OGH 1Ob644/86

OGH1Ob644/863.9.1986

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Resch, Dr. Schubert, Dr. Hofmann und Dr. Schlosser als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Manfred L***, Schlosser, Wels, Schorerstraße 27, vertreten durch Dr. Gerald Haas, Rechtsanwalt in Wels, wider die beklagte Partei Ernst L***, Anlageberater, Wels, Traunaustraße 23, vertreten durch Dr. Peter Posch, Rechtsanwalt in Wels, wegen S 17.510,-- s.A., infolge ao. Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Kreisgerichtes Wels als Berufungsgerichtes vom 9.Mai 1985, GZ R 277/85-18, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Wels vom 27.Dezember 1984, GZ 16 C 759/83-14, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 3.199,20 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (hievon S 247,20 Umsatzsteuer und S 480,- Barauslagen) binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Am 3.1.1979 richtete das Bankhaus D*** & Co., Salzburg,

folgendes Schreiben an den Beklagten:

"Betrifft: Wertpapierlombard-Darlehenszusage

Ihrem Wunsche entsprechend sind wir gerne bereit, Ihnen ein Wertpapierlombarddarlehen von

S 91.414,18

(i.W.: neunzigeinstausendvierhundertzehnvier)

unter folgenden Bedingungen zur Verfügung zu stellen: Die Abwicklung dieses Darlehens erfolgt über das Konto Nr.46211/1

1) Die Zuzählung der Darlehensvaluta erfolgt durch Überweisung auf Konto Nr.46211

2) Das Darlehen wird von Ihnen wie folgt verzinst und zurückgezahlt:

Die Rückführung des Darlehens erfolgt aus den laufenden Wertpapierverlosungen bzw. Zinsenausschüttungen aus den bei uns befindlichen Wertpapieren. Dessen ungeachtet kann das Darlehen beiderseits unter Einhaltung einer Frist von 3 Monaten jederzeit schriftlich aufgekündigt werden.

3) Bis auf weiteres gelten für dieses Darlehen gegen jederzeitigen Widerruf nachstehende Konditionen:

9 % p.a. Zinsen

Verzugszinsen werden wir Ihnen in der Höhe von 3 1/2 % über den vertragsmäßigen Konditionen in Rechnung stellen. Die Abschlußposten werden wir jeweils zu den Kalenderquartalen Ihrem Konto Nr.46211/1 anlasten.

4) Zur Sicherstellung aller unserer Forderungen und Ansprüche, die uns aus dieser Darlehensgewährung gegenwärtig zustehen oder in Hinkunft erwachsen werden, sowie überhaupt aller Forderungen, die wir aus welchen Titeln immer gegen Sie zu stellen berechtigt sein werden, verpfänden Sie uns die im Depot Nr.4008 derzeit erliegenden und künftig erlegten in Ihrem freien Eigentum stehenden Wertpapiere samt Zins-, Gewinnanteil- und Erneuerungsscheinen sowie allfällige bestehende und künftige Bezugsrechte und, im Falle der Ausübung dieser Bezugsrechte, die jungen Aktien unter gleichzeitiger Übergabe und Hinterlegung der verpfändeten Wertpapiere. Falls der Kurswert der verpfändeten Wertpapiere unter den jeweils aushaftenden Darlehensbetrag sinken sollte, werden Sie innerhalb der von uns gestellten Frist entweder weitere als Pfand geeignete Wertpapiere in entsprechender Höhe einbringen oder das Darlehen entsprechend abdecken. Im Sinne der von Ihnen zur Kenntnis genommenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen können wir, ohne daß es der Erwerbung eines vollstreckbaren Titels bedarf, die verpfändeten Wertpapiere ganz oder teilweise veräußern, falls Sie unserem infolge Absinkens der Kurswerte der verpfändeten Wertpapiere gestellten Verlangen zur Nachschußleistung von Wertpapieren oder zur entsprechenden Abdeckung des Darlehens samt Anhang nicht hinreichend entsprochen haben oder bei Fälligkeit des Darlehens keine Zahlung erfolgt".

Der Beklagte nahm dieses Anbot an. Das Wertpapiergeschäft wurde über Anraten des Beklagten, der als Anlageberater bei der Fa, P***, Unternehmen für Finanz- und Wirtschaftsberatung Gesellschaft m.b.H. & Co. KG, Salzburg (im folgenden P***) angestellt war, abgeschlossen. Der Zinssatz für das gewährte Darlehen wurde in der Folge mehrmals erhöht. Mit Schreiben vom 31.8.1981 teilte das Bankhaus D*** & Co. dem Kläger mit, daß die Kreditkonditionen für das Wertpapier-Lombarddarlehen ab dem zweiten Quartal 1981 mit 14,5 % p.a. festgesetzt werden mußten. Zum 31.12.1982 wies das Konto des Beklagten eine Überziehung von S 12.775,98 auf. Das Bankhaus D*** & Co. forderte den Kläger mit den Schreiben vom 14.1.1983, 22.2.1983 und 18.5.1983 auf, den Debetsaldo der durch Anlastung verschiedener Spesen auf S 15.800,86 angewachsen war, einzuzahlen. Mit Schreiben vom 31.5.1983 beauftragte der Kläger das Bankhaus D*** & Co., die für ihn angeschafften Wertpapiere bestmöglich zu verkaufen und den Erlös seinem Konto gutzubringen. Nach Durchführung des Verkaufs ergab sich laut Mitteilung des Bankhauses D*** & Co. vom 20.6.1983 ein Sollsaldo von S 17.510,--, den der Kläger am 4.7.1983 bezahlte. Der Beklagte bot dem Kläger die Bezahlung des aushaftenden Betrages an, wenn er an das Bankhaus D*** & Co. ein Schreiben folgenden Inhalts richte:

"Sehr geehrte Herren!

Ich habe heute den Betrag von S..... auf Grund der Abrechnung des im Betreff genannten Kontos an Sie einbezahlt - jedoch ohne Anerkennung einer Rechtspflicht und mit ausdrücklichem Vorbehalt einer Rückforderung.

Dieser Vorbehalt begründet sich darin, daß mir von Herrn W*** und Hr. R*** zugesichert wurde, daß bei diesem Combiplan niemals eine Zahlung von mir zu leisten ist. Herr W*** und andere ehemalige Landesdirektoren der P*** führen diese Aussage auf ein Gespräch mit Herrn H*** zurück."

Der Kläger lehnte dies ab, weil der Inhalt des Schreibens nicht den Tatsachen entsprach.

Der Kläger begehrt den Betrag von S 17.510,-- s.A. und brachte vor, der Beklagte, sein Bruder, habe ihm die Anschaffung der Wertpapiere empfohlen und dabei erklärt, er garantiere persönlich dafür, daß er, Kläger, aus dem zur Anschaffung der Wertpapiere aufzunehmenden Darlehen nicht in Anspruch genommen werde. Tatsächlich seien jedoch die Darlehenszinsen gestiegen, so daß die Erträgnisse der Wertpapiere nicht mehr ausgereicht hätten, die fälligen Zahlungen zu leisten.

Der Beklagte beantragte Abweisung des Klagebegehrens. Er sei bis März 1981 Angestellter der Firma P*** gewesen und habe in dieser Eigenschaft dem Kläger den Ankauf der Wertpapiere empfohlen. Er habe persönlich niemals eine Erklärung abgegeben, daß auf das Lombarddarlehen keine Einzahlungen zu leisten seien. Eine solche Information habe er allerdings von seinen Vorgesetzten erhalten und sie daher auch an die Kunden weitergegeben. Daraus könne aber nur der Fa. P*** eine Verpflichtung erwachsen. Er hätte die Bezahlung des Betrages von S 17.510,-- übernommen, wenn der Kläger dem Bankhaus D*** & Co. gegenüber erklärt hätte, daß ihm von den maßgeblichen Funktionären der P*** Herbert W*** und Alois R*** zugesichert worden sei, daß aus der Anschaffung der Wertpapiere Zahlungsverpflichtungen nicht entstehen könnten. Dies habe der Kläger abgelehnt und damit eine Garantieleistung vereitelt.

Der Erstrichter wies das Klagebegehren ab und stellte fest: Der Beklagte habe dem Kläger versichert, daß er bei dem vorgeschlagenen Geschäft keine Einzahlungen zu leisten habe, jedoch in ein paar Jahren eine Prämie erhalten werde. Der Beklagte habe erklärt, er stünde dafür, daß hier nichts zu zahlen sei.

In rechtlicher Hinsicht führte der Erstrichter aus, die Erklärung des Beklagten sei nur ein gutgemeintes Versprechen gewesen, eine Verpflichtung habe der Beklagte damit nicht übernommen, so daß das Klagebegehren nicht gerechtfertigt sei. Das Berufungsgericht gab der gegen dieses Urteil erhobenen Berufung des Klägers Folge und änderte es dahin ab, daß es dem Klagebegehren stattgab. Das Berufungsgericht sprach aus, daß die Revision nicht zulässig sei. Es übernahm die Tatsachenfeststellungen des angefochtenen Urteils und beurteilte den Sachverhalt in rechtlicher Hinsicht dahin, der Beklagte habe mit seiner Erklärung, bei dem in Rede stehenden Geschäft sei nichts zu bezahlen, eine Garantieerklärung abgegeben, die ihn persönlich verpflichte. Der Kläger habe die Erklärung des Beklagten nur dahin verstehen können, daß der Beklagte persönlich die Garantie dafür übernehme, daß dem Kläger aus dem Effektengeschäft keinerlei Auslagen erwachsen. Hätte der Beklagte diese Erklärung im Namen der Fa. P*** abgeben wollen, hätte er dies dem Kläger, seinem Bruder, deutlich zum Ausdruck bringen müssen. Da der Kläger aus dem mit dem Bankhaus D*** & Co. abgeschlossenen Vertrag zur Zahlung des Klagsbetrages herangezogen wurde, sei das Klagebegehren gerechtfertigt.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen das Urteil des Berufungsgerichtes erhobenen außerordentlichen Revision des Beklagten kommt Berechtigung nicht zu. Der Beklagte macht geltend, er habe die Zusage, daß der Erwerber der Wertpapiere keine Zahlungen zu leisten habe, als Angestellter der P*** auf Grund der ihm von seinen Vorgesetzten Herbert W*** und Alois R*** gegebenen Information gemacht. Wenn Arbeitnehmer bei Abschluß oder Vermittlung eines Rechtsgeschäftes Zusagen machen, so könnten diese den Arbeitnehmer selbst nicht persönlich verpflichten, sondern nur den Dienstgeber. Diesen Ausführungen ist nicht beizupflichten. Das Berufungsgericht nahm zutreffend an, daß die Erklärung des Beklagten, bei dem von ihm vermittelten Rechtsgeschäft seien keine Einzahlungen zu leisten, er stünde dafür, daß nichts zu zahlen sei, als persönliche Garantie zu werten ist. Unter dem Garantievertrag wird ein einseitig verpflichtender Vertrag verstanden, durch den sich jemand (beschränkt oder unbeschränkt) verpflichtet, für den Erfolg eines Unternehmens einzustehen oder für den Schaden, der durch ein Unternehmen entsteht, aufzukommen (RdW 1985, 308; SZ 53/164;

SZ 50/93; SZ 50/32; JBl.1978, 36; Koziol, Der Garantievertrag 3;

Rummel in Rummel, ABGB, Rdz 1 zu § 880 a). Wird eine Garantieerklärung im Zusammenhang mit dem Abschluß oder der Vermittlung eines Rechtsgeschäfts von jemandem abgegeben, der als Dienstnehmer, Handelsvertreter odgl. für einen Dritten tätig ist, ergibt sich aus der offengelegten Berufseigenschaft des Handelnden vielfach das Handeln im Vollmachtsnamen des Geschäftsherrn (vgl. MietSlg.34.153, 30.142; SZ 53/37; SZ 50/119; Strasser in Rummel a. a.O. Rdz 50 zu § 1002). Es ist unbestritten, daß der Beklagte Anlageberater für die Firma P*** gewesen ist; daß er die Garantieerklärung namens der Firma P*** abgegeben hätte, ist jedoch nicht festgestellt. Nach den vom Berufungsgericht übernommenen Tatsachenfeststellungen erklärte der Beklagte vielmehr, "er stehe dafür, daß hier nichts zu zahlen sei". Der Beklagte nahm damit als Bruder des Klägers besonderes persönliches Vertrauen für sich in Anspruch. Seine Erklärung konnte daher vom Kläger nach redlicher Verkehrssitte (§ 914 ABGB) als persönliche Haftungserklärung verstanden werden.

Der Beklagte vertritt den Standpunkt, im Hinblick auf Punkt 2 des vom Kläger mit dem Bankhaus D*** & Co. abgeschlossenen Vertrages habe den Kläger keine Zahlungspflicht getroffen, weil das Darlehen nur mit den Erträgen der laufenden Wertpapierverlosungen bzw. Zinsausschüttungen zurückzuzahlen war. Der Kläger habe damit eine Schuld anerkannt, die gar nicht bestanden habe, so daß ihn, den Beklagten, keine Haftung treffen könne. Dem Berufungsgericht ist jedoch auch darin beizupflichten, daß der Kläger die Erklärung des Beklagten nach der ihm erkennbaren Absicht des Erklärenden dahin verstehen konnte, daß ihn unter keinen Umständen eine Zahlungspflicht treffen werde und es sich bei dem vermittelten Wertpapierankauf um ein für ihn völlig risikoloses Geschäft handle. Der Kläger konnte der Erklärung die Bedeutung beimessen, der Beklagte werde ihn, wenn er zu Leistungen herangezogen würde, schad- und klaglos halten. Es oblag dann dem Beklagten, jede vom Bankhaus D*** & Co. im Zusammenhang mit dem vermittelten Rechtsgeschäft gegen den Kläger erhobenen Forderung abzuwehren. Auf einen Rechtsstreit mit dem Bankhaus D*** & Co. mußte sich der Kläger, jedenfalls ohne Zusicherung des Beklagten, daß er im Falle des Prozeßverlustes auch den Ersatz der Prozeßkosten übernehmen werde, nicht einlassen, zumal auch der jedenfalls besser informierte Beklagte nicht den Standpunkt vertrat, daß die Forderung des Bankhauses D*** & Co. unberechtigt wäre. Der Beklagte riet dem Kläger, der sich nur das Rückforderungsrecht vorbehalten sollte, sogar zur Zahlung, was der Kläger nur dahin verstehen konnte, daß er vorläufig zahlen muß und nur der Beklagte sich die Rückforderung des bezahlten Betrages gegen Organe der P*** vorbehielt. Demzufolge ist der Revision der Erfolg zu versagen. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

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