OGH 3Ob118/86

OGH3Ob118/8610.12.1986

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Kinzel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Mag. Engelmaier als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei Dr. Renate D***, ohne Beschäftigung, 4400 Steyr, Hanuschstraße 12, vertreten durch Dr. Alois Pavich, Rechtsanwalt in Wien, wider die verpflichtete Partei Mag. Helmut D***, Kaufmann, 1220 Wien, Konstanziagasse 41, vertreten durch Dr. Michael Mayrhofer, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 598.436,- s.A., infolge Revisionsrekurses der betreibenden Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgerichtes vom 5. März 1986, GZ. 46 R 82/86-8, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Floridsdorf vom 27. März 1985, GZ. 9 E 3198/85-1, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die betreibende Partei hat die Kosten des Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung

Am 17.5.1979 nahm Dr. Karl H*** als bestellter Dauersubstitut des öffentlichen Notars Dr. Alfred P*** mit dem Amtssitz in Wien-Simmering zu GZ. 2307 einen Notariatsakt über einen Ehevertrag, Erbvertrag und ein wechselseitiges Testament der seit 3. März 1978 miteinander verheirateten Parteien auf, die darin Dr. Olga Renate D*** und Helmut Rudolf D*** benannt sind.

Die Punkte II. und XIV. Abs. 1 dieses Notariatsaktes lauten:

"II. Während des Bestandes der Ehe wird für die Gattin ein monatlicher Unterhaltsbetrag, unabhängig von deren Einkommen, von 2.000 S (zweitausend Schilling) zuzüglich der jeweiligen Familienbeihilfe, zahlbar im vorhinein am 1. eines jeden Monats vereinbart.

Dieser Unterhaltsbetrag ist nach dem Verbraucherpreisindex Basis 1976 = 100 wertgesichert, wobei als Ausgangsbasis der Monat Mai 1979 herangezogen wird. Der derzeitige Unterhaltsrückstand beträgt 421.936 S

(vierhunderteinundzwanzigtausendneunhundertdreizßigsechs Schilling), welcher von der Ehegattin jederzeit eingefordert werden kann. Ebenso kann ein rückständiger Betrag aus dem Titel der Unterhalts- und Beistandspflicht von 328.656,71 S (dreihundertachtundzwanzigtausendsechshundertfünfzigsechs 71/100 Schilling) zu Gunsten des Ehegatten, welche ebenfalls wie der vorgenannte rückständige Betrag wertgesichert nach dem Verbraucherpreisindex ist, jederzeit geltend gemacht werden."

"XIV. Die Vertragsparteien erteilen ihre ausdrückliche Zustimmung, daß dieser Notariatsakt in Ansehung aller hierin in barem Geld ausgedrückten Schuldverpflichtungen gemäß § 3 der geltenden Notariatsordnung vom 25. Juli 1871, RGBl. Nr.75 sogleich vollstreckbar sein soll."

Am 25.3.1985 beantragte die betreibende Partei beim Erstgericht aufgrund des genannten Notariatsaktes zur Hereinbringung der "vollstreckbaren" Forderungen von 192.000 S (monatlicher Unterhalt "seit" 1.4.1978 bis 1.3.1985 ?) und des Unterhaltsrückstandes von

421.936 S, zusammen daher "597.936 S" (?), der Kosten von 500 S und der Antragskosten die Fahrnisexekution.

Das Erstgericht bewilligte die beantragte Exekution hinsichtlich der Hauptsache, wies jedoch das Begehren hinsichtlich der Antragskosten ab.

Das Rekursgericht gab dem gegen den Exekutionsbewilligungsbeschluß gerichteten Rekurs der Verpflichteten Folge und wies den Exekutionsantrag gänzlich ab, weil der Notariatsakt hinsichtlich der betriebenen Forderungen nicht exekutionsfähig sei. Dabei berief sich das Rekursgericht auf die denselben Notariatsakt betreffende Entscheidung vom 24.4.1985, 3 Ob 31 bis 33/85.

Dagegen richtet sich der auf Abänderung (durch Wiederherstellung der erstgerichtlichen Exekutionsbewilligung), allenfalls auf Aufhebung gerichtete Revisionsrekurs der betreibenden Partei.

Rechtliche Beurteilung

Das Rechtsmittel ist nicht begründet.

Nach § 3 Abs. 1 NO ist der Notariatsakt wie ein vor Gericht abgeschlossener Vergleich exekutionsfähig, wenn a) darin eine Verpflichtung zu einer Leistung oder Unterlassung festgestellt wird, ... b) die Person des Berechtigten und des Verpflichteten, der Rechtstitel, der Gegenstand, die Art, der Umfang und die Zeit der Leistung oder Unterlassung zu entnehmen sind, c) über die Verpflichtung nach lit.a) ein Vergleich zulässig ist, d) der Verpflichtete in diesem oder in einem gesonderten Notariatsakt zugestimmt hat, daß der Notariatsakt sofort vollstreckbar sein soll. Nach § 7 Abs. 1 EO darf die Exekution nur bewilligt werden, wenn aus dem Exekutionstitel unter anderem auch Gegenstand, Art, Umfang und Zeit der geschuldeten Leistung zu entnehmen sind. Voraussetzung und Grundlage der materiellen Vollstreikbarkeit eines wie ein gerichtlicher Vergleich vollstreckbaren im § 3 des Gesetzes vom 25.7.1871, RGBl.No.75, bezeichneten Notariatsaktes (§ 1 Z 17 EO) ist eine vom Verpflichteten ausdrücklich übernommene Verbindlichkeit (Verpflichtung) zu einer im Sinne des § 7 Abs. 1 EO genau bestimmten Handlung oder Unterlassung. Die bloße Feststellung einer solchen Verbindlichkeit genügt ebensowenig wie die Festsetzung einer Rechtslage oder die Regelung eines Rechtsverhältnisses, woraus sich erst die Verpflichtung zu einer Handlung oder Unterlassung ergibt (Heller-Berger-Stix I 64 f., 76 und 96; EvBl. 1954/139; EvBl. 1965/307; EvBl. 1967/161; SZ 44/15, EvBl. 1975/51 ua). Im ersten Absatz des Punktes II. des dem Exekutionsantrag zugrundegelegten Notariatsaktes wurde für die Ehefrau während des Bestandes der Ehe ein von ihrem Einkommen unabhängiger monatlicher Unterhaltsbetrag von 2.000 S zuzüglich der jeweiligen Familienbeihilfe, zahlbar im vorhinein am Ersten eines jeden Monats, "vereinbart".

Damit wurde zwar eine Vereinbarung insbesondere über die Höhe des der Ehefrau gebührenden Unterhaltes getroffen, doch fehlt es an der ausdrücklich übernommenen Verpflichtung des Ehemannes, diese Unterhaltsbeträge auch zu leisten, so daß nur eine Feststellung einer diesbezüglichen Verbindlichkeit vorliegt.

Punkt II. des Notariatsaktes berechtigt die Ehefrau auch, den zu ihren Gunsten festgestellten "derzeitigen" Unterhaltsrückstand von 421.936 S "jederzeit einzufordern".

Dabei handelt es sich um ein vom Ehemann der Ehefrau abgegebenes Schuldbekenntnis im Sinne des § 1 Abs. 1 lit. b Notariatszwangsgesetz.

Ein solches Schuldbekenntnis ermöglicht es, Unterhalt für die Vergangenheit geltend zu machen, was nach ständiger Rechtsprechung (vgl. Reischauer in Rummel, ABGB Rz zu § 1418) normalerweise für nicht zulässig erachtet wird.

Durch das Schuldbekenntnis wurde der einbekannte Rückstand lediglich festgestellt, ohne daß sich der Ehemann dadurch schon zur Leistung dieses Rückstandes an die Ehefrau verpflichtete. Hinsichtlich dieses Schuldbekenntnisses gilt entgegen der Meinung der Rechtsmittelwerberin nichts anderes als hinsichtlich des Schuldbekenntnisses der Ehefrau in der schon von der zweiten Instanz zitierten hg. Entscheidung vom 24.4.1985, 3 Ob 31 - 33/85, ausgeführt wurde.

Eine Leistungsverpflichtung liegt auch nicht darin, daß der Ehemann im Punkt XIV. Abs. 1 dieses Notariatsaktes seine ausdrückliche Zustimmung erteile, daß dieser Notariatsakt "in Ansehung aller hierin in barem Geld ausgedrückten Schuldverpflichtungen gemäß § 3 NO sogleich vollstreckbar sein soll". Diese Erklärung ist lediglich eine Voraussetzung für die formelle Vollstreckbarkeit (Exekutionsfähigkeit) des Notariatsaktes im Sinn des § 3 Abs. 1 lit.d NO (sogenannte "Unterwerfungsklausel":

Holzhammer, Österreichisches Zwangsvollstreckungsrecht 2 57; Touaillon, Die Exekution auf Grund vollstreckbarer Notariatsakte NR 1916, 630) und kann die fehlende Leistungsverpflichtung des Ehemannes nicht ersetzen (Heller-Berger-Stix I 98; EvBl. 1975/51). Da der Notariatsakt hinsichtlich der betriebenen Forderungen nicht exekutionsfähig ist, - dies kann entgegen der Meinung der Rechtsmittelwerberin mit Rekurs gegen die Exekutionsbewilligung geltend gemacht werden (vgl. Heller-Berger-Stix I 439 f) - hat das Gericht zweiter Instanz den Exekutionsantrag mit Recht abgewiesen, so daß dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben war. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 74 und 78 EO sowie den §§ 40, 41 und 50 ZPO.

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