Spruch:
Den Rekursen wird nicht Folge gegeben.
Die Rekurswerber haben die Kosten ihrer Rechtsmittel selbst zu tragen.
Text
Begründung
Der Kläger beantragte in der vom Handelsgericht Wien abgehaltenen Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 16.2.1984 die Beischaffung aller jener Teile des Aktes 3 A 669/80 des Bezirksgerichtes Döbling, welche "die beklagte Partei betreffen". Das Prozeßgericht erstreckte die Verhandlung zur Beischaffung dieser Aktenstücke. Das Bezirksgericht Döbling lehnte das Ersuchen um Übersendung der Aktenteile jedoch mit dem Bemerken ab, dem Kläger sei im Verlassenschaftsverfahren die Akteneinsicht rechtskräftig verweigert worden, weshalb es nicht angehe, daß er sich im Umwege einer Aktenübersendung an das Prozeßgericht Einsicht in diese Akten verschaffen könne.
Den vom Oberlandesgericht Wien gefaßten Beschluß vom 3.8.1984, womit es den Antrag des Klägers auf Vorlage des Aktes zur Entscheidung über die Weigerung des Bezirksgerichtes Döbling, den Akt 3 A 669/80 dem Prozeßgericht zur Einsicht zu übersenden, zurückgewiesen hatte, hob der Oberste Gerichtshof mit Beschluß vom 24.10.1984 (6 Ob 656/84 = SZ 57/161) auf und trug dem Oberlandesgericht Wien die Entscheidung über den Rechtshilfestreit auf. Er beurteilte das Ersuchen um Übersendung des Verlassenschaftsaktes als Rechtshilfeersuchen im Sinne des § 37 JN und hielt die analoge Anwendung des § 47 JN auf Fälle, in welchen der ersuchte Richter das Rechtshilfeersuchen eines inländischen Gerichtes ablehnt, für geboten. Das den beiden Gerichten des Rechtshilfekonfliktes zunächst übergeordnete gemeinsame höhere Gericht - hier das Oberlandesgericht Wien - habe daher über diesen Streit zu entscheiden.
Mit dem nunmehr angefochtenen Beschluß hat das Oberlandesgericht Wien dem Bezirksgericht Döbling aufgetragen, dem Ersuchen des Handelsgerichtes Wien auf Übersendung des Verlassenschaftsaktes zu entsprechen. Es führte aus, zur Beurteilung der Frage, ob einem im Verlassenschaftsverfahren nicht beteiligten Dritten Akteneinsicht zu gewähren sei, sei das ersuchende Gericht berufen. Ob und inwieweit Akteneinsicht zu gewähren sei, habe dieses Gericht nach Übersendung der Akten zu entscheiden. Daran könne auch nichts ändern, daß das Bezirksgericht Döbling einen auf Gewährung von Akteneinsicht abzielenden Antrag des Klägers bereits rechtskräftig abgewiesen habe. Das Bezirksgericht Döbling werde seine Bedenken gegen die Gewährung der Akteneinsicht an Dritte dem Prozeßgericht allerdings mitteilen können. Ob das Handelsgericht Wien an die in Rechtskraft erwachsene Ablehnung der Akteneinsicht durch das Bezirksgericht Döbling gebunden sei, werde es in einem weiteren Verfahrensabschnitt prüfen müssen, in welchem der Verlassenschaft Parteistellung zuzubilligen sein werde.
Rechtliche Beurteilung
Gegen diesen Beschluß richten sich die Rekurse der beklagten Partei und der Nebenintervenientin, deren Zulässigkeit trotz des in dem auf den Rechtshilfestreit sinngemäß anzuwendenden § 47 JN angeordneten Rechtmittelausschlusses (Abs.3) zu bejahen ist, weil die Ähnlichkeit zwischen dem Zuständigkeits- und dem Rechtshilfestreit zwar die Berufung des zunächst übergeordneten gemeinsamen höheren Gerichtes zur Entscheidung über den Konflikt rechtfertigt, der Rechtshilfestreit aber über die Auswirkungen eines bloßen Kompetenzkonfliktes hinausreicht, weil durch die Entscheidung des übergeordneten Gerichtes unmittelbar in die Gestaltung des Beweisverfahrens, vor allem aber auch in die Rechte dritter, am Verfahren nicht beteiligter Personen eingegriffen wird. Die Rekurse sind jedoch nicht berechtigt.
Wie der Oberste Gerichtshof bereits in einem gleichgelagerten Verfahren ausgesprochen hat (7 Ob 663/86), ist von dem zur Entscheidung im Rechtshilfestreit berufenen Gericht nur zu prüfen, ob das ersuchte Gericht berechtigt war, das Rechtshilfeersuchen des ersuchenden Gerichtes abzulehnen. Es darf deshalb nur solche Umstände berücksichtigen, auf die auch das ersuchte Gericht bei Prüfung des Rechtshilfeersuchens Bedacht zu nehmen hat. Nach Lehre und Rechtsprechung (Fasching, Zivilprozeßrecht Rz 317; Holzhammer, Zivilprozeßrecht 2 , 68; ÖAV 1984, 49; SZ 30/35) ist dem ersuchten Gericht die Prüfung der Zweckmäßigkeit und der prozessualen Richtigkeit des Rechtshilfeersuchens versagt: Es darf die Vornahme der begehrten Rechtshilfehandlung nur dann verweigern, wenn es unzuständig ist, diese Rechtshilfehandlung nicht in den Wirkungskreis der Zivilgerichte fällt oder überhaupt gesetzwidrig ist.
Die Rekurswerber führen jedoch ausschließlich Gründe ins Treffen, die gegen die Gewährung der Akteneinsicht an den Kläger sprechen sollen. Auf sie durfte das Oberlandesgericht Wien bei seiner Entscheidung nicht Bedacht nehmen. Vor allem war es ihm verwehrt, die Interessenlage der beklagten Partei und der Nebenintervenientin in seine Entscheidung im Rechtshilfestreit einzubeziehen. Über diese in den Rekursen vorgetragenen Einwendungen wird das Prozeßgericht zu befinden haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 40 und 50 ZPO.
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