OGH 1Ob71/68

OGH1Ob71/684.4.1968

SZ 41/39

Normen

ABGB §1041
ABGB §1042
KaKuG §48
ABGB §1041
ABGB §1042
KaKuG §48

 

Spruch:

Die im § 46 KrankenanstaltenG., BGBl. Nr. 1/1957, vorgesehene Legalzession, derzufolge der einem Pflegling aus dem Versicherungsfall entstandene, sich auf die Heilungskosten beziehende Schadenersatzanspruch bis zur Höhe der noch unbeglichenen Pflegegebühren auf die öffentliche Krankenanstalt übergeht, schließt zwar eine Verwendungsklage gegen den Beschädiger, nicht aber gegen den Unterhaltspflichtigen aus.

Nach § 1042 ABGB. kann nicht nur Ersatz des Aufwandes gefordert werden, zu dem ein anderer auf Grund einer gesetzlichen Vorschrift, sondern aus welchem Rechtsgrund immer verpflichtet war, gefordert werden.

Der Verwendungskläger muß bei der Erbringung seiner Leistung weder eine bestimmte Person als ersatzpflichtig in Aussicht genommen haben, noch ist der Forderungswille gegenüber der ersatzpflichtigen Person zu äußern; es genügt vielmehr, daß dieser Forderungswille bei der Erbringung des Aufwandes vorhanden gewesen ist.

Entscheidung vom 4. April 1968, 1 Ob 71/68.

I. Instanz: Landesgericht Klagenfurt; II. Instanz: Oberlandesgericht Graz.

Text

Die klagende Partei begehrte, gestützt auf ein angebliches Schuldanerkenntnis und überdies unter Berufung auf die Bestimmungen der §§ 1041 und 1042 ABGB., vom Beklagten Zahlung von Pflegegebühren in der Höhe von 26.950 S und brachte dazu vor, daß Josef F., ein wegen Geisteskrankheit voll entmundigter Bruder des Beklagten, nach einem Verkehrsunfall vom 18. August 1964 bis 10. Juni 1965 in stationärer Behandlung der Kranken-, Heil- und Pflegeanstalten des Landes K. gestanden sei; der Beklagte sei auf Grund eines zwischen ihm und seiner Mutter abgeschlossenen Übergabsvertrages verpflichtet, die aufgelaufenen Krankenhauskosten zu tragen und habe gegenüber der klagenden Partei auch ein Schuldanerkenntnis abgegeben. Den Unfall des Bruders des Beklagten habe der Pensionsinhaber K. verschuldet, der deshalb auch strafgerichtlich verurteilt worden sei.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab, wobei es davon ausging, daß der Beklagte die geltend gemachte Forderung der klagenden Partei nicht anerkannt habe. Der überdies herangezogene Klagegrund nach § 1042 ABGB. sei deshalb nicht stichhältig, weil dieser einen nach dem Gesetze zu machenden Aufwand voraussetze, der Beklagte seinem Bruder Josef F. aber nur auf Grund einer bestehenden vertraglichen Verpflichtung Unterhalt zu leisten habe.

Infolge Berufung der klagenden Partei hob das Berufungsgericht das Ersturteil unter Rechtskraftvorbehalt auf und verwies die Sache zu neuerlicher Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück. Es folgte zwar der rechtlichen Beurteilung des Erstgerichtes hinsichtlich des Fehlens eines ausdrücklichen oder konkludenten Schuldanerkenntnisses, vertrat aber im Gegensatz zu diesem und unter Darlegung der einschlägigen Lehre und Rechtsprechung die Auffassung, daß nach der Bestimmung des § 1042 ABGB. Ersatz des Aufwandes gefordert werden könne, zu dem ein anderer aus welchem Gründe immer verpflichtet war. Der - eine Voraussetzung des Anspruches nach § 1042 ABGB. bildende - Forderungswille (animus obligandi) sei bei der Aufnahme und Behandlung eines Patienten in eine Krankenanstalt zu vermuten und diesfalls durch die Erlassung eines Rückstandsausweises gegen den aufgenommenen Pflegling auch bewiesen. Der Geltendmachung des auf § 1042 ABGB. gegrundeten Bereicherungsanspruches der klagenden Partei stehe auch § 48 KrankenanstaltenG., BGBl. Nr. 1/1957, nicht entgegen, demzufolge der dem Pflegling gegen den schuldtragenden Lenker des Unfallsfahrzeuges aus dem Gründe des Heilungskostenersatzes entstandene Schadenersatzanspruch bis zur Höhe der noch unbeglichenen Pflegekosten auf die klagende Partei übergeht. Die Klägerin könne ihre Ansprüche auch gegen den Beklagten mit Erfolg geltend machen, sofern dieser nach dem Inhalt des Übergabsvertrages zur Tragung der Heilungskosten verbunden sein sollte. Von den Parteien sei zu diesem Fragenkomplex zwar außer Streit gestellt worden, daß der Beklagte nach dem Übergabsvertrag seinem Bruder Unterhalt im Sinne des § 672 ABGB. zu leisten habe, zugleich sei aber vom Beklagten auch behauptet worden, daß die von ihm übernommene vertragliche Verpflichtung den Ersatz des Aufwandes für die ärztliche Betreuung seines Bruders nicht umfasse. Da der Erstrichter, ausgehend von einer abweichenden Rechtsauffassung über die Auslegung des § 1042 ABGB., auf diese Behauptung des Beklagten nicht eingegangen sei und hierüber keine Beweise aufgenommen habe, sei das Verfahren ergänzungsbedürftig.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Rekurs des Beklagten nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Insoweit der Beklagte vorbringt, die festgestellte Erlassung eines Rückstandsausweises gegen den behandelten Bruder verbiete die Annahme eines animus obligandi der klagenden Partei, übersieht er, daß der Verwendungskläger bei der Erbringung seiner Leistung weder eine bestimmte Person als ersatzpflichtig in Aussicht genommen haben muß, noch der Forderungswille gegenüber der ersatzpflichtigen Person zu äußern ist; es genügt vielmehr, daß dieser Forderungswille bei der Erbringung des Aufwandes vorhanden gewesen ist (Stanzl in Klang[2] IV 925; SZ. XII 283). Unter diesen Gesichtspunkten spricht aber die Erlassung eines Rückstandsausweises nicht für, sondern gegen den vom Rekurswerber vertretenen Standpunkt, weil sich daraus der Schluß ziehen läßt, daß die klagende Partei gegenüber dem Pflegling nicht in Schenkungsabsicht gehandelt hat.

Das Berufungsgericht hat auch richtig erkannt, daß mittels Klage nach dem § 1042 ABGB. Ersatz des Aufwandes gefordert werden kann, zu dem ein anderer aus welchem Rechtsgrund immer verpflichtet war. Die im § 48 KrankenanstaltenG., BGBl. Nr. 1/1957, vorgesehene Legalzession, derzufolge der einem Pflegling aus dem Versicherungsfall entstandene, sich auf die Heilungskosten beziehende Schadenersatzanspruch bis zur Höhe der noch unbeglichenen Pflegegebühren auf die klagende Partei übergeht, hat zwar zur Folge, daß für eine Verwendungsklage gegen den Beschädiger kein Raum bleibt (Stanzl in Klang[2] IV 933), schließt aber eine auf § 1042 ABGB. gestützte Klage gegen den Unterhaltspflichtigen nicht aus. Die zitierte Bestimmung des Krankenanstaltengesetzes dient dem Schutz der Krankenanstalten, will ihnen eine zusätzliche Sicherung geben, aufgelaufene Pflegegebühren einbringlich zu machen; diese Zielsetzung würde vereitelt, wollte man ihnen gleichzeitig das Recht nehmen zu wählen, ob sie Ersatzleistung gemäß § 1042 ABGB. vom Unterhaltspflichtigen begehren oder den schuldtragenden Beschädiger zum Kostenersatz heranziehen wollen. Dieses Wahlrecht ergibt sich nicht nur aus dem Text des § 48 Krankenanstaltengesetz, der eine Legalzession nur bis zur Höhe der noch unbeglichenen Pflegegebühren vorsieht, wobei die Betonung auf das Wort "unbeglichenen" zu legen ist, die Anerkennung eines derartigen Rechtes der Krankenanstalten ist auch - entgegen der Auffassung des Rekurswerbers - sinnvoll, weil ihnen nur auf diese Weise das Risiko abgenommen werden kann, sich in einem Rechtsstreit, der die Zahlung der Pflegegebühren zum Inhalte hat, mit den einem Schadenersatzpflichtigen möglichen Einwendungen, insbesondere der Frage eines allfälligen Mitverschuldens des Beschädigten (§ 1304 ABGB.),

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