Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die betreibende Partei hat die Kosten des Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Begründung
Am 11. Juli 1986 beantragte die betreibende Partei beim Landesgericht Innsbruck aufgrund des "Beschlusses der Türkischen Republik" (richtig vermutlich des Urteils [Karar] des Bezirksgerichtes [Sulh Hukuk Mahkemesi] der Türkischen Republik [T(ürkiye) C(umhuriyeti)] in Trabzon [früher Trapezunt]) vom 8. Juli 1985, "GZ" (richtig Grundzahl) 1984/1096, (Urteilszahl) 1985/627, zur Hereinbringung der vollstreckbaren Forderung von "mtl. Unterhalt seit 23.10.84 über TL" (türkische Pfund) "50.000,--, sohin 20 Monate
TL 1,000.000,-- = öS 35.000,-- und ab Juli 1986 die künftigen
Beträge von monatlich TL 50.000,-- = öS 1.750" und der Kosten die Exekution durch Pfändung und Überweisung zur Einziehung der dem Verpflichteten als Arbeitnehmer gegen den der betreibenden Partei unbekannten, vom Verpflichteten im Sinn des § 294 a EO (in der damals geltenden Fassung) namhaft zu machenden Drittschuldner angeblich zustehenden Bezüge.
Aus der mit dem Exekutionsantrag vorgelegten, sinngemäß übersetzten Ausfertigung der erwähnten Entscheidung ergibt sich, daß damit über eine am 23.Oktober 1984 eingebrachte Unterhaltsklage der in der Türkischen Republik wohnhaften Fatma K*** gegen ihren Ehemann entschieden wurde, der österreichischer Staatsbürger ist und seinen Wohnsitz in Österreich hat, wo er seit gut 15 Jahren als Arbeitnehmer tätig ist.
Weder aus der erwähnten Entscheidung noch aus den übrigen mit dem Exekutionsantrag vorgelegten Urkunden ergibt sich ein Hinweis darauf, daß Salih K*** während des Unterhaltsverfahrens auch in der Türkischen Republik einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt oder Vermögen gehabt hätte oder daß gleichzeitig mit der Unterhaltsklage eine Klage auf Scheidung, Aufhebung oder Nichtigerklärung oder Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens einer Ehe zwischen den Parteien erhoben worden oder bereits anhängig gewesen wäre.
Das Erstgericht bewilligte die beantragte Exekution. Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Verpflichteten Folge und wies den Exekutionsantrag mit der Begründung ab, daß die als Exekutionstitel herangezogene Entscheidung nicht von einer zuständigen Gerichtsbehörde im Sinn des Art. 18 Z 1 des Übereinkommens vom 22.Juni 1930 zwischen Österreich und der Türkei über die wechselseitigen rechtlichen Beziehungen in Zivil- und Handelssachen und über die Vollstreckungshilfe, BGBl. Nr. 90/1932, gefällt worden sei.
In ihrem auf Wiederherstellung der vom Erstgericht erlassenen Exekutionsbewilligung gerichteten Revisionsrekurs vermeint die betreibende Partei, daß die vom Rekursgericht verneinte Zuständigkeit des türkischen Gerichts doch gegeben gewesen sei. Wie sich aus den Beilagen des Exekutionsantrages ergebe, würden die formellen Voraussetzungen in der Türkei nicht so streng gehandhabt werden wie in Österreich.
Da die betriebene Geldforderung, über deren Hereinbringung das Rekursgericht entschieden hat, zwar 15.000 S, nicht aber 300.000 S übersteigt, hatte das Rekursgericht nach § 78 EO und § 526 Abs. 3 in Verbindung mit § 500 Abs. 3 ZPO auszusprechen, ob der Revisionsrekurs nach § 502 Abs. 4 Z 1 ZPO zulässig ist. Da zu der entscheidungswesentlichen Rechtsfrage der Anwendung der österreichischen Jurisdiktionsformel im Zusammenhang mit dem zit. Übereinkommen eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes fehlt, wurde der Revisionsrekurs vom Rekursgericht mit Recht für zulässig erklärt.
Rechtliche Beurteilung
Das Rechtsmittel ist jedoch nicht berechtigt.
Nach Art. 18 Z 1 des zitierten Übereinkommens sind in Zivil- und Handelssachen von den Gerichtsbehörden des einen Vertragsstaates gefällte Entscheidungen auf dem Gebiet des anderen Vertragsstaates durch eine Entscheidung des zuständigen Gerichtes des letzteren für vollstreckbar zu erklären, wenn sie von einer zuständigen Gerichtsbehörde gefällt wurden. Die Behörde ist als zuständig anzusehen, wenn die Rechtssache nach dem Recht des Landes, wo die Vollstreckbarerklärung begehrt wird, bei einem Gericht des anderen vertragschließenden Teiles anhängig gemacht werden konnte; sofern
die rechtlichen Erwägungen, aus denen sich das Gericht für zuständig
erachtet hat, nicht aus dem Wortlaut der Entscheidung selbst
hervorgehen, können sie durch eine diesbezügliche Bestätigung des Gerichtes dargetan werden.
Diese positive Voraussetzung entspricht dem § 80 Z 1 EO, wonach einem Exekutionsantrag, der sich auf ein Erkenntnis einer auswärtigen Gerichts- oder sonstigen Behörde ... gründet, nur dann stattzugeben ist, wenn die Rechtssache nach Maßgabe der im Inland über die Zuständigkeit geltenden Bestimmungen im auswärtigen Staat anhängig gemacht werden konnte.
Es ist daher die "österreichische Jurisdiktionsformel" anzuwenden. Danach wird die Zuständigkeit der Behörden des Erststaates unter Anwendung des österreichischen Rechts geprüft. Da es sich hier nicht um einen Fall handelt, in dem die ausschließliche inländische Gerichtsbarkeit beansprucht wird, ist zu prüfen, ob irgendeine Gerichtsbehörde der Türkischen Republik, also nicht unbedingt das erkennende Gericht, nach irgendeinem österreichischen Zuständigkeitstatbestand abstrakt zuständig gewesen wäre (Walter Jellinek, Die zweiseitigen Staatsverträge über Anerkennung ausländischer Zivilurteile, Erstes Heft (1953), 86, 87, 90, 91; Petschek-Hämmerle-Ludwig, Das österreichische Zwangsvollstreckungsrecht 12; Hoyer-Loewe in Heller-Berger-Stix I 774 f; Matscher, Der Vorbehalt ausschließlicher Zuständigkeit im österreichischen Recht, JBl. 1979, 182, insbes. 184; Holzhammer, Österreichisches Zwangsvollstreckungsrecht 2 , 79; Loewe, Zwischenstaatlicher Rechtsverkehr in Zivilrechtssachen, MGA Bd 35 891 FN 10 zu Art. 18).
Das Rekursgericht hat eingehend und zutreffend begründet, daß sich weder aus dem vorgelegten Exekutionstitel noch aus den übrigen mit dem Exekutionsantrag vorgelegten Urkunden ein Hinweis auf Umstände ergibt, die nach irgendeinem österreichischen Zuständigkeitstatbestand, z.B. den §§ 66, 67, 99 und 100 JN, die Zuständigkeit irgendeiner Gerichtsbehörde der Türkischen Republik begründen könnten (vgl. dazu auch SZ 12/218, RZ 1960, 32). Entgegen der Meinung der Rechtsmittelwerberin kommt es für die Vollstreckbarkeit der vorliegenden Entscheidung einer türkischen Gerichtsbehörde in Österreich nicht darauf an, ob die Unterhaltsklage bei dieser (oder einer anderen) Gerichtsbehörde der Türkischen Republik nach deren Recht anhängig gemacht werden konnte. Dem Revisionsrekurs ist daher nicht Folge zu geben. Nach den §§ 74 und 78 EO und den §§ 40, 41 und 50 ZPO hat die betreibende Partei gegen den Verpflichteten keinen Anspruch auf Ersatz der zur Rechtsverwirklichung nicht notwendigen Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels.
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