründen gemäß § 66 StGB in Verbindung mit § 38 Abs. 1 Z 2 StGB) die vom Angeklagten in der Schweiz (unter Anrechnung der dort erlittenen Vorhaft) in Strafhaft zugebrachte Zeit vom 7.Mai 1982 bis 11. Mai 1985 und die weiters im Inland in gerichtlicher Untersuchungshaft zugebrachte Zeit vom 24.August 1985, 16,00 Uhr, bis zum 29.August 1985, 14,30 Uhr, "auf die Strafe" angerechnet. Nach den weiteren im angefochtenen Urteil getroffenen Feststellungen wurde in der Schweiz ein beim Angeklagten sichergestellter Bargeldbetrag von 491.825,05 Schweizer Franken eingezogen; ferner wurde dem Angeklagten laut dem vorerwähnten Urteil des Bezirksgerichtes Zürich die Bezahlung eines Betrages von 450.000 Schweizer Franken zwecks Abschöpfung des aus dem unrechtmäßigen Suchtgifthandel erzielten Vermögensvorteils auferlegt (vgl S 81 d.A). Zur Abdeckung dieser Zahlungsverpflichtung sowie der Geldbuße (von 50.000 Schweizer Franken) und der Verfahrenskosten wurden diverse Vermögenswerte des Angeklagten in der Schweiz in der Höhe von insgesamt 444.426,98 Schweizer Franken und eine Sachkaution (2 Goldplättchen a 50 g; siehe Quittung 1503) herangezogen (S 83 d.A).

Rechtliche Beurteilung

Die inländische Gerichtsbarkeit zur Ahndung der urteilsgegenständlichen Straftaten des Angeklagten nach dem Suchtgiftgesetz erachtete das Erstgericht auf Grund der Vorschrift des § 64 Abs. 1 Z 4 StGB für gegeben (S 172 d.A).

Die formell auf die Z 5 und 11 des § 281 Abs. 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft, mit welcher der Sache nach aber nur der zuletzt genannte Nichtigkeitsgrund ausgeführt wird, richtet sich gegen die auf §§ 31, 40 StGB gestützte Abstandnahme von der Verhängung einer Zusatzstrafe über den Angeklagten; weiters rügt die Staatsanwaltschaft, daß entgegen der zwingenden Vorschrift des § 12 Abs. 4 SGG (aF) über den Angeklagten keine Wertersatzstrafe für die (in der Schweiz) nicht sichergestellten Suchtgiftmengen ausgesprochen wurde. Die Beschwerde ist begründet.

Vorweg ist - in Übereinstimmung mit der Meinung der Generalprokuratur - klarzustellen, daß im gegebenen Fall im Hinblick auf die vom Angeklagten zu verantwortende, im Sinne des § 12 Abs. 3 Z 3 SGG (nF) übergroße Suchtgiftmenge das Suchtgiftgesetz in der bis zur Novelle 1985 geltenden Fassung als für den Angeklagten günstigere Norm anzuwenden ist und daß die Zuständigkeit eines österreichischen Gerichtes zur Ahndung der vom Angeklagten in der Schweiz begangenen strafbaren Handlungen, selbst wenn man annimmt, daß die Bestimmung des § 64 Abs. 1 Z 4 StGB seit dem Inkrafttreten der Suchtgiftgesetz-Novelle 1985 nicht mehr anwendbar ist

(vgl 12 Os 145/85 = JBl 1986, 466; 10 Os 7,61/86, 13 Os 45/86,

verstärkter Senat = RZ 1986/77, 9 Os 54/86, 13 Os 162/86) und auch

auf die Bestimmung des § 64 Abs. 1 Z 6 StGB nicht zurückgegriffen werden kann, weil der Angeklagte vom Tatortgericht in der Schweiz wegen der hier in Rede stehenden Straftaten nach dem Suchtgiftgesetz bereits verfolgt und verurteilt wurde (vgl Art 36 Abs. 2 lit a Z IV der Einzigen Suchtgiftkonvention 1961) - jedenfalls auf der Basis des § 65 Abs. 1 Z 1 StGB gegeben ist (vgl 10 Os 7,61/86, 13 Os 162/86), wobei der Ausschlußgrund des § 65 Abs. 4 Z 3 StGB nicht vorliegt, weil die in der Schweiz über den Angeklagten verhängte Freiheitsstrafe von viereinhalb Jahren noch nicht zur Gänze vollstreckt, sondern der Angeklagte - siehe oben - nach teilweiser Verbüßung der Unrechtsfolge bedingt entlassen und der Strafrest im maßgebenden Zeitpunkt der Fällung des angefochtenen Urteils in der Schweiz noch nicht erlassen (endgültig nachgesehen) wurde.

Zu den einzelnen Beschwerdepunkten ist folgendes auszuführen:

Dem Rechtsmittel ist zunächst insoweit beizutreten, als es sich (grundsätzlich) gegen die vom Erstgericht gemäß §§ 31, 40 StGB ausgesprochene Bedachtnahme auf das Urteil des Bezirksgerichtes Zürich vom 22.November 1982 und die daraus abgeleitete Abstandnahme vom Ausspruch einer Strafe ausspricht. Denn die Anwendung des § 31 StGB setzt nach dessen klarem Wortlaut voraus, daß der Täter wegen einer anderen Tat verurteilt wurde (die nach der Art ihrer Begehung schon in einem früheren Verfahren, in welchem er zu einer Strafe verurteilt worden ist, hätte abgeurteilt werden können). Dies trifft aber vorliegend nicht zu, weil das Urteil des Bezirksgerichtes Zürich und das nunmehr angefochtene inländische Urteil dieselben Taten des Angeklagten zum Gegenstand haben. Das Absehen von der Verhängung einer Zusatzstrafe aus dem Grunde des § 31 StGB war mithin verfehlt. Vielmehr hätte das Erstgericht für die den Gegenstand des Schuldspruchs bildenden Straftaten des Angeklagten nach §§ 12 Abs. 1 SGG (aF), 12, 15 StGB eine Strafe aussprechen und die in der Schweiz wegen dieser Straftaten vom Angeklagten tatsächlich verbüßte Strafe (unter Berücksichtigung der von ihm in der Schweiz erlittenen Verwahrungs- und Untersuchungshaft) gemäß § 66 StGB und die weitere, von ihm im Inland (in der Zeit vom 24.August 1985 bis zum 29.August 1985) in Untersuchungshaft zugebrachte Zeit auf die auszusprechende Strafe gemäß § 38 Abs. 1 Z 1 StGB anrechnen müssen.

Begründet erscheint die Beschwerde aber auch in Ansehung des unterbliebenen Ausspruchs einer Wertersatzstrafe. Der Generalprokuratur ist zwar insoweit beizustimmen, daß entsprechend dem Grundsatz, wonach der Verfall und demnach auch der ihn (ganz oder teilweise) substituierende Wertersatz nur einmal vollzogen werden darf, bei der Ermittlung des Wertersatzes alle im Ausland gegen den Täter und dessen Komplizen ergriffene Maßnahmen zu berücksichtigen sind, die sich sachlich als vollzogener Verfall oder realisierter Wertersatz im Sinne des § 12 SGG darstellen. Entgegen der Generalprokuratur vermeint der Senat allerdings, daß - vom Fall des im Ausland bereits zur Gänze vollzogenen Verfalles abgesehen, in dem im Inlandsverfahren weder ein Verfall noch eine Wertersatzstrafe verhängt werden darf - bei einer neuerlichen Verurteilung eines von mehreren Tätern im Inland über diesen in analoger Anwendung der Grundsätze des § 19 Abs. 4 FinstrG eine anteilige Wertersatzstrafe zu verhängen und die über ihn im Ausland verhängte Wertersatzstrafe gemäß § 66 StGB auf diese Geldstrafe anzurechnen ist, soweit sie im Ausland tatsächlich realisiert wurde. Feststellungen darüber sowie über die für die Berechnung des Wertersatzes maßgeblichen Umstände [§ 12 Abs. 4 SGG (alt) sowie § 19 Abs. 4 FinStrG] sind aber im angefochtenen Urteil nicht enthalten und können vom Obersten Gerichtshof auch nicht nachgetragen werden. In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde mußte daher das Urteil (auch) in Ansehung des unterbliebenen Wertersatzausspruchs aufgehoben und die Sache gemäß § 288 Abs. 2 Z 3 StPO - wegen des gegebenen Konnexes (§ 289 StPO) - im Umfang der Aufhebung, vorliegend also des gesamten Strafausspruches an das Erstgericht zurückverwiesen werden. Die Kostenentscheidung fußt auf der bezogenen Gesetzesstelle.

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