OGH 3Ob74/86

OGH3Ob74/8630.7.1986

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Kinzel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Warta, Dr. Klinger, Dr. Egermann und Mag. Engelmaier als Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei Dipl.Ing. Thomas R***, Architekt, Kramergasse 9, 1010 Wien, vertreten durch Dr. Friedrich Grohs, Dr. Michael Goriany, Dr. Andreas Grohs und Dr. Wolfgang Hofer, Rechtsanwälte in Wien, wider die verpflichtete Partei Eveline M***, Geschäftsfrau, Naglergasse 17/1, 1010 Wien, vertreten durch Dr. Herbert Grün, Rechtsanwalt in Wien, wegen Räumung (Streitwert S 672.000,-) infolge Revisionsrekurses der betreibenden Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgerichtes vom 13. März 1986, GZ 41 R 117/86-10, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 13.Feber 1986 GZ 48 K 32/85-5, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Auf Grund der gerichtlichen Aufkündigung zum 30.6.1985, gegen die Einwendungen nicht erhoben worden sind, bewilligte das Erstgericht am 10.1.1986 auf Antrag der betreibenden Partei wider die Verpflichtete die Exekution durch Räumung des Geschäftslokales Nr.1 im Haus Naglergasse 17, 1010 Wien. Die Verpflichtete erhob im Wege der Klage am 3.2.1986 ihre Einwendungen gegen den Räumungsanspruch und gegen die Exekutionsbewilligung und beantragte, die Räumungsexekution nach § 42 Abs.1 Z 5 EO ohne Sicherheitsleistung aufzuschieben.

Das Erstgericht wies den Aufschiebungsantrag ab, weil die Klagsführung aussichtslos sei.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Verpflichteten, dem nach Erlag einer Sicherheit von S 168.000,- hemmende Wirkung zuerkannt worden war, Folge. Es änderte den Beschluß des Erstgerichtes ab und schob die am 10.1.1986 bewilligte Exekution durch Räumung bis zur rechtskräftigen Beendigung des Verfahrens über die Klage nach § 35 und § 36 EO auf, wenn zur Sicherstellung des Anspruches der betreibenden Partei der (weitere) Betrag von S 336.000,- zu Gericht erlegt wird. Das Rekursgericht sprach aus, daß der von der Abänderung betroffene Wert des Beschwerdegegenstandes S 300.000,-

übersteigt.

Gegen den abändernden Beschluß des Rekursgerichtes erhob die betreibende Partei am 28.4.1986 Revisionsrekurs. Ihr Rechtsmittel wandte sich gegen die Bewilligung der Exekutionsaufschiebung und gegen die Entscheidung des Rekursgerichtes, daß die betreibende Partei der Verpflichteten die Rekurskosten zu ersetzen habe. Vor dem mit 2.6.1986 angesetzten Räumungstermin erklärte die betreibende Partei der Verpflichteten am 30.5.1986 ihr Einverständnis mit der Absetzung des Räumungstermines und der Einstellung der Exekution. Auf Antrag der Verpflichteten stellte das Erstgericht am 2.6.1986 das Räumungsexekutionsverfahren nach dem § 39 Abs.1 Z 6 EO ein und verfügte die Ausfolgung der Sicherheit von S 168.000,-. Ausfertigungen des Einstellungsbeschlusses wurden den Parteienvertretern am 16.6.1986 zugestellt. Ein Rekurs wurde nicht erhoben.

Die betreibende Partei gab bekannt, sie halte ihren Revisionsrekurs gegen den Aufschiebungsbeschluß des Rekursgerichtes aufrecht, weil Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung abzuklären seien, die auch in Hinkunft in dem zwischen den Parteien bestehenden Bestandverhältnis von Bedeutung sein könnten.

Rechtliche Beurteilung

Das Rechtsmittel ist unzulässig.

Es ist herrschende Ansicht in Lehre und Rechtsprechung, daß einen Anspruch auf Tätigkeit der Rechtsmittelinstanz nur die Partei hat, die in ihren Rechten verletzt ist. Die Beschwer als Zulässigkeitsvoraussetzung muß nicht nur zur Zeit der Einbringung des Rechtsmittels gegeben sein, sie muß auch bis zur Rechtsmittelentscheidung fortbestehen (Heller-Berger-Stix 648;

Holzhammer, Zwangsvollstreckungsrecht 2 102; JBl.1977, 650;

MietSlg.28.706; MietSlg.34.826 ua.). Die Beschwer fehlt, wenn der Rechtsmittelerledigung in dem Verfahren nur mehr theoretisch-abstrakte Bedeutung zukommt, weil es nicht Sache der Rechtsmittelinstanz ist, über bloß theoretisch bedeutsame Fragen, mögen sie auch in der fortdauernden Rechtsbeziehung der Parteien wieder aktuell werden, abzusprechen. Das bezüglich der Hauptsache fehlende Anfechtungsinteresse kann auch nicht dadurch ersetzt werden, daß der Rechtsmittelwerber ein Interesse an der Beseitigung oder Abänderung der Kostenentscheidung in zweiter Instanz, die für sich allein nach § 78 EO und § 528 Abs.1 Z 2 ZPO nicht angefochten werden kann, hat (Heller-Berger-Stix 648; JBl.1977, 650;

MietSlg.32.780; MietSlg.16.763 ua.).

Die Räumungsexekution ist rechtskräftig eingestellt. Ob die vom Erlag einer entsprechenden Sicherheit abhängig gemachte Aufschiebung der Exekution wegen Erhebung der Klage nach § 35 und § 36 EO anzuordnen war, kann daher nun nur mehr mit theoretisch-abstrakter Bedeutung beurteilt werden.

In die Rechtssphäre der betreibenden Partei, die von der Fortsetzung des Exekutionsverfahrens abgestanden ist, kann die Lösung der Frage, ob die Exekution nach den konkreten Umständen aufzuschieben war oder nicht, keinesfalls mehr eingreifen. Die Beschwer ist daher weggefallen und kann auch nicht mit dem Interesse an der Abänderung der Kostenentscheidung begründet werden. Die ausschließlich im Kostenpunkt fortdauernde Beschwer macht das Rechtsmittel nicht zulässig, weil ein Rekurs gegen die Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz über den Kostenpunkt nicht statthaft ist. Die Beschwer durch die angefochtene Entscheidung kann auch nicht damit begründet werden, wie die betreibende Partei meint, daß es zu einem neuen Verfahren über Aufkündigung und Räumungsexekution kommen und "dann die Frage einer Aufschiebung der Exekution wieder zu beurteilen sein könnte".

Das mangels Beschwer unzulässige Rechtsmittel der betreibenden Partei ist zurückzuweisen.

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