OGH 2Ob626/85

OGH2Ob626/859.9.1986

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Melber, Dr. Huber und Dr. Egermann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Leopold W***, Holzfuhrmann, Alt-Ossiach 8, 9570 Ossiach, vertreten durch Dr. Dieter Stromberger, Rechtsanwalt in Villach, wider die beklagte Partei Angela O***, Gastwirtin in Schnatten 20, 9360 Grades, vertreten durch Dr. Peter Sommeregger, Rechtsanwalt in St. Veit an der Glan, wegen Einverleibung des Eigentumsrechtes, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 30. April 1985, GZ 6 R 72/85-22, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 29. Jänner 1985, GZ 20 Cg 35/84-17, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Beklagte hat dem Kläger die mit S 20.082,15 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 1.825,65 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der im Jahre 1929 geborene, zufolge eines nach einem Verkehrsunfall erlittenen Schlaganfalles seit dem Jahre 1979 halbseitig gelähmte Kläger hat der Beklagten mit Übergabsvertrag vom 2. Mai 1983 seine Liegenschaft mit Haus Alt-Ossiach Nr. 68, EZ 391 KG Ossiach, ins Eigentum übertragen. Mit der vorliegenden Klage begehrt er die Rückübertragung der Liegenschaft, weil ihn die Beklagte durch List zum Vertragsabschluß bewogen habe und ihren vertraglich übernommenen Pflichten nicht nachgekommen sei. Bei Vertragsabschluß habe er sich auch in einem Irrtum befunden, der Vertrag sei überdies sittenwidrig.

Die Beklagte beantragte Klagsabweisung. Eine Pflicht zur persönlichen Pflege des Klägers habe sie nicht übernommen, wegen des plötzlichen Todes ihres Sohnes seien ihr vorübergehend auch Besuche beim Kläger nicht möglich gewesen.

Das Erstgericht gab der Klage statt; sein Urteil wurde vom Berufungsgericht bestätigt und ausgesprochen, daß der Wert des Streitgegenstandes S 300.000 übersteige.

Gegen die Entscheidung des Berufungsgerichtes erhebt die Beklagte eine auf § 503 Abs 1 Z 4 ZPO gestützte Revision mit dem Antrage auf Abänderung im Sinne der Klagsabweisung; hilfsweise wird auch ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Kläger beantragt in seiner Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht gerechtfertigt.

Dem erstgerichtlichen Urteilsspruch liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Der Kläger hat im Jahre 1980 das von seinen Eltern ererbte Haus Alt-Ossiach Nr. 8 einer Nichte geschenkt und genießt hinsichtlich einer dort im Tiefgeschoß gelegenen Wohnung ein Wohnrecht. Sein von ihm selbst erbautes Haus Alt-Ossiach Nr. 68 hatte er zur Gänze vermietet und hieraus monatliche Mietzinseinnahmen von S 7.000 erzielt. Da er nach dem Schlaganfall weitgehend hilflos war und - vorerst von seiner Schwester und einer Frau

A*** - gepflegt werden mußte, suchte er über den Europäischen Partnerring eine Frau oder Lebensgefährtin. Nach längerer Zeit und diesbezüglichen Aufwendungen von S 13.000 wurde ihm die Beklagte vermittelt. Nachdem er mit ihr telefonisch Kontakt aufgenommen hatte, besuchte sie ihn erstmals im März oder April 1983. Anläßlich ihres zweiten Besuches kam es zwischen den beiden zu einem Geschlechtsverkehr. Nach Angaben des Klägers war dies am 21. April 1983, an welchem Tage er der Beklagten einen "Überschreibungsvertrag" (Beilage ./I) unterfertigte, wonach er seine Liegenschaft der Beklagten "überschreibt". Anläßlich dieser "ersten" Unterzeichnung des "Überschreibungsvertrages" hatte die Beklagte dem Kläger erklärt, sie werde in drei Monaten zu ihm ziehen, ihn pflegen und als seine Lebensgefährtin mit ihm zusammenwohnen. Einige Tage später rief sie ihn an und teilte ihm mit, seine Verwandten wollten ihn entmündigen lassen. Der Kläger erklärte hierauf, die Beklagte solle sofort mit einem Rechtsanwalt oder Notar kommen, "damit er ihr das Haus übergeben könne". Am 2. Mai 1983 kam die Beklagte mit einem Rechtsanwalt, welcher einen fertiggeschriebenen Übergabsvertrag mitbrachte. Nach Erörterung der einzelnen Punkte des Vertrages erklärte sich der Kläger damit einverstanden. Entgegen der Behauptung der Beklagten wurde zwischen den Streitteilen nicht vereinbart, daß sie ihren Gasthausbetrieb in Grades noch ein bis zwei Jahre weiterführen und erst dann die persönliche Pflege des Klägers übernehmen sollte, vielmehr wurde außerhalb des schriftlichen Vertrages vereinbart, daß sie nach drei Monaten zum Kläger zieht - während dieser Zeit sollten ihn dritte Personen pflegen - , persönlich seine Pflege und Betreuung übernimmt und mit ihm als Lebensgefährtin zusammenlebt. Im schriftlichen Vertrag war lediglich festgehalten, daß sich die Beklagte zu aufmerksamer Wartung und Pflege des Übergebers verpflichtet, ihm diese Pflege im Hause Alt-Ossiach Nr. 8 zusteht und die Übernehmerin berechtigt ist, die Pflege und Wartung durch dritte Personen durchführen zu lassen. Am 2. August 1983 erfolgte die grundbücherliche Übertragung der Liegenschaft, am 5. August 1983 ließ die Beklagte ein Pfandrecht für einen Kredithöchstbetrag von S 455.000 zugunsten der Kärntner Sparkasse eintragen. In ihrer Parteienvernehmung gab die Beklagte selbst an, sie habe dem Kläger vor Unterfertigung des Vertrages zugesagt, nach drei Monaten zu ihm zu ziehen; wegen des am 27. Juni 1983 erfolgten Todes ihres Sohnes habe sie jedoch ihr Gasthaus in Grades selbst weiterführen müssen. Tatsächlich hatte die Beklagte aber von vornherein nicht die Absicht, zum Kläger zu ziehen, weil sie sich bereits kurz nach Kennenlernen des Klägers an Frau K***, die Inhaberin einer privaten Pflegestation, wegen dessen Unterbringung wandte. Dabei äußerte sie sich, daß sie das Haus Alt-Ossiach Nr. 8 kaufen und den Kläger "weghaben" wolle, um dort ein Gasthaus oder eine Pension zu errichten; der Kläger sei ein Trinker und nicht normal, er könne nicht lesen und schreiben und sie werde ihn entmündigen lassen. Bei einem folgenden telefonischen Anruf Frau K***s lehnte der Kläger eine Unterbringung in einem Heim ab. Über diesbezüglichen Vorhalt Frau K***s erklärte die Beklagte sodann neuerlich, der Kläger werde sicher kommen und sie solle ein Bett reservieren. Am 20. Mai 1983 teilte die Beklagte schließlich Frau K*** mit, sie habe nun eine Privatpflegeperson gefunden. Dabei erzählte sie von ihrem Geschlechtsverkehr mit dem Kläger. Für kurze Zeit waren sodann zwei Privatpflegerinnen beim Kläger. Mit einer von ihnen hatte er ebenfalls Geschlechtsverkehr. Schließlich wurde der Kläger wieder von Frau A*** bzw. seiner Schwester gepflegt. Die Beklagte, welche sodann nochmals versucht hatte, den Kläger bei Frau K*** unterzubringen, überwies in der Folge monatlich S 3.450 für Pflegekosten und S 450 für Krankenversicherung. Der Kläger bezieht lediglich eine Sozialhilfe von monatlich S 3.510. Zur Aufnahme der vereinbarten Lebensgemeinschaft mit dem Kläger ist die Beklagte nicht bereit. Sie besucht ihn alle zwei Wochen und ruft ihn täglich telefonisch an. Zur Persönlichkeit des Klägers, der den Beruf eines Holzfuhrmannes ausgeübt hatte, wurde festgestellt, daß er zwar eine angeborene leichte bis mittelschwere Hirnleistungsschwäche aufweist und "ziemlichen" Alkoholmißbrauch betreibt, jedoch voll orientiert ist und eine große praktische Lebenserfahrung und hinreichende praktische Intelligenz besitzt, sodaß er auch über den Prozeßgegenstand genau im Bilde ist. Er leidet an einem postapoplektischen Zustand, ist emotional sehr labil, stark von Stimmungen abhängig und infolge seiner Hilflosigkeit geneigt, jedermann zu glauben, der ihm Hilfe verspricht. Seine sexuelle Aktivität scheint durch die Halbseitenlähmung nicht beeinträchtigt und bei ihm immer schon sehr ausgeprägt gewesen zu sein. Da er infolge seiner weitgehenden Bewegungsunfähigkeit auf Partnerinnen angewiesen ist, kann auch hiedurch ein besonderes Abhängigkeitsverhältnis entstehen. Seine Bereitschaft ist groß, für die Gewährung sexueller Zuwendung jedes materielle Opfer zu bringen. Neben dem Alkohol scheint dies sein einziger Lebensinhalt zu sein. Dabei betont er, ein Leben lang viel gearbeitet zu haben und für niemanden sorgen zu müssen, sodaß er das Erworbene dazu einsetzen könne, sich die ihm noch möglichen Lebensgenüsse zu verschaffen. Er argumentiert damit, es sei ihm nicht bloß auf eine Pflegeperson angekommen, denn sonst hätte er sich ja nicht an ein Eheanbahnungsinstitut gewendet, auch habe er nicht auf die Mietzinseinnahmen des übergebenen Hauses von monatlich S 7.000 verzichten wollen, weil dies ja seine wesentliche Lebensgrundlage dargestellt habe und es unvernünftig gewesen wäre, als Gegenleistung der Übernehmerin die bloße Vermittlung von Pflegepersonen zum halben Preis, nämlich 3.500 S monatlich, zu vereinbaren.

In seiner rechtlichen Beurteilung führte das Erstgericht aus, die Beklagte habe die wesentliche Vertragsgrundlage der persönlichen Pflege und Wartung des Klägers sowie die Begründung einer Lebensgemeinschaft mit ihm nicht eingehalten, sodaß der Kläger zur Aufhebung des Übergabsvertrages berechtigt sei. Die Beklagte habe diesen Vertrag überhaupt mit List geschlossen, weil sie von vornherein nicht die Absicht gehabt habe, mit dem Kläger in Lebensgemeinschaft zu leben, und seine Leichtgläubigkeit und Notlage ausgenützt habe, um in den Besitz des Hauses zu kommen. Dieses Verhalten verstoße auch gegen die guten Sitten.

Das Berufungsgericht hielt weder die Rüge der unrichtigen Beweiswürdigung und unrichtigen Tatsachenfeststellung noch der unrichtigen rechtlichen Beurteilung für gerechtfertigt. Zu letzterer führte es aus, die verbindliche mündliche Zusage der Beklagten, binnen drei Monaten nach Abschluß des Übergabsvertrages mit dem Kläger eine Lebensgemeinschaft einzugehen und ihn persönlich zu pflegen und zu betreuen, stehe in keinem unlösbaren Widerspruch zur Klausel im schriftlichen Übergabsvertrag, wonach die Beklagte berechtigt sei, die Pflege und Wartung von dritten Personen durchführen zu lassen. Denn die Beklagte sollte ja tatsächlich erst drei Monate später zum Kläger ziehen, sodaß eine vorübergehende Betreuung durch dritte Personen erforderlich geworden sei. Der Unfalltod ihres Sohnes könne an der übernommenen Verpflichtung nichts ändern, weil diese wesentliche Vertragsgrundlage gewesen sei. Der Kläger habe ihr die Liegenschaft nur übergeben, um mit ihr als seiner Lebensgefährtin zusammenzuleben. Geschlechtliche Beziehungen hätten nach der Persönlichkeitsstruktur des Klägers jedenfalls einen entscheidenden Punkt für den Vertragsabschluß dargestellt. Da die Beklagte nicht zum Kläger gezogen sei, habe er in seinem Zustand keine andere Wahl gehabt, als die Leistungen anderer Pflegerinnen anzunehmen. Darin könne kein einverständliches Abgehen von den ursprünglichen Vereinbarungen und keine Änderung des ursprünglichen Vertragswillens der Streitteile gesehen werden. Die getroffene Abrede sei eine auflösende, weil in die Zukunft weisende Bedingung im Sinne des § 901 ABGB. Der Eintritt der auflösenden Bedingung (Nichtübernahme der persönlichen Pflege und Betreuung des Klägers sowie Eingehung einer Lebensgemeinschaft mit ihm) führten zum Erlöschen des bedingten Rechtsgeschäftes.

In der Revision wird auf Punkt 3 des Übergabsvertrages hingewiesen, wonach die Beklagte berechtigt ist, die Pflege und Wartung des Klägers von dritten Personen durchführen zu lassen. Diese Pflege habe die Beklagte in den ersten zwei Monaten nach Vertragsabschluß veranlaßt. In der Folge habe der Kläger durch sein Verhalten die weitere Pflege durch dritte Personen unmöglich gemacht. Ab Juni 1983 sei die Pflege wiederum von Frau A*** durchgeführt worden. Deren Entlohnung habe die Beklagte im Einverständnis mit dem Kläger übernommen. Somit seien die vertraglichen Pflichten der Beklagten aber eingehalten worden. Durch dieses faktische Verhalten des Klägers sei zumindest eine stillschweigende Änderung der eine vereinbarte auflösende Bedingung darstellenden Abrede eingetreten. Bei den täglichen Telefonaten und bei den Besuchen der Beklagten habe sie der Kläger immer wieder beauftragt, noch andere Pflegepersonen zu schicken, "durch welches Verhalten die Beklagte darin bestärkt wurde, daß er den Tod ihres Sohnes und die dadurch geänderten Verhältnisse ihrerseits zur Kenntnis genommen habe und mit der Änderung der damaligen Zusage einverstanden gewesen sei". Bei dieser Änderung der seinerzeitigen Zusage habe es sich nicht um einen "gänzlichen Wegfall" der Abrede, sondern nur um eine "zeitliche Verschiebung gehandelt, welche allerdings durch den im Frühjahr 1985 erfolgten Tod des Klägers gegenstandslos geworden sei".

Diesen Ausführungen kann nicht gefolgt werden.

Die Revisionswerberin argumentiert sowohl dahin, daß sie ihre Pflichten aus dem Vertrag ohnehin erfüllt habe, als auch dahin, daß es durch das faktische Verhalten des Klägers nachträglich zu einer stillschweigenden Vertragsänderung gekommen sei. Entgegen ihren Behauptungen hat sie ihre Vertragspflichten jedoch nicht erfüllt, denn sie hätte nach den für den Obersten Gerichtshof bindenden unterinstanzlichen Feststellungen über die mündliche Vertragsabrede drei Monate nach Vertragsabschluß im Rahmen einer zu begründenden Lebensgemeinschaft persönlich die Pflege des Klägers übernehmen müssen. Ihre Zusage, nach dieser Zeit zum Kläger zu ziehen, wird von ihr in ihrer Parteienvernehmung auch ausdrücklich selbst zugegeben. Diese mündliche Abrede kann im Sinne der berufungsgerichtlichen, von der Revisionswerberin geteilten Rechtsansicht als Bedingung des Rechtsgeschäftes im Sinne des § 901 ABGB angesehen werden. Der Fall gleicht jenem, welcher der vom Berufungsgericht zitierten Entscheidung 7 Ob 783/81 zugrunde lag. Dort hatte der Übernehmer ebenfalls außerhalb des schriftlichen Übergabsvertrages den Übergebern über deren Verlangen zugesagt, er werde "nach Schulschluß seiner Kinder selbst auf den Hof ziehen", dieses Versprechen aber in der Folge nicht eingehalten. Der Oberste Gerichtshof vertrat hiezu den Standpunkt, daß, abgesehen von der Frage einer Vertragsaufhebung zufolge Wegfalles der Geschäftsgrundlage, jedenfalls auch ein Erlöschen des bedingten Rechtsgeschäftes wegen Eintrittes der stillschweigend vereinbarten auflösenden Bedingung im Sinne des § 901 ABGB anzunehmen sei und die Übergabsliegenschaft daher zurückgefordert werden könne.

Grundsätzlich ist darauf hinzuweisen, daß die Vertragspartner nach der vorgenannten Bestimmung auch den Beweggrund oder Endzweck zur Bedingung des Rechtsgeschäftes machen können. Wird der angestrebte Zweck nicht erreicht oder liegt der Beweggrund nicht vor, so fällt das Geschäft je nach der Art der Bedingung dahin oder wird nie gültig (Rummel in Rummel, ABGB, Rz 2 zu § 901;

2 Ob 587/84). Die Erhebung des Beweggrundes oder Endzweckes zur Bedingung kann nach Lehre und Rechtsprechung auch konkludent erfolgen (Gschnitzer in Klang 2 IV/1, 335; Rummel aaO; SZ 35/7;

NZ 1981, 42; 7 Ob 570/81, 6 Ob 627/83, 2 Ob 587/84, 6 Ob 583/84 ua.). Vorliegendenfalls ist die Beklagte nach Ablauf der vereinbarten Dreimonatefrist und auch in der Folge nicht zum Kläger gezogen, hat niemals seine Pflege persönlich übernommen und hat sich schließlich auch geweigert, mit ihm die Lebensgemeinschaft aufzunehmen. Die für den Kläger auf Grund einer hier ebenfalls ausdrücklichen Zusage bei Abschluß des Übergabsvertrages maßgebende Erwartung, durch die Übergabe der Liegenschaft alsbald eine Lebensgefährtin und Pflegeperson zu gewinnen, wurde daher nicht erfüllt. Entgegen der in der Revision vertretenen Ansicht hat die Beklagte ihren bei Abschluß des Vertrages übernommenen Pflichten somit nicht entsprochen. Aber auch von der in der Revision behaupteten nachträglichen Änderung des Vertragsinhaltes kann keine Rede sein.

Gemäß § 863 ABGB kann der Wille nicht nur ausdrücklich, sondern auch durch solche Handlungen erklärt werden, welche mit Überlegung aller Umstände keinen vernünftigen Grund, daran zu zweifeln, übrig lassen. Nach der Rechtsprechung ist bei einer solchen Beurteilung von Handlungen auf ihre konkludente Aussage stets größte Vorsicht geboten, weil die Gefahr besteht, daß dem Handelnden Äußerungen unterstellt werden, die nicht in seiner Absicht lagen. Eine konkludente Handlung muß daher eindeutig erkennen lassen, daß der Wille, eine Rechtsfolge in einer bestimmten Richtung herbeizuführen, vorliegt. Für die Schlüssigkeit eines Verhaltens im Hinblick auf einen solchen rechtsgeschäftlichen Willen legt § 863 ABGB somit einen strengen Maßstab an (6 Ob 554/86). Jedenfalls müssen stets ganz besondere Gründe vorliegen, welche die Annahme einer stillschweigenden Willensänderung hinsichtlich eines Vertragsverhältnisses rechtfertigen.

Vorliegendenfalls ist bei Anwendung dieser Grundsätze aus den vom Erstgericht getroffenen, vom Berufungsgericht übernommenen Feststellungen über das Verhalten des Klägers eine derartige stillschweigende Vertragsänderung keineswegs ableitbar. Der Kläger hat zwar auch nach Ablauf von drei Monaten die Pflegeleistungen dritter, von der Beklagten zur Verfügung gestellter Pflegepersonen und schließlich die Zahlung eines monatlichen Betrages von S 3.900 für Pflegekosten und Versicherung angenommen. Im Hinblick auf sein durch die Übergabe der Liegenschaft verringertes, nur noch in der monatlichen Sozialhilfe von S 3.500 bestehenden Eigeneinkommen war er hiezu im Sinne der berufungsgerichtlichen Ausführungen aber praktisch gezwungen. Allein hieraus kann also keinesfalls abgeleitet werden, der Kläger habe damals ganz offenkundig zum Ausdruck gebracht, auf die vereinbarten persönlichen Leistungen der Beklagten in Zukunft verzichten und sich mit ihren monatlichen Zahlungen von S 3.900 begnügen zu wollen. Ein solcher geänderter Vertragswille wäre vielmehr kaum verständlich, wenn man bedenkt, daß der Kläger früher aus der Liegenschaft eigene Mietzinseinnahmen von monatlich S 7.000 erzielt hatte und die Übergabe der Liegenschaft bei einem Verzicht auf die persönlichen Verpflichtungen der Beklagten für ihn völlig sinnlos geworden wäre. Daß er im Hinblick auf die mangelnde Bereitschaft der Beklagten, selbst zu ihm zu ziehen, dieser allenfalls erklärte, sie möge ihm andere Pflegerinnen schicken - eine diesbezügliche Feststellung fehlt - bedeutet noch keineswegs, daß er auf ihre persönlichen Leistungen überhaupt verzichten wollte. Einen solchen Schluß durfte sie entgegen ihrer Ansicht bei objektiver Betrachtung der Sachlage nach Treu und Glauben (vgl. SZ 54/163) keinesfalls ziehen.

Das abschließende Revisionsvorbringen über eine von der Beklagten beabsichtigte spätere Einlösung ihrer Zusage, zu welcher es "wegen des Todes des Klägers" nicht gekommen sei, verstößt gegen das Neuerungsverbot und ist unbeachtlich.

Die Revision erweist sich somit als ungerechtfertigt, sodaß ihr ein Erfolg zu versagen war.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.

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