Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die Beklagten sind zur ungeteilten Hand schuldig, der Klägerin die mit 17.734,37 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin die Umsatzsteuer von 1.612,22 S) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin begehrte von den Beklagten die Bezahlung von 600.000 S s.A. Sie habe ihnen am 11.Jänner 1979 einen Hypothekarkredit von 600.000 S gegen Einverleibung einer Höchstbetragshypothek von 1,000.000 S ob der Liegenschaft EZ 147 KG Reiterndorf, Grundbuch Bad Ischl, gewährt. Für diesen Kredit seien 9 % Zinsen und 5 % Verzugszinsen zu leisten. Die ursprüngliche Laufzeit des Kredites bis 30.November 1983 sei bis 20.Dezember 1984 verlängert worden. Seit diesem Zeitpunkt sei der Kredit zur gänzlichen Tilgung fällig. Er sei bis zur vollen Höhe ausgelastet. Die Beklagten hätten keine Zahlung geleistet, obwohl sie mit dem Schreiben vom 23.Dezember 1985 hiezu aufgefordert wurden. Bis 15. Jänner 1986 seien außer dem Klagebetrag noch 4,756.458 S zur Rückzahlung offen. Die Beklagten hätten gewußt, daß sie ihre Kreditverbindlichkeiten gegenüber der Klägerin nicht würden abdecken können und hätten dieser im Jahre 1985 Verkaufsvollmachten für ihre Liegenschaft und das Inventar des Gasthauses "Grüner Baum" übergeben; sie hätten diese aber dann durch ihren Vertreter widerrufen.
Die Beklagten beantragten die Abweisung des Klagebegehrens. Der Klageanspruch sei noch nicht fällig. Die Klägerin habe auf eine Kündigung des Kredites im Jahr 1986 verzichtet. Außerdem erfolge die Kündigung "zur Unzeit".
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es traf im wesentlichen folgende Feststellungen:
Die Klägerin machte am 15. Dezember 1978 den Beklagten aufgrund eines Antrages vom 14. Dezember 1978 eine Kreditzusage über einen Betrag von 600.000 S zur Finanzierung von Sanierungsmaßnahmen. Der Kredit sollte den Beklagten mit kontokorrentmäßiger Ausnützbarkeit bis 30. November 1983 zur Verfügung gestellt werden. Als Zinsen wurden 9 %, an Verzugszinsen 4 % vereinbart. Die Beklagten waren am 11. Jänner 1979 mit allen Punkten der Hypothekarzusage einvestanden und unterschrieben die vereinbarte Annahmeerklärung. Sie schöpften am gleichen Tage den kontokorrentmäßigen Kreditrahmen zur Gänze aus und überzogen ihn auch. Vereinbarungsgemäß wurde dieser Kredit auf ihrer Liegenschaft EZ 147 KG Reiterndorf unter COZ 13 a sichergestellt. Zu diesem Zeitpunkt waren für die Klägerin bereits Vorpfandrechte von 5,278.000 S einverleibt. 1973 wurde der Wert der Liegenschaft auf etwa 7,450.000 S geschätzt. Derzeit beträgt ihr Wert rund 6,000.000 bis 7,000.000 S. Die Verbindlichkeiten der Beklagten gegenüber der Klägerin betragen rund 5,500.000 S. Der gegenständliche Kreditrahmen wurde bis zum heutigen Zeitpunkt ständig überzogen; es haftet ein wesentlich höherer Betrag als die Klagssumme aus.
Die Beklagten konnten den Kredit bis zum 30. November 1983 nicht zurückzahlen. Auf ihr Ersuchen wurde am 30. November 1983 die Laufzeit des Kredites bis zum 20. Dezember 1984 verlängert. Die Beklagten unterfertigten auch diesen Kreditverlängerungsvertrag eigenhändig. Nach dem 20. Dezember 1984 führten die Parteien diverse Gespräche, um die anstehenden Probleme zu lösen. Zur geplanten Übergabe der Liegenschaft an den Sohn der Beklagten kam es nicht. Eine Verlängerung des Kreditvertrages erfolgte nicht mehr. Die Klägerin machte den Beklagten keine Zusage, mit einer Realisierung des Kredites für eine bestimmte Zeit zuzuwarten. Sie wartete lediglich aus Kostengründen und weil ihr die Beklagten eine Verkaufsvollmacht gegeben hatten, mit der Einbringung der Klage zu. Die Beklagten denken an eine Umschuldung, haben aber lediglich die belastete Liegenschaft mit dem Gasthof "Grüner Baum". Sie machten der Klägerin keine Vorschläge zur Abstattung der Kredite oder zur Umschuldung.
Rechtlich war das Erstgericht der Ansicht, daß der dem Klagebegehren zugrunde liegende Kredit seit 20. Dezember 1984 zur Rückzahlung fällig sei. Das an mutwillige Prozeßführung grenzende Vorbringen der Beklagten ziele offensichtlich nur auf Verschleppung des Verfahrens hin.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten nicht Folge, sondern bestätigte die erstgerichtliche Entscheidung. Es verneinte die geltend gemachten Verfahrensmängel und verwies darauf, daß die Feststellung des Erstgerichtes über den Wert der Liegenschaft der Beklagten von "S 6,000.000 bis 7,000.000" auf der Aussage des Erstbeklagten selbst beruhe. Zu einer stillschweigenden Verlängerung des Kredites auf unbestimmte Zeit sei es nicht gekommen. Das Zuwarten mit der Klageführung könne unter Berücksichtigung der getroffenen Feststellungen noch nicht als ein stillschweigender Verzicht auf die Geltendmachung der Klageforderung gewertet werden. Da die Laufzeit des Kredites abgelaufen und eine Verlängerung desselben nicht erfolgt sei, bedürfe es keiner Kündigung aus einem wichtigen Grund, wie dies im Punkt 5 des bezogenen Vertrages vorgesehen sei.
Gegen die Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich die Revision der Beklagten aus den Anfechtungsgründen des § 503 Abs 1 Z 2 und 4 ZPO mit dem Antrag, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, daß das Klagebegehren abgewiesen werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Klägerin beantragt in der Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Die Beklagten behaupten zunächst Mangelhaftigkeiten des berufungsgerichtlichen Verfahrens, welche jedoch nicht vorliegen, was nicht näher zu begründen ist (§ 510 Abs 3 ZPO). In der Rechtsrüge geben die Beklagten im wesentlichen zu, daß der Kredit ausdrücklich nur bis 20.Dezember 1984 verlängert wurde; sie vertreten aber sinngemäß die Auffassung, daß die Laufzeit des Kredites schlüssig verlängert wurde und die Kündigung unter den gegebenen Umständen eine mißbräuchliche Rechtsausübung darstelle, weil sie "zur Unzeit" erfolgte.
Die Annahme einer schlüssigen Verlängerung der Laufzeit des Kredites lassen die getroffenen Feststellungen nicht zu: Danach wurde die am 30. November 1983 eingetretene Fälligkeit nur bis 20. Dezember 1984 aufgeschoben. Später gab es zwar Gespräche zwischen den Parteien, eine Verlängerung des Kredites erfolgte aber nicht mehr. Aus dem bloßen Zuwarten mit der Klageführung während einer Zeit, innerhalb welcher Sanierungsmaßnahmen des Betriebes der Beklagten in Aussicht standen, könnte allenfalls auf ein schonendes Vorgehen der Klägerin nicht aber auf eine stillschweigende Verlängerung einer die Fälligkeit hinausschiebenden (ändernden) Stundung oder auch nur einer bloß die Geltendmachung hinausschiebenden reinen Stundung geschlossen werden (vgl. NZ 1984, 230 u.a.).
Es ist daher davon auszugehen, daß der Klageführung die Fälligkeit des den Beklagten eingeräumten Kredites zugrundelag. Die Behauptung der Beklagten, daß die Klägerin rechtsmißbräuchlich die Rückzahlung des Kredites fordert, ist nicht stichhältig. Eine Handlung, die im Rahmen der Berechtigung liegt, ist grundsätzlich zulässig (5 Ob 793/81 u.a.). Von einer gegen die guten Sitten verstoßenden mißbräuchlichen Rechtsausübung könnte nur gesprochen werden, wenn demjenigen, der sein vermeintliches Recht ausübt, jedes andere Interesse abgesprochen werden müßte, als das, dem anderen Schaden zuzufügen (Wolff in Klang 2 VI zu § 1295 ABGB; EvBl 1957/381; SZ 44/86; SZ 55/137 u.z.a.). Dies trifft für die Einforderung eines längst fällig gewordenen Kredites grundsätzlich nicht zu.
Das Argument der Härte, das die Beklagten ins Spiel bringen, ist in zweifacher Hinsicht widerlegt: Einerseits räumte die Klägerin bereits einmal eine nicht unwesentliche Verlängerung des Kredites ein und wartete auch mit der Klageführung eine durchaus respektable Zeit zu, sodaß die Beklagten - wenn auch rechtsirrig - die Ansicht vertraten, daß sich die Klägerin bereits des Rechtes auf nunmehrige Geltendmachung verschwiegen hätte; andererseits könnte die Geltendmachung der fälligen Kreditforderung nicht bloß deshalb als "unzeitig" im Sinne einer mißbräuchlichen Rechtsausübung angesehen werden, wenn diese gerade in die Phase der Sanierungsbedürftigkeit des schuldnerischen Betriebes fällt (vgl. Canaris, Kreditkündigung und Kreditverweigerung gegenüber sanierungsbedürftigen Bankkunden ZHR 1979, 115). Hiezu bräuchte es des Nachweises, daß die Klageführung keinen anderen Zweck haben kann, als den, dem Schuldner Schaden zuzufügen (SZ 55/137 u.a.); davon kann aber im vorliegenden Fall, in welchem der Klägerin unter den bedrängten finanziellen Verhältnissen der Beklagten nicht zugemutet werden kann, bei Vorliegen einer Verlustgefahr noch weitere Geldmittel zur Verfügung zu stellen oder deren Rückzahlung zu stunden, nicht gesprochen werden.
Es ist letzten Endes unmaßgeblich, ob die Liegenschaft der Beklagten den Wert repräsentiert, den die Vorinstanzen annahmen oder im Sinne der unter dem Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des berufungsgerichtlichen Verfahrens vorgebrachten Argumente um einiges mehr wert sein könnte. Die Tatsache des von den Beklagten selbst dargelegten finanziellen Engpasses und die Höhe der Belastung ihrer Liegenschaft mit Vorpfandrechten ließen selbst dann, wenn der Wert der Liegenschaft etwas höher einzustufen wäre, die grundsätzliche Berechtigung zur Klageführung nach den dargelegten Gesichtspunkten in keinem anderen Lichte beurteilen.
Der Revision der Beklagten war somit der Erfolg zu versagen. Der Kostenausspruch beruht auf §§ 41, 50 ZPO.
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