OGH 14Ob117/86 (14Ob118/86)

OGH14Ob117/86 (14Ob118/86)15.7.1986

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kuderna und Dr. Gamerith sowie die Beisitzer Dr.Rupert Dollinger und Dr. Willibald Aistleitner als weitere Richter in den verbundenen Rechtssachen der klagenden Parteien 1. Günther I***, Bischofshofen, Hauptschulstraße, auch: Bahnhofstraße 16, 2. Herbert O***, 3. Hilde B***„ 4. Alexander L***, alle

Zahntechniker, die 2. bis 4. klagenden Parteien per Adresse der beklagten Partei in Salzburg, Faberstraße 19-23, alle vertreten durch Dr. Bernd Sedlazeck, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagte Partei S*** G*** FÜR A*** UND

A***, Salzburg, Faberstraße 19-23, vertreten durch Dr. Erich Meusburger, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen S 48.282,06 brutto sA (erstklagende Partei) und S 290.385,69 brutto sA (viertklagende Partei), infolge Revision der erst- und viertklagenden Parteien gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Berufungsgerichtes in arbeitsgerichtlichen Rechtsstreitigkeiten vom 6.November 1985, GZ 31 Cg 19-22/85-13, womit infolge Berufung der klagenden Parteien das Urteil des Arbeitsgerichtes Salzburg vom 5.Dezember 1984, GZ Cr 354-346/84-8, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die erst- und viertklagenden Parteien sind schuldig, der beklagten Partei die mit S 14.867,24 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin sind S 2.400 Barauslagen und S 1.133,39 Umsatzsteuer enthalten) binnen 14 Tagen zu ersetzen, und zwar die erstklagende Partei einen Betrag von S 2.123,89 und die viertklagende Partei einen Betrag von S 12.743,35.

Text

Entscheidungsgründe:

Beide Kläger sind zahntechnische Angestellte der beklagten Partei. Der Erstkläger erwirkte in einem gegen diese geführten Rechtsstreit (Cr 131/83 des Erstgerichts) ein Feststellungsurteil, wonach er nicht verpflichtet ist, die in der von der beklagten Partei erlassenen Dienstanweisung Nr.23/80 für Zahntechniker festgesetzte Tagespflichtleistung von 2,4 Einheiten zu erbringen. Der Oberste Gerichtshof führte in seiner dort am 10.1.1984 ergangenen und den Parteien Mitte Februar 1984 zugestellten Entscheidung 4 Ob 164/83 (DRdA 1985, 389 = JBl 1984, 625) im wesentlichen aus, der Kläger sei für die Zukunft arbeitsvertraglich nicht verpflichtet, den in der Dienstanweisung einseitig verlangten Arbeitserfolg als geschuldete Leistung zu erbringen; er schulde eine auf Zeit abgestellte, seinem individuellen Leistungsvermögen und den betrieblichen Gegebenheiten (Ortsgebrauch) angemessene Arbeitsleistung, nicht aber einen bestimmten Arbeitserfolg. Die Erst- und Viertkläger - die Abweisung der von den Zweit- und Drittklägern erhobenen Klagebegehren in beiden Vorinstanzen blieb unangefochten - begehren von der beklagten Partei, ihrer Arbeitgeberin, die Zahlung von S 48.282,06 und S 290.385,69 jeweils brutto sA für die Zeit vom 1.1.1981 bis 31.1.1984. Sie führten zur Begründung an, sie seien von der beklagten Partei mit der vorerwähnten Dienstanweisung, mit der ein zeitbezogenes Entgelt in ein leistungsbezogenes hätte umgewandelt werden sollen, gezwungen worden, unfreiwillig Mehrleistungen im Ausmaß der zwischen 1,8 und 2,4 Tageseinheiten liegenden Differenz zu erbringen. Da die Bezüge der Kläger gleich geblieben seien, seien diese Mehrleistungen der beklagten Partei ohne Gegenleistung (Entgelt) zugutegekommen. Die beklagte Partei sei dadurch ungerechtfertigt bereichert worden. Daraus ergebe sich ein Anspruch der Kläger auf Zahlung eines dieser erzwungenen Mehrleistung entsprechenden Entgelts in der näher aufgeschlüsselten Höhe der Klagebegehren.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung der Klagebegehren. Die von den Klägern über 1,8 Einheiten hinaus erbrachten Mehrleistungen seien ausschließlich auf Grund ihrer geistigen und körperlichen Fähigkeiten, zu deren Aufbietung sie verpflichtet seien, und ohne Schädigung ihrer Gesundheit erbracht worden. Sie hätten kein leistungsbezogenes Entgelt erhalten.

Das Erstgericht wies die Klagebegehren ohne Beweisaufnahmen ab. Ebenso wie der Arbeitgeber auch bei einer geringeren Arbeitsleistung des Arbeitnehmers innerhalb der maßgeblichen Arbeitszeit das vereinbarte Entgelt nicht einseitig herabsetzen dürfe, sei er auch durch eine höhere Arbeitsleistung nicht bereichert. Der Arbeitnehmer sei zu einer auf Zeit abgestellten, seinem individuellen Leistungsvermögen und den betrieblichen Gegebenheiten angemessenen Arbeitsleistung verpflichtet. Der Eintritt eines Schadens werde nicht behauptet und ein Schadenersatzbegehren werde nicht gestellt.Die Mehrleistung habe dem individuellen Leistungsvermögen der Kläger und den betrieblichen Gegebenheiten entsprochen. Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Es führte das Verfahren gemäß dem § 25 Abs 1 Z 3 ArbGG neu durch und teilte im wesentlichen die Rechtsauffassung des Erstgerichts. Gegen diese Entscheidung richtet sich die aus den Gründen der Aktenwidrigkeit, der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung erhobene Revision des Erst- und des Viertklägers mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne ihrer Klagebegehren abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die beklagte Partei beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Die Anfechtungsgründe der Aktenwidrigkeit und der Mangelhaftigkeit des Verfahrens liegen nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO). Die von den Klägern in den Mittelpunkt ihrer Ausführungen gerückte Frage, ob sie Anspruch auf ein höheres Entgelt haben, weil die beklagte Partei durch eine rechtswidrige Dienstanweisung eine höhere Arbeitsleistung erzwungen habe, auf die sie keinen Anspruch gehabt habe, wurde von den Vorinstanzen richtig beantwortet. Ob die in der Dienstanweisung verlangte tägliche Arbeitsleistung von 2,4 Einheiten dem individuellen Leistungsvermögen der Kläger und den betrieblichen Gegebenheiten entsprach, ob sie daher in der Lage waren, bei pflichtgemäßer Aufbietung ihrer geistigen und körperlichen Fähigkeiten und ohne Schädigung ihrer Gesundheit eine solche Arbeitsleistung zu erbringen, war nicht Gegenstand des Vorprozesses. Die beklagte Partei war, wie in jener Revisionsentscheidung dargelegt wurde, nicht berechtigt, einseitig und generell sowie ohne jede Bedachtnahme auf das individuelle Leistungsvermögen des (damaligen) Klägers und die (jeweiligen) betrieblichen Gegebenheiten den Angestellten die Erbringung eines konkret bestimmten täglichen Arbeitserfolges für die Zukunft vorzuschreiben. Die Kläger schuldeten daher der beklagten Partei einen derartigen Arbeitserfolg nicht. Wenn sie aber tatsächlich einen solchen Arbeitserfolg, wenn auch im Hinblick auf die Dienstanweisung, erbrachten, der möglicherweise ihrem Leistungsvermögen und den betrieblichen Gegebenheiten sogar entsprach, dann erfolgte eine solche Arbeitsleistung im Rahmen des Arbeitsvertrages und wurde durch das vereinbarte arbeitszeitabhängige Arbeitsentgelt zur Gänze abgegolten. Das Wesen des Zeitlohnes besteht ja gerade darin, daß er nach der Dauer der Arbeit ohne Rücksicht auf den erzielten Arbeitserfolg bemessen wird (Schwarz - Löschnigg, Arbeitsrecht 210). Wenn die Kläger also eine tägliche Arbeitsleistung von 2,4 Einheiten erbracht haben sollten (nach den Ergebnissen des Vorprozesses war dies beim Erstkläger jedenfalls im Jahr 1982 nicht der Fall), war diese Arbeitsleistung durch die Zahlung des Zeitlohnes abgegolten, sodaß ihnen ein zusätzliches Entgelt nicht zusteht, und zwar ohne Rücksicht darauf, daß die beklagte Partei diese Arbeitsleistung verlangt hat. Eine Bereicherung der beklagten Partei ist daher nicht erfolgt. Da die Kläger den Eintritt eines durch die "Mehrleistung" verursachten Schadens nicht behauptet und ihre Klagebegehren auf den Rechtsgrund des Schadenersatzes nicht gestützt haben, fehlt ihren Begehren auch unter diesem Gesichtspunkt die Berechtigung. Schließlich erweisen sich auch ihre Rechtsmittelausführungen als verfehlt, wonach sie gezwungen worden seien, Arbeitsleistungen zu erbringen, die über ihre geistigen und körperlichen Fähigkeiten auf die Dauer hinausgereicht hätten und nur auf Grund des ausgeübten Druckes kurzfristig und vorübergehend erbracht werden konnten. Die Kläger haben ein derartiges Sachvorbringen weder vor dem Erstgericht noch vor dem Berufungsgericht erstattet, sodaß ihrem Vorwurf der Aktenwidrigkeit auch aus diesem Grund die Berechtigung fehlt (sie haben in ihrer Berufung nur eine derartige Rechtsfrage aufgeworfen, ohne aber konkrete Tatsachenbehauptungen aufzustellen).

Aber selbst wenn man die Richtigkeit derartiger Behauptungen zugunsten der Kläger unterstellen könnte, wäre für sie nichts gewonnen. Die Kläger wären dann nicht verpflichtet gewesen, derartige mit ihrer Gesundheit nicht vereinbare Arbeitsleistungen zu erbringen, und hätten ein derartiges Verlangen der beklagten Partei ohne für sie nachteilige Folgen ablehnen können. Für den Fall der Erbringung derartiger Mehrleistungen innerhalb der Normalarbeitszeit "auf kurze Zeit" besteht aber bei einem im Zeitlohn beschäftigten Arbeitnehmer kein zusätzlicher Entgeltanspruch. Im übrigen soll nicht unerwähnt bleiben, daß nach den im Vorprozeß getroffenen Feststellungen die angestellten Zahntechniker der beklagten Partei bereit gewesen wären, eine erhöhte Tagesleistung zu erbringen, wenn die verlangte Mehrleistung entsprechend finanziell abgegolten werde. Die Möglichkeit einer Beeinträchtigung der Gesundheit wurde damals offenbar nicht in Betracht gezogen.

Die Kostenentscheidung ist in den §§ 41 und 50 ZPO begründet. Die Kostenersatzpflicht besteht für die Kläger im Verhältnis der Streitwerte (1:6).

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