OGH 11Os2/87

OGH11Os2/8710.2.1987

Der Oberste Gerichtshof hat am 10.Februar 1987 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Schneider (Berichterstatter) und Dr. Felzmann als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Schopper als Schriftführers in der Strafsache gegen Martin F*** wegen des Vergehens des schweren Diebstahls nach den §§ 127 Abs. 1, 128 Abs. 1 Z 4 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten gegen das Urteil des Kreisgerichtes Krems a.d. Donau als Jugendschöffengerichtes vom 7. Oktober 1986, GZ 8 Vr 567/86-15, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwaltes Dr. Gehart, des Angeklagten Martin F***, des Verteidigers Dr. Paul und der gesetzlichen Vertreter Franz und Ernestine F*** zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 7.Juli 1970 geborene Elektrikerlehrling Martin F*** des Vergehens des schweren Diebstahls nach den §§ 127 Abs. 1, 128 Abs. 1 Z 4 StGB schuldig erkannt. Darnach liegt ihm zur Last, in der Zeit von Anfang Jänner bis Ende Juni 1985 in Gars am Kamp in zahlreichen Angriffen seinen Eltern Franz und Ernestine F*** Bargeld im Gesamtbetrag von mindestens 10.000 S, welches der H***-B*** in Laa an der Thaya gehörte, mit dem Vorsatz weggenommen zu haben, sich durch die Sachzueignung unrechtmäßig zu bereichern. Den Urteilsannahmen zufolge handelte es sich um Erlöse aus Getränkeverkäufen, welche die Mutter des jugendlichen Angeklagten für die genannte Brauerei in einem unternehmenseigenen Gebäude besorgte. Diese Gelder hatte sie bis zur nächsten Abrechnung, gesondert von eigenem Geld, in einem als "Betriebskasse" bezeichneten Behältnis verwahrt, das sie über Nacht in ihre (im selben Haus befindliche) Dienstwohnung brachte. Der Angeklagte Martin F*** bekämpft den Schuldspruch mit einer auf den § 281 Abs. 1 Z 9 lit. a (richtig lit. b) StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde: Der Diebstahl sei im Familienkreis (§ 166 StGB) begangen, ein dementsprechend zur öffentlichen Anklage gemäß § 43 Abs. 1 JGG erforderlicher Antrag des Verletzten auf Verfolgung dieser Jugendstraftat aber nicht gestellt worden. Die Rüge geht fehl.

Rechtliche Beurteilung

Für die Anwendbarkeit des § 166 StGB ist maßgebend, daß die Tat "zum Nachteil" eines der dort bezeichneten Angehörigen begangen wurde. Dabei kommt es nicht auf den Gewahrsam, sondern auf das Eigentum an der gestohlenen Sachen an: Sie muß (objektiv) im Eigentum des Angehörigen des Täters stehen (Leukauf-Steininger Kommentar 2 RN 7, Kienapfel BT II RN 17, Liebscher im WrK Rz. 19 jeweils zu § 166 StGB). Diese Voraussetzung trifft hier nicht zu. Denn das Jugendschöffengericht ging davon aus, daß Ernestine F***, die Mutter des Angeklagten, wenn sie im Betriebsgebäude der H***-B*** in deren Auftrag Getränke verkaufte, das dabei als Erlös eingenommene Geld im Namen und auf Rechnung des Brauereiunternehmens in Empfang nahm. Daraus folgt aber, daß die Brauerei schon unmittelbar beim Eingang der Erlöse und nicht erst bei der Ablieferung aus Anlaß der periodischen Abrechnung das Eigentum daran erlangte (§ 1030 ABGB; Strasser in Rummel, ABGB, §§ 1027-1033 Rdz. 13; vgl. auch SSt. 11/89).

Zu einer die Eigentumsverhältnisse verändernden Vermengung (§ 371 ABGB) von privatem "Wirtschaftsgeld" der Mutter des Angeklagten mit den in der "Betriebskasse" verwahrten Erlösen aus dem Getränkeverkauf konnte es dadurch, daß nach den Urteilsfeststellungen die Frau einerseits aus der "Betriebskasse" gelegentlich Gelder entnahm, sie eigenen Zwecken zuführte und in der Folge wieder ersetzte, anderseits die ihr zustehende Provision bei der Abrechnung mit der Brauerei aus der "Betriebskasse" einbehielt, der Beschwerdeauffassung zuwider schon deshalb keinesfalls kommen, weil durch diese Vorgangsweise dem Inhalt der Betriebskasse nichts hinzugefügt wurde (EvBl. 1967/212).

Da mithin die Eltern des Angeklagten Eigentümer weder der Ware noch des hiefür erlösten Geldes wurden, richteten sich die diebischen Angriffe des Angeklagten - ungeachtet gelegentlicher Geldentnahmen der Ernestine F*** aus der "Betriebskasse" - gegen fremdes Vermögen, nämlich jenes der H***-B***.

Der behauptete Rechtsirrtum haftet daher dem Schuldspruch nicht an, weshalb die Nichtigkeitsbeschwerde zu verwerfen war.

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