Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerden werden verworfen.
Die Berufung des Angeklagten wird zurückgewiesen.
Der Berufung der Staatsanwaltschaft wird Folge gegeben und die Strafe auf 18 (achtzehn) Monate erhöht.
Gemäß § 390 a StPO. fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Der am 13.April 1945 geborene Manfred E*** wurde mit dem angefochtenen Urteil des Verbrechens der Nötigung zum Beischlaf nach § 202 Abs. 1 StGB. schuldig erkannt, weil er (laut Urteilsspruch, S. 120) am 9.Dezember 1985 in Groß-Veitsch Ingrid G*** mit Gewalt gegen ihre Person, indem er sie in einem Personenkraftwagen festhielt und auf die Dauer von mehr als zwei Stunden körperlich bedrängte, "widerstandsunfähig" machte und in diesem Zustand zum außerehelichen Beischlaf nötigte.
Diesen Schuldspruch bekämpfen sowohl der Angeklagte als auch die Staatsanwaltschaft mit Nichtigkeitsbeschwerden. Jener macht die Nichtigkeitsgründe des § 281 Abs. 1 Z. 4, 5, 9 lit. a und b sowie 10 StPO., diese den der Z. 10 leg. cit. geltend.
Rechtliche Beurteilung
Keines dieser Rechtsmittel erweist sich als begründet:
Das Erstgericht stellte in den Urteilsgründen (S. 122 ff.) im wesentlichen folgenden Sachverhalt fest:
Der Angeklagte sprach am Abend des 9.Dezember 1985 in Krieglach (die am 6.Jänner 1969 geborene) Ingrid G***, als diese ihre Hunde spazieren führte, an und lud sie nach einem längeren Gespräch zu einem Gasthausbesuch ein. Ingrid G***, die als "eher kindlich - ländlich naiv" und unerfahren im Umgang mit Männern bezeichnet werden muß, erklärte, sie müsse zuerst die Hunde nach Hause bringen und würde nur dann mit dem Angeklagten mitfahren, wenn er sie "nicht angreife". Der Angeklagte führte Ingrid G***, nachdem sie die Hunde heimgebracht hatte, in einem Personenkraftwagen nach Groß-Veitsch, wo sie gemeinsam das Gasthaus D*** aufsuchten. Schon während der Fahrt und im Gasthaus versuchte der Angeklagte, sich dem Mädchen zu nähern, indem er ihm seine Hand auf den Oberschenkel zu legen trachtete. Er wurde aber von Ingrid G*** zurückgewiesen. Im Gasthaus forderte der Angeklagte das Mädchen auf, mit ihm "per du" zu sein, damit bei dem mit dem Angeklagten bekannten Wirt nicht der Eindruck erweckt würde, er hätte es eben erst kennen gelernt. Nach einem längeren Aufenthalt im Gasthaus, während dessen sich der Angeklagte erbötig machte, für Ingrid G*** einen Arbeitsplatz zu suchen, erklärte der Angeklagte um etwa 22.00 Uhr, sie mit seinem Fahrzeug an ihren Wohnort Krieglach zurückzubringen. Auf dieser Fahrt bog der Angeklagte noch im Gemeindegebiet von Groß-Veitsch von der ins Mürztal führenden Landesstraße ab und fuhr an eine entlegene, unbeleuchtete und teils in steil abfallendem Gelände in der Nähe eines aufgelassenen Stollens des Magnesitbergwerkes befindliche Stelle. Dort verriegelte er die Beifahrertür, versuchte zunächst bei Ingrid G*** den Eindruck zu erwecken, "Handlesen" zu können, und wurde neuerlich zudringlich, indem er sie, nachdem er die Sitze in Schrägstellung gebracht hatte, zu küssen versuchte. Ingrid G*** vermochte dies durch ständiges Abwenden des Kopfes zu verhindern. Auch die Aufforderung des Angeklagten, Schuhe und Hose auszuziehen, lehnte Ingrid G*** ab und brachte dabei unmißverständlich zum Ausdruck, daß sie zu einem Geschlechtsverkehr nicht bereit war. Der Angeklagte ließ jedoch von seinem Vorhaben nicht ab, forderte G*** immer wieder auf, sich selbst zu entkleiden, versuchte sie zu küssen und setzte sich schließlich neben sie auf den Beifahrersitz. Ingrid G*** konnte sich des kräftigen Angeklagten nicht erwehren, und es gelang ihr auch bei wiederholten Versuchen nicht, die Beifahrertür zu entriegeln und zu flüchten. Nachdem Ingrid G*** (auf die geschilderte Weise) vom Angeklagten mehr als zwei Stunden lang in dem Kraftwagen festgehalten worden war und sie den Angeklagten nicht mehr von sich wegdrücken konnte, gelang es diesem, ihren Unterleib zu entblößen. Das Mädchen kam letztlich dem Verlangen des Angeklagten, aus einem Hosenbein zu schlüpfen und die Schuhe auszuziehen, nach, weil es schon zu sehr geschwächt und verängstigt war. Hierauf legte sich der Angeklagte auf Ingrid G***, drückte ihre Beine auseinander und führte gegen ihren Willen einen Geschlechtsverkehr durch. Die Vereinigung der Geschlechtsteile dauerte nur kurze Zeit, sodann mußte das Opfer noch am Glied des Angeklagten onanieren. Nach den - im Gegensatz zur Formulierung des Urteilstenors (s. abermals S. 120) stehenden - Annahmen des Erstgerichtes in den Urteilsgründen war Ingrid G*** zur Tatzeit zwar "nicht gerade widerstands- und hilflos", doch war ihr Wille durch das stundenlange Festhalten im Fahrzeug und durch die ständige Bedrängung seitens des Angeklagten gebeugt worden, weshalb sie schließlich jeden Widerstand aufgab und gegen ihren Willen den Geschlechtsverkehr erduldete (S. 124; 132; auch S. 130).
In der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten wird zunächst aus § 281 Abs. 1 Z. 4 StPO. eine "vorgreifende Beweiswürdigung" des Erstgerichtes behauptet, die darin gelegen sein soll, daß die "Belastungszeugen durch aufmunternden Gesichtsausdruck und dementsprechende Gestik (des beisitzenden Berufsrichters des Schöffensenates) in ihrer Belastungsaussage bestätigt", während (auf gleiche Art) "die Aussagen des Angeklagten abwertend abgetan, geradezu lächerlich gemacht" worden seien, und das Erstgericht "nur mit äußerstem Widerwillen dem Beweisantrag des Angeklagten zwecks Besichtigung des PKW stattgegeben" hätte.
Mit diesem Beschwerdevorbringen wird indes, wie der Beschwerdeführer übrigens selbst einräumt (S. 150), weder der geltend gemachte noch sonst einer der im Gesetz taxativ aufgezählten Nichtigkeitsgründe zur Darstellung gebracht:
Nichtigkeit nach § 281 Abs. 1 Z. 4 StPO. setzt nämlich voraus, daß während der Hauptverhandlung über einen Antrag des Beschwerdeführers nicht erkannt worden ist oder durch ein gegen seinen Antrag oder Widerspruch gefälltes Zwischenerkenntnis Gesetze oder Grundsätze des Verfahrens hintangesetzt oder unrichtig angewendet worden sind, deren Beobachtung durch das Wesen eines die Strafverfolgung oder die Verteidigung sichernden Verfahrens geboten ist. Daß über einen Antrag des Beschwerdeführers nicht entschieden oder durch ein Zwischenerkenntnis nicht in seinem Sinn erkannt worden wäre, wird in der Beschwerde gar nicht behauptet und geht auch aus den Akten nicht hervor.
Demnach fehlt es der Verfahrensrüge des Angeklagten an den gesetzlichen Formalvoraussetzungen.
In der Mängelrüge (§ 281 Abs. 1 Z. 5 StPO.) macht der Angeklagte geltend, das Urteil sei unvollständig, teils in sich widersprechend, unzureichend und nur zum Schein begründet sowie aktenwidrig. Keiner dieser Begründungsmängel, von denen der letztgenannte in der Beschwerde gar nicht spezifiziert wird, liegt vor:
Das Erstgericht legte in freier Beweiswürdigung nach der vom Gesetz aufgetragenen sorgfältigen und gewissenhaften Prüfung (§ 258 Abs. 2 StPO.) in den Entscheidungsgründen dar, aus welchen Erwägungen es den Zeugenaussagen des Opfers, nicht aber der - leugnenden, in den verschiedenen Verfahrensstadien wiederholt wechselnden und zuletzt eine freiwillige Hingabe des Opfers zu bloß versuchtem Beischlaf sowie zu anderen sexuellen Intimitäten behauptenden - Verantwortung des Angeklagten Glauben schenkte (S. 125 ff.). Dabei hatten Verfahrensergebnisse, die keine entscheidenden Tatsachen betreffen, unerörtert zu bleiben, denn die Urteilsbegründung ist in gedrängter Darstellung, das heißt unter Vermeidung überflüssiger Weitläufigkeit abzufassen (§ 270 Abs. 2 Z. 5 StPO.).
Solcherart unentscheidend war, der Beschwerde zuwider, ob der Angeklagte zunächst beabsichtigte, Ingrid G*** in ein Cafe in Krieglach einzuladen, ob diese erklärte, mit dem Angeklagten kein Lokal an ihrem Wohnort aufsuchen zu wollen, ob sie die Hunde "freiwillig" nach Hause brachte, um sich später mit dem Angeklagten zu treffen, und ob sie nach der Tat, vom Angeklagten in die Nähe ihres Wohnhauses gebracht, nochmals zum Personenkraftwagen des Angeklagten zurückkehrte, weil sie etwas vergessen hatte (S. 98, 105). Die ersteren Umstände betreffen die Ereignisse vor der Tat und sind, weil sie deren Ausführung auf die festgestellte Art keineswegs ausschließen, für die Beweisfrage nicht von Bedeutung. Gleiches gilt für die Rückkehr des Opfers zum Fahrzeug des Angeklagten in der Nähe seines Wohnhauses, weil keinerlei Verfahrensergebnisse vorliegen, denen zufolge das Opfer auch noch an diesem Orte Grund zur Annahme gehabt haben könnte, der Angeklagte würde ihm neuerlich Gewalt antun oder ihm sogar allenfalls nach dem Leben trachten. Im Gegenteil, der Angeklagte bot nach den vom Erstgericht für glaubwürdig befundenen Angaben des Opfers diesem auf der Rückfahrt Geld und Schmuck sowie auch (nochmals) Hilfeleistung bei der Besorgung eines Arbeitsplatzes an (S. 105). Daß der Angeklagte das letztere Angebot dem Opfer gegenüber schon vor der Tat im Gasthaus D*** gemacht hatte, wurde vom Erstgericht ohnedies festgestellt (S. 123). Eine Argumentation dahin, der Angeklagte wollte durch das Verlangen nach dem Gebrauch des "Du-Wortes" in diesem Gasthaus seine wahren Absichten "vertuschen", ist - entgegen einem bezüglichen
Beschwerdeeinwand - dem Ersturteil nicht zu entnehmen. Ebenfalls nicht entscheidend ist, ob der Angeklagte - wie er dies noch vor der Gendarmerie zugab (S. 49 i.V.m. S. 116) - selbst die Lehne des Beifahrersitzes des Kraftfahrzeuges in Schrägstellung brachte (durch Betätigen des rechts vom Beifahrersitz befindlichen Hebels mit einem Handgriff entweder vor dem Opfer oder bei bereits rückgeklapptem Fahrersitz hinter dem Opfer [vgl. S. 108 f.]) oder ob er dies (siehe seine Verantwortung in der Hauptverhandlung, S. 93, 96) nach seinen Anweisungen durch das Opfer besorgen ließ. Denn auch bei der letzteren Version wäre angesichts der übrigen örtlichen und zeitlichen Umstände des Falles nichts für die Frage einer feiwilligen sexuellen Hingabe der Ingrid G*** zu gewinnen. Abgesehen davon folgte das Erstgericht im gegebenen Zusammenhang ersichtlich der bereits erwähnten Verantwortung des Angeklagten vor der Gendarmerie (S. 130 f.). Wenn in den Urteilsgründen bei Wiedergabe der Verantwortung des Angeklagten von der Verriegelung der "Türe" die Rede ist, so handelt es sich offenbar um einen bloßen Schreibfehler, zumal der Angeklagte bei der bezüglichen Vernehmung sich nicht zu erinnern vermochte, ob er die Sicherungsflügel der Türverriegelung umgelegt hatte.
Soweit in der Beschwerde die Glaubwürdigkeit der Aussage der Zeugin Ingrid G*** bezweifelt wird, wonach sie mit dem Angeklagten gewissermaßen unter der Bedingung, daß er sie "nicht angreife", mitgefahren sei, sie seine späteren Annäherungsversuche zurückgewiesen habe, nicht in der Lage gewesen sei, die von ihm verriegelte Türe des Fahrzeuges zu öffnen - weshalb sie vermute, dies sei durch eine "Kindersicherung" bewirkt worden - sowie überhaupt die Schilderung des eigentlichen Tatvorganges durch das Opfer in Zweifel gezogen wird, ist die Beschwerde (erneut) nicht der Prozeßordnung gemäß ausgeführt. Mit seinem einschlägigen Beschwerdevorbringen bemüht sich der Beschwerdeführer lediglich, die seiner Ansicht nach denkbare Alternative anderer, ihm günstigerer Schlußfolgerungen als sie das Erstgericht - indes im Einklang mit den Denkgesetzen, der Lebenserfahrung und der Aktenlage, somit mängelfrei - zog, aufzuzeigen. Er bekämpft damit - nach Art einer Schuldberufung - die im Nichtigkeitsverfahren vor dem Obersten Gerichtshof unanfechtbare freie Beweiswürdigung des Schöffengerichtes.
Das Erstgericht ist der leugnenden Verantwortung des Angeklagten nicht gefolgt, demnach auch nicht seiner - im Widerspruch zur Zeugenaussage des Tatopfers (S. 107) stehenden - Behauptung, er habe diesem seine Visitenkarte übergeben (S. 92, 49 i.V.m. S. 116). Aktenwidrig ist das Beschwerdevorbringen, diese Verantwortung des Angeklagten sei vom Meldungsleger bestätigt worden. Aus dem Inhalt der Gendarmerieerhebungen ergibt sich vielmehr, daß der Angeklagte seine Visitenkarte (S. 29) beim Gastwirt D*** zur "Aufrechterhaltung des Geschäftskontaktes" zurückgelassen hatte (S. 9 i.V.m. S. 116). Die Urteilsfeststellung, wonach Ingrid G*** zu schwach war, sich des kräftigen Angeklagten zu erwehren, und ihr eine Flucht unmöglich war, ist durch die Zeugenaussagen des Opfers gedeckt (vgl.
insbesondere die Aussagen: ".... aber immer wieder ... festgehalten
..." [S. 101], ".... so stark ..." [S. 102, 106] " .... Der
Angeklagte hat zu mir gesagt, schreien hilft nichts. Wir sind auf
einem hohen Berg, da sind keine Leute, da hilft dir das Schreien
nicht und außi kommst auch nicht ...." [S. 106] sowie: "... Ich war
körperlich zu schwach ..." [S. 37 i.V.m. S. 116]). Durch die Bezugnahme (auch) auf diese Angaben des Opfers sind die erwähnten Feststellungen - der Beschwerde zuwider - zureichend und auch sonst mängelfrei begründet.
Somit erweist sich die Mängelrüge des Angeklagten als teils unberechtigt, größtenteils aber als nicht der Prozeßordnung gemäß ausgeführt.
Unter dem Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 1 Z. 9 lit. a StPO. releviert der Angeklagte Feststellungsmängel zur äußeren und inneren Tatseite des Verbrechens nach § 202 StGB.
Die Staatsanwaltschaft macht hingegen Nichtigkeit nach dem § 281 Abs. 1 Z. 10 StPO. mit dem Ziel der - anklagegemäß - Beurteilung der Tat als Verbrechen der Notzucht nach § 201 Abs. 1 StGB. geltend.
Beide Rechtsrügen versagen:
Einerseits verkennt der Angeklagte, daß die vom Erstgericht festgestellte ctundenlange Beschränkung der Freiheit des Opfers durch den sie körperlich bedrängenden Angeklagten in einem Personenkraftwagen zur Nachtzeit an einem abgeschiedenen, unbeleuchteten Ort, an welchem jeglicher weiterer Widerstand des Opfers aussichtslos und Hilfe Dritter nicht zu erwarten war, objektiv den Begriffsmerkmalen der - nicht nur in physischem (somatischem) sondern auch (bloß) in psychischem Druck bestehenden - Gewalt als Mittel der Tatbegehung sowohl nach § 201 als auch nach § 202 StGB. entspricht. Die physische und insbesondere psychische Einwirkung des Angeklagten auf das Opfer war insgesamt qualitativ und quantitativ so weitreichend, daß sie geeignet war, es zumindest (vis compulsiva = beeinflussende Gewalt) zur (endgültigen) Aufgabe eines allenfalls möglichen und zumutbaren Widerstandes gegen den Beischlaf zu bestimmen.
Die Anklagebehörde hinwieder läßt in ihrer Beschwerde außer acht, daß die Entscheidung, ob eine - durch überwältigende Gewalt (= vis absoluta) herbeigeführte - Widerstandsunfähigkeit vorgelegen ist, nicht nur eine reine Rechtsfrage betrifft; als Zustand körperlicher oder (und) seelischer Erschöpfung unterliegt die Frage der Widerstandsunfähigkeit jedenfalls auch der Beurteilung nach der forensischen Erfahrung, sodaß die bezüglichen Urteilsannahmen in den Bereich der Tatsachenfeststellung reichen, die ihrerseits aus einem materiellen Nichtigkeitsgrund nicht bekämpft werden kann (LSK. 1976/237 zu § 201 StGB.; SSt. 52/5; 13 Os 190/84 u.a.). Eben dies trifft im vorliegenden Fall zu, in welchem das Erstgericht (an den schon zitierten Stellen der Entscheidungsgründe) ausdrücklich als erwiesen annahm, daß der Angeklagte Ingrid G*** zwar "nicht gerade (völlig) widerstands- und hilflos" gemacht, wohl aber ihren (dem Geschlechtsverkehr entgegenstehenden) Willen gebeugt hatte. So besehen bedeutet der Gebrauch des Wortes "widerstandsunfähig" (gemacht) im Urteilstenor, worauf die beschwerdeführende Anklagebehörde an sich zutreffend verweist, lediglich ein Vergreifen im Ausdruck.
Demnach vermag auch die Staatsanwaltschaft mit ihrer eine Unrichtigkeit der rechtlichen Subsumtion unter dem Gesichtspunkt einer Widerstandsunfähigkeit des Opfers rügenden Beschwerde nicht durchzudringen. Auf Grund der erwähnten Urteilsfeststellungen ist die Bejahung der äußeren Tatseite des Verbrechens der Nötigung zum Beischlaf nach dem § 202 Abs. 1 StGB. frei von Rechtsirrtum. Was die innere Tatseite dieses Deliktes anlangt, so bedurfte es entgegen der Beschwerdeausffassung des Angeklagten keiner näheren Feststellungen im Urteil. Aus den Zeugenaussagen des Opfers, durch welche das Erstgericht die Verantwortung des Angeklagten als widerlegt ansah, ergibt sich zwangsläufig, daß der Angeklagte den Widerstandswillen des Opfers gegen den Geschlechtsverkehr vorsätzlich (§ 5 Abs. 1 StGB.) beugte.
In seinem weiteren Beschwerdevorbringen, in welchem er freiwilligen Rücktritt vom (allenfalls qualifizierten) Versuch (§ 281 Abs. 1 Z. 9 lit. b StPO.) und demgemäß mögliche Strafbarkeit im Sinne des Vergehens der Nötigung zur Unzucht nach dem § 204 Abs. 1 StGB., "in eventu" des Verbrechens der Schändung nach dem § 205 Abs. 1 StGB. einwendet (§ 281 Abs. 1 Z. 10 StPO.), geht auch der Angeklagte nicht vom Urteilssachverhalt aus. Er bringt daher insoweit die materiellen Nichtigkeitsgründe, die stets ein Festhalten an den Sachverhaltsfeststellungen der Tatrichter voraussetzen, nicht zur prozeßordnungsgemäßen Darstellung:
Zum einen hat das Erstgericht festgestellt, der Angeklagte habe den Beischlaf (durch Eindringen mit seinem Glied in die Scheide des Opfers) vollzogen. Alle Beschwerdeausführungen über einen Rücktritt vom Versuch gehen daher ins Leere, weil die Tat vollendet wurde. Noch weniger könnte selbst nach dem Beschwerdevorbringen von einer Freiwilligkeit eines Rücktrittes bei einer Tat die Rede sein, deren Ausführung - so die Beschwerde - nur auf Grund "technischer Gegebenheiten fehlgeschlagen" sein soll.
Das Verbrechen der Schändung nach § 205 (Abs. 1) StGB. hinwieder begeht, wer eine Person weiblichen Geschlechts, die sich (bereits) in einem Zustand befindet, der sie zum Widerstand unfähig macht, oder die wegen einer Geisteskrankheit, wegen Schwachsinns, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer anderen schweren, einem dieser Zustände gleichwertigen seelischen Störung unfähig ist, die Bedeutung des Vorganges einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, zum außerehelichen Beischlaf mißbraucht. Derartige Zustände des Tatopfers wurden nicht festgestellt, noch lagen - abgesehen von einer dem Erstgericht aufgefallenen, indes rechtlich unentscheidenden gewissen "ländlichen" Naivität und Schüchternheit des Opfers - irgendwelche Indizien in dieser Richtung vor.
Mangelnde Strafwürdigkeit (§ 42 Abs. 1 StGB.) schließlich, welche der Angeklagte unter dem Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 1 Z. 9 lit. b StPO. reklamiert, setzt als Grundbedingung voraus, daß die (von Amts wegen zu verfolgende) Tat u.a. mit nicht mehr als einem Jahr Freiheitsstrafe bedroht ist. Das Verbrechen der Nötigung zum Beischlaf nach dem § 202 Abs. 1 StGB. scheidet daher schon wegen seiner Strafdrohung (sechs Monate bis fünf Jahre Freiheitsstrafe) von vornherein für eine Beurteilung nach § 42 Abs. 1 StGB. aus. Das Schöffengericht verhängte über den Angeklagten nach § 202 Abs. 1 StGB. eine Freiheitsstrafe von zehn Monaten. Bei der Strafbemessung wertete es die auf gleicher schädlicher Neigung beruhende Vorstrafe als erschwerend; einen Milderungsumstand nahm es nicht an.
Die auf Erhöhung der Freiheitsstrafe abzielende Berufung des öffentlichen Anklägers ist berechtigt:
Dem Angeklagten fällt, wie die Staatsanwaltschaft in diesem Punkt zutreffend ausführt, auch der - sich aus § 32 StGB. ergebende, den im § 33 StGB. aufgezählten Gründen gleichwertige (vgl. dazu Leukauf-Steininger, Komm. 2 , RN. 14 zu § 33 StGB.
a. A.) - Erschwerungsumstand der besonderen Intensität der (Nötigungs-)Tat zur Last. Brachte doch der Angeklagte Ingrid G*** zur Nachtzeit an einen abgelegenen Ort und hielt er sie dort stundenlang im verriegelten Personenkraftwagen fest, um sein - vom Tatopfer immer wieder abgelehntes - (verbrecherisches) Ziel, mit Ingrid G*** einen Geschlechtsverkehr durchzuführen, zu erreichen. Unter Würdigung der mithin korrigierten Strafzumessungsgründe und aus Gründen der Spezialprävention, in welchem Zusammenhang auf die auf gleicher schädlicher Neigung beruhende Vorstrafe zu verweisen ist, der ein ähnliches Tatgeschehen zugrunde liegt, erachtet der Oberste Gerichtshof eine Freiheitsstrafe von 18 Monate für angemessen.
Die vom Angeklagten ohne Angabe von Beschwerdepunkten angemeldete (S. 116) und - sowohl nach ihrem Inhalt als auch nach ihrer Zielsetzung - ausschließlich die Schuld betreffende Berufung war zurückzuweisen. Denn die StPO. kennt als Rechtsmittel gegen Urteile des Schöffengerichtes neben der Nichtigkeitsbeschwerde nur die gegen den Strafausspruch und das Privatbeteiligtenerkenntnis gerichtete Berufung. In dieser Richtung wurden aber weder bei der Anmeldung der Berufung noch in ihrer Ausführung Punkte des Erkenntnisses bezeichnet, durch welche sich der Rechtsmittelwerber für beschwert erachtet, sodaß die Berufung des Angeklagten zurückzuweisen war (§§ 294 Abs. 4, 296 Abs. 2 StPO.).
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