Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Der Kläger ist schuldig, den Beklagten die mit 14.301,18 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 1.920 S Barauslagen und 1.125,56 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Mit zwei zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbundenen Klagen begehrt der Kläger folgendes:
Zu 5 C 157/84 des Bezirksgerichtes für ZRS Graz:
A) die Beklagten schuldig zu erkennen, dem Kläger ein Benützungsentgelt von 208.299 S s.A. zu bezahlen.
B) a) die im Geschäftslokal in Graz, Annenstraße 23, zur Schaffung eines zusätzlichen Halbstockes eingezogene Zwischendecke samt Aufgangstreppe auf Kosten der Beklagten zu entfernen, den früheren Zustand wieder herzustellen und
b) den Bestandgegenstand zu räumen.
Für den Fall der Abweisung des Begehrens B wurde zu C die Aufhebung des zwischen dem Kläger und den Beklagten bestehenden Bestandvertrages begehrt, ferner wird die Verpflichtung der Beklagten zur Entfernung der Zwischendecke samt Aufgangstreppe und zur Wiederherstellung des früheren Zustandes sowie die Räumung des Bestandobjektes beantragt.
Für den Fall der Abweisung auch dieses Begehrens wurde zu D ein weiteres Eventualbegehren gestellt, nämlich die Beklagten schuldig zu erkennen, die Zwischendecke samt Aufgangstreppe auf ihre Kosten binnen einer richterlich zu bestimmenden Frist zu entfernen und den früheren Zustand wieder herzustellen.
Zu 5 C 164/85 des Bezirksgerichtes für ZRS Graz:
A a) die zur Schaffung eines zusätzlichen Halbstockes eingezogene Zwischendecke samt Aufgangstreppe auf ihre Kosten zu entfernen und den früheren Zustand wieder herzustellen.
b) den Bestandgegenstand zu räumen.
Für den Fall der Abweisung wurde zu B die Aufhebung des Bestandvertrages begehrt sowie wiederum die Entfernung der Zwischendecke samt Aufgangstreppe beantragt.
Die Vorinstanzen haben sämtliche Begehren abgewiesen, wobei das Berufungsgericht ausgesprochen hat, daß der Wert des Streitgegenstandes 300.000 S übersteigt. Hiebei gingen sie von folgenden wesentlichen Feststellungen aus:
Der Erst- und die Zweitbeklagte sind die Erben und Rechtsnachfolger des Josef N***, der das Bestandobjekt im Jahre 1934 gemietet hat. Die Drittbeklagte ist eine Kommanditgesellschaft, an der der Erstbeklagte als persönlich haftender Gesellschafter und die Zweitbeklagte als Kommanditistin beteiligt sind. Sie führt das bereits von Josef N*** betriebene Geschäft in den Bestandräumen. Bereits im Jahre 1934 war in den Bestandräumlichkeiten eine Holzzwischendecke eingezogen, die sich jedoch lediglich über den vorderen Bereich (Büro) erstreckte. In den Bereich des Halbstockes führte eine Treppe. 1953 oder 1954 erfolgte der Ausbau des Zwischenstockes in der derzeit vorhandenen Form. Nach Fertigstellung des Umbaues besichtigte der Miteigentümer und Hauseigentümervertreter Dr. Leopold B*** den Umbau und zeigte sich damit einverstanden. Auch nach diesem Umbau wurde seitens der Hauseigentümer ein erhöhter Mietzins nicht vorgeschrieben. Am 20.5.1958 kaufte die Firma M*** E*** & Co. KG das Haus. Persönlich haftende Gesellschafter der Käuferin waren der Kläger und Erika I***. Einige Zeit danach besichtigte der Kläger das Geschäftslokal. Bei dieser Besichtigung war er auch im Zwischenstock und nahm den damals bereits im Betrieb befindlichen Gasradiator wahr. In den folgenden Jahren kam er immer wieder in die Geschäftsräume der Beklagten. Nunmehr ist der Kläger (nach seinen Angaben seit 1976) Alleineigentümer des Hauses.
Die Elektroinstallationen des Lokales sind ordnungsgemäß verlegt. Im Geschäftslokal befindet sich auch ein Gasradiator. In der Nähe dieses Gasradiators war ursprünglich ein Regalbrett angebracht, das inzwischen entfernt worden ist. Der Gasradiator wird von den Beklagten lediglich im gedrosselten Zustand und nur während der Betriebszeit des Geschäftes benützt. Anzeichen einer akuten Brandgefahr durch den bisherigen Betrieb des Gasofens sind nicht vorhanden. Die Vorschriftswidrigkeit der Aufstellung des Ofens ist einem Laien nicht erkennbar. Seitens des zuständigen Rauchfangkehrers erfolgten, bis in das Jahr 1970 zurück verfolgt, nie Beanstandungen. Es waren auch an den im unmittelbaren Bereich des Gasradiators befindlichen Holzteilen keine Verkohlungen, Ankohlungen oder sonstige Hinweise für eine gefährliche Hitzeentwicklung erkennbar.
Im Falle eines Brandes käme es unter ungünstigsten Umständen, wie längerer Dauer des Brandes, möglicherweise zu einer Beschädigung der Betondecke. In dieser Hinsicht würde sich allerdings zumindest keine wesentliche Änderung ergeben, wenn die Geschäftsräume nur im Parterre ausgebaut wären.
Rechtlich führten die Vorinstanzen aus, die Einziehung einer Zwischendecke sei dem jeweiligen Hauseigentümer seit den 50er-Jahren bekanntgewesen, ohne daß sie untersagt worden wäre. Insbesondere habe der Kläger, vorerst als persönlich haftender Gesellschafter des seinerzeitigen Hauseigentümers und seit 1976 als Alleinhauseigentümer des Bestandobjektes diesen Zustand gekannt und durch viele Jahre nichts dagegen unternommen. Aus diesem Grunde müsse von einer Genehmigung des entsprechenden Umbaues ausgegangen werden. Der derzeitige Zustand des Bestandobjektes könne nicht als gefährlich angesehen werden. Ob eine Gefährlichkeit vor der Entfernung des Regalbrettes beim Gasradiator anzunehmen gewesen wäre, spiele keine Rolle, weil eine solche Gefährlichkeit für den Mieter nicht erkennbar gewesen wäre. Demnach hätte es die Verkehrsübung geboten, daß der Vermieter vor einer Auflösungserklärung den Mieter aufgefordert hätte, den ordnungsgemäßen Zustand herzustellen. Ob die Zwischendecke baubehördlich genehmigt worden sei, spiele keine Rolle, weil deren Entfernung nur dann von den Mietern begehrt werden könnte, wenn die Decke ohne Genehmigung des Vermieters errichtet worden wäre. Dies sei hier nicht der Fall.
Einen höheren Mietzins habe der Vermieter trotz Kenntnis der Zwischendecke nie begehrt. Vor allem sei aber das auf § 1041 ABGB gestützte Zahlungsbegehren deshalb nicht gerechtfertigt, weil zwischen den Streitteilen ein Vertragsverhältnis bestehe, das einen Anspruch nach § 1041 ABGB ausschließe.
Rechtliche Beurteilung
Die vom Kläger gegen die Entscheidung des Berufungsgerichtes wegen Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens, Aktenwidrigkeit und unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobene Revision ist nicht gerechtfertigt.
Die behauptete Aktenwidrigkeit ist schon deshalb nicht gegeben, weil das Berufungsgericht nicht ausgeführt hat, der Kläger habe im erstgerichtlichen Verfahren überhaupt keine Verfahrensrüge erhoben, sondern nur, er habe die Aufnahme von Beweisen ohne entsprechenden Beweisbeschluß nicht gerügt. Daß diese Ausführungen des Berufungsgerichtes richtig sind, zeigt sogar die wörtliche Wiedergabe der Rüge des Klägers in der Revision.
Das Berufungsgericht hat sich nicht nur formell, sondern auch materiell sehr eingehend mit der Mängelrüge der Berufung auseinandergesetzt. Es gelangte hiebei zu dem Ergebnis, daß die behaupteten Verfahrensmängel nicht gegeben sind. Demnach scheidet das neuerliche Aufrollen dieser Frage in der Revision aus (SZ 27/4, EvBl.1969/263 u.a.). Im übrigen unternimmt der Kläger mit seiner Mängelrüge, ebenso wie mit einem Teil seiner Rechtsrüge, den unzulässigen Versuch einer Bekämpfung der vorinstanzlichen Tatsachenfeststellungen. Der Oberste Gerichtshof, der nicht Tatsacheninstanz ist, ist nämlich an die vorinstanzlichen Feststellungen gebunden.
Im Zuge des Revisionsverfahrens konnten nach Überprüfung der Aktenlage weder Verfahrensmängel noch eine Aktenwidrigkeit festgestellt werden (§ 510 Abs.3 ZPO).
Wie bereits oben dargelegt, unternimmt der Kläger mit einem Teil der Rechtsrüge den unzulässigen Versuch einer Bekämpfung der vorinstanzlichen Tatsachenfeststellungen. Dies gilt insbesondere für jene Ausführungen der Revision, denenzufolge der derzeitige Bauzustand eine akute Gefahr für das Gebäude darstellen soll. Gerade das Gegenteil wurde von den Vorinstanzen festgestellt. Ferner wird, zumindest unterschwellig, versucht, jene Feststellungen zu bekämpfen, aus denen sich ergibt, daß der Kläger seit den 50er-Jahren Kenntnis vom derzeitigen Zustand des Geschäftslokales hatte. Auch hier ist auf die Feststellungen der Vorinstanzen zu verweisen.
Schließlich ist der Revision entgegenzuhalten, daß es sich bei dem Vorbringen, die Baubehörde habe dem Kläger die Herstellung des ordnungsgemäßen Zustandes aufgetragen und die Ersatzvornahme angedroht, um eine im Revisionsverfahren unzulässige Neuerung handelt.
Geht man von den vorinstanzlichen Feststellungen aus, so kommt der Rechtsrüge keine Berechtigung zu.
Es ist unzutreffend, daß das Berufungsgericht seine rechtliche Beurteilung bezüglich vorhandener Mängel ausschließlich auf den Zeitpunkt des Lokalaugenscheines abgestellt hat. Vielmehr hat es die Möglichkeit eines gefährlichen Zustandes zum Zeitpunkt der Auflösungserklärung nicht ausgeschlossen, jedoch dargelegt, daß dieser Zustand inzwischen behoben worden ist. Aus seiner rechtlichen Beurteilung ergibt sich, daß es die Rechtsansicht vertritt, ein früherer, allenfalls gefährlicher Zustand wäre im konkreten Fall kein geeigneter Auflösungsgrund im Sinne des § 1118 ABGB. In diesem Punkte ist der berufungsgerichtlichen Rechtsansicht beizutreten. Ein erheblich nachteiliger Gebrauch der Bestandsache im Sinne des § 1118 ABGB liegt nämlich nur vor, wenn er dem Mieter oder der Person, für die er einzutreten hat, bei gewöhnlichen Fähigkeiten erkennbar sein mußte (MietSlg.35.349, 34.412, 32.332 u.a.). Nach den getroffenen Feststellungen mußte die allfällige Gefährlichkeit dem Mieter nicht bekannt sein. Eine vorhergehende Abmahnung des Mieters ist zwar im Gesetz nicht ausdrücklich normiert, sie kann aber in besonders gelagerten Fällen ein Erfordernis redlicher Rechtsausübung sein. Die Abmahnung ist dann ein Erfordernis redlicher Rechtsausübung, wenn dem Bestandnehmer die Schädlichkeit des Gebrauches nicht ohne weiters erkennbar ist (MietSlg.24.167, 23.186, 23.184 u.a.). Nach den getroffenen Feststellungen mußte die allfällige Schädlichkeit der Art der Aufstellung des Radiators den Mietern nicht bekannt sein. Demnach hätte dieser Umstand eine Auflösungserklärung des Bestandgebers nur rechtfertigen können, wenn die Mieter abgemahnt worden wären und dieser Abmahnung nicht entsprochen hätten. Inzwischen haben die Mieter jedoch einen für das Bestandobjekt nicht mehr akut gefährlichen Zustand hergestellt. Daß die Mieter aber vom Vermieter vor Abgabe der Auflösungserklärung abgemahnt worden wären und nach dieser Abmahnung während eines nicht gerechtfertigten Zeitraumes nicht reagiert hätten, hat der Kläger nicht einmal behauptet.
Daß der Kläger während des Zeitraumes, in dem sein Vermögen unter Zwangsverwaltung stand (1977 bis 1984), zu einer Aufkündigung aktiv nicht legitimiert gewesen wäre, spielt keine Rolle, weil ihn ein abgeleiteter Erwerb des Bestandobjektes nicht berechtigt hätte, bestehende Bestandverträge inhaltich zu ändern. Nun ergibt sich aber aus den getroffenen Feststellungen, daß dem vormaligen Vermieter (eine Personenhandelsgesellschaft, an der der Kläger als persönlich haftender Gesellschafter beteiligt war) seit Ende der 50er-Jahre der nunmehr bestehende Zustand bekannt war und daß er gegen diesen Zustand nie Widerspruch erhoben hat. Vor allem ist darauf hinzuweisen, daß der Kläger, als seinerzeit persönlich haftender Gesellschafter des damaligen Hauseigentümers, selbst Kenntnis von diesem Zustand hatte. Daß ein derartiges Verhalten des Vermieters den Mieter zur Annahme berechtigt, daß von ihm vorgenommene bauliche Veränderungen als vom Vermieter genehmigt anzusehen sind, hat das Berufungsgericht richtig erkannt. Diesbezüglich kann auf seine Ausführungen und die dort enthaltene Judikatur verwiesen werden. Geht man aber von dem Ende der 50er-Jahre aus, so spielt es keine Rolle, daß der Rechtsnachfolger des seinerzeitigen Vermieters in der Zeit von 1977 bis 1984 nicht legitimiert gewesen wäre, eine Kündigung einzubringen oder eine Auflösungserklärung abzugeben. Die durch stillschweigende Genehmigung bewirkte inhaltliche Änderung des Mietvertrages war nämlich infolge der langjährigen Duldung des bestehenden Zustandes durch den Vermieter im Jahre 1977 längst erfolgt, wobei nur der Vollständigkeit halber erwähnt sei, daß der Kläger nach seinen eigenen Angaben schon seit 1976 Alleineigentümer des Hauses ist.
Geht man aber davon aus, daß der derzeit bestehende Zustand des Mietobjektes Gegenstand des Mietvertrages geworden ist, so berechtigte das bloße Fehlen der baubehördlichen Bewilligung der vorgenommenen Umgestaltung allein den Vermieter nicht nur nicht zur Auflösung des Mietverhältnisses, sondern auch nicht dazu, vom Mieter die Wiederherstellung des früheren Zustandes zu verlangen. Fehlen die zum bedungenen Gebrauch erforderlichen baubehördlichen Bewilligungen, so hat sie nämlich der Bestandgeber zu verschaffen (SZ 40/103, EvBl.1977/265 u.a.). Diese Verpflichtung trifft den Bestandgeber selbst dann, wenn die Genehmigungspflicht nur eine Folge von Änderungen ist, die der Bestandnehmer mit Zustimmung oder Duldung des Bestandgebers am Bestandgegenstand vorgenommen hat (MietSlg.18.162 u.a, Würth in Rummel Rdz 8 zu § 1096). Ob die Rechtslage anders wäre, wenn dem Vermieter die von ihm angestrebte baubehördliche Bewilligung versagt worden und eine solche Bewilligung keinesfalls zu erlangen wäre, muß hier nicht erörtert werden, weil derartiges im Verfahren erster Instanz nicht festgestellt worden ist. Das diesbezügliche Vorbringen in der Revision ist, wie bereits oben dargelegt wurde, eine unzulässige Neuerung.
Welche gesetzliche Bestimmung den Vermieter berechtigen könnte, für eine bauliche Umgestaltung des Bestandobjektes, die er seit vielen Jahren kannte, plötzlich einen erhöhten Mietzins zu verlangen, ist nicht ersichtlich. Der Hauptmietzins wird für ein Bestandobjekt als Ganzes und nicht für die Art seiner Verwendung begehrt und berechnet. Eine Änderung der Nutzfläche könnte allenfalls gemäß § 17 MRG den Anteil an den Gesamtkosten des Hauses verändern. Über ein derartiges Begehren wäre jedoch gemäß § 37 Abs.1 Z 9 MRG im Verfahren außer Streitsachen zu entscheiden (§ 37 Abs.3 MRG). Im übrigen begehrt der Kläger gar nicht die sich aus einer anderen Verteilung der Gesamtkosten ergebenden Beträge. Er stützt sein Zahlungsbegehren ausschließlich auf § 1041 ABGB. Wie das Berufungsgericht zutreffend ausführt, muß ein solches Begehren schon daran scheitern, daß zwischen den Streitteilen ein Vertragsverhältnis besteht (JBl.1986, 235, SZ 52/110, SZ 52/79 u.a.). Dem Berufungsgericht ist demnach auch in rechtlicher Hinsicht ein Irrtum nicht unterlaufen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.
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