OGH 2Ob671/86

OGH2Ob671/8628.10.1986

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Melber, Dr. Huber und Dr. Egermann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Anna K***, Pensionistin, Hauptstraße 46, 7011 Siegendorf, vertreten durch Dr. Walter Schuppich, Dr. Werner Sporn, Dr. Michael Winischhofer und Dr. Martin Schuppich, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Hildegard P***, Angestellte, Ziegelhofstraße 36/3/5/18, 1220 Wien, vertreten durch Dr. Norbert Schira, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 531.845,30 s.A., infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 6. Mai 1986, GZ. 11 R 36/86-20, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 27. Oktober 1985, GZ. 27 Cg 309/83-15, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben. Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Rechtssache wird zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen. Die Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens sind gleich weiteren Verfahrenskosten erster Instanz zu behandeln.

Text

Begründung

Die Klägerin stützt ihr Begehren darauf, sie habe für ihre in den Jahren 1963 und 1974 verstorbenen Eltern Leistungen erbracht, die ihr am 1. Februar 1973 verstorbener Bruder Thomas R*** aufgrund eines Übergabsvertrages zu erbringen gehabt hätte. Die Beklagte sei die Universalerbin nach Thomas R***.

Die Beklagte wendete unter anderem Verjährung ein.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es vertrat die Ansicht, die geltend gemachte Forderung sei eine solche aus Ausgedingsleistungen, die in drei Jahren verjähre. Eine Unterhaltspflicht des Thomas R*** gegenüber seinen Eltern nach § 154 aF ABGB, die nach § 1042 ABGB auf die Klägerin übergegangen sei, könne ihren Anspruch nicht stützen, da Thomas R*** finanziell nicht in der Lage gewesen sei, seinen Eltern Unterhalt zu gewähren. Ebensowenig komme ein Anspruch nach § 1435 ABGB in Frage. Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin nicht Folge. Es teilte die Ansicht des Erstgerichtes, bei den von Thomas R*** aufgrund des Übergabsvertrages zu erbringenden Leistungen habe es sich um Ausgedingsleistungen gehandelt, die der dreijährigen Verjährungsfrist unterlägen. Gemäß § 1042 ABGB könnte die Klägerin zwar auch Leistungen fordern, die sie in Erfüllung der Thomas R*** aus dem Übergabsvertrag obliegenden Leistungen erbracht habe. Der Schuldner, dessen gesetzliche oder vertragliche Verpflichtung von einem Dritten erfüllt werde, verliere jedoch nicht seine Einwendungen gegen die alte Schuld. Dies bedeute, daß die Beklagte die Verjährungseinrede wirksam erheben könne, und der Anspruch der Klägerin trotz Abstützung auf § 1042 ABGB verjährt sei. Die Klägerin bekämpft das Urteil des Berufungsgerichtes mit Revision, macht den Anfechtungsgrund nach § 503 Abs 1 Z 4 ZPO geltend und beantragt Abänderung dahin, daß dem Klagebegehren stattgegeben werde, hilfsweise die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Sache an das Berufungs- oder das Erstgericht zurückzuverweisen.

Die Beklagte beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist berechtigt.

Die Ansicht der Vorinstanzen, der geltend gemachte Anspruch sei verjährt, kann nicht geteilt werden. Zutreffend wies das Berufungsgericht darauf hin, daß nach herrschender Ansicht gemäß § 1042 ABGB Ersatz des Aufwandes, zu dem ein anderer nicht nur aufgrund einer gesetzlichen Vorschrift, sondern aus welchem Rechtsgrund immer, verpflichtet war, gefordert werden kann, somit auch bei Erfüllung fremder vertraglicher Ansprüche (Rummel in Rummel, ABGB, Rdz 5 zu § 1042; Koziol-Welser 7 I 365; Stanzl in Klang 2 IV/1, 927 f.; SZ 41/39; SZ 52/79 uva, zuletzt 3 Ob 553/86). Daher können auch Ausgedingsleistungen, die für einen anderen erbracht wurden, einen Ersatzanspruch nach § 1042 ABGB begründen. Ansprüche nach § 1042 ABGB unterliegen aber der dreißigjährigen Verjährungsfrist (Rummel aaO, Rdz 8 zu § 1042; Ehrenzweig-Mayrhofer, Schuldrecht, 347 f; Schubert in Rummel, ABGB, Rdz 5 zu § 1481; Klang in Klang 2 VI 613; 4 Ob 535/69; 5 Ob 27/84; VersR 1972, 1132). Richtig ist wohl, daß der Schuldner dem Dritten, der Ansprüche nach § 1042 ABGB geltend macht, diesen seine Einwendungen gegen die alte Schuld entgegenhalten kann (MietSlg 35.125). Er könnte also etwa einwenden, die Forderung, die der Dritte erfüllt habe, sei damals bereits verjährt gewesen. Zur Zeit, als die Klägerin nach ihren Behauptungen Leistungen erbrachte, zu denen Thomas R*** aufgrund des Übergabsvertrages verpflichtet gewesen wäre, waren diese Ansprüche der Berechtigten aus dem Übergabsvertrag aber noch nicht verjährt. Daß dem Schuldner seine Einwendungen gegen die alte Schuld nicht verloren gehen, bedeutet nicht, daß, sofern diese Schuld nach drei Jahren verjährt wäre, diese kurze Verjährungszeit auch für den auf § 1042 ABGB gestützten Anspruch gilt. Wie bereits ausgeführt, verjährt ein derartiger Anspruch erst nach 30 Jahren, weshalb die von der Klägerin geltend gemachte Forderung nicht verjährt ist.

Es ist daher notwendig, auf das übrige Vorbringen der Parteien einzugehen, weshalb die Urteile der Vorinstanzen aufzuheben und die Sache an das Erstgericht zurückzuverweisen war.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.

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