OGH 1Ob692/86

OGH1Ob692/8617.11.1986

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert, Dr. Gamerith, Dr. Hofmann und Dr. Schlosser als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj. Alexandra G***, geboren am 5. August 1982, infolge Revisionsrekurses des Vaters Alexander G***, Oberkellner, Graz, Reininghausstraße 50, gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Graz als Rekursgerichtes vom 11. September 1986, GZ. 3 R 150/86-30, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes für ZRS Graz vom 2. April 1986, GZ. 18 P 32/86-15, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Die Mutter der Minderjährigen, Genoveva G***, deren Ehe mit dem Vater des Kindes am 10. Juli 1986 geschieden wurde, beantragte, ihr die elterlichen Rechte zu übertragen. Der Vater sprach sich dagegen aus und stellte den Antrag, die elterlichen Rechte ihm zuzuteilen. Das Erstgericht übertrug die elterlichen Rechte der Mutter und wies den Antrag des Vaters ab. Es stellte fest, das Kind sei während der berufsbedingten Abwesenheit der Mutter - sie sei Familienhelfer der Caritas gewesen - der Obhut der Eltern des Vaters anvertraut, aber an den Wochenenden von der Mutter betreut und versorgt worden. Nunmehr sei die Mutter nach Neu-Finsing (Bundesrepublik Deutschland) verzogen und habe dort eine Zweizimmerwohnung bezogen, so daß für die Betreuung des Kindes in ihrem Haushalt genügend Platz vorhanden sei. Sie sei zwar arbeitslos, suche jedoch bereits eine geeignete Beschäftigung und bemühe sich auch um einen Platz im öffentlichen Kindergarten des Ortes. Der Vater sei Oberkellner im Bahnhofsrestaurant in Graz und infolge beruflicher Auslastung außerstande, das Kind selbst zu betreuen; er müßte es daher seinen Eltern überlassen. Aus psychologischer Sicht sei der Mutter der Vorzug zu geben, weil sie zum Kind eine gute Beziehung habe und entschlossen sei, für das Kind zu sorgen und ihm eine stabile Umgebung zu bieten.

Daraus schloß das Erstgericht, dem Kind gereiche die Übertragung der elterlichen Rechte an den Vater deshalb nicht zum Vorteil, weil er es nur gelegentlich bei seinen Eltern besucht habe, während zwischen Mutter und Kind eine gute Beziehung bestehe. Überdies müsse der Vater die Pflege und Erziehung seinen Eltern überlassen, wogegen die Mutter das Kind selbst betreuen und versorgen könne. Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluß. Es stellte aufgrund der Erhebungen des Kreisjugendamtes Erding (Bundesrepublik Deutschland) ergänzend fest, die Mutter lebe seit Februar 1986 mit ihrem Lebensgefährten Leopold B*** in dessen aus Küche, zwei Zimmern, Bad und WC bestehenden Wohnung, die zwar nur spärlich mobliert, aber sauber gehalten sei. Seit einigen Monaten verdiene die Mutter als Küchenhilfe in einer Münchner Privatklinik DM 1.200 brutto monatlich. Angesichts der übernommenen Verpflichtung zur Zahlung von Schulden aus der Ehe sei die finanzielle Lage der Mutter angespannt, so daß sie insoweit von ihrem Lebensgefährten abhängig sei. Für die Zeit ab September 1986 sei ihr für das Kind ein Kindergartenplatz zugesichert. Die Mutter hänge an dem Kind; sie sei auch in der Lage, sich in dessen Empfindungen einzufühlen und ihre Pläne dementsprechend auszurichten. Die Partnerschaft mit ihrem Lebensgefährten verlaufe anscheinend harmonisch.

In rechtlicher Hinsicht führte das Rekursgericht aus, bei der nach § 177 Abs. 2 ABGB zu treffenden Entscheidung über die Zuweisung der elterlichen Rechte seien die hiefür maßgeblichen Umstände beim Vater und bei der Mutter einander in ihrer Gesamtheit gegenüberzustellen. Neben dem materiellen Interesse an möglichst guter Verpflegung und Unterbringung müßten auch eine möglichst gute Erziehung und Beaufsichtigung sowie möglichst günstige Voraussetzungen für die seelische und geistige Entwicklung des Kindes gesichert sein. Unter Bedachtnahme auf diese Grundsätze beständen keinerlei Bedenken, die elterlichen Rechte der Mutter zu übertragen. Abgesehen davon, daß Kleinkinder, vor allem Mädchen, in erster Linie bei der Mutter unterzubringen seien, spreche für diese insbesondere, daß sie das Kind selbst betreuen könne, während es der Vater seinen Eltern überlassen müßte; die persönliche Betreuung durch die Mutter sei grundsätzlich vorzuziehen. Umstände, welche die Überlassung des Kindes an die Mutter nicht angezeigt erscheinen ließen, seien nicht hervorgekommen. Somit entspreche, ohne daß es erforderlich wäre, die Verhältnisse bei den Eltern des Vaters noch näher zu erheben, die Zuteilung der elterlichen Rechte an die Mutter am besten dem Wohl des Kindes.

Rechtliche Beurteilung

Der vom Vater beim Erstgericht zu Protokoll erklärte Revisionsrekurs ist nicht zulässig.

Das Rechtsmittel gegen eine bestätigende Entscheidung des Rekursgerichtes ist im Verfahren außer Streitsachen nur soweit zulässig, als es sich auf die im § 16 Abs. 1 AußStrG genannten Anfechtungsgründe stützen kann, und zurückzuweisen, wenn nicht erkennbar ist, worin eine offenbare Gesetzwidrigkeit, Aktenwidrigkeit oder Nullität gelegen sein soll. Der Revisionsrekurs erschöpft sich in der Behauptung neuer Tatsachen aus der Zeit nach der erstinstanzlichen Beschlußfassung; hiezu genügt der Hinweis, daß solche in einem nach § 16 Abs. 1 AußStrG zu beurteilenden Rechtsmittel unzulässig sind (EFSlg. 47.205 uva). Nach der Rechtsprechung (ÖA 1985, 77; RZ 1973/194 uva) ist es zwar offenbar gesetzwidrig, wenn in die Ermessenserwägungen bei der Entscheidung über die Zuteilung der elterlichen Rechte nicht alle nach dem Gesetz zwingend vorgeschriebenen Kriterien einbezogen und insbesondere Erwägungen über Persönlichkeit und Eigenschaften der Eltern nicht angestellt wurden; gerade diese für die Entscheidung gemäß § 177 Abs. 2 ABGB ausschlaggebenden Umstände hat das Rekursgericht aber eingehend gewürdigt und vor allem hervorgehoben, daß die Mutter das dreijährige Kind persönlich betreuen und versorgen kann, während es der Vater der Obhut seiner Eltern überlassen müßte (vgl. ÖA 1985, 77; 1 Ob 586/86; 1 Ob 541/86 uva).

Da der Vater weder eine offenbare Gesetzwidrigkeit noch eine Aktenwidrigkeit oder Nullität aufzeigt und eine Nichtigkeit auch dem Akteninhalt nicht entnommen werden kann, ist das Rechtsmittel als unzulässig zurückzuweisen. Die Ausführungen im Revisionsrekurs werden jedoch als Antrag nach § 176 ABGB des Vaters zu behandeln sein.

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