OGH 13Os62/86

OGH13Os62/8617.7.1986

Der Oberste Gerichtshof hat am 17.Juli 1986 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller, Dr. Schneider, Dr. Felzmann (Berichterstatter) und Dr. Brustbauer als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Steinberger als Schriftführers in der Strafsache gegen Gerhard S*** und Arnulf K*** wegen des Vergehens nach § 1 Abs 1 lit a und c PornG über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Jugendschöffengerichts vom 23.September 1985, GZ 4 Vr 1004/85- 19, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalts Dr. Tschulik, der beiden Angeklagten und des Verteidigers Dr. Lind zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden verworfen.

Den Berufungen wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen den Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden der am 11.April 1956 geborene Kaufmann Gerhard S*** und der am 13.Juli 1939 geborene Angestellte Arnulf K*** des Vergehens nach § 1 Abs 1 lit a und c PornG schuldig erkannt. Darnach haben sie am 21.März 1985 in Graz als geschäftsführende Gesellschafter der Fa. V***-P***, Videofilm- und Videogeräteverleih Ges.m.b.H., im bewußten Zusammenwirken die (im Urteilsspruch bezeichneten) Videokassetten mit (in den Urteilsgründen beschriebenen) Darstellungen intensiven gleichgeschlechtlichen Unzuchttreibens und teils auch sadomasochistischen Darstellungen in gewinnsüchtiger Absicht zur Verbreitung vorrätig gehalten und anderen angeboten bzw. überlassen.

Rechtliche Beurteilung

Diesen Schuldspruch bekämpfen die Angeklagten mit einer gemeinsam ausgeführten, auf § 281 Abs 1 Z. 5, 9 lit a und lit b StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Generell stellt das Gericht zur geschäftlichen Tätigkeit der beiden Angeklagten unter ausdrücklichem Bezug auf deren niederschriftlichen Angaben bei der Polizei (S. 51-61) und deren (übereinstimmenden) Verantwortungen in der Hauptverhandlung (S. 293-300, 354-360) fest, daß sie zu gleichen Teilen (zu je 50 %) beteiligt und auch tatsächlich mit gleichem Zeitaufwand als geschäftsführende Gesellschafter der oben genannten Videoverleihfirma tätig sind. Sie haben vor Aufnahme dieser Geschäftstätigkeit in der Bundesrepublik Deutschland und in Österreich einschlägige Geschäfte besichtigt und sich über die Einhaltung und Anwendung der Bestimmungen des Pornographiegesetzes auf diese Art und Weise zu informieren gesucht. Bei Bestellung von Kassetten anhand der Covers glaubten sie ausreichend gewährleistet zu haben, daß es zu keinen Beanstandungen komme. Intern wurde es so gehandhabt, daß die Bestellungen und Einkäufe durch den Erstangeklagten S*** erfolgten, dessen Aufgabe es auch war, die eingelangten Filme im Schnellauf nach pornographischem Inhalt zu prüfen. Beide Angeklagten waren aber (noch zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung - S. 300, 355-357) der (rechtsirrigen) Ansicht, daß f (im Verhältnis zur Filmlänge) kurze lesbische Szenen nicht als tatbestandsmäßig nach § 1 PornG angesehen werden können. Der Angeklagte K*** verließ sich "blind und ohne (eigene) Besichtigung" auf die Kontrolle durch S***, zumal auch der Zugang zu dem Teil des Geschäftes, wo diese (Sexfilm-)Kassetten angeboten wurden, durch eine Lichtschranke gesichert und mit strengstem Jugendverbot deklariert war.

Im Rahmen sicherheitsbehördlicher Erhebungen am 21.März 1985 wurde im Geschäft der Angeklagten eine Hausdurchsuchung vorgenommen, bei der (auch) die im Urteilsspruch angeführten Kassetten schon aufgrund der Covers und der Beschreibungen (S. 77) unter dem Verdacht beschlagnahmt wurden, sie enthalten Darstellungen harter Pornographie (S. 373 bis 376).

Dieser Verdacht hat sich hinsichtlich der einhundertachtundfünfzig vom Schuldspruch erfaßten Kassetten bei der Besichtigung der von der Polizei beanstandeten Filmausschnitte in der Hauptverhandlung bestätigt. Das Schöffengericht gelangte daher nach Beschreibung der inkriminierten Filmpassagen (S. 376-420) zu dem Ergebnis, daß es sich hiebei um Darstellungen handelt, die überwiegend intensive gleichgeschlechtliche (lesbische) Unzuchtsakte oder (wenngleich zum geringen Teil) auch sadomasochistische und ekelerregende Passagen enthalten, die - wenn auch in Relation zur Gesamtlänge des jeweiligen Filmes kurz - doch ihrem Wesen nach "intensive Betätigung von Körperkontakten im Bereiche der Geschlechtsteile" darstellen. Diese Darstellungen seien daher objektiv als harte Pornographie im Sinn des § 1 PornG zu qualifizieren.

Das Gericht lastete den beiden Angeklagten dieses Vergehen aber auch in subjektiver Richtung an, weil die Kontrollen des Angeklagten S*** nur äußerst oberflächlich und daher im Ergebnis wirkungslos waren, den Angeklagten K*** (der mit seinem Partner ein Vertrauensverhältnis hatte und sich mit diesem auch gelegentlich über den Inhalt der Filme unterhielt - S. 356, 357) nicht entlasten können und er deshalb auch auf die Kontrolltätigkeit seines Mitgesellschafters nicht vertrauen durfte. Beide Angeklagten haben nach der Überzeugung des Gerichts durch ihre mangelnde Überprüfungstätigkeit in bezug auf das Tatbestandsmerkmal der Unzüchtigkeit der Medienwerke "zumindest in der Schuldform des bedingten Vorsatzes gehandelt", beide "mußten" es für ernstlich möglich halten, daß die inkriminierten Filmkassetten auch zumindest teilweise harte Pornographie beinhalten. Soweit sie sich darauf berufen, der Meinung gewesen zu sein, daß nur Filme, die ausschließlich lesbische Szenen zeigen, zu beanstanden wären, qualifizierten die Tatrichter diesen Rechtsirrtum als vorwerfbar im Sinn des § 9 Abs 2 StGB (S. 423-425).

Wenn im Rahmen der Ausführung der Mängelrüge (Z. 5) beanstandet wird, daß die einzelnen Filmszenen im Urteil nicht hinreichend exakt beschrieben worden seien und der Eindruck erweckt werde, der gesamte Inhalt der Kassetten sei unzüchtig, wird hiemit ein Begründungsmangel nicht aufgezeigt. Im Urteil wird ausdrücklich an mehreren Stellen aktengetreu darauf hingewiesen, daß es sich jeweils nur um kurze Szenen im Rahmen der Darstellung anderer sexueller Praktiken in diesen Filmen handelt (S. 374, 421, 422). Im übrigen kommt es bei der Beurteilung der Frage des absolut unzüchtigen Charakters einer Darstellung gar nicht darauf an, ob die unter dem Begriff "harte Pornographie" zu subsumierenden Teile im Vergleich zum Gesamtumfang des betroffenen Medienwerkes mehr oder weniger gering sind (SSt 50/44, 10 Os 3/85); genug daran, daß es sich hiebei - auch bei flüchtiger Betrachtung erkennbar - um auf sich reduzierte und von anderen Lebensvorgängen losgelöste, anreißerisch verzerrte Abbildungen von gleichgeschlechtlichen Unzuchtsakten, also um intensives Unzuchttreiben auch zwischen Frauen bzw. von Gewaltakten in Verbindung mit sexuellen Betätigungen handelt, denen entsprechender Auffälligkeitswert zukommt. Dies wurde im vorliegenden Fall festgestellt, sodaß der (inhaltlich) erhobene Vorwurf eines Feststellungsmangels (Z. 9 lit a) ebenfalls verfehlt ist.

Zur Rüge (Z. 9 lit a) des Erstangeklagten S***, er habe hinsichtlich der Unzüchtigkeit des Inhalts der Kassetten nicht bedingt vorsätzlich, sondern nur fahrlässig gehandelt, ist er zunächst auf die entgegenstehenden Urteilsannahmen zu verweisen, die

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte