OGH 13Os96/86

OGH13Os96/8618.9.1986

Der Oberste Gerichtshof hat am 18.September 1986 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller, Dr. Felzmann, Dr. Brustbauer (Berichterstatter) und Dr. Massauer als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Täuber als Schriftführers in der Strafsache gegen Gerhard Z*** und Heinz C*** wegen des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB. und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der beiden Angeklagten gegen das Urteil des Geschwornengerichts beim Landesgericht für Strafsachen Wien vom 23.April 1986, GZ 20 b Vr 9756/85-93, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalts Dr, Stöger, sowie der Verteidiger Dr. Oehlzand und Dr. Blume, jedoch in Abwesenheit der Angeklagten, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden verworfen.

Den Berufungen wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen den Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Auf Grund des Wahrspruchs der Geschwornen wurden Gerhard Z*** des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB.(/I) sowie des Verbrechens des schweren Raubs nach §§ 142 Abs 1, 143, erster und zweiter Fall, StGB. (II 1 und II 2) sowie Heinz C*** gleichfalls des letztgenannten Verbrechens (II 2) schuldig erkannt. Darnach hat Z*** bei einem am 3.September 1985 mit einem Schrotrepetiergewehr verübten Raubüberfall auf die PSK-B*** im Wiener Opernringhof nicht nur 670.000 S erbeutet (II 1), sondern auch den Geldboten Karl S*** erschossen (I) und bei dem vorangehend am 12.April 1985 gemeinsam mit C*** und bewaffnet mit Perkussionsrevolvern begangenen Überfall auf die Filiale der V*** in Wien-Margareten 230.600 S geraubt (II 2).

Beide Angeklagten machen Urteilsnichtigkeit aus § 345 Abs 1 Z 6 und 8 StPO geltend.

Zur Beschwerde des Angeklagten Z***:

Der Erstangeklagte rügt, daß seiner Verantwortung, Karl S*** nicht vorsätzlich getötet zu haben, lediglich durch die gemäß § 316 StPO. gestellte Zusatzfrage (ob die ausgeübte Gewalt den Tod des Gerhard S*** zur Folge hatte) zur Hauptfrage 2 (nach dem Verbrechen des schweren, unter Verwendung einer Waffe begangenen Raubs) Rechnung getragen worden sei. Der Beschwerdeführer übersieht damit, daß schon die Beantwortung der Hauptfrage 1 (nach dem Verbrechen des Mordes an S***) dazu diente, klarzustellen, ob er S*** vorsätzlich getötet hat oder nicht.

Der Hinweis in der Rechtsbelehrung (./B S. 26), daß bei Verneinung der Hauptfrage 1 die Hauptfrage 2 zu beantworten ist, legt - entgegen den weiteren Ausführungen der Nichtigkeitsbeschwerde (Z. 8) - keineswegs die Annahme nahe, daß die Beantwortung einer Hauptfrage entfallen könne; wird doch unmittelbar vorher in der Rechtsbelehrung (./B S. 25) und nochmals bei jeder einzelnen Hauptfrage (./C) ausdrücklich vermerkt, daß alle Hauptfragen zu beantworten sind.

Rechtliche Beurteilung

Die Rechtsbelehrung zur Eventualfrage 1 (nach absichtlicher schwerer Körperverletzung) enthält nicht die unrichtige Erklärung, wonach die (strafsatzerhöhende) Todesfolge eine objektive Bedingung der Strafbarkeit sei. Der diesbezügliche Beschwerdeeinwand, daß solches auf Grund des fehlenden Hinweises, daß die Tatfolge zumindest fahrlässig im Sinn des § 7 Abs 2 StGB. verschuldet sein müsse, angenommen werden könnte, macht die Rechtsbelehrung schon deshalb nicht zu einer unrichtigen, weil unmittelbar vorangehend (./B S. 11) im Rahmen der Rechtsbelehrung zur Zusatzfrage 1 ganz allgemein der § 7 Abs 2 StGB. behandelt wird. Die fehlende und auch gar nicht gebotene (EvBl 1971/315) Wiederholung gleichlautender Rechtsausführungen bei der unmittelbar folgenden Eventualfrage 1 begründet daher keine Nichtigkeit.

Die Begriffe der bewußten Fahrlässigkeit und des Vorsatzes werden in der Rechtsbelehrung unter Zitierung der jeweiligen Gesetzesinhalte in zutreffender und ausreichender Weise erläutert (13 Os 41/80, 10 Os 96/81), auch die zur Abgrenzung beider Schuldformen entscheidende Fortsetzung des Willensbildungsprozesses des Täters wird dabei klargelegt (./B S. 4 und 14). Entgegen der Meinung des Beschwerdeführers lassen daher die den Gesetzeswortlaut einbeziehenden, den Geschwornen erteilten Erläuterungen zu den Begriffen des Vorsatzes und der Fahrlässigkeit nichts im Dunkeln; ein Anlaß zu Mißdeutungen bestand nicht.

Zur Beschwerde des Angeklagten C***:

Richtig ist der Beschwerdevorwurf (Z. 6), daß die auf Zurechnungsunfähigkeit abgestellte Zusatzfrage nicht sagt, daß die im § 11 StGB. genannte Störung eine seelische sein müsse. Dies konnte dem Beschwerdeführer nicht zum Nachteil gereichen (§ 345 Abs 3 StPO.), weil nur eine die Störung - und damit eine der Möglichkeiten, Zurechnungsunfähigkeit zu begründen - beschränkende Eigenschaft nicht angeführt, im übrigen aber die "schwere", einem der vorgenannten Zustände "gleichwertige" Störung erörtert wurde. Außerdem wurde in der Rechtsbelehrung zur Zurechnungsunfähigkeit (./B S. 18, 20) klargestellt, daß die im § 11 StGB. erwähnten Störungen seelische sein müssen und dies einläßlich (./B S. 21) erklärt. Weitere Ausführungen dazu, nämlich über Volltrunkenheit und Drogeneinfluß, wie sie die insoweit nicht substantiierte Beschwerde (Z. 8) vermißt, konnten in der schriftlichen Rechtsbelehrung unterbleiben (§ 321 Abs 2 StPO.), weil sie nicht in die Frage aufgenommene Ausdrücke des Gesetzes, sondern allenfalls den zugrundeliegenden Sachverhalt betrafen.

Die Nichtigkeitsbeschwerden sind damit erfolglos.

Zu den Berufungen:

Z*** wurde nach § 75 StGB. unter Anwendung des § 28 StGB. zu einer lebenslangen, C*** nach dem ersten Strafsatz des § 143 StGB. zu einer zehnjährigen Freiheitsstrafe verurteilt. Bei beiden Angeklagten waren erschwerend die einschlägigen Vorstrafen, die zweifache Qualifikation des Raubs, die Verletzung einer Person (stark blutende Rißquetschwunde des Franz E***, der benommen liegen blieb) sowie der Schadensbetrag (der bei Z*** hoch und bei C*** nicht unwesentlich war). Mildernd fiel das jeweilige Geständnis der Angeklagten, welches bei C*** ein volles und reumütiges war und bei Z*** die beiden Raubfakten betraf, ins Gewicht. Bei Z*** wurden zusätzlich das Zusammentreffen zweier strafbarer Handlungen verschiedener Art und die besonders grausame Vorgangsweise beim Raub in der PSK-BANK als erschwerend angeführt. Die Zustandebringung der Beute dieser Tat wurde hingegen bei Z*** zusätzlich als mildernd berücksichtigt.

Beide Berufungsanträge zielen auf Strafermäßigung.

Irgendwelche weiteren Umstände, welche die Schuld des Erstangeklagten reduzieren könnten, vermag dieser in seiner Berufung nicht aufzuzeigen. Die Sicherstellung des beim zweiten Raub erlangten Geldbetrags wurde vom Geschwornengericht ohnehin als mildernd gewertet; ein besonderes Gewicht erlangt diese Schadensgutmachung angesichts des bei dieser Tat begangenen Mordes, nicht. Entgegen der Meinung des Berufungswerbers Z*** steht der Annahme einer grausamen Tötung nicht entgegen, daß der Mord deshalb verübt wurde, weil sich das Opfer trotz Bedrohung mit der Waffe dem Täter mutig entgegenstellte.

§ 39 StGB. wurde nicht angewendet und konnte bei der Verhängung einer lebenslangen Freiheitsstrafe auch gar nicht zum Zug kommen. Daß dennoch die Voraussetzungen des § 39 StGB. bei Z*** vorliegen, weil sowohl die früheren strafbaren Handlungen gegen das Eigentum als auch die seinerzeitigen Aggressionsdelikte (Körperverletzung und Nötigung) auf der gleichen schädlichen Neigung (§ 71 StGB.) beruhen, ist vom Geschwornengericht zur Illustration des Ausmaßes und der gravierenden Bedeutung der teils empfindlichen, aber samt und sonders wirkungslosen Vorstrafen erwähnt worden. Der überaus rasche Rückfall (letztes Vollzugsdatum nach einer Strafe von 18 Monaten wegen gewerbsmäßigen Betrugs: 15.Dez.1984) wurde vom Erstgericht gar nicht zu Lasten des Berufungswerbers in die Waagschale geworfen.

Durch einen Mord und zwei Raubüberfälle hat Z*** die schwersten Verbrechen zu verantworten und steht dazu die vom Geschwornengericht verhängte schwerste Strafe durchaus in richtiger

RelatiON

Entgegen dem Berufungsvorbringen des Angeklagten C*** verlieren auch länger zurückliegende einschlägige Vorstrafen nicht die Bedeutung eines besonderen Erschwerungsgrunds nach § 33 Z. 2 StGB. Dieser ist angesichts der Zahl und des Gewichts der Vorstrafen bei diesem Angeklagten sehr deutlich ausgeprägt. Eine Verletzung der Unterhaltspflicht wurde nicht als erschwerend gewertet. Es mag sein, daß Z*** vorerst den allgemeinen Gedanken zu einem Bankraub entwickelt hat. Den Vorschlag aber, die Filiale der V*** in Wien-Margareten zu überfallen, hatte C***, wie er selbst zugibt (Band II S. 337), und wurde diese Tat, wie seine weiteren Einlassungen und die Tatausführung zeigen, sorgfältigst vorbereitet und rücksichtslos ausgeführt (s. § 32 Abs 3 StGB.). Die vom Geschwornengericht aus dem Mittelfeld des gesetzlichen Strafrahmens (fünf bis fünfzehn Jahre) geschöpfte Unrechtsfolge ist durchaus tat- und tätergerecht.

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