OGH 1Ob602/86

OGH1Ob602/8614.7.1986

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert, Dr. Gamerith, Dr. Hofmann und Dr. Schlosser als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj. Nicole K***, geb. 25. Mai 1981, infolge ao. Revisionsrekurses der mj. Nicole K***, vertreten durch die Bezirkshauptmannschaft Wien - Umgebung als Unterhaltssachwalter, gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgerichtes vom 27. Feber 1986, GZ 47 R 139/86-72, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Schwechat vom 22. Jänner 1986, GZ P 81/81-66 bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Die Ehe der Eltern wurde rechtskräftig mit Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 7.12.1982, 17 Cg 369/82-4, geschieden. Das Sorgerecht steht der Mutter zu. Zuletzt war der Vater mit Beschluß des Erstgerichtes vom 6.7.1983, ON 34, zu einer monatl. Unterhaltsleistung von S 860,- verpflichtet worden. Am 13.5.1985 beantragte er, ihn ab sofort seiner Unterhaltsverpflichtung zu entheben. Er sei am 5.4.1985 aus der Haft entlassen worden. Er finde keine Beschäftigung und beziehe Sozialhilfe. Beim Arbeitsamt melde er sich regelmäßig. Das Erstgericht enthob den Vater ab 13.5.1985 von seiner Unterhaltsverpflichtung. Es stellte fest, der Vater sei Sozialhilfeempfänger. Sein Einkommen belaufe sich monatlich auf etwa S 3.500,-. Er befinde sich auf Arbeitssuche und komme den Kontrollmeldungen beim Arbeitsamt regelmäßig nach. Wenn der Unterhaltsschuldner erfolglos zur Arbeitsvermittlung gemeldet sei, könne grundsätzlich nicht davon ausgegangen werden, daß er es unterlasse, seine Kräfte entsprechend zur Erzielung eines Einkommens, das ihm die Erfüllung seiner Unterhaltspflicht ermöglicht, einzusetzen. In solchen Fällen seien im allgemeinen die Voraussetzungen für eine Anspannung des Unterhaltsschuldners zu verneinen. Da nicht anzunehmen sei, daß der Vater bei der derzeitigen Arbeitsmarktlage durch Gelegenheitsarbeiten ein Einkommen erzielen könne, könne ein fiktives Einkommen, das er erzielen könne, zur Festsetzung eines Unterhaltsbetrages nicht herangezogen werden.

Im Rekurs der Minderjährigen wurde die Behauptung aufgestellt, der Vater sei beim Arbeitsamt nicht als arbeitssuchend gemeldet, er beziehe daher die Sozialhilfe zu Unrecht.

Das Rekursgericht gab mit dem angefochtenen Beschluß diesem Rekurs nicht Folge. Es stellte ergänzend fest, daß sich der Vater mit einer Betreuungskarte der Magistratsabteilung 12 regelmäßig beim zuständigen Arbeitsamt melde. Eine derartige Meldung eines Sozialhilfeempfängers beim Arbeitsamt werde nur auf der Betreuungskarte des Sozialamtes vermerkt, nicht aber im Vermittlungsvormerk des Arbeitsamtes eingetragen. Der Vater habe durch die von ihm vorgelegte Meldekarte des Sozialamtes den Nachweis erbracht, daß er sich regelmäßig beim Arbeitsamt melde. Es stehe unbestritten fest, daß er Geldaushilfen des Sozialreferates erhalte. Es sei zwar nicht generell auszuschließen, daß ein Unterhaltsschuldner trotz erfolgloser Arbeitsvermittlung durch das Arbeitsamt eine Erwerbstätigkeit mit ausreichendem Einkommen zu finden vermöge, eine solche atypische Situation müsse jedoch konkret behauptet und bewiesen werden. Ein solcher Nachweis sei nicht erbracht worden. Das Erstgericht sei deshalb zutreffend davon ausgegangen, daß mangels der Vermittelbarkeit des Vaters durch das Arbeitsamt die Voraussetzungen für eine Anspannung nicht gegeben seien und der Vater derzeit nicht in der Lage sei, seiner Unterhaltsverpflichtung nachzukommen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Minderjährigen ist unzulässig.

§ 14 Abs 2 AußStrG schließt jeden weiteren Rechtszug gegen Entscheidungen des Rekursgerichtes über die Bemessung des gesetzlichen Unterhaltes aus (EFSlg. 44.579, 21.330 uva). Zur Unterhaltsbemessung gehört nach dem Judikat 60 neu = SZ 27/177 u.a. die Beurteilung der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen. Die Frage der Zumutbarkeit einer Erwerbstätigkeit des Unterhaltspflichtigen im Sinne der Anspannungstheorie betrifft dessen Leistungsfähigkeit und gehört daher in den Rahmen des einen Rechtszug an den Obersten Gerichtshof ausschließenden Fragenkomplexes der Unterhaltsbemessung. Die Beurteilung dieser Frage kann daher nicht an den Obersten Gerichtshof herangetragen werden (EFSlg. 47.148, 44.580, 42.283; JBl. 1982, 267 uva). Die Frage der Beweislastverteilung gehört allerdings nicht zum Bemessungskomplex (ÖAV 1982, 67; SZ 53/54). Wohl gilt für das Außerstreitverfahren gemäß § 2 Abs 2 Z 5 AußStrG der Untersuchungsgrundsatz. Wenn aber trotzdem ein Sachverhalt nicht geklärt werden konnte, geht dies zu Lasten dessen, der einen solchen für seinen Rechtsstandpunkt günstigen Sachverhalt behauptete (ÖAV 1984, 100; EFSlg. 44372; SZ 53/54). Konnte nicht festgestellt werden, daß der Vater Einkommen durch Gelegenheitsarbeiten bezieht, geht dies zu Lasten des unterhaltsberechtigten Kindes. Die behauptete offenbare Gesetzwidrigkeit liegt nicht vor, der Revisionsrekurs ist zurückzuweisen.

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