OGH 3Ob622/86

OGH3Ob622/8614.1.1987

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Mag. Engelmaier als weitere Richter in der Rechtssache der Antragstellerin Rosalinde S***, Hausfrau, Köflach, Amselweg 10, vertreten durch Dr. Peter Semlitsch, Rechtsanwalt in Voitsberg, wider den Antragsgegner Adolf S***, Tankstellenpächter, Köflach, Packer-Bundesstraße 40 a, vertreten durch Dr. Heinz Dieter Flesch, Rechtsanwalt in Voitsberg, wegen Aufteilung ehelichen Gebrauchsvermögens, infolge Revisionsrekurses des Antragsgegners gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgerichtes vom 4. August 1986, GZ. 1 R 124/86-29, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Voitsberg vom 6. November 1985, GZ. F 19/84-17, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Antragsgegner ist schuldig, der Antragstellerin binnen 14 Tagen die mit S 5.657,85 bestimmten Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortung (darin S 514,35 Umsatzsteuer) zu ersetzen.

Text

Begründung

Die Ehe der Streitteile wurde mit Urteil vom 13. November 1984 mit dem Ausspruch geschieden, daß das Alleinverschulden den Antragsgegner trifft. Die Antragstellerin beantragt, ihr an der bisherigen Ehewohnung, dem im Eigentum des Antragsgegners stehenden Haus in Köflach, ein unentgeltliches Wohnungsrecht einzuräumen (weitere Anträge sind nicht mehr Gegenstand des Verfahrens). Der Antragsgegner sprach sich gegen die Einräumung eines solchen Wohnungsrechtes aus, wobei er vor allem seine schwierige wirtschaftliche Situation darlegte und die Antragstellerin auf drei von ihm vermittelte Ersatzmietwohnungen verweisen wollte. Das Erstgericht räumte zugunsten der Antragstellerin ein unentgeltliches Wohnungsrecht an allen Wohnräumen des Hauses des Antragsgegners bis 31. Dezember 1994 ein.

Das Gericht zweiter Instanz bestätigte diesen Beschluß und erklärte den Revisionsrekurs an den Obersten Gerichtshof für zulässig. Die Vorinstanzen gingen im wesentlichen von folgenden Tatsachenfeststellungen aus:

Die Ehe wurde im Jahr 1975 geschlossen. Das strittige Haus stand damals schon im Eigentum des Antragsgegners, war aber noch nicht fertig ausgebaut. Das ebenerdige Haus besteht aus einer Wohnküche, 2 Zimmern und Nebenräumlichkeiten. Seit 1977 war die eheliche Gemeinschaft aufgehoben. Die Antragstellerin wohnt mit den beiden ehelichen Kindern Claudia, geboren 1972, und Sonja, geboren 1975, weiterhin in der Ehewohnung, der Antragsgegner in einer gepachteten Tankstelle. Die Antragstellerin ist ohne eigenes Einkommen und auf die Unterhaltsleistung des Antragsgegners von derzeit 4.000 S und für die Kinder 3.000 S monatlich angewiesen. Die elterlichen Rechte für die beiden ehelichen Kinder wurden nach der Scheidung ihr übertragen. Der Antragsgegner verdient monatlich S 25.730,--, ist aber mit rund 1,2 Mio S verschuldet. Er bot der Antragstellerin im Laufe des Verfahrens mehrere Ersatzmietwohnungen an, erklärte sich aber in einem Fall nur zur Zahlung des Mietzinses für zwei Monate bereit, während in zwei anderen Fällen Ablösen von S 100.000,-- und S 120.000,-- zu entrichten gewesen wären, deren Zahlung der Antragsgegner nicht übernehmen wollte.

Wegen der Mittellosigkeit der Antragstellerin und der angespannten finanziellen Lage des Antragsgegners erachteten es die Vorinstanzen als der Billigkeit entsprechend, daß das erwähnte Wohnungsrecht eingeräumt werde, wobei auch auf das Wohl der Kinder und die Gründe der Ehescheidung Bedacht genommen wurde.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs des Antragsgegners ist nicht berechtigt. Er führt im wesentlichen ins Treffen, daß die Entscheidung der Vorinstanzen zu einseitig nur auf die Interessen der Antragstellerin Bedacht nehme und ihm praktisch alle Lasten auferlege. Dem Verschulden an der Ehescheidung werde zu Unrecht Gewicht beigelegt. Es werde nicht berücksichtigt, daß der Antragsgegner Ersatzwohnmöglichkeiten angeboten habe, und vor allem habe sich seine wirtschaftliche Situation noch mehr verschlechtert, als bisher angenommen wurde.

Diesen Ausführungen ist entgegenzuhalten:

Soweit der Antragsgegner immer wieder anführt, daß ihm das strittige Haus schon vor der Eheschließung mit der Antragstellerin gehört habe, ist darauf zu verweisen, daß nach der Vorschrift des § 82 Abs 2 EheG die Ehewohnung, zumindest wenn ein Ehegatte auf deren Weiterbenützung zur Sicherung seiner Lebensbedürfnisse angewiesen ist (EFSlg 43.763), in die Aufteilung auch dann einzubeziehen ist, wenn sie ein Ehegatte in die Ehe eingebracht hat (SZ 54/126 ua). Dies gilt auch für ein Einfamilienhaus, soweit es als Ehewohnung gedient hat (EFSlg 41.362 f).

Mit dem Hinweis auf die angebotenen Ersatzwohnungen ist für den Antragsgegner nichts zu gewinnen, weil diese für die Antragstellerin wirtschaftlich untragbar waren. Solange diese die beiden ehelichen Kinder zu betreuen hat, ist sie nicht in der Lage, einen nennenswerten Mietzins oder eine größere Ablösesumme zu zahlen. Mit der Verweisung auf solche Ersatzwohnungen kann ihr Wohnungsbedürfnis nicht sichergestellt werden.

Wegen der hohen Schulden des Antragsgegners kommt die Auferlegung einer entsprechenden Ausgleichszahlung, damit sich die Antragstellerin eine wirtschaftlich tragbare Ersatzwohnung beschaffen und halten könnte, ebensowenig wie voraussichtlich eine Unterhaltserhöhung in Frage. Die Lösung, der Antragstellerin für die nächsten Jahre, in denen sie noch die ehelichen Kinder zu betreuen hat, ein zeitlich befristetes Wohnungsrecht einzuräumen, entspricht daher der Sachlage (iglS EFSlg 43.789).

Es trifft nicht zu, daß dadurch dem Antragsgegner sozusagen alle Lasten auferlegt werden und nur auf die Interessen der Antragstellerin Bedacht genommen werde. Nach der Beendigung des befristeten Wohnungsrechtes wegen Zeitablaufs kommt der Antragsgegner in den ungeschmälerten Genuß der Liegenschaft, ohne seiner geschiedenen Frau eine Ausgleichszahlung zu schulden. An allem, was der Antragsgegner nach der Eheschließung in die Liegenschaft investiert hat, müßte aber sonst die Antragstellerin in einem angemessenen Verhältnis beteiligt werden; denn auch sie leistete dazu im Sinne des § 83 Abs 2 EheG einen Beitrag dadurch, daß sie den gemeinsamen Haushalt führte und sich der Pflege und Erziehung der gemeinsamen Kinder widmete.

Gerade auch die im Revisionsrekurs zitierte Entscheidung 8 Ob 579,580/84 (= EFSlg 46.350 ff) betont, daß die gesetzliche Regelung das Ziel verfolgt, den geschiedenen Eheleuten die bisherigen Lebensgrundlagen möglichst zu erhalten. Hier wohnte schon mehrere Jahre lang die Antragstellerin mit den Kindern im strittigen Haus, der Antragsgegner aber in der von ihm gepachteten Tankstelle. Diesen Zustand noch einige Jahre aufrechtzuerhalten, zumal eine andere Lösung aus finanziellen Gründen keiner der Parteien zuzumuten ist, entspricht dem wohlverstandenen Interesse beider Teile und der Billigkeit. In diesem Fall ist das Verschulden des Antragsgegners an der Auflösung der Ehe nur mehr von untergeordneter Bedeutung, bei der Billigkeitsentscheidung im Hinblick auf die auch durch dieses Verschulden geschaffene Vermögenssituation (Notwendigkeit zweier Haushalte) aber doch nicht gänzlich außer acht zu lassen (was in dieser Form auch die im Revisionsrekurs zitierte Entscheidung 7 Ob 515/84 = EFSlg 46.364 nicht verneint).

Daß eine weitere Verschlechterung der finanziellen Verhältnisse des Antragsgegners eher für die Entscheidung der Vorinstanzen spräche, wurde schon gesagt. Der Antragsgegner müßte im Rahmen seiner Unterhaltsverpflichtung für die Antragstellerin und die beiden ehelichen Kinder noch mehr belastet werden, wenn diese nicht mehr in der bisherigen Ehewohnung bleiben könnten, sondern für die Kosten der neu zu suchenden Wohnung aufkommen müßten.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 234 AußStrG.

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