OGH 3Ob10/87

OGH3Ob10/8714.1.1987

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Mag. Engelmaier als weitere Richter in der Exekutionssache der erstbetreibenden Partei DIE E*** Ö*** S***-C*** B***, Wien 1., Graben 21, vertreten durch Dr. Gerhard Engin-Deniz, Rechtsanwalt in Wien, und anderer betreibender Gläubiger, wider die verpflichtete Partei Josef A***, Landwirt, Petronell-Carnuntum, Burggasse 189, wegen S 1,062.344,-- sA und anderer Forderungen, infolge Rekurses der erstbetreibenden Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgerichtes vom 31. Oktober 1986, GZ 46 R 685/86-100, womit ihr Rekurs gegen den Beschluß des Bezirksgerichtes Hainburg an der Donau vom 20. Juni 1986, GZ E 16/83-93, zurückgewiesen wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Punkt 1. des Beschlusses des Rekursgerichtes wird aufgehoben.

Dem Rekursgericht wird die neue Entscheidung über den Rekurs der erstbetreibenden Partei unter Abstandnahme von dem gebrauchten Zurückweisungsgrund aufgetragen.

Die Rekurskosten sind weitere Kosten des Rechtsmittelverfahrens.

Text

Begründung

Zur Hereinbringung vollstreckbarer Geldforderungen mehrerer betreibender Gläubiger wurde die Zwangsversteigerung der Liegenschaft EZ 934 KG Petronell bewilligt. Bei der grundstücksweisen Ausbietung im Versteigerungstermin am 9. Mai 1985 wurden für einzelne Grundstücke und für den Grundbuchskörper als Ganzes keine Anbote gemacht. Der Zuschlag wurde nur für einen Teil der Grundstücke des Grundbuchskörpers erteilt, in Ansehung der übrigen Grundstücke wurde das Versteigerungsverfahren mangels Anbots nach § 151 EO eingestellt.

Zur Verteilung des Meistbots für die versteigerten Grundstücke im Betrag von insgesamt S 1,745.000,-- meldete die Hypothekargläubigerin AVA-B*** Gesellschaft mbH ihre Forderung an und beantragte die Feststellung und Einverleibung einer Ersatzhypothek, falls sie damit wegen einer nicht verhältnismäßigen Befriedigung der ihr vorgehenden Pfandgläubiger nicht volle Deckung finde.

Das Erstgericht verteilte das Meistbot, wies der mj. Marion A*** auf ihre in COZ 2a einverleibte Forderung von S 220.000,-- samt Zinsen den Betrag von S 253.000,-- und der führenden betreibenden Partei DIE E*** Ö*** S***-C***-B*** auf ihre in COZ 4a sichergestellte Forderung von S 3,500.000,-- samt Zinsen den Meistbotsrestbetrag von S 1,492.000,-- zur teilweisen Berichtigung zu, stellte im Punkt II. des Meistbotsverteilungsbeschlusses nach § 222 Abs 3 und Abs 4 EO den Ersatzanspruch der nicht zum Zuge kommenden nachstehenden Berechtigten AVA-B*** Gesellschaft mbH mit S 88.107,15 fest und verfügte im Punkt III., daß nach Rechtskraft des Meistbotsverteilungsbeschlusses auf Antrag die Einverleibung des Pfandrechtes für die Ersatzforderung auf den nicht versteigerten Grundstücken im Range des Pfandrechtes COZ 2a einzuverleiben sein werde.

Nur diesen Punkt III. hat die führende betreibende Partei mit ihrem auf ersatzlose Aufhebung abzielenden Rekurs angefochten, weil sie meint, § 222 Abs 4 EO sei dann nicht anzuwenden, wenn (vorerst) nur einzelne Grundstücke der Liegenschaft versteigert wurden, auf der ihr Pfandrecht und das der ihr im Range nachgehenden AVA-B*** Gesellschaft mbH in derselben Rangfolge einverleibt seien. Das Rekursgericht wies dieses Rechtsmittel zurück und sprach aus, daß der Wert des davon betroffenen Streitgegenstandes S 15.000,--, nicht aber S 300.000,-- übersteigt und daß der Rekurs gegen die Zurückweisung nicht zulässig sei, weil bei der klaren Sach- und Rechtslage die Voraussetzungen des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO nicht gegeben seien. Der angefochtene Punkt III. des Meistbotsverteilungsbeschlusses enthalte nur eine Mitteilung oder Absichtserklärung und gestalte das Verfahren nicht. Es handle sich daher nicht um eine gerichtliche Entscheidung, die einer Anfechtung unterliege. Es fehle an der Beschwer der Rekurswerberin. Mit ihrem außerordentlichen Rekurs wendet sich die führende betreibende Partei gegen die Zurückweisung ihres Rechtsmittels. Sie sei dadurch beschwert, daß das Erstgericht der in schlechterem Rang stehenden Hypothekargläubigerin auf den unverkauft gebliebenen Grundstücken ein ihr im Rang vorgehendes Pfandrecht zuerkenne.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist zulässig und berechtigt.

Wohl ist die Anfechtbarkeit eines Entscheidungsvorbehaltes, bloßer Mitteilungen oder bloßer Ankündigungen künftiger Verfügungen zu verneinen (Fasching ZPR Rz 1962; SZ 25/108; EFSlg 44.489 ua.). Das Rekursgericht hat jedoch verkannt, daß das Erstgericht im Meistbotsverteilungsbeschluß in den in untrennbarem Zusammenhang stehenden Punkten II. und III. dem in Heller-Trenkwalder, Die Exekutionsordnung in ihrer praktischen Anwendung 3 zu Nr. 327 (S. 812 ff.) veröffentlichten Muster für einen Verteilungsbeschluß mit Feststellung von Ersatzansprüchen nach § 222 Abs 4 EO folgend, über das Begehren der AVA-B*** Gesellschaft mbH auf Einräumung einer Ersatzhypothek entschieden und nicht etwa bloß mitgeteilt hat, daß es zu einem späteren Zeitpunkt entscheiden werde. Daß nach § 222 Abs 4 Schlußsatz EO die Einverleibung vom Gerichte auf Antrag zu verfügen ist, ändert nichts daran, daß der Beschlußpunkt III. nach Eintritt seiner Rechtskraft die Grundlage für die Einverleibung der Ersatzansprüche der nachstehenden Berechtigten auf dem durch die nicht versteigerten Grundstücke gebildeten Restbestand des Grundbuchskörpers bildet (vgl. Muster Nr. 335 in Heller-Trenkwalder,

Die Exekutionsordnung in ihrer praktischen Anwendung 3 , 840 und Anm. 6).

Das Rekursgericht hat die Rechtsfrage, von der die Beurteilung der Zulässigkeit der Erhebung des Rekurses gegen die Einräumung der Ersatzhypothek abhängt, unrichtig beantwortet, so daß der von der führenden betreibenden Partei erhobene außerordentliche Rekurs auch zulässig ist, weil das Gericht zweiter Instanz von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Anfechtbarkeit gerichtlicher Entscheidungen abgewichen ist und zu Unrecht in der erstgerichtlichen Anordnung keine der Anfechtung unterliegende Entscheidung erblickt hat. Zur konkreten bedeutsamen Frage fehlt überdies eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes. Daraus ergibt sich aus § 78 EO, § 528 Abs 2 und § 502 Abs 4 Z 1 ZPO einerseits die Zulässigkeit des Rechtsmittels, zugleich aber auch seine Berechtigung.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 Satz 2 ZPO in Verbindung mit § 78 EO und den §§ 41 und 50 ZPO (Zwischenstreit).

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