Spruch:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Text
Begründung
Die am 27. Mai 1977 geborene Natascha K*** entstammt der Ehe zwischen Alfred und Brigitte K***. Die Kindeseltern lebten seit etwa Ostern 1986 getrennt, ihre Ehe wurde inzwischen aus ihrem beiderseitigen gleichteiligen Verschulden geschieden. Beide Elternteile beantragten die Zuweisung der elterlichen Rechte und Pflichten (§ 144 ABGB) im Sinne des § 177 ABGB. Die Mutter begründet ihren Antrag damit, der Vater habe sich während der Ehe kaum um das Kind gekümmert, sie selbst habe eine innige Beziehung zu diesem Kind und es sei bei ihr besser aufgehoben. Der Vater macht geltend, die Kindesmutter habe zu Ostern 1986 die eheliche Gemeinschaft verlassen, sei zu einem Freund gezogen, von dem sie nunmehr ein Kind erwarte, und habe sich in der Folge nicht mehr um das Kind gekümmert. Nunmehr habe ihr Freund die Kindesmutter verlassen, deren finanzielle Lage trist sei. In dieser Situation sei sie zur Pflege und Erziehung des Kindes nicht geeignet bzw. fähig.
Das Erstgericht wies unter Abweisung des gleichlautenden Antrages der Mutter die elterlichen Rechte dem Vater zu, wobei es nach umfangreichen Erhebungen (Einholung von Stellungnahmen der betroffenen Jugendämter, eines psychologischen Sachverständigengutachtens, Einvernahme der Kindeseltern, der väterlichen Großmutter und einer Schwester der Kindesmutter) von folgenden entscheidungswesentlichen Sachverhaltsfeststellungen ausging:
Die Mutter verließ knapp vor Ostern 1986 die eheliche Wohnung und gab dem Vater ihren künftigen Aufenthalt nicht bekannt. Die Minderjährige befand sich damals in Spitalspflege und wurde in der Folge durch den Vater in die Obhut der väterlichen Großmutter nach Parndorf gebracht, wo sie sich seither befindet. Der Vater hat beim Haus seiner Mutter in Parndorf einen Zubau errichtet, in welchen er demnächst übersiedeln will. Die Wohnverhältnisse sind geordnet. Der Vater ist als Monteur mit Schichtarbeit bei der ÖMV in Schwechat beschäftigt. Während seiner beruflichen Abwesenheit wird das Kind von der väterlichen Großmutter vorbildlich betreut, welche dazu auch weiterhin bereit ist. Die Mutter war zunächst zu einem Freund nach Schwechat gezogen. Sie wurde schwanger, wobei vorläufig nicht geklärt ist, ob sie noch von ihrem Ehemann oder von ihrem Freund schwanger ist, die Mutter selbst ist sich diesbezüglich nicht sicher. Die Beziehung der Mutter zum genannten Freund ist zwischenzeitig beendet. Sie kehrte wieder in die Ehewohnung zurück, die sie auch nach der Ehescheidung behalten wird. Die Wohnverhältnisse sind ausreichend. Im Zeitpunkt der Beschlußfassung des Erstgerichtes stand die Mutter kurz vor der Entbindung, sie bezog eine Notstandshilfe von rund S 4.000,-- monatlich. Im Zuge des Scheidungsverfahrens hat sie auf Unterhaltsansprüche gegenüber dem Vater verzichtet, sie hat Schulden in großer Höhe zurückzuzahlen. Die mj. Natascha ist altersentsprechend körperlich entwickelt, kam durch die frühere Berufstätigkeit beider Elternteile frühzeitig in einen Ganztagskindergarten, danach wurde sie zu einem "Schlüsselkind". Nach ihrer Einschulung gab es Schwierigkeiten wegen Linkshändigkeit und Legasthenie, was zur Wiederholung der ersten Schulklasse führte. Danach besuchte Natascha die Klosterschule in Neusiedl am See, wo sie im Halbinternat untergebracht war. Derzeit besucht sie dort die dritte Klasse Volksschule. Ihre schulischen Leistungen haben sich zuletzt sehr gebessert, die psychischen Belastungen sind zurückgegangen. Bis September 1986 hatte das Kind noch bettgenäßt. Das Kind wirkt über sein Alter hinaus reif und erkennt sehr genau "soziale Zusammenhänge". Sie hängt sehr an beiden Elternteilen und wünscht sich deren Versöhnung. Auch zur väterlichen Großmutter hat das Kind eine gute Beziehung. Zur Mutter gibt es nur sporadische Kontakte, wenn der Vater das Kind nach Bruck an der Leitha bringt. Von sich aus hat die Mutter das vorläufig zuerkannte Besuchsrecht (wöchentlich einmal) kaum in Anspruch genommen. Ausgehend von diesem Sachverhalt erachtete das Erstgericht die Zuteilung der elterlichen Rechte und Pflichten an den Vater als dem Wohle des Kindes eher entsprechend. Das Kind habe sich seit der Unterbringung beim Vater erholt und positiv entwickelt und habe dort weitere günstige Entfaltungs- und Entwicklungsmöglichkeiten, wogegen die Mutter in mehrfacher Hinsicht belastet sei. Sie stehe knapp vor der Geburt eines weiteren Kindes, sei völlig auf sich allein gestellt und befinde sich in finanzieller Notlage. Ihre zusätzliche Belastung mit der Pflege und Betreuung des gegenständlichen, ohnedies schon zeitweise problematischen Kindes berge daher nicht verantwortbare Risken.
Der Rekurs der Mutter blieb erfolglos. Das Rekursgericht übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes als unbedenklich und billigte auch dessen rechtliche Beurteilung.
Rechtliche Beurteilung
Gegen den Beschluß des Rekursgerichtes wendet sich der Revisionsrekurs der Mutter mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne der Übertragung der elterlichen Rechte bezüglich der mj. Natascha auf die Mutter; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Die Rechtsmittelwerberin führt aus, seitens des Rekursgerichtes seien bei einer Entscheidung über ihren Rekurs offensichtlich unrichtige Sachverhaltsfeststellungen zugrundegelegt worden. Zum Zeitpunkt der Rekursentscheidung sei entgegen der Feststellung des Rekursgerichtes das Scheidungsurteil bereits rechtskräftig gewesen. Dies bedeute aber, daß ihre persönlichen Verhältnisse durch die Rechtskraft der Scheidung und durch Abschluß eines Scheidungsvergleiches weitgehend geordnet erscheinen. Die mehrfache psychische Belastung, die sie bis zur Scheidung ihrer Ehe zu ertragen hatte, sei nun weggefallen. Die Scheidung der Ehe laut Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 18. November 1986, GZ 52 Cg 133/86, und der anläßlich dieser Scheidung abgeschlossene Vergleich hätten ihre persönlichen Verhältnisse, insbesondere ihre Wohnsituation, geklärt. Die Ehewohnung, in welcher die mj. Natascha bis zur Entfernung durch den Kindesvater gewohnt habe, sei ihr zugesprochen worden. Sie habe in der Zwischenzeit entbunden und nunmehr auch für ihr zweites Kind zu sorgen. Diese wesentlichen Feststellungen habe das Rekursgericht nicht getroffen. Durch die mangelhafte Sachverhaltsfeststellung, weiters durch die Nichteinholung einer Stellungnahme des Bezirksjugendamtes sei der tatsächliche Sachverhalt nicht richtig festgestellt worden, sodaß das Rekursgericht zwangsläufig zu unrichtigen rechtlichen Schlüssen kommen mußte. Hätte das Rekursgericht die nötigen Auskünfte eingeholt, und sich den Akt des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien, GZ 52 Cg 133/86, beigeschafft, hätte es erkennen können, daß die psychische Streßsituation, in welcher sie sich zum Zeitpunkt der Befundaufnahme durch die Kinderpsychologin befunden habe, weggefallen sei. Wenn das Berufungsgericht unrichtigerweise vermeine, die Kinderpsychologin hätte kein Gutachten über sie erstattet, so widerspreche dies dem Inhalt des Gutachtens und auch dem Inhalt der Beschlüsse der ersten und zweiten Instanz. Dort werde sehr wohl über ihren finanziellen und psychischen Zustand geurteilt und daraus geschlossen, daß die Erziehung durch die väterliche Großmutter, welche ja faktisch vorliege, ihrer Erziehung vorzuziehen sei. Dies widerspreche eindeutig der ständigen Judikatur des Obersten Gerichtshofes. Durch die mangelhafte Feststellung sei das Rekursgericht nicht in der Lage gewesen, den relevanten Sachverhalt rechtlich richtig zu überprüfen, sodaß der rechtsirrige Beschluß erlassen worden sei. Wie in wiederholten Entscheidungen ausgesprochen, müßten sehr wohl gewichtige Gründe dafür sprechen, daß einer Mutter die Erziehungsrechte am Kind entzogen werden, wobei nicht ausschließlich finanzielle Aspekte, wie im gegenständlichen Fall, berücksichtigt werden dürften. Die psychische Unterstützung des Kindes und das psychische Wohl der Minderjährigen sei in diesem Fall als gewichtiger Aspekt zu berücksichtigen. Die Minderjährige werde demnächst zehn Jahre alt. Sie komme nunmehr in ein problematisches Alter, in welchem sie sehr wohl die Ratschläge und die psychische Betreuung der Mutter brauche. Es sei, wie vom Obersten Gerichtshof wiederholt festgestellt, eine Erfahrungstatsache, daß vor allem Mädchen im allgemeinen durch die Unterbringung bei der Mutter am besten in ihrer seelischen und geistigen Entwicklung gefördert werden. Sie sei inzwischen von einem weiteren Kind entbunden worden, derzeit im Haushalt tätig, beziehe Karenzgeld und habe daher genügend Zeit, sich beiden Kindern zu widmen. Es sei ein Grundsatz der Rechtsprechung, daß Geschwister nicht getrennt werden sollten. Die mj. Natascha habe bei Zuweisung in Pflege und Erziehung beim Vater keine Möglichkeit, mit dem Neugeborenen einen persönlichen, geschwisterlichen Kontakt herzustellen. Der Grundsatz, daß Geschwister nicht voneinander getrennt werden sollten, sei auch auf Stiefgeschwister anzuwenden, zumal auch das Aufwachsen mit Halbgeschwistern grundsätzlich als förderlich anzusehen sei. Da sohin eine Menge gewichtiger Gründe vorliegen, insbesondere der Umstand für das Wohl der mj. Natascha nicht außer acht gelassen werden könne, daß sie für deren Pflege und Erziehung wesentlich mehr Zeit aufbringen könne, als der Vater, der die Erziehung der Minderjährigen der väterlichen Großmutter überlassen müsse, des weiteren, daß ein zehnjähriges Mädchen sehr wohl der Fürsorge und des Rates der Mutter bedürfe, daß der Grundsatz, daß Geschwister nicht getrennt aufwachsen sollten, verletzt werde sowie auch durch die mangelhaften Feststellungen der Vorinstanzen, daß nach Scheidung der Ehe nun sehr wohl eine Änderung in ihren persönlichen Verhältnissen insoweit eingetreten sei, als der Lebensraum, d.h. die Wohnung, gesichert sei, seien durch die Entscheidungen des Rekursgerichtes die gesetzlichen Regelungen der §§ 144, 177 ABGB verletzt worden. Bei richtigen Feststellungen hätten die Vorinstanzen sehr wohl zu der Überzeugung und rechtlich richtigen Entscheidung kommen müssen, das Pflege- und Erziehungsrecht gemäß den §§ 144, 177 ABGB an die Mutter zu übertragen.
Diesen Ausführungen ist folgendes zu erwidern: Das Rekursgericht hat den Beschluß des Erstgerichtes vollinhaltlich bestätigt. Da es sich somit um eine bestätigende Entscheidung des Rekursgerichtes handelt, wäre ein Revisionsrekurs gemäß § 16 AußStrG nur wegen Nichtigkeit, Aktenwidrigkeit oder offenbarer Gesetzwidrigkeit zulässig.
Mit dem Vorbringen, das Ehescheidungsurteil sei zum Zeitpunkt der Entscheidung des Rekursgerichtes bereits rechtskräftig gewesen und den aus diesem Umstand abgeleiteten Folgerungen hinsichtlich einer Änderung ihrer Lebenssituation vermag die Rekurswerberin jedoch keine Aktenwidrigkeit, nämlich die unrichtige Wiedergabe des Akteninhaltes in einem wesentlichen Punkt (vgl. EvBl 1950/13 ua), aufzuzeigen, da das Rekursgericht in seiner Begründung mit dem Hinweis, das Scheidungsurteil sei noch nicht in Rechtskraft erwachsen, lediglich die - zum Zeitpunkt der Entscheidung des Erstgerichtes richtige - diesbezügliche Feststellung des Erstgerichtes wiedergegeben hat. Das in dieser Richtung erstmalige Rechtsmittelvorbringen der Mutter widerspricht daher dem im Verfahren in einem außerordentlichen Revisionsrekurs nach § 16 AußStrG geltenden Neuerungsverbot (vgl. EvBl 1967/164, NotZ 1970, 70, EFSlg. 47.204 ua).
Auch soweit die Rechtsmittelwerberin vorbringt, das Rekursgericht habe im Widerspruch zur Aktenlage festgestellt, die Sachverständige aus dem Fachgebiet der Kinderpsychologie "hätte kein Gutachten über sie erstattet", in diesem Gutachten werde vielmehr sehr wohl ihr psychischer Zustand und ihre finanzielle Situation erörtert, ist ihr entgegenzuhalten, daß das Rekursgericht im Rahmen der Erledigung der Beweisrüge des Rekurses folgendes ausführte:
"Entgegen den Rekursbehauptungen hat das Erstgericht nicht bloß die räumlichen und materiellen Verhältnisse auf Seiten des Kindesvaters erhoben und festgestellt, sondern diese Verhältnisse durchaus auch auf Seiten der Kindesmutter erhoben und dargelegt. Daß sich die Sachverständige nicht mit der psychischen Situation der schwangeren Kindesmutter auseinandergesetzt hat, vermag keinesfalls einen Verfahrensmangel darzustellen, da eine psychische Exploration oder sonstige Begutachtung der Kindesmutter nicht Gegenstand des Gutachtensauftrages war. Die jeweiligen Aspekte und Auswirkungen der Zuweisung des Kindes zum jeweiligen Elternteil auf das Kindeswohl hat die beigezogene Sachverständige eingehend erhoben, dargelegt und begründet. Gegen die Richtigkeit der diesbezüglichen Gutachtensausführungen vermag auch die Rekurswerberin keinerlei stichhaltige Gründe in ihrem Rechtsmittel anzuführen. Die von der Rekurswerberin behauptete "persönliche Antipathie", die aus dem Gutachten sprechen soll, ist für das Rekursgericht nicht ersichtlich. Daß die Kindesmutter trotz telefonischer Terminvereinbarung von sich aus nicht mithalf, daß die Sachverständige die im Akt nicht ganz richtig angeführte und an der Tür nicht angeschriebene Wohnung der Kindesmutter problemlos finden konnte, ist im Gutachten lediglich erwähnt. Diese Mitteilung entspricht auch nach dem Vorbringen der Rekurswerberin den Tatsachen, sodaß nicht ersichtlich ist, wie weit daraus eine persönliche Antipathie der Sachverständigen gegenüber der Kindesmutter abgeleitet werden sollte. Die genannten Umstände wurden von der Sachverständigen vielmehr ohne jeden tendenziösen Beisatz erwähnt. Daß die Rekurswerberin "als Mutter versagt" habe, daß das Kind "bei ihr verwahrlost wäre", bzw. die bisherige Erzieherin der Kindesmutter "Schuld am schlechten psychischen Zustand des Kindes" gewesen sei, hat das Erstgericht nie behauptet, es hat der Kindesmutter auch nie vorgeworfen, sie sei "eine schlechte Mutter", sie habe sich "nicht um ihr Kind gesorgt". Das Rekursgericht übernimmt daher den vom Erstgericht zugrundegelegten Sachverhalt, der nach umfangreichen Erhebungen, mit deren Ergebnis sich der Erstrichter eingehend und ausführlich auseinandersetzte, unbedenklich festgestellt wurde". Inwiefern das Rekursgericht mit diesen Ausführungen Feststellungen im Widerspruch zum Akteninhalt getroffen haben soll, ist nicht ersichtlich. Die Rechtsmittelausführungen stellen sich vielmehr lediglich als Bekämpfung der Beweiswürdigung des Rekursgerichtes dar, die jedoch in einem Revisionsrekurs nach § 16 AußStrG nicht zulässig ist (vgl. EFSlg. 47.206 uva).
Mit dem Vorbringen, das Rekursgericht habe keine Stellungnahme des Bezirksjugendamtes über die geänderte Lebenssituation der Mutter nach Rechtskraft des Scheidungsurteiles eingeholt und auch den Scheidungsakt nicht beigeschafft, macht die Rechtsmittelwerberin angebliche Verfahrensmängel geltend. Verfahrensmängel können aber in einem Revisionsrekurs nach § 16 AußStrG nur dann geltend gemacht werden, wenn sie das Gewicht einer Nichtigkeit erreichen (vgl. EFSlg. 47.240 ua). Die Unterlassung von Beweisaufnahmen hinsichtlich nach der Beschlußfassung des Erstgerichtes eingetretener Änderungen der Verhältnisse könnte nur dann einen Verfahrensmangel vom Gewicht einer Nichtigkeit darstellen, wenn dadurch die gesamten Entscheidungsgrundlagen umgestoßen oder tragende Grundsätze des Pflegschaftsverfahrens, wie etwa die Beachtung des Kindeswohles, vernachlässigt würden (vgl. EFSlg. 47.254 ua). Davon kann aber im vorliegenden Fall keine Rede sein, weil sich die von der Mutter behauptete Zuweisung der Ehewohnung an sie durch den anläßlich der Scheidung geschlossenen Vergleich - wobei im übrigen bereits das Erstgericht in seinen Feststellungen davon ausgegangen war, daß die Mutter wieder in die Ehewohnung zurückgekehrt sei, die sie auch nach der Ehescheidung behalten werde - und der angebliche Wegfall der psychischen Streßsituation der Mutter nach Beendigung des Scheidungsverfahrens keine so wesentliche Veränderung der Erkenntnisgrundlagen bewirken würde, daß eine Übertragung der elterlichen Rechte an den Vater das Wohl des Kindes erheblich beeinträchtigen könnte. Die Mutter vermochte somit auch keine dem Rekursgericht unterlaufene Nichtigkeit im Sinne des § 16 AußStrG aufzuzeigen.
Die Ausführungen des Revisionsrekurses, mit denen die Mutter darlegen will, daß die Übertragung der elterlichen Rechte hinsichtlich der mj. Natascha an den Vater die Bestimmungen der §§ 144, 177 ABGB verletze, können dem allerdings nicht ausdrücklich geltend gemachten Anfechtungsgrund der offenbaren Gesetzwidrigkeit unterstellt werden.
Offenbare Gesetzwidrigkeit im Sinne des § 16 AußStrG liegt nur in jenen Fällen unrichtiger rechtlicher Beurteilung vor, in denen entweder ein Fall im Gesetz selbst ausdrücklich so klar gelöst ist, daß kein Zweifel über die Absicht des Gesetzgebers aufkommen kann und trotzdem eine damit im Widerspruch stehende Entscheidung gefällt wurde oder in denen das Gericht gegen ein Grundprinzip des Rechts, wie etwa gegen das des Kindeswohls, verstoßen hat (EFSlg. 47.208, 44.648, 42.327, 42.328 uva.). Wurden im Fall einer Entscheidung nach § 177 Abs 2 ABGB alle nach dem Gesetz zu berücksichtigenden Kriterien, insbesondere das Kindeswohl, in die Ermessenserwägungen einbezogen, kann schon begrifflich keine offenbare Gesetzwidrigkeit vorliegen (EFSlg. 44.656, 44.657, 42.340 uva.).
Das Rekursgericht hat zutreffend die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze für die Zuweisung der elterlichen Rechte und Pflichten an einen Elternteil im Sinne des § 177 Abs 2 ABGB dargestellt. Danach ist für diese Zuweisung primär das Wohl des Kindes ausschlaggebend (EFSlg. 45.859 mwH), dagegen haben die Interessen der Eltern gegenüber dem Kindeswohl zurückzutreten. Ob das Kindeswohl bei Zuweisung an den einen oder anderen Elternteil besser gewahrt ist, muß im Rahmen einer Gegenüberstellung der gesamten Umstände bei beiden Elternteilen ermittelt und beurteilt werden. Neben dem materiellen Interesse an einer möglichst guten Verpflegung und Unterbringung ist dabei auch von Bedeutung, wo eine möglichst gute Erziehung und Beaufsichtigung sowie möglichst günstige Voraussetzungen für eine seelische und geistige Entwicklung gewährleistet erscheinen (EFSlg. 43.356). Dabei ist auch zu berücksichtigen, daß bei Regelung der Pflege- und Erziehungsverhältnisse nach Möglichkeit eine Stetigkeit und Dauer anzustreben ist (EFSlg. 45.884). Hiebei ist zwar grundsätzlich der Erziehung durch einen Elternteil der Vorzug vor einer Heimunterbringung einzuräumen, es besteht jedoch kein allgemeiner Grundsatz, wonach Kinder eines bestimmten Lebensalters oder Geschlechtes dem einen oder dem anderen Elternteil zuzuweisen sind. Es sind diesbezüglich vielmehr beide Elternteile zunächst gleichwertig und gleichberechtigt anzusehen. Es besteht insbesondere kein generelles Vorrecht der Mutter bezüglich der Pflege und Erziehung der Kinder (EFSlg. 45.867 mwN). Ein gewisser Vorzug der Mutter wurde lediglich bei Pflege und Erziehung von Kleinkindern bejaht, die der Betreuung durch die Mutter im besonderen Maße bedürfen (EFSlg. 45.868). In anderen Fällen könnte der Mutter erst dann der Vorzug gegeben werden, wenn bezüglich aller übrigen Voraussetzungen eine weitgehende Gleichwertigkeit der Verhältnisse vorliegen würde (EFSlg. 45.870). Auf allfällige Eheverfehlungen der Elternteile ist hingegen bei Entscheidung über die Zuweisung der elterlichen Rechte nicht Bedacht zu nehmen, soweit solche nicht unmittelbar mit dem Kindeswohl im Zusammenhang stehen. In Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall hat das Rekursgericht berücksichtigt, daß das Kind künftig mit dem Vater einen Zubau beim Haus der väterlichen Großmutter bewohnen wird, sodaß die väterliche Großmutter während der berufsbedingten Abwesenheit des Vaters das Kind betreuen kann, was sie auch bisher tadellos getan hat. Die Lebensverhältnisse des Kindes werden daher voraussichtlich auf Dauer geordnet sein, dessen schulischer Erfolg und ihr psychischer Zustand haben sich auch zuletzt bereits merklich gebessert. Die künftigen Möglichkeiten einer ruhigen positiven Entwicklung und Entfaltung des Kindes scheinen daher durch einen Verbleib beim Vater eher gesichert und gewährleistet, als wenn dieses in die Obhut der Mutter käme. Diese befindet sich, wie das Rekursgericht ebenfalls zutreffend erkannte, in einer schwierigen persönlichen und finanziellen Situation. Sie hat nach ihrem Vorbringen im Revisionsrekurs ein weiteres Kind geboren und bezieht derzeit Karenzgeld. Nach den Feststellungen hat sie auf Unterhaltsansprüche gegenüber ihrem geschiedenen Gatten verzichtet, ist durch beträchtliche Schulden finanziell belastet, die Vaterschaft zu ihrem zweiten Kind ist ungeklärt. Sie sieht sich daher umfangreichen Problemen gegenüber, die sich durch die Übertragung der elterlichen Rechte bezüglich der mj. Natascha eher noch vergrößern würden.
Soweit sich die Rechtsmittelwerberin auf die Rechtsprechung bezieht, wonach bei kleineren Kindern der Pflege und der Erziehung durch die Mutter der Vorzug zu geben ist, hat das Rekursgericht bereits zutreffend darauf verwiesen, daß die beinahe zehnjährige mj. Natascha nicht mehr als "Kleinkind" angesehen werden kann. Auch dem Argument, daß bei der Zuweisung der Elternrechte Geschwister nach Möglichkeit nicht getrennt werden sollten, kommt im vorliegenden Fall keine entscheidungswesentliche Bedeutung zu, da das zweite Kind der Rechtsmittelwerberin erst zu einem Zeitpunkt geboren wurde, in welchem sich die mj. Natascha nicht mehr bei der Mutter befand, sodaß die beiden Kinder bisher nicht gemeinsam aufgewachsen sind und daher auch von "Trennung" der Kinder begrifflich nicht gesprochen werden kann.
Zusammenfassend ist daher in keiner Weise zu erkennen, daß das Rekursgericht die bei einer Entscheidung nach § 177 Abs 2 ABGB nach dem Gesetz zu berücksichtigenden Kriterien, insbesondere das Wohl des Kindes, nicht in seine Ermessenserwägungen einbezogen hätte, sodaß, wie oben dargelegt, keine offenbare Gesetzwidrigkeit der Entscheidung des Rekursgerichtes vorliegt.
Die Rechtsmittelwerberin vermochte somit nicht das Vorliegen eines der im § 16 AußStrG angeführten Anfechtungsgründe aufzuzeigen, sodaß ihr Revisionsrekurs zurückgewiesen werden mußte.
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