OGH 11Os173/86

OGH11Os173/8627.1.1987

Der Oberste Gerichtshof hat am 27.Jänner 1987 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Schneider und Dr. Felzmann als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Kiss als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Johann S*** wegen des Verbrechens des schweren Betruges nach den §§ 146, 147 Abs. 1 und 2 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die von der Generalprokuratur gegen das Urteil des Kreisgerichtes Wels als Schöffengericht vom 3.März 1986, GZ 16 Vr 137/86-10, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, des Generalanwaltes Dr. Rzeszut, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Das Urteil des Kreisgerichtes Wels vom 3.März 1986, GZ 16 Vr 137/86-10, verletzt das Gesetz in der Bestimmung des § 223 Abs. 1 StGB.

Dieses Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, wird im Schuldspruch wegen des Vergehens der Urkundenfälschung nach dem § 223 Abs. 1 StGB (Punkt 3 des Urteilssatzes) und demgemäß auch im Strafausspruch aufgehoben und es wird gemäß den §§ 292, 288 Abs. 2 Z 3 StPO in der Sache selbst erkannt:

Johann S*** wird von der wider ihn erhobenen Anklage, er habe in der Zeit zwischen März 1985 und Jänner 1986 in Wels dadurch eine falsche Urkunde mit dem Vorsatz hergestellt, daß sie im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechtes, eines Rechtsverhältnisses oder einer Tatsache gebraucht werde, daß er sich in einem von Hermine K*** zur Verfügung gestellten Meldezettel fälschlich als Hannes P***, geboren am 26.März 1940, ausgab und den Meldezettel auch mit Hannes P*** unterfertigte, und er habe hiedurch das Vergehen der Urkundenfälschung nach dem § 223 Abs. 1 StGB begangen, gemäß dem § 259 Z 3 StPO freigesprochen.

Für das ihm nach dem unberührt gebliebenen Teil des Urteils weiterhin zur Last liegende Vergehen des schweren Betruges nach den §§ 146, 147 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 StGB wird Johann S*** gemäß dem § 147 Abs. 1 und 2 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 10 (zehn) Monaten verurteilt.

Der Ausspruch über die Anrechnung der Vorhaft und über die Kostenersatzpflicht wird aus dem Ersturteil übernommen.

Text

Gründe:

Mit dem in Rechtskraft erwachsenen Urteil des Kreisgerichtes Wels als Schöffengericht vom 3.März 1986, GZ 16 Vr 137/86-10, wurde der am 26.Februar 1932 geborene Johann S*** unter anderem wegen des Vergehens der Urkundenfälschung nach dem § 223 Abs. 1 StGB schuldig erkannt, weil er in der Zeit zwischen März 1985 und Jänner 1986 in Wels eine falsche Urkunde mit dem Vorsatz hergestellt habe, daß sie im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechtes, eines Rechtsverhältnisses oder einer Tatsache gebraucht werde, indem er sich in einem von Hermine K*** zur Verfügung gestellten Meldezettel fälschlich als Hannes P***, geboren am 26.März 1940, ausgab und den Meldezettel auch mit Hannes P*** unterfertigte (3. des Urteilssatzes). Hiefür sowie für den nach den Punkten 1. und 2. des Urteilssatzes des weiteren ergangenen Schuldspruch wegen des Vergehens des schweren Betruges nach den §§ 146, 147 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 StGB wurde Johann S*** gemäß dem § 147 Abs. 1 (und Abs. 2) StGB unter Bedachtnahme auf den § 28 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer eines Jahres verurteilt. Nach den für den Schuldspruch nach dem § 223 Abs. 1 StGB maßgebenden Urteilsfeststellungen war der Angeklagte in Wels, Kalvarienberggasse Nr. 12 wohnhaft, wo er sich gegenüber der Hauseigentümerin Hermine K*** fälschlich als Hannes P*** ausgab. Mit diesem Namen unterfertigte er auch einen Meldezettel, in dem er als Geburtsdatum fälschlich den 26.März 1940 und als Geburtsort fälschlich Salzburg angab (S 19 in Verbindung mit S 60). Konstatierungen des Inhaltes, daß die falschen Angaben im Meldezettel und die Unterfertigung mit falschem Namen nicht nur Meldezwecken, sondern einer sonstigen Täuschung im Rechtsverkehr dienen sollten, sind dem Urteil nicht zu entnehmen und hätten nach dem Akteninhalt auch nicht getroffen werden können, zumal der Angeklagte eine außerhalb des Meldevorganges beabsichtigte Verwendung im Rechtsverkehr weder bei der Polizei (S 17) noch bei Gericht (S 43, 47) erwähnte. Der Meldezettel verblieb mangels Vorlage bei der Meldebehörde bis zur Verhaftung des Angeklagten im Besitz der Wohnungsvermieterin, bei der er auch sichergestellt wurde (S 21).

Rechtliche Beurteilung

Dieser Schuldspruch wegen des Vergehens der Urkundenfälschung nach dem § 223 Abs. 1 StGB steht mit dem Gesetz nicht im Einklang:

Nach dem § 3 des MeldeG 1972, BGBl. 1973/30, in der zum Tatzeitpunkt (März 1985 bis Jänner 1986) geltenden Fassung hatte sich jeder, der in einer Wohnung Unterkunft nahm, durch Übergabe eines ausgefüllten und unterschriebenen Meldezettels bei der Meldebehörde (Gemeinde oder Bundespolizeibehörde) anzumelden. Dieser vom Meldepflichtigen und vom Unterkunftgeber zu unterfertigende Meldezettel hatte unter anderem Vor- und Zunamen, Geburtsort und -datum, sowie Staatsbürgerschaft des Meldepflichtigen zu enthalten, wobei die Meldebehörde nur die (richtige) Tatsache des Meldevorganges, nicht aber die Richtigkeit der persönlichen Daten zu bestätigen hatte (anders allerdings nach dem § 3 MeldeG in der seit 1. Juni 1986 geltenden Neufassung durch die Meldegesetznovelle 1985, BGBl. 1985/427). Die geplante (aber nicht stattgefundene) Vorlage des inhaltlich falsch ausgefüllten und mit einem falschen Namen unterfertigten Meldezettels an die Meldebehörde diente weder dem Nachweis eines Rechtes, noch eines Rechtsverhältnisses noch einer Tatsache und erfüllte daher nicht die Tatbestandsmerkmale des Vergehens nach dem § 223 Abs. 1 StGB, vielmehr wäre diese Vorgangsweise an Hand der abschließenden Strafbarkeitsregelung des § 16 MeldeG (vgl. auch hier die Neufassung durch die Novelle 1985) verwaltungsstrafrechtlich zu prüfen gewesen (SSt. 50/56, 51/16, zuletzt 10 Os 29/85).

Johann S*** war daher in Stattgebung der von der Generalprokuratur nach dem § 33 Abs. 2 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde vom Anklagevorwurf nach dem § 223 Abs. 1 StGB freizusprechen; die Strafe für den unberührt bleibenden Schuldspruch wegen des Vergehens des Betruges (zwei Fakten mit einer Schadenssumme von insgesamt etwa 16.000 S) nach den §§ 146, 147 Abs. 1 und 2 StGB war nach dem § 147 Abs. 1 und 2 StGB (Strafrahmen bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe) neu zu bemessen. Bei der Strafbemessung waren die einschlägigen, den Voraussetzungen des § 39 StGB genügenden Vorstrafen und die Tatwiederholung als erschwerend und das Geständnis und die teilweise Schadensgutmachung durch Sicherstellung des herausgelockten Gerätes als mildernd zu werten.

Die ausgesprochene Strafe erscheint tat- und schuldangemessen, zumal das kriminelle Schwergewicht auf den (vom Freispruch nicht berührten) Betrugsfakten liegt. Das diesbezüglich einschlägig belastete Vorleben des Angeklagten steht einer bedingten Strafnachsicht entgegen.

Die Anrechnung der Vorhaft und der Kostenausspruch konnten aus dem Ersturteil übernommen werden.

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