OGH 1Ob687/86 (1Ob688/86)

OGH1Ob687/86 (1Ob688/86)25.3.1987

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert, Dr. Gamerith, Dr. Hofmann und Dr. Schlosser als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A*** FÜR H***- und E*** mbH, Wien 12,

Bonygasse 49, vertreten durch Dr. Peter Kauten, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Z*** D*** & F***,

Gesellschaft mbH & Co, Wien 19, Muthgasse 2, vertreten durch Dr.Hans Perner, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 952.000,-- s.A., infolge Rekurses der klagenden und Revision der beklagten Partei gegen den Beschluß und das Zwischenurteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 7. Juli 1986, GZ 11 R 96/86-36, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 13. Jänner 1986, GZ 39 e Cg 110/83-32, teilweise abgeändert und teilweise aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision der beklagten Partei wird nicht Folge gegeben. Hingegen wird dem Rekurs der klagenden Partei Folge gegeben und die angefochtene Entscheidung mit Urteil dahin abgeändert, daß die Entscheidung des Erstrichters in ihrem dem Klagebegehren mit dem Betrag von S 952.000,-- s.A. stattgebenden Teil und im Kostenausspruch wiederhergestellt wird.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 66.165,10 bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens (hievon S 5.666,10 USt und S 3.838,-- Barauslagen) binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die klagende Gesellschaft wurde nach dem Ende des zweiten Weltkrieges gegründet, sie befaßt sich vorwiegend mit der Errichtung von Wohnbauten. Da die klagende Partei zunächst in der Branche nicht bekannt war, trachtete der Gesellschafter-Geschäftsführer Ing. Valentin R*** mit den für die Vergabe von Aufträgen kompetenten Personen der Gemeinde Wien bekannt zu werden. Ing. Valentin R*** wurde schließlich von der konzessionierten Vermittlerin im Baufach Margarete EL K*** bei der Gemeinde Wien eingeführt. Bis in die siebziger Jahre erhielt Margarete EL K*** von der klagenden Partei für vermittelte Aufträge Provisionen, die auch in der Buchhaltung der klagenden Partei ordnungsgemäß als solche verbucht wurden. Nach Übernahme der Geschäftsführung durch Dipl.Ing. Rudolf R*** wurde das Provisionsverhältnis gelöst, weil die klagende Partei Aufträge von der Gemeinde Wien ohnehin nur erhielt, wenn sie Best- oder Billigstbieter war. Im Unternehmen war Dipl.Ing. Ludwig S*** als freier Mitarbeiter tätig, das Beschäftigungsverhältnis wurde aber vom Seniorchef des Unternehmens gelöst, weil er ihn für unfähig hielt. Anfang 1980 hatte Dipl.Ing. Ludwig S*** mit dem Redakteur der "N*** K***-Z***" Hannes K*** über dessen Ersuchen ein Gespräch über Schimmelpilzbildungen an einem von der klagenden Partei errichteten Wohnhaus. Bei dieser Gelegenheit fragte Hannes K*** Dipl.Ing. Ludwig S***, ob es üblich sei, für Aufträge von der Gemeinde Wien Schmiergelder zu bezahlen. Dipl.Ing. Ludwig S*** erklärte, er halte das für ausgeschlossen, die Ausschreibung werde im Amtsblatt veröffentlicht, jeder Gewerbetreibende könne sich an der Ausschreibung beteiligen, es wäre unverständlich, auch nur einen Groschen Provision zu bezahlen. Über weiteres Befragen machte Dipl.Ing. Ludwig S*** allerdings davon Mitteilung, daß Margarete EL K*** für die Vermittlung von Gemeindeaufträgen Provisionen bekomme habe, über die Bezahlung von Schmiergeldern könne er aber nichts sagen. Er, Hannes K***, solle bei Wolfgang A*** tüchtig recherchieren, der habe Schmiergelder an Margarete EL K*** bezahlt. Wolfgang A***, dem bei der klagenden Partei die Kassenführung oblegen war und dessen Dienstverhältnis wegen eines ungeklärten Abganges von S 20.000,-- beendet worden war, erklärte Hannes K***, er habe Provisionszahlungen an Margarete EL K*** geleistet; einmal sei sie im Büro erschienen und habe gesagt, sie brauche dringend Geld, um es an jemanden weiterzuleiten, der dringend darauf warte. Im Mai 1980 war Johann H*** amtsführender Wiener Stadtrat für Wohnen und Stadterneuerung. Zur Vergabe des Wohnhausprojektes Wien 5, Amtshausgasse 3-5, war ein Wiener Gemeinderatsausschuß zuständig, dem ein Vorschlag vom amtsführenden Stadtrat zu unterbreiten war. Um den 12. Mai 1980 lag Johann H*** ein Anbot der klagenden Partei als Bestbieter für die Errichtung dieses Wohnhauses vor. Johann H*** hatte die Absicht, die klagende Partei für die Vergabe vorzuschlagen, er hatte hievon Ing. Valentin R*** auch bereits telefonisch Mitteilung gemacht. Am 9. Mai 1980 wurde Johann H*** von Hannes K*** angerufen, der ihm mitteilte, er habe Informationen, wonach die klagende Partei von Beamten der Magistratsabteilungen 24 und 25 Kenntnis über den Inhalt der Konkurrenzanbote erhalte und daher als letzter Bieter das billigste Anbot erstellen könne. Für jeden vermittelten Auftrag sei die Bezahlung von S 100.000,-- üblich. Er habe zwei wichtige Zeugen, einer sei der frühere Buchhalter, Namen könne er keine nennen. Johann H*** entgegnete, er könne sich eine solche Vorgangsweise nicht vorstellen, weil bei der Eröffnung der Anbote die Vertreter der Unternehmungen anwesend seien. Hannes K*** hielt dem entgegen, die Umschläge sollen über Dampf geöffnet und später wieder verschlossen worden sein. Er fragte schließlich, was Johann H*** zu tun gedenke. Johann H*** antwortete, er werde eine gemeindeinterne Untersuchung einleiten, bei Erhärtung des Verdachtes werde die Staatsanwaltschaft informiert werden. Hannes K*** teilte Johann H*** mit, er wolle mit ihm persönlich sprechen und werde bis dahin in der "Neuen Kronen-Zeitung" nichts darüber berichten. Am 12. Mai 1980 erschien Hannes K*** bei Johann H*** zu einer persönlichen Aussprache. Hannes K*** wiederholte bei diesem Gespräch im wesentlichen den Inhalt der telefonischen Mitteilung und ergänzte, daß es sich bei seinen Informanten um

Dipl.Ing. Ludwig S*** und Wolfgang A*** handle, die zwar schon aus den Diensten der klagenden Partei ausgeschieden, aber bereit seien, ihre Aussage vor Gericht zu beeiden. Er, Hannes K***, wolle hierüber unbedingt einen Artikel in der "Neuen Kronen-Zeitung" veröffentlichen und auch bereits berichten, was Johann H*** zu tun gedenke. Johann H*** erwiderte, daß er auf Grund dieser Mitteilung jedenfalls eine Sperre verhängen und eine interne Untersuchung anordnen werde. Die Sperre werde so lange aufrecht bleiben, bis die Untersuchung ergeben habe, daß der Fall nicht an die Staatsanwaltschaft weiterzuleiten sei. Hannes K*** sagte auch, er habe erfahren, daß ein weiteres Projekt zur Vergabe an die klagende Partei vorgesehen sei, was Johann H*** bestätigte. Er fügte hinzu, dieses Projekt werde nicht mehr an die klagende Partei vergeben werden. Abschließend erklärte Hannes K***, der Artikel werde am nächsten Tag in der "Neuen Kronen-Zeitung" erscheinen. Nach dem Gespräch verhängte Johann H*** durch Anruf bei der Magistratsabteilung 24 eine sofort wirksame Vergabesperre, die am 14. Mai 1980 auch schriftlich bestätigt wurde. Der Artikel erschien in der Ausgabe der "Neuen Kronen-Zeitung" vom 13. Mai 1980, die auch schon in den Abendstunden des 12. Mai 1980 verbreitet wurde. Ohne das Einschreiten Hannes K*** wäre der Auftrag zur Errichtung des Hauses Wien 5, Amtshausgasse 3-5, mit einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit an die klagende Partei vergeben worden. Die von Johann H*** angeordnete Untersuchung ergab: Die Anbotsteller haben es sich zur Gewohnheit gemacht, die Anbote so knapp vor dem Ende der Ausschreibungsfrist abzugeben, daß kein Konkurrent Gelegenheit zur Stellung eines niedrigeren Anbots hatte. Grund für diese Vorgangsweise war auch, daß die Vertreter der Unternehmungen nicht zweimal zur Behörde kommen wollten. Die klagende Partei war in vielen Fällen nicht der letzte Bieter. Dipl.Ing. Ludwig S*** erklärte im Rahmen der Untersuchung, er wolle nur vor Gericht aussagen, Wolfgang A*** wies darauf hin, daß er von Schmiergeldern nie gesprochen habe. Ende Juni 1980 teilte die Verwaltungsrevision dem Magistratsdirektor der Stadt Wien mit, es lägen keine Beweise für eine unkorrekte Vorgangsweise vor, der Verdacht habe sich nicht erhärtet. Johann H*** hob deshalb am 2. Juli 1980 die Vergabesperre auf. Während der Sperrfrist konnte sich die klagende Partei an keinen Ausschreibungen der Gemeinde Wien beteiligen. Der Geschäftsführer der klagenden Partei hat nach Verhängung der Vergabesperre bei den maßgebenden Stellen und gegenüber dem Untersuchungsausschuß die mangelnde Berechtigung der Vorwürfe betont und alles unternommen, um eine möglichst rasche Aufhebung der Vergabesperre zu erreichen.

Die klagende Partei begehrte von der beklagten Partei als Medieninhaberin der Tageszeitung "Neue Kronen-Zeitung" die Bezahlung des Betrages von S 1,014.400,89 s.A. und brachte vor, die beklagte Partei habe in der Ausgabe der "Neuen Kronen-Zeitung" vom 13. Mai 1980 unter der Überschrift "Bestechung im Wiener Rathaus" einen Zeitungsartikel veröffentlicht, in dem über die klagende Partei die unwahre Tatsachenbehauptung enthalten sei, daß sie Schmiergelder bezahlt habe, um von Beamten der Magistratsabteilung 24 den streng vertraulichen Inhalt von Konkurrenzangeboten zu erhalten, wodurch es ihr gelungen sei, als Billigstbieter aufzutreten und lukrative Kommunalprojekte zu erhalten. Diese Vorwürfe seien schon vor dem Erscheinen des Artikels mündlich vom Redakteur der "Neuen Kronen-Zeitung" Hannes K*** gegenüber Stadtrat Johann H*** erhoben worden. In der Ausgabe vom 14. Mai 1980 habe die beklagte Partei einen weiteren Artikel unter der Überschrift "In Bestechungsaffäre weitere Zeugen bekannt" veröffentlicht, in der die Vorwürfe wiederholt worden seien. Diese Vorwürfe seien unwahr. Der beklagten Partei hätte die Unwahrheit bekannt sein müssen, zumal sie über keinerlei verläßliche Informationsgrundlagen verfügt habe; sie habe es auch unterlassen, sich durch eine Rückfrage bei der klagenden Partei von der Haltlosigkeit der Behauptungen zu überzeugen. Die klagende Partei hätte als Billigst- und Bestbieterin den Zuschlag für die Errichtung des Gebäudes in Wien 5, Amtshausgasse 3-5, erhalten. Auf Grund der erhobenen Vorwürfe sei gegen sie eine Auftragssperre verfügt worden, das strittige Bauvorhaben sei an ein anderes Bauunternehmen vergeben worden. Durch den Verlust des Auftrages sei ihr ein Schaden in der Höhe des Klagsbetrages entstanden.

Die beklagte Partei beantragte Abweisung des Klagebegehrens und brachte vor, daß die inkriminierten Artikel in der

"Neuen Kronen-Zeitung" schon deshalb nicht zur Auftragssperre führen konnten, weil diese schon am 12. Mai 1980 verhängt worden sei. Die Behörde wäre auch verpflichtet gewesen, Konsequenzen nur nach erfolgter Nachprüfung der Informationen zu ziehen. Sollte dies Stadtrat Johann H*** unterlassen haben, so würde dies auf einen freien Entschluß von seiner Seite zurückgehen, der den Kausalzusammenhang unterbreche. Die erhobenen Behauptungen seien auch wahr gewesen. Der behauptete Gewinnentgang sei dadurch kompensiert worden, daß die klagende Partei von Mitte 1980 bis Mitte 1982 adäquate Aufträge erhalten und ausgeführt habe (ON 27, S 6).

Das Erstgericht erkannte die beklagte Partei schuldig, der klagenden Partei den Betrag von S 952.000,-- s.A. zu bezahlen, das darüber hinausgehende Mehrbegehren wies es ab. Das Erstgericht stellte fest, der Schaden der klagenden Partei aus dem Entgang des Auftrages bestehe in der nicht verdienten anteiligen Zentralregie und dem nicht verdienten anteiligen Gewinn. Die Arbeiten am Projekt Wien 5, Amtshausgasse 3-5, seien für die Zeit von Mitte 1980 bis Mitte 1982 vorgesehen gewesen. Die klagende Partei habe in dieser Zeit zwei andere Bauten erstellt, einen Bau in Wien 3, Barichgasse 17, und einen in Wien 23, Rudolf Zeller-Gasse. Wenn die klagende Partei das Projekt Wien 5, Amtshausgasse 3-5, ausgeführt hätte, hätte sie dennoch daneben auch die beiden anderen Bauten im großen und ganzen mit den bei ihr vorhandenen Arbeitkräften erstellen können; sie hätte nur wenige Hilfsarbeiter zusätzlich einstellen müssen. Der klagenden Partei seien auch die notwendigen Geräte zur Ausführung aller drei Bauvorhaben zur Verfügung gestanden. Wegen des Entfalls des Auftrages habe sie sechs bis acht hochqualifizierte Arbeitskräfte an eine Arbeitsgemeinschaft abstellen müssen, an der sie beteiligt sei; zwei bis drei weniger qualifizierte Arbeiter seien gekündigt worden. Der klagenden Partei sei ein Schaden in der Höhe von S 952.000,-- s.A. erwachsen. In rechtlicher Hinsicht führte der Erstrichter aus, die klagende Partei sei durch die von der beklagten Partei verbreiteten unwahren Tatsachen in ihrem wirtschaftlichen Fortkommen und Erwerb beeinträchtigt worden. Die Vorwürfe hätten nur auf Grund genauerer Erhebungen erhoben werden dürfen, insbesondere wäre eine Rückfrage bei der klagenden Partei unbedingt erforderlich gewesen. Die vagen Behauptungen zweier entlassener früherer Mitarbeiter seien eine unzureichende Grundlage gewesen. Die Haftung der beklagten Partei gemäß § 1330 ABGB sei demnach begründet. Da die klagende Partei während der vorgesehenen Laufzeit des Projektes keine Aufträge durchgeführt hat, die sie nicht auch neben diesem Projekt hätte ausführen können, gebühre ihr Schadenersatz in der Höhe des vom Sachverständigen ermittelten Betrages.

Das Berufungsgericht gab der gegen den dem Klagebegehren stattgebenden Teil des Urteils erhobenen Berufung der beklagten Partei teilweise Folge. Es änderte das angefochtene Urteil dahin ab, daß mittels Zwischenurteil der (restliche) Klagsanspruch als dem Grunde nach zu Recht bestehend erkannt wurde. Im übrigen hob es das angefochtene Urteil auf und verwies die Rechtssache zur Ergänzung der Verhandlung und neuen Entscheidung an das Erstgericht zurück. Das Berufungsgericht sprach aus, daß das Verfahren in erster Instanz erst nach eingetretener Rechtskraft des Beschlusses fortzusetzen ist. Die Weitergabe der unrichtigen Tatsachenbehauptungen durch den Redakteur Hannes K*** und die Veröffentlichung von Artikeln in der "Neuen Kronen-Zeitung" seien kausal für den Eintritt des Schadens. Der Schaden sei auch adäquat verursacht, weil die von Stadtrat Johann H*** gesetzten Maßnahmen eine geradezu naheliegende Folge der von Hannes K*** bzw. der im Artikel der

"Neuen Kronen-Zeitung" erhobenen Anschuldigungen gewesen sei. Die beklagte Partei hafte auch für die unrichtigen Tatsachenbehauptungen des Hannes K***, zumal sie durch Veröffentlichung von seiner Artikel dessen Informationsweitergabe nachträglich genehmigt habe. Eine abschließende Beurteilung der Schadenshöhe sei nicht möglich. Der Sachverständige Dipl.Ing. Karl N*** habe in seinem Gutachten ausgeführt, daß der von ihm ermittelte "theoretische Schaden" nur dann in voller Höhe eingetreten sei, wenn die klagende Partei während der vorgesehenen Laufzeit des Bauvorhabens keine adäquaten Ersatzaufträge mit zumindest gleich guten Gewinnerwartungen von anderen Auftraggebern erhalten hat; bei Vorliegen solcher Ersatzaufträge würde sich die Schadenssumme aliquot vermindern. Das Erstgericht werde demnach das von der beklagten Partei angebotene Gutachten eines gerichtlich beeideten Sachverständigen darüber einzuholen haben, ob solche adäquaten Ersatzaufträge vorgelegen seien. Vor Behebung dieses Verfahrensmangels sei auf die Beweisrüge nicht einzugehen. Eine Entscheidung über den Grund des Anspruchs sei jedoch bereits möglich, so daß ein Zwischenurteil

gemäß § 393 Abs. 1 ZPO zu fällen gewesen sei.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen das Zwischenurteil erhobenen Revision der beklagten Partei kommt Berechtigung zu, der Rekurs der klagenden Partei gegen den Aufhebungsbeschluß des Berufungsgerichtes ist gerechtfertigt. Die beklagte Partei wendet sich gegen die Annahme, daß die von Johann H*** verhängte Bausperre auf die von Hannes K*** gemachte Mitteilung zurückzuführen sei und erachtet weiters die Adäquanz des Geschehensablaufes als nicht gegeben, weil nicht vorhersehbar gewesen sei, daß das für das Bauwesen zuständige Mitglied des Stadtsenates der Stadt Wien bloß auf Grund eines nicht bestätigenden Berichtes eine Bausperre verhängen werde. Nach dem nicht mehr strittigen Sachvorhalt hat Johann H*** auf Grund der Mitteilung des Hannes K***, daß die klagende Partei von Beamten der Magistratsabteilung 24 und 25 über den Inhalt der Konkurrenzanbote informiert werde und dadurch in der Lage sei, als Bestbieter aufzutreten, und den weiteren Hinweis, er, Hannes K***, wolle dies unbedingt in der "Neuen Kronen-Zeitung" veröffentlichen und auch schreiben, was Johann H*** zu tun gedenke, die sofort wirksame Bausperre verhängt. Damit ist die natürliche Kausalität (SZ 51/66; JBl. 1972, 569) zwischen dem Verhalten des Hannes K*** in seiner Eigenschaft als Redakteur der Zeitung der beklagten Partei und der angesichts der Haltung Hannes K*** nicht unerwarteten dem angekündigten Artikel zuvorkommenden und seinen Inhalt beeinflussenden raschen Entschlusse des Johann H*** und damit den eingetretenen Schaden gegeben. Einzustehen ist allerdings nur für adäquat verursachte Schäden; solche liegen dann vor, wenn die Schadensursache ihrer allgemeinen Natur nach für die Herbeiführung eines derartigen Erfolges nicht als völlig ungeeignet erscheinen muß und nicht nur infolge einer ganz außergewöhnlichen Verkettung von Umständen zu einer Bedingung des Schadens wurde (SZ 57/173; SZ 54/108; SZ 50/24; EvBl. 1980/112; JBl. 1977, 599;

Koziol, Österreichisches Haftpflichtrecht 2 I 146;

Koziol-Welser, Grundriß 7 I 387). Die Haftung besteht unter dieser Voraussetzung auch dann, wenn eine weitere Ursache als schadensbewirkend hinzutritt (SZ 57/173; SZ 57/16; SZ 54/108;

SZ 50/24; SZ 26/20), sofern nur dieses Hinzutreten nicht außerhalb der menschlichen Erfahrung liegt (ZVR 1977/58). Im Hinblick auf die von Hannes K*** erhobenen massiven Vorwürfe und die Ankündigung, hierüber, aber auch über die von Johann H*** beabsichtigten Maßnahmen, in der "Neuen Kronen-Zeitung" berichten zu wollen, war es keine unwahrscheinliche, sondern eine geradezu leicht voraussehbare Reaktion des Stadtrates Johann H*** als des politisch für die Vergabe von Aufträgen Verantwortlichen, bis zur restlosen Klärung der Vorwürfe eine Bausperre zu verfügen. Hannes K*** erwartete offensichtlich auch von Johann H*** Sofortmaßnahmen, wollte er doch über diese gleichzeitig berichten. Die Adäquanz des Geschehensablaufes ist demnach gegeben. Das Tätigwerden Hannes K*** war auch Bedingung für die Willensbetätigung des Johann H*** und für die durch ihn verhängte Bausperre. In Fällen psychischer Kausalität bedarf die Rechtswidrigkeit des Verhaltens (des Ersttäters) besonderer Prüfung (SZ 57/173; Koziol a.a.O. 97); hat der Ersttäter erst durch sein Verhalten einen Zweiten veranlaßt, einen Dritten zu schädigen, so hat in der Regel der Ersttäter dem Dritten gegenüber nicht rechtswidrig gehandelt (Koziol a.a.O. 99). Aus § 1330 ABGB ergibt sich aber, daß derjenige, der fahrlässig unrichtige Tatsachen behauptet und dadurch Kredit, Erwerb oder Fortkommen eines andern schädigt, auch diesem gegenüber rechtswidrig handelt, selbst wenn der Schaden, wie dies bei der Verbreitung unrichtiger Tatsachenbehauptungen die Regel ist, erst durch das Handeln eines andern bewirkt wird.

Die Verbreitung unrichtiger Tatsachen durch Hannes K***, die geeignet waren, den Erwerb der klagenden Partei zu schädigen (§ 1330 ABGB), ist der beklagten Partei auch zuzurechnen. Hannes K*** machte als Redakteur der "Neuen Kronen-Zeitung" Johann H*** Mitteilung von angeblichen Unregelmäßigkeiten bei den Auftragsvergaben an die klagende Partei. Es wies darauf hin, daß er hierüber einen Artikel veröffentlichen und auch darüber berichten wolle, wie Johann H*** als politisch Verantwortlicher auf die erhobenen Vorwürfe reagiert habe. Die Mitteilungen Hannes K*** waren also Teil seiner auf die Veröffentlichung eines Artikels in der "Neuen Kronen-Zeitung" gerichteten Tätigkeit. Ob Hannes K*** ausdrücklich einen Auftrag zu Ermittlungen in dieser Angelegenheit hatte, ist nicht entscheidend. Eine gewisse Selbständigkeit ist für die journalistische Tätigkeit eines Redakteurs kennzeichnend. Der von Hannes K*** verfaßte Artikel wurde in der Folge auch in der "Neuen Kronen-Zeitung" veröffentlicht, so daß nicht gesagt werden kann, er habe mit seinen Recherchen sein Tätigkeitsgebiet als Redakteur überschritten. Nach herrschender Auffassung haftet die juristische Person für jedes Verschulden ihrer Organe. Nicht abschließend ausdiskutiert ist nur, für welchen Personenkreis die juristische Person einzutreten hat. Die neuere Rechtsprechung vertritt mit der herrschenden Lehre den Standpunkt, daß es nicht auf die verfassungsmäßige Berufung zur Vertretung ankommt und als Organ jeder Repräsentant, der eine leitende Stellung mit selbständigem Wirkungsbereich hat, anzusehen ist (SZ 57/77; SZ 51/80; JBl. 1978, 543; Koziol a.a.O. II 376, 377; Aicher in Rummel, ABGB, Rdz 26 zu § 26). Der von Hannes K*** angekündigte und dann tatsächlich erschiene Artikel in der "Neuen Kronen-Zeitung" war neben den mündlichen Mitteilungen Hannes K*** Mitursache für die von Johann H*** verfügte Bausperre. Ob das Erscheinen dieses Artikels von einem Repräsentanten der beklagten Partei schuldhaft gebilligt wurde, steht nicht fest. Der Chefredakteur der "Neuen Kronen-Zeitung" Dr. Friedrich D*** hat allerdings als Zeuge erklärt, er habe den von Hannes K*** verfaßten Artikel gelesen und passieren lassen, weil der Inhalt durch den Titel gedeckt und Quellen genannt gewesen seien (ON 14 S 2). Der Chefredakteur eines Zeitungsunternehmens ist auch zu jenem Personenkreis zu zählen, für dessen Verschulden die juristische Person jedenfalls einzustehen hat. Sein Verschulden ist aber nicht erweislich. Ob das Zeitungsunternehmen auch für seine Redakteure einzustehen hat, mag zweifelhaft sein, bedarf aber keiner Klärung, weil Hannes K*** als untüchtiger Besorgungsgehilfe im Sinne des § 1315 ABGB zu qualifizieren ist. Die beklagte Partei bediente sich Hannes K*** zur Besorgung ihrer Angelegenheiten, sodaß er als Besorgungsgehilfe (§ 1315 ABGB) anzusehen ist. Die Schädigung der klagenden Partei erfolgte nicht nur gelegentlich, sondern in Ausführung der Besorgungen, die Hannes K*** als Redakteur im Zuge der Recherchen für die Ausarbeitung des in der Folge in der "Neuen Kronen-Zeitung" veröffentlichten Artikels zu verrichten hatte. Auch juristische Personen haften für Besorgungsgehilfen (Koziol a.a.O. II 375). Die Haftung greift Platz, wenn der Besorgungsgehilfe untüchtig ist; ein eigenes Verschulden des Geschäftsherrn (bei Auswahl, Ausbildung oder Überwachung) ist nicht erforderlich (Koziol a.a.O. II 356, 375).

Die Untüchtigkeit ist ein relativer Begriff (JBl. 1968, 473; Koziol a.a.O. II 357) und muß immer für eine bestimmte Tätigkeit gegeben sein. In der Regel muß es sich um einen habituellen Hang zur Mißachtung der Obliegenheiten handeln

(JBl. 1986, 520; JBl. 1982, 258;

EvBl. 1974/109; SZ 41/47; JBl. 1968, 473), doch kann sich auch aus einem einmaligen Versehen, das auf einer grob fahrlässigen Berufspflichtverletzung oder auf einem auffallenden Mangel an Gewissenhaftigkeit beruht, die Untüchtigkeit erschließen lassen (JBl. 1986, 520; ZVR 1978/240; SZ 48/110 u.a.; Koziol a.a.O. II 357; Reischauer in Rummel, ABGB, Rdz 4 zu § 1315). Im vorliegenden Fall standen Hannes K*** für die Annahme, die beklagte Partei zahle an Bedienstete des Magistrates der Stadt Wien Bestechungsgelder, um Kenntnis vom Inhalt der Anbot anderer Unternehmungen zu erhalten, nur vage Mitteilungen zweier Bediensteter zur Verfügung, deren Dienstverhältnis vom Dienstgeber beendet worden war. Dipl.Ing. Ludwig S*** hatte die Zahlung von Schmiergeldern überhaupt als ausgeschlossen bezeichnet und letztlich nur davon gesprochen, daß Margarete EL K*** für die Vermittlung von Gemeindeaufträgen Provisionen bekommen habe. Auch Wolfgang A***, an den Hannes K*** von Dipl.Ing. Ludwig S*** verwiesen worden war, konnte nur von Provisionszahlungen an Margarete EL K*** berichten; einmal sei die Bemerkung gefallen, sie brauche Geld für jemand, der darauf warte. Bei dieser Sachlage wäre es unabdingbare Verpflichtung des Hannes K*** gewesen, mit der klagenden Partei Kontakt aufzunehmen. Es hätte dann der Sachverhalt, der zur Zahlung von Provisionen geführt hatte, aufgeklärt werden können. Eine solche Kontaktnahme wäre umso erforderlicher gewesen, als Hannes K*** bewußt sein mußte, daß die Mitteilung an Stadtrat Johann H*** und die Veröffentlichung in der Zeitung für die klagende Partei mit unter Umständen weittragenden wirtschaftlichen Folgen verbunden sein mußte. Hannes K*** hat aber statt Anhörung der klagenden Partei und ohne die geringste Grundlage in den Mitteilungen seiner Gewährsleute Johann H*** berichtet, daß Schmiergelder in der Höhe von S 100.000,-- pro Auftrag bezahlt worden seien, und dessen Bedenken, daß die übliche Vorgangsweise bei der Vergabe von Aufträgen eine frühere Kenntnis durch einzelne Mitbieter praktisch ausschließe, mit dem frei erfundenen Hinweis zu begegnen versucht, die Briefumschläge würden über Dampf geöffnet. Dies stellt eine vorsätzliche und damit besonders gravierende Verletzung der beruflichen Sorgfaltspflicht eines Journalisten in einem Schädigungen größeren Ausmaßes naheliegenden Fall dar; ein derartiges Verhalten rechtfertigt die Annahme der Untüchtigkeit im Sinne des § 1315 ABGB.

Die beklagte Partei hat gegen den Schadenersatzanspruch der klagenden Partei eingewendet, daß der Schaden durch "adäquate Ersatzaufträge" ganz oder teilweise ausgeglichen worden sei. Es ist jedoch der Rechtsansicht der klagenden Partei beizupflichten, daß Aufträge, die unabhängig von dem Entfall des Bauvorhabens Wien 5., Amtshausgasse 3-5, übernommen und ausgeführt wurden, nur dann als schadensmindernd zu berücksichtigen wären, wenn die Leistungskapazität des Betriebes trotz Entfalls eines Auftrages voll ausgelastet geblieben und bei Übernahme sonstiger Aufträge auch nicht ausgeweitet worden wäre, nur dann kann von einem anrechnungspflichtigen Vorteil durch den aus einem Ersatzauftrag zu erzielenden Gewinn gesprochen werden (Krejci in Rummel, ABGB, Rdz 16 zu § 1168; Reischauer a.a.O., Rdz 5 zu § 1312 ABGB). Die Behauptungs- und Beweislast für anrechenbare Vorteile trifft die beklagte Partei (SZ 52/84; ZVR 1975/164; JBl. 1959/156). Nach den Feststellungen des Erstrichters hätte die klagende Partei bei Ausführung des Projektes Wien 5., Amtshausgasse 3-5, auch die übrigen Bauvorhaben ausführen können (ON 32 S 5), sie hätte nur wenige Hilfsarbeiter aufnehmen müssen. Das Berufungsgericht hat die Beweisrüge in diesem Punkte nicht erledigt, obwohl bei Übernahme dieser Feststellungen die Grundlage für den erteilten Ergänzungsauftrag entfällt. Eine Rückverweisung der Sache an das Berufungsgericht ist aber entbehrlich, weil schon die Behauptungen der beklagten Partei in diesem Punkte unzureichend sind. Die beklagte Partei hat konkret gar nicht behauptet, daß die von der klagenden Partei im fraglichen Zeitraum ausgeführten Bauarbeiten bei Ausführung des in Rede stehenden Projektes auch unter Kapazitätsausweitung nicht hätten durchgeführt werden können. Sie beschränkte sich (ON 27 S 6) auf die Behauptung, es lägen "adäquate" Ersatzaufträge vor, worunter von ihr, dem Gutachten des Sachverständigen folgend (ON 19, S 5; ON 27, S 5), alle Aufträge von anderen Auftraggebern mit zumindest gleich gut kalkulierten Gewinnerwartungen verstanden werden. Im Hinblick auf diese unzureichenden Behauptungen ist eine Erledigung der Beweisrüge nicht erforderlich. Der dem Erstgericht erteilte Ergänzungsauftrag geht von unrichtigen rechtlichen Voraussetzungen aus. Der Schadenersatzanspruch der klagenden Partei ist dann aber in der vom Erstgericht ermittelten Höhe gerechtfertigt.

Demzufolge erweist sich die Revision der beklagten Partei als nicht gerechtfertigt, wogegen in Stattgebung des Rekurses der klagenden Partei die Entscheidung des Erstrichters wiederherzustellen ist.

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