Spruch:
Das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 23. Oktober 1984, GZ. 5 d E Vr 5968/84-12, verletzt das Gesetz in der Bestimmung des § 223 Abs. 2 (§ 12) StGB
Dieses Urteil sowie alle darauf beruhenden Beschlüsse, Verfügungen und Anordnungen werden aufgehoben und es wird gemäß § 288 Abs. 2 Z. 3 StPO in der Sache selbst erkannt:
Franz A wird von der gegen ihn erhobenen Anklage, am 16.September 1983 in Wien den abgesondert verfolgten Gert B dadurch, daß er ihn aufforderte, einen mit einem Stempel der Firma 'KURIER'- Zeitungsverlag- und Druckerei Ges.m.b.H. & Co. KG. als Unterkunftgeberin versehenen Meldezettel auszufüllen und der Meldebehörde zur Erlangung eines Meldevisums für Franz A vorzulegen, obwohl in Wahrheit Gert B Unterkunftgeber war, dazu bestimmt zu haben, eine verfälschte Urkunde zum Beweise einer Tatsache zu gebrauchen, und hiedurch das Vergehen der Urkundenfälschung nach § 223 Abs. 2 StGB als Beteiligter nach § 12 StGB begangen zu haben, gemäß § 259 Z. 3 StPO freigesprochen.
Text
Gründe:
Aus den Akten AZ. 5 d E Vr 5968/84 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien und AZ. 21 Bs 586/84 des Oberlandesgerichtes Wien vom 28.Jänner 1985, ergibt sich nachstehender Sachverhalt:
Der bis 1980 als kaufmännischer Angestellter bei der 'KURIER'- Zeitungsverlag- und Druckerei Ges.m.b.H. & Co. KG. beschäftigte Gert B nahm bei Beendigung seines Dienstverhältnisses u.a. mehrere Meldezettelformulare mit, die er mit 'KURIER'-Stampiglien (als Bezeichnung des angeblichen Unterkunftgebers) versehen hatte. Am 16. September 1983 gebrauchte Gert B - von Franz A dazu bestimmt - vorsätzlich einen derartigen Meldezettel, indem er ihn dem Bezirkspolizeikommissariat Alsergrund als Meldebehörde zur Erlangung eines Meldevisums für Franz A bezüglich der Wohnung Wien 9., Seegasse 23/2/22 vorlegte. Dieses Meldevisum wurde auch am selben Tag erteilt. Der Unterkunftgeber war jedoch nicht, wie im Formular angeführte, der 'KURIER', sondern Gert B.
Gert B wurde deswegen mit dem Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 23.Oktober 1984, GZ. 5 d E Vr 5966/84-19, des Vergehens der Urkundenfälschung nach § 223 Abs. 2 StGB schuldig erkannt; aus Anlaß der von ihm dagegen erhobenen Berufung wurde er mit dem Urteil des Oberlandesgerichtes Wien vom 28.Jänner 1985, AZ. 21 Bs 586/84, nach Aufhebung des erstinstanzlichen Urteiles gemäß §§ 477 Abs. 1, 489 Abs. 1 StPO von der gegen ihn erhobenen Anklage gemäß § 259 Z. 3 StPO freigesprochen.
Franz A wurde mit dem Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 23.Oktober 1984, GZ. 5 d E Vr 5968/84-12, schuldig erkannt, am 16.September 1983 in Wien den abgesondert verfolgten Gert B dadurch, daß er ihn aufforderte, einen mit einem Stempel der Firma 'KURIER'-Zeitungsverlag- und Druckerei Ges.m.b.H. & Co. KG. als Unterkunftgeber versehenen Meldezettel auszufüllen und der Meldebehörde zur Erlangung eines Meldevisums für Franz A vorzulegen, obwohl in Wahrheit Gert B Unterkunftgeber war, dazu bestimmt zu haben, eine verfälschte Urkunde zum Beweis einer Tatsache zu gebrauchen und hiedurch das Vergehen der Urkundenfälschung nach § 223 Abs. 2 StGB als Beteiligter nach § 12 StGB
begangen zu haben. Dieses Urteil erwuchs in Rechtskraft.
Rechtliche Beurteilung
Es verletzt das Gesetz in § 223 Abs. 2 (§ 12) StGB
Die von Gert B veranlaßte Ausstellung eines sogenannten 'Meldevisums' für den - ihn dazu bestimmenden - Franz A beruhte auf § 3 des Meldegesetzes 1972, BGBl. Nr. 1973/30. Danach ist jeder, der in einer Wohnung Unterkunft nimmt, grundsätzlich innerhalb von drei Tagen bei der Meldebehörde anzumelden, was durch übergabe des ausgefüllten Meldezettels geschieht. Die Meldebehörde hat die erfolgte Anmeldung durch Einfügen von Datum, Amtsstampiglie und Unterschrift eines Amtsorganes auf dem Meldezettel zu vermerken und hievon zwei Exemplare dem Meldepflichtigen unverzüglich wieder auszufolgen. Durch die Beisetzung des Meldevisums bestätigt die Meldebehörde aber lediglich die (richtige) Tatsache der unter einem bestimmten Namen erfolgten Anmeldung des Meldepflichtigen, aber weder die inhaltliche Richtigkeit der Angaben im allgemeinen noch die Richtikeit des Namens des Meldepflichtigen oder seiner Unterkunft im besonderen. Die Vorlage des ausgefüllten Meldezettels durch die Partei bei der Meldebehörde dient somit nicht dem 'Beweis einer Tatsache', nämlich der Richtigkeit der im Meldezettel enthaltenen Angaben. Der Tatbestand des Vergehens der Urkundenfälschung nach § 223 Abs. 2 StGB (hier in der Begehungsform der Beteiligung nach § 12, zweiter Fall, StGB) ist daher durch das Verhalten des Verurteilten Franz A nicht erfüllt; vielmehr bleiben falsche Angaben bei der nach den Meldevorschriften vorgeschriebenen Anmeldung der Ahndung durch die Verwaltungsbehörde nach § 16 MeldeG. vorbehalten. Da § 16 MeldeG.
jeglichen Verstoß gegen die Bestimmungen dieses Gesetzes, somit auch
die Fälschung der Bestätigung des (vorgetäuschten) Unterkunftgebers
auf dem Meldezettel pönalisiert, ist der Unrechtsgehalt einer
solchen Vorgangsweise, solange sie sich - wie hier - auf den
Meldevorgang als solchen beschränkt, ebenfalls von dem - als
speziellere Norm dem § 223 StGB insoweit vorgehenden -
Verwaltungsstraftatbestand erfaßt (vgl. ÖJZ-LSK. 1980/128 =
EvBl. 1981/16; ÖJZ-LSK. 1979/383 = EvBl. 1980/46 = RZ. 1979/84 =
SSt. 50/56).
Auf diese Rechtsansicht stützt sich auch - zutreffend - das eingangs erwähnte freisprechende Urteil des Oberlandesgerichtes Wien vom 28.Jänner 1985, AZ. 21 Bs 586/84.
Da das Franz A betreffende Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 23.Oktober 1984, 5 d E Vr 5968/84-12, in Rechtskraft erwuchs, war die zu dessen Nachteil unterlaufende Gesetzesverletzung festzustellen und nach Maßgabe des letzten Satzes des § 292 StPO sogleich nach Aufhebung dieses Urteils auf Freispruch zu erkennen.
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