OGH 8Ob666/86

OGH8Ob666/8622.1.1987

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Stix als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Kropfitsch und Dr. Zehetner als Richter in der Verlassenschaftssache nach dem am 30.November 1985 verstorbenen Karl S***, infolge Revisionsrekurses der mj. 1) Karl S*** und

2) Elisabeth S***, beide 6700 Bludenz, Sturnengasse 19, vertreten durch die Mutter Renate B***, ebendort, diese vertreten durch Dr. Guntram Lins, Rechtsanwalt in Bludenz, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Feldkirch als Rekursgerichtes vom 6. Oktober 1986, GZ 1a R 392/86-98, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Bludenz vom 11.September 1986, GZ A 340/85-95, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Das Erstgericht verteilte das Vermögen des am 30.11.1985 verstorbenen Karl S*** kridamäßig und wies dabei unter anderem eine restliche Gehaltszahlung der Firma H*** AG im Betrag von S 103.106,--, welche auf ein Treuhandkonto zugunsten der Verlassenschaft erlegt wurde, den zwei ehelichen Kindern mj. Karl und Elisabeth S*** sowie den drei unehelichen Kindern des Erblassers mj. Karin G***, Angelika P*** und Anna Daniela H*** zu je 1/5-Anteil durch Überlassung des restlichen Nachlaßvermögens von S 92.041,68 samt Zinsen zu. Das Erstgericht begründete diese Zuweisung mit dem Hinweis auf Punkt 6 lit g des Handbuches für Mitarbeiter der Firma H***, worin es heißt:

"Gehaltszahlung bei Todesfall:

Stirbt ein Mitarbeiter, wird das Gehalt auf jeden Fall für den Sterbemonat den gesetzlichen Erben ausbezahlt. Stirbt ein verheirateter Mitarbeiter oder ein Mitarbeiter mit Unterstützungspflichten, wird das Gehalt für den Sterbemonat und den folgenden Monat ausbezahlt. Dauert das Anstellungsverhältnis mindestens 5 Jahre, erfolgt die Gehaltszahlung für den Sterbemonat und zwei weitere Monate."

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der ehelichen Kinder mj. Karl und Elisabeth S*** Folge, hob den Beschluß des Erstgerichtes auf und trug diesem die neue Entscheidung nach allfälliger Verfahrensergänzung auf:

Zum Nachlaß des Verstorbenen Karl S*** gehöre lediglich die Gehaltszahlung, auf die dieser bis zu seinem Todestag Anspruch hatte. Bei den darüber hinausgehenden Gehaltszahlungen handle es sich um eine Sonderrechtsnachfolge, zufolge derer die Gehälter den berechtigten Personen direkt zustünden. Die unehelichen Kinder könnten daher im Verlassenschaftsverfahren mangels Vorliegens eines Testamentes keine Ansprüche auf Gehaltszahlungen bis zum Todestag geltend machen. Die ehelichen Kinder könnten nur die bis zum Todestag des Erblassers fälligen Gehaltszahlungen begehren. Gegen die Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich der Revisionsrekurs der durch ihre Mutter vertretenen ehelichen Kinder mj. Karl und Elisabeth S***, in welchem sie die Abänderung des angefochtenen Beschlusses dahin beantragen, daß der gesamte Betrag von S 103.106,-- s.A. an die Firma H*** AG Schaan zurückzuzahlen sei. Inhaltlich bekämpfen sie die Ansicht des Rekursgerichtes, daß der zum Zeitpunkt des Todestages des Erblassers fällige Gehalt in den Nachlaß falle.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist unzulässig.

Auszugehen ist davon, daß die beiden ehelichen Kinder des Verstorbenen, die mj. Karl und Elisabeth S***, den Beschluß des Erstgerichtes nur insofern anfochten, als dieses von der Gehaltsforderung des Verstorbenen gegen die Firma H*** AG, Schaan im Betrag von S 103.106,-- eine Zuweisung von 3/5 - "soweit das Nachlaßvermögen reicht" - der insgesamt noch verbliebenen S 92.041,08, also von S 55.224,65 samt entsprechenden Zinsen an die unehelichen Kinder des Verstorbenen vornahm. Beantragt wurde die Abänderung des erstgerichtlichen Beschlusses dahin, daß diese Gelder der Firma H*** nur den beiden Rekurswerbern als ehelichen Kindern des Genannten zukommen mögen.

Das Rekursgericht hob jedoch den gesamten Beschluß des Erstgerichtes, in welchem auch andere, den Forderungen der Kinder des Erblassers vorrangige Ansprüche durch entsprechende Zuweisung beglichen wurden, auf. Es verstieß damit gegen die in Rechtskraft erwachsenen, unangefochten gebliebenen Teile der erstgerichtlichen Entscheidung: Auch Verfügungen der freiwilligen Gerichtsbarkeit kommt nämlich materielle Rechtskraft zu; sie ist in jeder Lage des Verfahrens zu beachten (SZ 26/15; EvBl 1968/32; NZ 1982, 77 uza). Der Grundsatz der Wahrung der Teilrechtskraft kommt nur dann nicht zur Geltung, wenn der unangefochten gebliebene Teil höchstens scheinbar formell, inhaltlich aber gar nicht selbständig in Rechtskraft erwachsen konnte. Davon kann aber dann nicht gesprochen werden, wenn bereits eine quantitative Scheidung des unangefochten gebliebenen und des angefochtenen Teiles der Entscheidung möglich ist (6 Ob 632/79 ua). Dies ist hier der Fall, weil die ansonsten nicht bemängelte Verteilung des Erstgerichtes durch die Rechtsmittelwerber nur insoweit in Frage gestellt wurde, als sie auch die Zuweisung des vom Erstgericht den unehelichen Kindern zugedachten Betrages von S 55.224,65 samt Zinsen begehrten. Im Revisionsrekurs nehmen die Rechtsmittelwerber jedoch einen gänzlich anderen Standpunkt ein als in ihrem Rekurs. Sie streben nunmehr die Rücküberweisung des Treuhanderlages von S 103.106,-- an die Firma H*** und damit das Gegenteil davon an, was sie im Rekursverfahren verlangten: Dort beantragten sie die Zuweisung auch des zu 3/5 auf die unehelichen Kinder des Erblassers entfallenden Gehaltsteiles aus der Verlassenschaft zu ihren Gunsten und waren mit der Zuweisung der restlichen 2/5-Anteile an sie einverstanden; hier streben sie jedoch die gänzliche Ausscheidung der erlegten Gehaltszahlung aus der Verlassenschaft an, was sie bisher nicht verlangt haben.

Damit fehlt es ihnen aber insoweit an einem Beschwerdeinteresse, als sie nun einerseits mit der Ansicht des Rekursgerichtes übereinstimmen, daß die unehelichen Kinder des Erblassers im anhängigen Verlassenschaftsverfahren bezüglich seiner Gehaltsforderung an die Firma H*** AG überhaupt nicht und auch sie selbst hinsichtlich der bis zum Todestag noch nicht fällig gewordenen Gehaltszahlung nicht zum Zuge kommen können. Soweit sie aber die Ansicht des Rekursgerichtes in Frage stellen, daß sie jedenfalls Anspruch auf den bis zum Todestag des Erblassers fällig gewordenen Gehalt haben, bekämpfen sie im Grunde das, was sie im Rekursverfahren erstrebten, weshalb sie auch durch diesen nach ihrem eigenen Standpunkt ergangenen Entscheidungsteil des Rekursgerichtes nicht beschwert sein können.

Liegt aber nur ein unzulässiger Revisionsrekurs vor, kann eine dem Rekursgericht unterlaufene Nichtigkeit bzw. Teilnichtigkeit seiner Entscheidung vom Obersten Gerichtshof nicht wahrgenommen werden (SZ 39/200; EvBl 1967/223 uza).

Der Revisionsrekurs war somit zurückzuweisen, sodaß es bei der vom Rekursgericht angeordneten gänzlichen Aufhebung des erstgerichtlichen Beschlusses zu verbleiben hat. Das Erstgericht wird im Sinne der ihm vom Rekursgericht überbundenen Rechtsansicht neu zu entscheiden haben, inwieweit die fragliche Gehaltszahlung zum Nachlaßvermögen zählt (vgl. DREvBl 1938/109).

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