OGH 7Ob504/87

OGH7Ob504/8726.3.1987

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Flick als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz, Dr. Hule, Dr. Warta und Dr. Egermann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Helmut G***, kfm. Angestellter, Wien 19., Sieveringerstraße 91, Haus 3, vertreten durch Dr. Rudolf Friedrich Stiehl, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei A*** D***, Entwurf- und Planungsgesellschaft mbH, Wien 15., Löschenkohlgasse 26, vertreten durch Dr. Walter Scherlacher, Rechtsanwalt in Wien, wegen restlicher S 120.000,-- s.A. infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 20. Dezember 1985, GZ 12 R 97/86-48, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 17. Jänner 1985, GZ 39 e Cg 129/83-44, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, daß das Urteil des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 22.580,80 bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens (darin enthalten S 3.520,-- Barauslagen und S 1.732,80 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die beklagte Partei errichtete auf der Liegenschaft Wien 19., Sieveringerstraße 91, eine aus vier Wohnblöcken bestehende Wohnhausanlage im Wohnungseigentum. Eine der Wohnungen kaufte der Kläger. Ihm steht auch das Nutzungsrecht an der über seiner Wohnung gelegenen Dachterrasse zu. Auf dieser Dachterrasse errichtete er im Jahre 1976 auf eigene Kosten ein Penthouse.

Der Kläger begehrt von der beklagten Partei die Rückzahlung eines Betrages von zuletzt (nach einer Klagsausdehnung und einer Klagseinschränkung) S 762.315,07 s.A. Da der Oberste Gerichtshof mit der Rechtssache bereits befaßt war, kann hinsichtlich des Sachvorbringens und der Einwendungen auf den Beschluß vom 27.1.1983 (ON 28) verwiesen werden, mit dem der im ersten Rechtsgang gefaßte Aufhebungsbeschluß des Berufungsgerichtes bestätigt wurde. Nach den Feststellungen der Vorinstanzen im ersten Rechtsgang war im Juli 1975 die Bautätigkeit auf der obgenannten Liegenschaft bereits ein Jahr lang eingestellt und deren Fortsetzung ungewiß. Der Kläger forderte die beklagte Partei zur Fortsetzung des Baues auf und kündigte eine Schadenersatzforderung an. Da die beklagte Partei nicht antwortete, ließ er am 16.7.1975 durch den Rechtsanwalt Dr. Egbert S*** ein Schreiben an die beklagte Partei richten, in dem er behauptete, bereits einen Schaden von S 150.000 erlitten zu haben. Es liege auch ein Grund zum Vertragsrücktritt vor. Er sei nur bereit, gegen Einräumung eines Preisnachlasses von S 150.000 und bei umgehender Wiederaufnahme der Bautätigkeit von einem Vertragsrücktritt Abstand zu nehmen. Aufgrund dieses Schreibens kam der Geschäftsführer der beklagten Partei, Ing. Karl M***, am 20.7.1975 zum Kläger. Er erklärte, es werde weitergebaut und sicherte dem Kläger zu, niemand werde eine Eigentumswohnung günstiger kaufen als der Kläger. Er biete dem Kläger eine Bestbieterklausel an. Der Kläger würde keinesfalls teurer, sondern eher günstiger kaufen als alle anderen Wohnungskäufer. Der Kläger erklärte sich damit einverstanden. Am nächsten Tag ersuchte er Ing. Karl M*** brieflich um die schriftliche Zusage, "daß er den Quadratmeterpreis der Wohnung keinesfalls teurer, sondern eher günstiger bekomme, als nachfolgende Wohnungskäufer". Am 22.7.1975 richtete die beklagte Partei ein Schreiben an Dr. Egbert S***, in dem sie Dr. Walter S*** als ihren Vertreter namhaft machte und Dr. S*** ersuchte, sich wegen der Wünsche seines Mandanten an Dr. S*** zu wenden. Die beklagte Partei hielt in dem Schreiben fest, sie habe dem Kläger die Zusage gemacht, daß ihm der Quadratmeterpreis der Wohnung keinesfals teurer komme als anderen Wohnungseigentümern dieses Bauvorhabens. Mit Schreiben vom 25.8.1975 ersuchte Dr. Egbert S*** unter Hinweis auf sein Schreiben vom 16.7.1975 Dr. Walter S*** um die Mitteilung, ob der verlangte Preisnachlaß eingeräumt werde. Sein Mandant lege überdies Wert darauf, die verbindliche Zusage zu erhalten, daß ihm der Quadratmeterpreis in der Endabrechnung keinesfalls höher komme als anderen Wohnungseigentümern. Der Hinweis in dem Schreiben der beklagten Partei vom 22.7.1975 sei nicht hinreichend präzise. Einige Tage später erklärte Ing. Karl M*** dem Kläger, das Schreiben des Dr. Egbert S*** vom 25.8.1975 sei nicht zu beantworten, es sei alles ausreichend definiert und es werde weitergebaut. Mit Schreiben vom 30.9.1975 teilte Dr. Walter S*** dem Dr. Egbert S*** mit, daß es im Hinblick auf die Fortsetzung der Bautätigkeit zweckmäßig sei, weitere Fragen und Differenzen zurückzustellen. Am 24.5.1976 ersuchte der Kläger Ing. Karl M*** um einen schriftlichen Vorschlag, wie er sich die Abrechnung vorstelle. Dem Kläger wurde am 14.9.1976 eine detaillierte Abrechnung geschickt. Danach macht der Quadratmeterpreis S 13.325,54 und der Gesamtpreis S 1,958.327,-- aus. Unter Berücksichtigung der Zahlungen und Gutschriften von S 1,088.947,29 ergab sich ein Saldo zugunsten der beklagten Partei in Höhe von S 869.379,71. Am 2.11.1976 kam es zu einer Besprechung zwischen dem Kläger, Ing. Karl M*** und den beiden Rechtsanwälten. Bei dieser wurde zur Regelung der bestehenden Differenzen die in der Aktennotiz Beilage 2 festgehaltene "vergleichsweise Lösung" besprochen und darüber Einigung erzielt. Die einzelnen Punkte dieser Vereinbarung betreffen die Übertragung des Wohnungseigentums an den Wohnungen Nr. 9 und 9 a an den Kläger, die Verpflichtung des Ing. Karl M*** zur Erwirkung der Grunderwerbssteuerbefreiung, den vom Kläger zu zahlenden Saldo, die Zahlungsmodalitäten, die Verpflichtung der Beklagten zur Mängelbehebung und einen Haftrücklaß von S 100.000. Die Meistbegünstigung kam bei dieser Unterredung nicht zur Sprache. Nach der in der den berufungsgerichtlichen Aufhebungsbeschluß bestätigenden Rekursentscheidung ausgesprochenen, auch den Obersten Gerichtshof bindenden Rechtsansicht (JBl. 1956, 449 ua) ist der zwischen den Parteien am 2.11.1976 abgeschlossene Vergleich kein allgemeiner Vergleich im Sinne des § 1389 ABGB. Die Vereinbarung der Streitteile, daß der Kläger nicht teurer kaufen werde als alle anderen Wohnungseigentümer (Begünstigungsklausel) ist dahin auszulegen, daß die Nutzwerte der gesamten Wohnungen der zu vergleichenden Einheiten zugrunde zu legen sind. Die vom Kläger in der dieser Vereinbarung nachfolgenden Korrespondenz angestrebte Änderung kam mangels Willenseinigung nicht zustande. Die Notwendigkeit einer Verfahrensergänzung ergab sich lediglich daraus, daß hinsichtlich der vom Kläger tatsächlich geleisteten Zahlungen ein primärer Verfahrensmangel vorlag.

Im fortgesetzten Verfahren war die Höhe der vom Kläger geleisteten Zahlungen von S 1,670.457,45 nicht mehr strittig. Unstrittig ist ferner, daß der Kaufpreis der vom Kläger im ersten Rechtsgang herangezogenen Vergleichswohnung Adler mit 268 parifizierten Anteilen S 1,500.000,-- betrug und daß auf die Wohnung des Klägers einschließlich Penthouse (Dachausstieg) und Dachterrasse 294 parifizierte Anteile entfallen. Bei einem Kaufpreis von S 1,500.000,-- und 268 Parifizierungseinheiten ergibt sich ein Kaufpreis pro Einheit von S 5.597,02, woraus sich bei 294 Einheiten ein Kaufpreis von S 1,645.522,30 errechnet. Ergänzend stellte das Erstgericht fest, daß die Kosten für ein Penthouse einfacher Ausführung im Jahre 1979 S 138.720,-- betrugen und daß der Kläger jedenfalls Zahlungen in dieser Höhe unmittelbar an die ausführenden Unternehmer leistete.

Das Erstgericht sprach im zweiten Rechtsgang dem Kläger S 24.935,15 s.A. zu und wies das Mehrbegehren von S 737.379,92 s.A. ab. Nach seiner Ansicht seien die Kosten für das Penthouse nicht zu berücksichtigen, sodaß sich bei Gegenüberstellung der vom Kläger tatsächlich geleisteten Zahlungen von S 1,670.457,45 mit dem sich aus der Begünstigungsklausel ergebenden Preis von S 1,645.522,30 der obgenannte Rückforderungsanspruch ergebe.

Das Berufungsgericht änderte das nur vom Kläger in seinem abweisenden Teil angefochtene Ersturteil dahin ab, daß es dem Kläger weitere S 120.000,-- s.A. zusprach. Nach Auffassung des Berufungsgerichtes seien auch die Kosten des Penthouses den Zahlungen des Klägers hinzuzurechnen, allerdings nur mit dem Betrag von S 120.000,--, der zur Zeit der tatsächlichen Errichtung im Jahre 1976 nach dem Gutachten des Sachverständigen zur Herstellung erforderlich gewesen sei.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen den abändernden Teil der berufungsgerichtlichen Entscheidung gerichtete Revision der beklagten Partei ist berechtigt. Beizupflichten ist dem Berufungsgericht darin, daß sich bei einer Aufhebung gemäß § 496 Abs. 1 Z 2 ZPO das ergänzende Verfahren auf die durch den Mangel betroffenen Teile des Verfahrens zu beschränken hat. Aber auch bei einer Aufhebung nach § 496 Abs. 1 Z 3 ZPO besteht hinsichtlich neuen Sachvorbringens und neuer Beweisanbote eine Beschränkung insoweit, als die aufhebende Instanz eine bestimmte Frage aufgrund des gegebenen Sachverhaltes bereits abschließend entschieden hat. Dann darf die Beantwortung dieser Frage auch aufgrund neuer Tatsachen nicht mehr in Zweifel gezogen werden. Abschließend erledigte Streitpunkte können nicht wieder neu aufgerollt werden (SZ 55/164 mwN). Zutreffend hat das Berufungsgericht daraus gefolgert, daß aufgrund des Beschlusses des Obersten Gerichtshofes vom 27.1.1983 (ON 28) die Frage der Auslegung und Anwendung der vereinbarten Begünstigungsklausel abschließend entschieden wurde, sodaß das diese Frage betreffende neue Vorbringen des Klägers im fortgesetzten Verfahren unzulässig und daher unbeachtlich ist.

Bei Beurteilung der Frage, ob auf die Zahlungen des Klägers auch die Kosten für das Penthouse anzurechnen sind, ist davon auszugehen, daß das Penthouse nicht von der beklagten Partei errichtet wurde und nicht Gegenstand des Kaufvertrages war. Dem Kläger wurde lediglich das Nutzungsrecht an der Dachterrasse eingeräumt und nur insoweit ist auch das Penthouse offensichtlich in die Nutzwertberechnung einbezogen worden. Wie die beklagte Partei richtig erkannte, nehmen die Ausführungen im Beschluß vom 27.1.1983 (AS 161) nur insofern ausdrücklich auf die einzelnen Nebenräume der Wohnung Bedacht, um klarzustellen, daß der Wertberechnung der Nutzwert der gesamten Wohnung zugrunde zu legen ist. War aber das Penthouse nicht Gegenstand des Kaufvertrages, kann auch auf die Aufwendungen des Klägers für das von ihm selbst auf eigene Kosten errichtete Penthouse die vereinbarte Begünstigungsklausel nicht angewendet werden. Die Kosten des Penthouses sind daher zu den Zahlungen des Klägers nicht hinzuzurechnen.

Demgemäß ist der Revision Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

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