OGH 3Ob504/86

OGH3Ob504/8615.10.1986

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Kinzel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Mag. Engelmaier als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Anton H***, Rechtsanwalt, Burggasse 31, 8750 Judenburg, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der protokollierten Firma Bauunternehmung Brüder F*** KG, 8950 Stainach, wider die beklagte Partei protokollierte Firma F***-Gesellschaft m.b.H. & Co Kommanditgesellschaft, Hauptstraße 55, 8962 Gröbming, vertreten durch Dr. Heinrich W***, Rechtsanwalt in Liezen, wegen S 1,130.324,89 samt Anhang, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 25. September 1985, GZ 2 R 129/85-20, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Kreisgerichtes Leoben vom 26. April 1985, GZ 2 f Cg 12/85-14, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt und beschlossen:

 

Spruch:

Der Nachtrag zur Revisionsschrift wird zurückgewiesen. Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 17.434,71 (darin S 1.584,97 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen vierzehn Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Über das Vermögen der Bauunternehmung Brüder F*** KG wurde am 7.6.1982 das Ausgleichsverfahren und am 29.6.1983 der Anschlußkonkurs eröffnet. Die Kommanditgesellschaft war Gesellschafterin der hier beklagten Gesellschaft, die mit dem Gesellschaftsvertrag vom 1.2.1971 zum Zwecke der Erzeugung und des Transports von Fertigbeton errichtet worden war. Der Kommanditist Architekt Hans F*** als Rechtsvorgänger der Gemeinschuldnerin hatte sich mit einer Einlage von S 180.000,- an der beklagten Kommanditgesellschaft beteiligt. Ihr Gesellschaftsvertrag sah vor, daß ein Gesellschafter aus der Gesellschaft ausscheidet, wenn über sein Vermögen das gerichtliche Ausgleichsverfahren oder der Konkurs eröffnet wird. In diesem Fall hat der ausscheidende Gesellschafter sein drei Monate nach dem Ausscheiden fällig werdendes Auseinandersetzungsguthaben zu erhalten. Der Gesellschaftsanteil des Architekten Hans F*** ging in der Folge auf die Bauunternehmung Brüder F*** KG über, deren Geschäftsführung dem persönlich haftenden Gesellschafter Dipl.Ing. Othmar F*** zukam. Nach Eintritt der Insolvenz eines (anderen) Gesellschafters der beklagten Partei am 27.1.1977 und dem Unterliegen der beklagten Partei in dem Rechtsstreit, in welchem der Masseverwalter die Forderung auf Zahlung des Auseinandersetzungsguthabens geltend gemacht und die beklagte Partei vergeblich versucht hatte, mit ihren höheren Gegenforderungen aus Lieferungen und Leistungen aufzurechnen (Urteil des Obersten Gerichtshofes vom 3.11.1978 zu 6 Ob 728/78), ergänzte die beklagte Kommanditgesellschaft mit einstimmigem Gesellschafterbeschluß vom 30.7.1979 den Gesellschaftsvertrag, um künftig die Gegenverrechnung ihrer Forderungen mit dem Anspruch auf Zahlung des Auseinandersetzungsguthabens eines Gesellschafters im Insolvenzfall zu sichern, durch Einfügung der Bestimmung:

"Im Falle ein Gesellschafter durch Konkurs oder ein gerichtliches Ausgleichsverfahren oder auf Grund von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen aus der Gesellschaft ausscheidet, sind die Forderungen der Gesellschaft (F*** GmbH & Co KG) gegen das Auseinandersetzungsguthaben des ausscheidenden Gesellschafters aufzurechnen."

Zum Ausgleichsverwalter in dem am 7.6.1982 zu Sa 27,28,29/82 des Kreisgerichtes Leoben über das Vermögen der Bauunternehmung Brüder F*** KG und ihrer persönlich haftenden Gesellschafter wurde der Notar Dr. Johann P***, der die Ergänzung des Gesellschaftsvertrages vom 30.7.1979 angeregt hatte, bestellt. Die beklagte Partei übermittelte am 23.6.1982 der Ausgleichsschuldnerin eine Aufstellung der mit S 1,306.544,65 ermittelten Außenstände und des mit S 1,130.324,89 errechneten Auseinandersetzungsguthabens. Sie meldete den Überschuß von S 176.219,76 als Forderung im Ausgleichsverfahren und am 12.7.1983 als Konkursforderung in der dritten Klasse an. Am 24.1.1984 wurde anstelle des Notars Dr. Johann P*** der Rechtsanwalt Dr. Anton H*** zum Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der Gemeinschuldnerin Bauunternehmung Brüder F*** KG bestellt. Er kam dem Auftrag des Gläubigerausschusses nach, das Auseinandersetzungsguthaben einzuklagen.

Mit seiner am 28.1.1985 eingebrachten Klage fordert er von der beklagten Kommanditgesellschaft die Zahlung des mit S 1,130.324,89 der Höhe nach unstrittigen Auseinandersetzungsguthabens samt 5 % Zinsen seit dem 8.9.1982 in die Masse, weil die von der beklagten Partei erklärte Aufrechnung unzulässig gewesen sei. Die beklagte Partei beantragt die Abweisung dieses Zahlungsbegehrens, weil sie auf Grund des Gesellschafterbeschlusses vom 30.7.1979 berechtigt gewesen sei, mit ihren Geldforderungen für die Lieferungen und Leistungen gegen die Forderung der Masse auf Zahlung des Auseinandersetzungsguthabens aufzurechnen und dies getan habe. Der Masseverwalter habe die Fristen für eine konkursrechtliche Anfechtung versäumt.

Das Erstgericht verhielt die beklagte Partei zur Zahlung von S 1,130.324,89 samt 5 % Zinsen seit dem 8.9.1982 (Tag der Fälligkeit des Anspruches auf Zahlung des Auseinandersetzungsguthabens). Die Forderung der Masse sei erst mit der Eröffnung des Ausgleichsverfahrens entstanden, die Aufrechnung mit den bereits vorher entstandenen Forderungen für Lieferungen und Leistungen sei nach § 20 Abs.1 KO daher nicht statthaft. Die vertragliche Bewilligung der Aufrechnung bleibe als dem Konkursrecht widersprechend unwirksam. Es habe deshalb gar keiner Anfechtung bedurft.

Das Berufungsgericht bestätigte.

Es behandelte die Mängel- und die Tatsachenrüge der beklagten Partei, kam aber zu dem Ergebnis, daß das Verfahren vor dem Erstgericht mängelfrei abgeführt wurde und daß die getroffenen und bereits dargestellten Sachverhaltsfestsstellungen auch der Entscheidung des Berufungsgerichtes zugrunde zu legen sind. Das Gericht zweiter Instanz teilte auch die Rechtsansicht des Erstgerichtes, daß ein Anspruch auf das Auseinandersetzungsguthaben vor dem Ausscheiden aus der Gesellschaft nicht bestehe und erst mit dem nach dem Gesellschaftsvertrag bei Eröffnung des Ausgleichsverfahrens eintretenden Ausscheiden aus der Kommanditgesellschaft der Anspruch auf das Auseinandersetzungsguthaben entstehe. Beim Anschlußkonkurs seien alle Fristen aber auch die Rechtswirkungen nach § 2 Abs.2 KO auf den Zeitpunt der Ausgleichseröffnung zu beziehen. Die Aufrechnung im Konkurs setze voraus, daß die Forderungen bereits bei Eröffnung des Konkurses aufrechenbar gegenüberstanden. Dies sei hier nicht der Fall gewesen, weil der Anspruch auf das Auseinandersetzungsguthaben erst durch das mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens eintretende Ausscheiden aus der Gesellschaft entstehe und vorher ungewiß sei, ob der Gesellschafter eine Geldforderung geltend machen könne. Er könne daher seinen Anspruch nicht zur Aufrechnung verwenden, aber ebensowenig könne sein Gläubiger gegen die Forderung auf Zahlung des Auseinandersetzungsguthabens mit vor dem maßgebenden Zeitpunkt (7.6.1982) entstandenen Gegenforderungen aufrechnen. Die vertragliche Bewilligung der nach Konkursrecht unzulässigen Aufrechnung bleibe ohne Wirkung. Es habe keiner Anfechtung und nicht der Einhaltung der Frist des § 43 KO bedurft. Der Verjährungseinwand gehe ins Leere. Die zwingenden gesetzlichen Vorschriften könnten durch die Ergänzung des Gesellschaftsvertrages nicht außer Kraft gesetzt werden.

Gegen das bestätigende Urteil des Berufungsgerichtes wendet sich die beklagte Partei mit ihrer nach dem § 502 Abs.4 Z 2 ZPO jedenfalls zulässigen Revision. Sie führt die Revisionsgründe der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens, der Aktenwidrigkeit und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung aus (§ 503 Abs.1 Z 2 bis 4 ZPO) und beantragt die Abänderung im Sinne einer Abweisung des Zahlungsbegehrens, hilfsweise die Aufhebung der Urteile der Vorinstanzen und die Zurückverweisung an das Gericht erster Instanz zu neuer Verhandlung und Entscheidung.

Der Kläger beantragt, der Revision nicht Folge zu geben. Die beklagte Partei hat nach Ablauf der Frist des § 505 Abs.2 ZPO einen Schriftsatz als "Nachtrag zur Revision" mit Rechtsausführungen und Hinweisen auf Judikatur in der Bundesrepublik Deutschland eingebracht. Da nach Ablauf der Revisionsfrist eine Ergänzung des Vortrages des Rechtsmittelwerbers jedenfalls unzulässig ist, ist dieser Schriftsatz nicht zu beachten sondern zurückzuweisen.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der beklagten Partei ist nicht berechtigt. Als Mangelhaftigkeit macht die beklagte Partei nicht etwa echte Mängel des Verfahrens vor dem Berufungsgericht geltend, wie sie die Vorschrift des § 503 Abs.1 Z 2 ZPO erfassen will, sondern ausschließlich vermeintliche Mängel des erstgerichtlichen Verfahrens, deren Vorliegen schon das Berufungsgericht verneint hat. Es ist an der ständigen Rechtsprechung festzuhalten, daß dies dem Revisionsgrund nach dem § 503 Abs.1 Z 2 ZPO nicht zu unterstellen ist, weil angebliche Mängel des Verfahrens erster Instanz, die vom Berufungsgericht nicht als solche anerkannt wurden, nicht neuerlich in der Revision geltend gemacht werden können (SZ 50/14; SZ 51/8; MietSlg.35.800; EFSlg.44.102 uva.). Den gegen diese Rechtsprechung erhobenen Einwänden (Rechberger-Simotta ZPR 2 Rz 716; Fasching Zivilprozeßrecht Rz 1909) ist entgegenzuhalten, daß auch die Ablehnung des Vorliegens einer gegenüber einem Verfahrensmangel schwerer wiegenden Nichtigkeit durch das Gericht zweiter Instanz unbekämpfbar ist (JBl 1972, 569; vgl. auch JBl 1986, 583). In Wahrheit macht die Revisionswerberin aber gar keine Verfahrensmängel geltend, sondern meint, es fehlten zur abschließenden rechtlichen Beurteilung erforderliche weitere Feststellungen. Dies ist der Rechtsrüge zuzuordnen.

Es liegt auch die behauptete Aktenwidrigkeit nicht vor (§ 510 Abs.3 ZPO), weil es überhaupt nicht darauf ankommt, ob und wann die einseitige Aufrechnungserklärung der beklagten Partei dem Masseverwalter bekannt wurde.

Das Schwergewicht der Revisionsausführungen liegt in der Bekämpfung der rechtlichen Beurteilung der Sache, wonach die von der beklagten Partei erklärte Aufrechnung nach § 20 Abs.1 Satz 1 KO unzulässig war und daher von vorne herein nicht zur Tilgung der vom Masseverwalter geltend gemachten Forderung auf Zahlung des Auseinandersetzungsguthabens führen konnte, weil eine Gegenforderung, die erst nach der Verfahrenseröffnung entstanden ist, von der Aufrechnung ausgeschlossen wird. Daß von einem "latent zu jedem Zeitpunkt des Bestehens der Gesellschaft" vorhandenen Anspruch des Gesellschafters auf Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens nicht gesprochen werden kann und daß gegen diesen Anspruch mit einer vor Eröffnung des Konkurses entstandenen Gegenforderung nicht aufgerechnet werden kann, hat der Oberste Gerichtshof schon in dem Redchtsstreit, an welchem die beklagte Partei beteiligt war, mit dem Hinweis auf die Lehre (Petschek-Reimer-Schiemer, Österreichisches Insolvenzrecht, 475 f; Wegan, Österreichisches Insolvenzrecht, 37; Bartsch-Pollak, KO 3 I, 116 f und Schrutka, Die Kompensation im Konkurs nach österreichischem Recht, 72) ausgeführt (OGH 3.11.1978, 6 Ob 728/78). Das Unterliegen in diesem Rechtsstreit und die Erfahrung bei Eintritt der Insolvenz von Gesellschaftern veranlaßte die beklagte Partei, die schon nach ihrem erklärten Geschäftszweck auch mit ihren Kommanditisten Liefergeschäfte abzuwickeln hatte, durch Ergänzung des Gesellschaftsvertrages mit einstimmigem Beschluß ihrer in der Gesellschafterversammlung am 30.7.1979 anwesenden Gesellschafter auf Anraten ihrer Rechtsberater vorzukehren, daß bei künftigen Insolvenzfällen der Masse nicht das Auseinandersetzungsguthaben voll auszuzahlen ist, sie aber mit ihren Forderungen auf die Quote verwiesen wird.

Träfe die in der Revision vorgetragene Rechtsansicht zu, daß es sich bei der Forderung auf Zahlung des Auseinandersetzungsguthabens um einen schon vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstandenen nur bedingten oder betagten Anspruch handelt, der nur durch das mit der Eröffnung des Ausgleichs- oder Konkursverfahrens bewirkte Ausscheiden aus der Gesellschaft konkretisiert wird, hätte es der Änderung bzw. Ergänzung des Gesellschaftsvertrages nicht bedurft. Dann wäre die Aufrechnungslage bei Konkurseröffnung gegeben und die Aufrechnung durch die beklagte Partei wirksam gewesen. Dies trifft aber nicht zu. Die Aufrechnung im Konkurs setzt voraus, daß die Forderungen einander bereits bei Eröffnung des Konkurses aufrechenbar gegenüberstanden. Entsteht eine der beiden Forderungen erst durch die Konkurseröffnung, fehlt die Voraussetzung der Aufrechenbarkeit (Bartsch-Heil, KO 4 Rz 85; SZ 53/92; SZ 56/128). Der Abfindungsanspruch des aus der Kommanditgesellschaft ausscheidenden Gesellschafters entsteht jedoch erst im Zeitpunkt seines Ausscheidens. Der Oberste Gerichtshof hat sich in der Entscheidung vom 8.9.1983, 6 Ob 621/83 (SZ 56/128 = GesRZ 1983, 212 = RdW 1984, 11) mit dieser auch hier entscheidenden Frage auseinandergesetzt, worauf schon die Vorinstanzen hingewiesen haben. Danach erlangt der Gesellschafter erst mit dem Zeitpunkt seines Ausscheidens, hier also mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 7.6.1982 anstelle seiner dinglichen Berechtigung als Gesamthandeigentümer des Gesellschaftsvermögens den schuldrechtlichen Abfindungsanspruch, der zwar dem Gesellschaftsvertrag entspringt, aber erst mit dem Ausscheiden aus der Gesellschaft konkretisiert wird und sich nach den rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen der Gesellschaft zu diesem Zeitpunkt bestimmt (Ulmer im Münchner Kommentar 2 § 738 BGB Rz 14; Hämmerle-Wünsch, Handelsrecht 3 2, 120). Ob und in welcher Höhe der ausscheidende Kommanditist zuvor seine Pflichteinlage geleistet hat, ist entgegen der Ansicht der Revisionswerberin auf die Höhe seines Abfindungsanspruches nach Art.7 Nr.15 EVHGB an sich ohne Bedeutung. Es bedurfte daher auch nicht der Feststellung, ob die spätere Gemeinschuldnerin über die Kommanditeinlage ihres Rechtsvorgängers an dem Gesellschaftsanteil hinaus weitere Einlagen getätigt hat. Daraus, daß Einlagen in bestimmter Höhe erfolgten, kann nicht darauf geschlossen werden, daß die Forderung auf Abfindung schon vor dem Ausscheiden entsteht. Dem ausscheidenden Gesellschafter ist in Geld auszuzahlen, was er bei der Auseinandersetzung erhalten würde, falls die Gesellschaft zur Zeit seines Ausscheidens (§ 161 Abs.2 und § 138 HGB) aufgelöst worden wäre. Vor Beendigung der Auseinandersetzung ist ungewiß, ob der im Gesetz (und Gesellschaftsvertrag) verankerte Abfindungsanspruch überhaupt zusteht und er kann daher vor Feststellung auch nicht zur Aufrechnung verwendet werden (von Gamm in RGRK-BGB 12 § 738 Rz 3; Soergel-Lasaulx, BGB 11 § 738 Rz 8). In dieser Entscheidung wurde aber auch schon dargelegt, daß ein Aufrechnungsvertrag, der gegen die zwingenden Bestimmungen über die Aufrechnung im Konkursverfahren (Petschek-Reimer-Schiemer, Insolvenzrecht, 479) verstößt, rechtsunwirksam ist, weil nicht gegen diese insolvenzrechtlichen Vorschriften vom späteren Gemeinschuldner zugunsten einzelner Gläubiger die konkursmäßige Aufrechenbarkeit in Fällen die Aufrechnung bewilligt werden darf, in denen die Gegenseitigkeit nicht zum maßgebenden Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorliegt (Jaeger-Lent, KO 8 § 55 Anm.2; Kuhn-Uhlenbruck, KO 10 § 55 Rz 4).

Gleiches muß für den nun zu beurteilenden Fall gelten, daß zur Umgehung der zwingenden Vorschrift des § 20 Abs.1 Satz 1 KO von den Beteiligten durch einen Zusatz im Gesellschaftsvertrag der Versuch unternommen wird, die nach dem Gesetz unzulässige Aufrechnung für den Insolvenzfall zu bewilligen. Daß die nunmehrige Gemeinschuldnerin durch ihren vertretungsbefugten persönlich haftenden Gesellschafter der vorgeschlagenen Ergänzung des Gesellschaftsvertrages zugestimmt hat und daß der Beschluß in der Gesellschafterversammlung einstimmig gefaßt wurde, ändert nichts daran, daß diese vertragliche Regelung an den zwingenden Normen des Insolvenzrechtes über die Aufrechnung scheitert und diese nicht abzuändern vermag. Die Gesellschafter der beklagten Partei haben also den untauglichen Versuch unternommen, durch Vertrag die Rechtsfolgen zu umgehen, die sich aus der ihnen bewußt gewordenen Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 3.11.1978, 6 Ob 728/78, bei Eintritt der Insolvenz weiterer Gesellschafter ergeben mußten. Diese vertragliche Gestattung der Aufrechnung blieb aber, weil sie gegen die Rechte der übrigen Konkursgläubiger verstieß, rechtsunwirksam. Daher mußte sie der Masseverwalter nicht anfechten, weil sie gar keine taugliche Grundlage für die wirksame Aufrechnungserklärung durch die beklagte Partei bieten konnte. Von einer "Verfristung des Anfechtungsrechtes" kann keine Rede sein, weil der Kläger nur den Anspruch der Konkursmasse auf Zahlung des Auseinandersetzungsguthabens gerichtlich geltend macht, der durch Aufrechnung nicht getilgt sein kann, wenn die Aufrechnung unzulässig ist. Entgegen der Ansicht der beklagten Partei ist daher die Forderung des Klägers nicht schon vor Erhebung der auf Zahlung gerichteten Klage infolge ihrer einseitigen Aufrechnung erloschen, sondern es bleibt der beklagten Partei unbenommen, ihre zur Aufrechnung ungeeignete Gegenforderung ebenso wie schon bisher den Unterschiedsbetrag zwischen den beiden Ansprüchen im Konkurs als Forderung geltend zu machen. Auf eine Anfechtung der wirkungslos gebliebenen Aufrechnungserklärung der beklagten Partei mußte der Kläger nicht greifen; er konnte den der Masse zustehenden Zahlungsanspruch einklagen.

Es ist daher für die Entscheidung in diesem Rechtsstreit auch nicht bedeutsam, wann dem Masseverwalter der Standpunkt der beklagten Partei bekannt wurde, daß sie gestützt auf die vermeintlich solche Fälle absichernde Zusatzvereinbarung im Gesellschaftsvertrag aufrechnen könne. Daß der Masseverwalter bei der Prüfung des als Konkursforderung angemeldeten den Abfindungsanspruch übersteigenden Unterschiedsbetrages dessen Richtigkeit anerkannte, hat mit der Anerkennung der Aufrechnung nichts zu tun. Mehr als die angemeldete Konkursforderung konnte der Prüfung im Konkurs nicht unterzogen werden.

Von den in SZ 56/128 bei ähnlichem Sachverhalt geäußerten Rechtsansichten abzugehen, bieten weder die Ausführungen der Revisionswerberin in ihrem Rechtsmittel noch eine Rechtsprechung von Gerichten in der Bundesrepublik Deutschland Anlaß, die vereinzelt den Anspruch auf das Abfindungsguthaben des mit der Konkurseröffnung ausscheidenden Gesellschafters als "ihrem Kern nach schon vor der Konkurseröffnung entstanden" ansieht und sie deshalb anderen bedingten Ansprüchen gleichstellt (so etwa OLG Celle in GmbHR 4/1986, 120 ua.).

Die Vorinstanzen haben daher durchaus rechtsrichtig erkannt, daß die einseitige Aufrechnungserklärung der beklagten Partei auf den Bestand der Forderung der Konkursmasse auf Leistung des Abfindungsbetrages oder Auseinandersetzungsguthabens, dessen Höhe nicht strittig ist, ohne Einfluß blieb, weil eben die Aufrechnung mit den vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstandenen Forderungen für Lieferungen und Leistungen gegen die erst mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstandene Forderung der Masse durch das Gesetz ausgeschlossen war und dieser Rechtszustand auch weder durch zweiseitige Vereinbarung der Beteiligten für den Fall späterer Insolvenz noch auch durch Verankerung der Aufrechenbarkeit im Gesellschaftsvertrag beseitigt werden konnte. Es ist auch die Ansicht der Revisionswerberin verfehlt, daß der Masseverwalter Rechtshandlungen anfechten und dabei die Fristen einhalten hätte müssen, um die berechtigte und nicht erloschene Forderung auf die in Geld zahlbare Abfindung der durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens aus der Kommanditgesellschaft ausgeschiedene Gemeinschuldnerin durchsetzen zu können (Bartsch-Pollak, KO 3 I, 116; SZ 55/3).

Der Revision ist daher ein Erfolg versagt.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

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