Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird Folge gegeben und die Strafe auf 8 (acht) Jahre herabgesetzt.
Gemäß § 390 a StPO. fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Der am 4.Dezember 1959 geborene Stefan S*** wurde der Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB. (1), der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 und 2 StGB. (2) und der versuchten Bestimmung zur falschen Beweisaussage vor Gericht nach §§ 15, 12, 288 Abs 1 StGB. (4) sowie des Verbrechens des versuchten Totschlags nach §§ 15, 76 StGB. (3) schuldig erkannt.
Nach dem Wahrspruch der Geschwornen hat er in Graz (zu 1) am 5. Februar 1986 Gabriele R*** durch Versetzen von Tritten am Körper verletzt, (zu 2) am 6.Februar 1986 die genannte Frau durch die Äußerung, er werde sie umbringen, wobei er mit einem Küchenmesser heftig gestikulierte, mit dem Tod gefährlich bedroht, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen, (zu 3) am 7.Februar 1986 in einer allgemein begreiflichen heftigen Gemütsbewegung sich dazu hinreißen lassen, zu versuchen, Gabriele R*** zu töten, indem er mit einem Messer ihren Hals zu durchtrennen trachtete, wobei die Tat unvollendet blieb und nur leichte Verletzungen zur Folge hatte, weil Gabriele R*** sich heftig zur Wehr setzte und die Messerklinge abbrach, (zu 4) am 3.März 1986 Gabriele R*** zu bestimmen versucht, als Zeugin bei ihrer förmlichen Vernehmung in der gegenständlichen Strafsache falsch auszusagen, indem er in zwei an seine Brüder Ewald und Harald S*** gerichteten Schreiben diese aufforderte, auf Gabriele R*** einzuwirken, ihre vor der Polizeidirektion Graz gemachten Angaben in der Hauptverhandlung zu widerrufen.
Die Geschwornen hatten die ihnen gemäß § 312 Abs 1 StPO. vorgelegten Hauptfragen I, II und IV (Körperverletzung, gefährliche Drohung, versuchte Bestimmung zur falschen Beweisaussage) bejaht, die Hauptfrage III nach dem Verbrechen des versuchten Mords gemäß §§ 15, 75 StGB. verneint und die korrespondierende Eventualfrage A nach dem Verbrechen des versuchten Totschlags gemäß §§ 15, 76 StGB. bejaht. Weitere Fragen waren nicht gestellt worden.
Rechtliche Beurteilung
Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten stützt sich auf § 345 Abs 1 Z. 6, 8 und 11 lit a StPO.
Unter Z. 6 behauptet der Angeklagte, der in der Hauptverhandlung nach der Verlesung der Fragen (§ 310 StPO.) keinen Antrag auf deren Abänderung oder Ergänzung gestellt hat, daß zu den Hauptfragen I und II, zumindest aber zur Hauptfrage III und zur Eventualfrage A den Geschwornen eine Zusatzfrage nach seiner Zurechnungsunfähigkeit (§ 11 StGB.) hätte unterbreitet werden müssen. Zwar habe ihm das neurologische Gutachten Zurechnungsunfähigkeit nicht attestiert, doch sei die Fragestellung auf Grund seiner aktenkundigen Suizidgefährdung, seiner depressiven Gemütsverfassung, seines labilen Charakters in Verbindung mit Medikamenteneinnahme und Alkoholgenuß sowie auf Grund des Tatablaufs indiziert gewesen (Beschwerdepunkt 1 e).
Zur Hauptfrage I (Körperverletzung) hätte nach der Meinung des Beschwerdeführers zufolge seiner Verantwortung, er habe - krank im Bett liegend - Gabriele R*** nur einen "Schupfer" gegeben, wodurch diese zu Sturz gekommen sei und sich "möglicherweise" die Verletzungen zugezogen habe, eine Eventualfrage nach dem Vergehen der fahrlässigen Körperverletzung gemäß § 88 Abs 1 StGB. und - mangels Vorliegens eines schweren Verschuldens und in Anbetracht des Umstands, daß die Verletzte seine Lebensgefährtin war - eine Zusatzfrage in der Richtung des § 88 Abs 2 Z. 1 (§ 72 Abs 2) StGB. gestellt werden müssen (1 a).
Zur Hauptfrage II (gefährliche Drohung) hätte es einer Zusatzfrage bedurft, ob Gabriele R*** am 6.Februar 1986 seine Lebensgefährtin war und ob sie die Ermächtigung zu seiner Verfolgung erteilt hat (§ 107 Abs 4 StGB.; 1 b).
Zur Hauptfrage III (versuchter Mord) wäre mit Rücksicht auf die physische und psychische Verfassung des Angeklagten zur Tatzeit und den Tatablauf nicht nur die Eventualfrage nach versuchtem Totschlag geboten gewesen, sondern eine weitere nach dem Vergehen der schweren Körperverletzung (§§ 83 Abs 1, 84 Abs 2 Z. 1 StGB.; 1 d). Betreffend die Hauptfrage IV (falsche Beweisaussage) reklamiert der Angeklagte schließlich eine Eventualfrage, "ob es bei diesen Briefen" (aus der Untersuchungshaft) "nicht nur beim Versuch im Sinne des § 15 StGB. geblieben ist" und eine Zusatzfrage dahin, "ob dem Angeklagten nicht .... die irrtümliche Annahme eines rechtfertigenden Sachverhaltes nach dem § 8 oder ein Rechtsirrtum nach dem § 9 StGB. unterlaufen war" (1 c).
Dazu vorweg: Ausschließliche Voraussetzung (LSK. 1986/101) für die Stellung von Fragen nach §§ 313, 314 StPO. ist, daß in der Hauptverhandlung Tatsachen vorgebracht worden sind, die, wenn sie als erwiesen angenommen werden, die Strafbarkeit ausschließen oder aufheben würden bzw. nach denen statt Vollendung nur Versuch oder statt der einen eine andere Beteiligungsform anzunehmen wäre oder nach denen die dem Angeklagten zur Last gelegte Tat unter ein anderes Strafgesetz fiele (siehe Wortlaut der §§ 313, 314 StPO.). Die allgemein gehaltene nicht substantiierte Behauptung irgendeines Umstands genügt diesem Erfordernis nicht, weil die Fragestellung nicht dazu dient (siehe oben: "Tatsachen"), einen Wahrspruch über Mutmaßungen einzuholen (vgl. SSt. 44/29, LSK. 1976/324, 12 Os 127/63).
Zu Punkt 1 e der Beschwerde:
Das Gutachten des der Hauptverhandlung beigezogenen Sachverständigen ist zwar ein Beweisergebnis, keineswegs aber ein "Tatsachenvorbringen" i.S. der §§ 313, 314 Abs 1 StPO., weil der Gutachter auf Grund seines Sachverstands Schlüsse zieht. Das Gutachten allein kann daher nicht Grundlage für die Stellung von Zusatz- oder Eventualfragen sein (siehe abermals LSK. 1986/101). Der Angeklagte hat sich in der Hauptverhandlung, worauf es gemäß §§ 313, 314 StPO. ankommt, nicht darauf berufen, zu den von der Beschwerde erfaßten Tatzeitpunkten nicht zurechnungsfähig gewesen zu sein; vielmehr stellte er seine Zurechnungsfähigkeit und seine Erinnerung gleichbleibend lediglich für die Einvernahme durch die Polizei, bei der er den Mordvorsatz zugestanden hatte, in Abrede (S. 217, 219, 239). Namentlich die der Erwähnung von Erinnerungslücken auf Seite 219 im Hauptverhandlungs-Protokoll unmittelbar vorangehende Schilderung eines Kampfes mit der Lebensgefährtin um das Messer (S. 218 unten) schließt die Auffassung zwingend aus, der Beschwerdeführer habe sich mit Erinnerungslücken betreffend die Tatzeit verantwortet. Eine in Wahrheit nicht gewählte, sondern bloß mögliche Verteidigungsvariante ist aber keine Grundlage für die Fragestellung (neuerlich LSK. 1976/324).
Zu Punkt 1 a der Beschwerde:
Gleiches gilt für die Rüge einer fehlenden Eventualfrage wegen fahrlässiger Körperverletzung. Insoweit hat sich der Angeklagte in der Hauptverhandlung ausdrücklich schuldig bekannt (S. 213, 214) und lediglich die Tathandlung (Versetzen von Schlägen und Tritten) auf "einen Schupfer" reduziert (durch den Gabriele R*** an die Bettkante gefallen und sich dabei die Verletzungen zugezogen haben soll), er hat aber den Verletzungsvorsatz nicht geleugnet (S. 214). Demgemäß erübrigt sich ein Eingehen auf das weitere Vorbringen, mit dem der Beschwerdeführer eine Zusatzfrage punkto Straflosigkeit nach § 88 Abs 2 Z. 1 StGB. moniert, weil § 88 StGB. auf vorsätzliche Körperverletzungen nicht anwendbar ist.
Zu Punkt 1 b der Beschwerde:
Ob die Bedrohte Gabriele R*** (als angebliche Lebensgefährtin des Beschwerdeführers) die Ermächtigung zur Strafverfolgung des Angeklagten wegen der am 6.Februar 1986 gegen sie ausgestoßenen gefährlichen Drohung erteilt hat, ist keine von den Geschwornen zu lösende Tatfrage, sondern eine der Aktenlage zu entnehmende Notorietät betreffend einen "anderen Grund des Prozeßrechts" (siehe § 2 Abs 3 und 5 StPO.) in der Bedeutung des § 311 Abs 1 StPO. Angesichts der - vom Angeklagten im übrigen gar nicht bestrittenen - Erklärung der Gabriele R*** vor dem Untersuchungsrichter, "hinsichtlich dieses Vorfalles" die Ermächtigung zur Strafverfolgung zu erteilen (S. 117 b verso), kommt aber der vom Beschwerdeführer weiter relevierten Frage, ob die Lebensgemeinschaft zwischen ihm und Rieder zur Tatzeit noch bestand (Aussage der Zeugin R*** in der Hauptverhandlung S. 221, 223, 226), keine entscheidungswesentliche Bedeutung mehr zu (siehe § 107 Abs 4 StGB. und S. 117 b verso).
Zu Punkt 1 c der Beschwerde:
In Anspielung auf seine - von den Geschwornen prozeßordnungsgemäß durch Bejahung der Hauptfrage IV nach versuchter Bestimmung zur falschen Beweisaussage abgelehnte - Verantwortung, er habe durch die beiden, während der Untersuchungshaft geschriebenen Briefe Gabriele R*** nicht zu einer falschen Zeugenaussage auffordern, sondern nur erreichen wollen, daß sie "richtig" aussagt, wähnt sich der Beschwerdeführer im Irrtum. Gleichwohl stellt sich das Vorbringen der Sache nach bloß als eine motivierte Bestreitung des Vorsatzes, nicht aber als die Behauptung eines Tatirrtums dar. Worin der in diesem Zusammenhang gleichfalls ins Treffen geführte Rechtsirrtum gelegen sein soll, der das Unrecht der Tat nicht habe erkennen lassen (§ 9 Abs 1 StGB.), ist der Beschwerde ist nicht zu entnehmen.
Soweit der Nichtigkeitswerber eine Eventualfrage verlangt, "ob es bei diesen Briefen nicht nur beim Versuch im Sinne des § 15 StGB. geblieben ist", übersieht er, daß sowohl die Anklage als auch die Hauptfrage IV, somit auch der Wahrspruch und der darauf beruhende Schuldspruch ohnehin auf versuchte Bestimmung zur falschen Beweisaussage vor Gericht nach §§ 15, 12, 288 Abs 1 StGB. lauten.
Zu Punkt 1 d der Beschwerde:
Soweit der Rechtsmittelwerber mit Beziehung auf den Tathergang und die Begleitumstände zur Hauptfrage III nach dem Verbrechen des versuchten Mords - als sich aufdrängende Denkmöglichkeit - eine Eventualfrage in der Richtung der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs 1 84 Abs 2 Z. 1 StGB. verlangt, scheitert die Rüge wiederum am fehlenden Tatsachenvorbringen in der Hauptverhandlung (§ 314 Abs 1 StPO., LSK. 1986/101). In seiner ersten Einvernahme durch die Polizei hat sich der Angeklagte dahin verantwortet, daß er zunächst Gabriele R*** und anschließend sich selbst "umbringen" wollte (S. 25, 27, 29). In der Hauptverhandlung bestritt er nicht nur den Tötungsvorsatz in bezug auf R***, sondern jeden tätlichen Angriff auf sie. Er habe nur sich selbst töten wollen. R*** habe sich möglicherweise bei ihrem Versuch verletzt, diesen Selbstmord zu verhindern und ihm das Messer zu entreißen. Diese Verantwortung in der Hauptverhandlung schließt aber eine Fragestellung an die Geschwornen in der nunmehr angestrebten Richtung aus.
Zu Punkt 2 a der Beschwerde:
Dem grundsätzlichen Einwand, die Rechtsbelehrung sei schon deshalb unrichtig (Z. 8), weil sie "Fachausdrücke", wie "Schutzobjekt", "objektives Tatbild", "subjektiver Tatbestand", "innere Tatseite", "gesetzliches Tatbild", "objektives Merkmal", "qualifizierter Vorsatz", "tatbildmäßiger Erfolg", "deliktischer Sachverhalt", "objektives Deliktsmerkmal", "spezifisch im Sinne des Tatbildes", "Absichtsdelikt", "Tatbildmäßigkeit", "kausal", "sthenische Affekte und asthenische Affekte" und "Bestimmungstäter" verwende, ohne diese mit Ausdrücken aus der Umgangssprache zu erklären, ist folgendes entgegenzuhalten:
Gemäß § 321 Abs 2 StPO. muß die Rechtsbelehrung, für jede Frage gesondert, u.a. eine Darlegung der gesetzlichen Merkmale der strafbaren Handlung, auf die die Haupt- oder Eventualfrage gerichtet ist, sowie eine Auslegung der in den einzelnen Fragen vorkommenden Ausdrücke des Gesetzes enthalten. Daß aber die Rechtsbelehrung, die einleitend zu jeder Frage den Gesetzestext wiedergibt, bezüglich der in den Fragen enthaltenen gesetzlichen Merkmale der strafbaren Handlungen oder der Ausdrücke des Gesetzes zu Mißverständnissen oder zu einer irrigen Auslegung Anlaß geben konnte, wird vom Beschwerdeführer nicht behauptet. Soweit er in der Rechtsbelehrung verwendete, zum Teil fallbezogen definierte (z.B. "Schutzobjekt ist die körperliche Integrität jeder vom Täter verschiedenen Person. Objektives Tatbild ist a ...., b ...."), zum Teil ohnedies erklärte (z.B. "sthenische Affekte, wie Zorn und Aufwallung"; "asthenische Affekte, wie Mutlosigkeit und Verzweiflung") sogenannte "Fachausdrücke", zu deren Erörterung - falls erforderlich - die im Anschluß an die Rechtsbelehrung abzuhaltende Besprechung (sogenannter Rechtsunterricht: § 323 Abs 2 StPO.) Gelegenheit bietet, aus ihrem Satzzusammenhang löst, wird der angerufene Nichtigkeitsgrund (Z. 8), der ein Abstellen auf den gesamten Inhalt und Sinngehalt der Rechtsbelehrung erfordert, nicht zur gesetzmäßigen Darstellung gebracht.
Zu den Punkten 2 b, 2 d und 2 e der Beschwerde:
Verfehlt sind auch die weiteren Einwände, die Geschwornen hätten zur Hauptfrage I (Körperverletzung) darüber belehrt werden müssen, daß eine leichte Körperbeschädigung fahrlässig zugefügt worden sein kann, es wäre - ungeachtet dessen, daß eine Zusatzfrage nach § 11 StGB. nicht gestellt wurde - den Geschwornen auseinanderzusetzen gewesen, daß es jenseits der allgemein begreiflichen heftigen Gemütsbewegung "die Zone der Unzurechnungsfähigkeit durch einen übermächtigen Affekt gibt, dem der Geist des Angeklagten nicht gewachsen war" (2 d, zweiter Absatz), und die Rechtsbelehrung hätte im Zusammenhang mit der Hauptfrage IV (versuchte Bestimmung zur falschen Beweisaussage) einen Hinweis auf §§ 8 und 9 StGB. enthalten müssen (2 e, letzter Teil). Mit diesem Vorbringen übersieht der Beschwerdeführer, daß die Rechtsbelehrung nur die in den gestellten Fragen aufscheinenden Rechtsbegriffe, nicht aber mit ihnen verwandte gesetzliche Denominationen oder das Verhältnis zu anderen Tatbeständen zu erläutern hat.
Soweit mit Beziehung auf den zur Hauptfrage III und zur Eventualfrage A wiedergegebenen Wortlaut des § 15 Abs 3 StGB. (Straflosigkeit des untauglichen Versuchs) die Rechtsbelehrung als falsch bezeichnet und ihr ein "mit den Beweisergebnissen kraß im Widerspruch" stehendes Eingehen auf den "Tatbestand" und nicht auf das angewendete Gesetz vorgeworfen wird (2 d, erster Absatz), ist das Beschwerdevorbringen einer sachlichen Erörterung nicht zugänglich. Gegenstand der Rechtsbelehrung können nämlich nur rechtliche, nicht aber aus dem Beweisverfahren hervorgegangene tatsächliche Umstände sein und die Anführung des Gesetzestextes kann niemals eine Nichtigkeit begründen.
Schließlich versagt der Einwand (2 e, erster Teil), zur Hauptfrage IV sei nicht erläutert, daß auch der Bestimmungstäter (§§ 12, 288 Abs 1 StGB.) "nur dann schuldig sein kann, wenn er sich bewußt ist, die zukünftige Zeugin" vorsätzlich dahin "zu beeinflussen, daß sie nicht die Wahrheit sagen soll". Demgegenüber bringt die Rechtsbelehrung (S. 6 verso) ohnedies in einer auch für Laien verständlichen Form zum Ausdruck, daß Anstifter nur derjenige ist, "der einen anderen dazu bestimmt, eine bestimmte Straftat zu begehen", also vorsätzlich in einem anderen den Entschluß zu einer Straftat (hier: falsche Beweisaussage vor Gericht) weckt. Damit wurde den Geschwornen hinlänglich klar gemacht, daß, wer "überzeugt ist", eine Zeugin habe bereits "falsch ausgesagt" und sie nur dazu bringen will, "die unwahre Erklärung" (wenn auch verspätet im Sinn des § 291 StGB.) wieder "richtigzustellen", nicht als Anstifter anzusehen ist.
Zu Punkt 2 c der Beschwerde:
Aktenwidrig ist das Vorbringen, den Aussagen der Zeugen S*** und R*** sei zu entnehmen, der Angeklagte habe am 6.Februar 1986 Gabriele R*** zunächst in der Wohnung mit einem Messer und (erst später) auf der Straße, während sie schon in einem versperrten Kraftwagen saß, verbal mit dem Umbringen bedroht (S. 225, 232, 235). Daraus können weder für die Fragestellung noch für die Rechtsbelehrung Konsequenzen abgeleitet werden. Daß in der beispielhaften Aufzählung der Rechtsbelehrung von Umständen, die die Rechtswidrigkeit ausschließen (Notwehr, Nothilfe), die Unzurechnungsfähigkeit im Sinn des § 11 StGB. nicht vorkommt, erklärt sich daraus, daß die Zurechnungsunfähigkeit ein Schuldausschließungs- und kein Rechtfertigungsgrund ist. Wie bereits oben ausgeführt, kommt der Frage, ob am 6. Februar 1986 die Lebensgemeinschaft des Beschwerdeführers mit der von ihm Bedrohten noch aufrecht oder schon beendet war, angesichts der jedenfalls vorliegenden Ermächtigung zur Strafverfolgung (§ 107 Abs 4 StGB.: S. 117 b verso) keine entscheidungswesentliche Bedeutung zu. Deshalb stellt auch die diesbezügliche Rechtsbelehrung (Verfolgungsermächtigung "hier nicht notwendig, da Verhältnis beendet war": S. 3) eine Nichtigkeit gemäß § 345 Abs 1 Z. 8 StPO. nicht her. Das Vorgreifen auf die Lösung dieser Tatfrage (siehe dagegen § 321 Abs 2 StPO.) war nicht geeignet, bei den Geschwornen unrichtigen Vorstellungen betreffend die materielle Rechtslage Eingang zu verschaffen.
Zur Rechtsrüge:
Voraussetzung für die erfolgreiche Geltendmachung des angerufenen materiellen Nichtigkeitsgrunds (Z. 11 lit a) ist, daß ein Vergleich der im Wahrspruch festgestellten Tatsachen mit deren Subsumtion im Urteilssatz einen Rechtsirrtum ergibt. Indem der Beschwerdeführer - auch mit dem Versuch, Sinn und Zweck der im Schuldspruch 4 erwähnten Schreiben anders zu deuten, als dies im Verdikt geschehen ist - den Boden der Tatsachenfeststellungen verläßt und mit der Behauptung, die Geschwornen seien zu einer unrichtigen Lösung von Schuldfragen gekommen, bloß die faktische Richtigkeit des Wahrspruchs bekämpft, bringt er die Rüge nicht zur prozeßordnungsgemäßen Darstellung.
Zur Berufung:
Das Geschwornengericht verhängte über den Angeklagten nach § 76 StGB. unter Bedachtnahme auf § 28 StGB. eine Freiheitsstrafe von zehn Jahren. Es wertete bei der Strafbemessung vier auf derselben schädlichen Neigung beruhende Vorstrafen und das Zusammentreffen eines Verbrechens mit drei Vergehen als erschwerend, als mildernd hingegen den Umstand, daß es bei zwei Delikten beim Versuch geblieben ist, die "Erregung zur Tatzeit" und "das Geständnis zum Faktum 1 vor den Polizeibeamten" (ersichtlich gemeint: das zum Teil auch in der Hauptverhandlung, zum Teil aber noch bei der Polizei abgelegte Geständnis).
Der Berufung, mit welcher der Angeklagte die Herabsetzung der Freiheitsstrafe begehrt, kommt Berechtigung zu.
Mit Rücksicht auf die vom Sachverständigen Dr. Z*** attestierte depressive Verfassung des Berufungswerbers, der in einem Zustand der Verzweiflung gehandelt hat (S. 69 ff. und 242 ff.), sowie darauf, daß (auch) das Tötungsdelikt nur bis ins Versuchsstadium gedieh und Gabriele R*** nur eine leichte körperliche Verletzung erlitt, erachtete der Oberste Gerichtshof eine Freiheitsstrafe von acht Jahren für angemessen. In diesem Sinn war der Berufung ein Erfolg zuzuerkennen. Damit ist nicht nur dem Unrechtsgehalt der Taten, sondern auch der Persönlichkeit des Angeklagten, den Tatabläufen und den diesen zugrundeliegenden Einflüssen und Motiven auf der Grundlage des Milderungsumstands des § 34 Z. 1 StGB. hinreichend Rechnung getragen.
Die weiteren in der Berufung behaupteten Milderungsgründe liegen indes nicht vor.
Das abgeführte Beweisverfahren erbrachte keinen Hinweis für eine sehr vernachlässigte Erziehung des Angeklagten (§ 34 Z. 1 StGB.). Der Sachverständige Dr. Z*** attestierte dem Berufungswerber, daß er aus ungünstigen familiären Verhältnissen stamme, weil die Ehe seiner Eltern geschieden sei und zwei seiner fünfzehn Geschwister Selbstmord begangen hätten. Die von der Berufung ins Treffen geführte Unbesonnenheit (§ 34 Z. 7 StGB.) ist mit dem emotionalen Tatbestandsmerkmal des § 76 StGB. schon erfaßt. Aus demselben Grund scheidet § 34 Z. 8 StGB. aus der Betrachtung aus.
Die Tathandlungen wurden - dem Rechtsmittelvorbringen zuwider - auch nicht unter Umständen begangen, die einem Rechtfertigungs- oder Schuldausschließungsgrund nahekommen. Inwiefern im Faktum 4 die Tat in einem die Schuld nicht ausschließenden Rechtsirrtum begangen worden sein soll, vermag die Berufung nicht aufzuzeigen; aus dem Akt ergibt sich hiefür kein Anhaltspunkt.
Da sohin von einem gewichtsmäßig beträchtlichen Überwiegen der Milderungsgründe nicht gesprochen werden kann und darüber hinaus die Aggressionsbereitschaft des Angeklagten die Annahme einer günstigen Prognose nicht zuläßt, war für die Anwendung außerordentlicher Strafmilderung (siehe § 41 Abs 1 Anfang StGB.) kein Raum.
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